Flugkörperrätselraten über Dnipro
26. November 2024
Gerhard Piper
Am 21. November verübten die russischen Streitkräfte einen Raketenangriff auf die ukrainische Stadt Dnipro. Dabei wurde u. a. auch ein Prototyp der neuen Mittelstreckenrakete ORESCHNIK eingesetzt. Die Russen wollen eine größere Stückzahl produzieren, mit denen sie dann auch Städte in der BRD und weiteren NATO-Staaten bedrohen können. Vermutlich werden von dem Raketentyp mehrere Versionen mit konventionellen oder atomaren Sprengköpfen produziert.
Der russische Raketenangriff auf Dnipro
Am 21. November 2024, zwischen 5.00 und 7.00 Uhr, griffen die russischen Streitkräfte die Rüstungsfabrik „Piwdenmasch“ in der ukrainischen Industriestadt Dnipro an. Es gab mindestens sechs Einschläge. Mehrere Wohn- und Industriegebäude wurden beschädigt, in der Stadt selbst brachen zwei Brände aus, drei Personen wurden verletzt. Die Rakete war in Astrachan am Kaspischen Meer gestartet und musste eine Strecke von fast 1.000 km bis zu ihrem Ziel zurücklegen. Die Flugzeit betrug rund 15 Minuten. Auffallend war, dass sechs Sprengköpfe kurz hintereinander auf dem Boden aufschlugen, sich aber keine Explosionen ereigneten. Offensichtlich besaßen die Gefechtsköpfe keine Ladung aus konventionellem Sprengstoff. Allerdings hieß es auch in den Medien: „An der Rakete waren sechs Sprengköpfe angebracht, von denen jeder sechs Untermunitionen hatte.“ (1)
Und der „Stern“ berichtete am 23. November 2024:
„Dann kam es zu sechs Wellen von Einschlägen auf dem Gebiet der Rüstungsfabrik Juschmasch, jeder dieser Wellen bestand aus sechs Objekten.
Die Oreschnik ist in der Lage mehrere unabhängige Wiedereintrittskörper zu transportieren, die auf dem Weg zurück sich wiederum in Submunition teilen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge können diese Körper schon allein wegen ihrer Geschwindigkeit von einem System wie der Patriot nicht abgefangen werden. Dabei ist auch zu beachten, dass eine Abfangrakete nur einen Eintrittskörper anvisieren und eventuell treffen könnte. Hier müssten also je nach Höhe der Teilung entweder sechs oder gar 36 einzelne Objekte getroffen werden.
Die Einschläge erfolgten in Gruppen mit leichter Verzögerung. Diesen Effekt kann man erreichen, indem die Körper nachdem sie ausgesetzt worden sind, unterschiedliche Geschwindigkeiten erreichen. Dadurch ergeben sich dann auch verschiedene Flugbahnen. Ob diese Körper manövrierfähig sind, kann man derzeit nicht beurteilen. Auch schlugen sie nicht exakt auf dem gleichen Punkt ein. Hier lässt sich ebenso derzeit nicht bestimmen, ob das System ungenau arbeitet oder ob das Ergebnis beabsichtigt war.“ (2)
Rund 30 Minuten vor dem Angriff informierten die russischen Militärs das National and Nuclear Risk Reduction Center (NNRRC) im amerikanischen Außenministerium durch eine „launch notification“ vom bevorstehenden Beschuss, wie es seit 1987/88 im Rahmen des „Nuclear risk reduction channel“ (NRRC) üblich ist, damit die Amerikaner den Start der Übungsrakete nicht mit einem Start einer Interkontinentalrakete gegen die USA verwechseln und einen Fehlalarm auslösen. (3)
Weiter hieß es, zum russischen Angriffsarsenal gehörten außer der besagten Rakete sieben Marschflugkörper vom Typ Kh-101 und eine Luft-Boden-Rakete vom Typ Ch-47M2 KINSCHAL. Der ukrainischen Luftabwehr soll es gelungen sein, sechs Kh-101 abzuschießen. So sprachen die ukrainischen Militärs von einem Flugkörpermix. Damit begann die Suche nach der Identifizierung des bis dato unbekannten Flugkörpers.
1. Version: Russische Interkontinentalrakete
Nach dem Angriff alarmierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Weltöffentlichkeit mit der Falschmeldung, die Russen hätten erstmals eine Interkontinentalrakete (am.: Intercontinental Ballistic Missile – ICBM, russ.: Mezhkontinental'naya Ballisticheskaya Raketa – MBR, Reichweite über 5.500 km) eingesetzt. Einen Namen der Rakete nannte Selenskyj nicht:
„Heute gab es eine neue russische Rakete. Alle Merkmale – Geschwindigkeit, Höhe – entsprechen denen einer interkontinentalen ballistischen Rakete. Eine Expertenuntersuchung läuft derzeit.“ (4)
Und:
„Die Welt muss reagieren. (…) Dies ist eine eindeutige und ernsthafte Ausweitung des Ausmaßes und der Brutalität dieses Krieges, eine zynische Verletzung der Uno-Charta durch Russland. (…) Es ist ihm (gemeint ist Putin, G. P.) egal, was China, Brasilien, die europäischen Länder, Amerika und alle anderen Länder der Welt fordern.“ (5)
2. Version: Russische Mittelstreckenrakete Oreschnik
Der Version des ukrainischen Präsidenten widersprach sogleich der russischen Präsident Wladimir Putin. Bei dem Angriff sei eine neue Mittelstreckenrakete (am.: Medium-range Ballistic Missile – MRBM, russ.: Raketa Sredney Dalnosti – RSD, Reichweite: 1.000 bis 3.000 km) vom Typ ORESCHNIK (engl: Orechnik) eingesetzt worden.
Am 21. November erklärte Putin in einer TV-Ansprache zum Raketenangriff:
„Als Reaktion auf den Einsatz amerikanischer und britischer Langstreckenwaffen haben die russischen Streitkräfte am 21. November dieses Jahres einen kombinierten Angriff auf eine der Einrichtungen der ukrainischen Verteidigungsindustrie durchgeführt. (…)
Unter Gefechtsbedingungen wurde auch eines der neuesten russischen Mittelstrecken-Raketensysteme getestet. (…) In diesem Fall mit einer ballistischen Rakete in nicht-nuklearer Hyperschall-Ausrüstung. Unsere Raketentechniker nannten sie ‚Oreshnik‘. Die Tests waren erfolgreich. Das Abschussziel wurde erreicht.“ (6)
So versuchte Putin den Testabschuss einer Boden-Boden-Rakete gegen bewohntes Gebiet damit zu rechtfertigen, dass die Ukrainer seit dem 19. November 2024 amerikanische Kurzstreckenraketen vom Typ Army Tactical Missile System (ATACMS) gegen Ziele in Russland einsetzen darf. Die ersten ATACMS, die die USA an die Ukraine lieferten, gehörten zur ursprünglichen Standardversion MGM-140A ATACMS Block 1 (M39) und hatten eine Reichweite von „nur“ 165 km, die neueren Versionen in der Ukraine können 300 km weit zielen. Ebenso gab die britische Regierung den von ihr gelieferten Marschflugkörper STORM SHADOW (Reichweite: mind. 250 km) für Angriffe auf russische Ziele im Raum Kursk einsetzen. Damit will man die geplante russische Gegenoffensive, zu der 60.000 Soldaten, darunter ca. 10.000 Nordkoreaner, zusammengezogen wurden, aufhalten. Die ukrainische Regierung will das eroberte russische Staatsgebiet unbedingt halten, um es als Faustpfand für einen Gebietsaustausch in Friedensverhandlungen im nächsten Jahr einbringen zu können.
Außerdem befand der thanatische Schwätzer Im Kreml, der Konflikt um die Ukraine habe nun einen „globalen Charakter“ angenommen: „Die USA haben das System der internationalen Sicherheit zerstört, und indem sie weiterhin an ihrer Hegemonie festhalten, treiben sie die ganze Welt in einen globalen Konflikt.“ (7) Gleichzeitig drohte er selbst mit weiteren Raketenangriffen. Er habe das Recht, seine „Waffen gegen Militäreinrichtungen jener Länder einzusetzen, die erlauben, dass ihre Waffen gegen unsere Einrichtungen eingesetzt werden“. Und: „Wir sind genauso bereit für jede Entwicklung der Ereignisse. (…) Diejenigen, die daran zweifeln, irren sich. Es wird immer eine Antwort geben.“ (8)
3. Version: 9M729 Oreschnik
Kaum hatte der russische Präsident seine Version verbreitet, machte sich „Wikipedia“ sogleich auf die Suche nach weiteren Details über die neue Mittelstreckenrakete Oreschnik und identifizierte sie fälschlicher Weise als „9M729 ORESCHNIK“. So vermuteten die „Wiki“-Autoren hinter der ORESCHNIK einen Flugkörper, der bisher nur unter seinem GRAU-Index 9M729 und dem Namen ISKANDER-K bekannt war und von der NATO als SSC-8 SCREWDRIVER bezeichnet wurde.
Die Entwicklung dieses neuen Marschflugkörpers soll spätestens 2008 begonnen haben, der Erstflug des Prototypen SSC-X-8 fand angeblich am 2. September 2015 statt. Zwei Bataillone sind mittlerweile mit dem neuen System ausgerüstet, davon befindet sich eine Einheit seit Dezember 2016 beim 630. Raketenverband in Kapustin Jar. Eine zweite Einheit wurde seit Ende 2017 mehrfach verlegt. Zwar erlaubt das INF-Abkommen - in begrenztem Umfang – Waffentests, aber mit der Einführung der SSC-8 hat die russische Regierung gegen das INF-Abkommen verstoßen. Daraufhin hat U.S.-Präsident Donald Trump den INF-Vertrag 2018 aufgekündigt.
Es war klar, dass die Autoren hier etwas verwechselt hatten und so wurde der „Wikipedia“-Artikel mittlerweile gelöscht. (9)
4. Version: RS-26 Rubesch
Nachdem die Medien bei Experten nachgefragt hatten, wurde der „neue“ Flugkörper als RB-26 RUBESCH (NATO-Code: SS-X-31 Avangard) identifiziert. Diese Rakete befand sich für mehrere Jahre in der Entwicklung, aber sie erreichte bisher nicht die Truppenreife.
Seit dem 27. September 2011 fanden ein halbes Dutzend Tests der Prototypen in Plesetzk und auf dem Poligon-Testgelände in Kapustin Jar statt. Möglicherweise handelte es sich bei diesen Prototypen nur um eine zweistufige Ableitung der dreistufigen Interkontinentalrakete RS-24 JARS, die bereits am 29. Mai 2007 ihren Erstflug absolvierte. Eigentlich war eine Einführung der RUBESCH bereits für Dezember 2014 angekündigt worden, dann für 2016; sie steht aber immer noch aus. Außerdem muss man sich fragen, ob die RS-26 zur Kategorie der Interkontinentalraketen (ICBM, Reichweite: über 5.500 km, nach oben unbegrenzt, i. d. R. 11.000 bis 12.000 km) oder „nur“ eine Zwischenbereichsrakete (Intermediate-range Ballistic Missile – IRBM, Reichweite: 3.000 bis 5.500 km) ist. Nur bei mindestens einem Test soll die 50 Tonnen schwere Rakete eine Reichweite von 5.800 bis 6.000 km erreicht haben. In jedem Fall hätte das Projekt gegen – damals noch gültige - Rüstungskontrollverträge verstoßen. In den vergangenen Monaten wurde darüber spekuliert, ob die Russen die Weiterentwicklung der RS-26 wieder aufgenommen hätten.
Anlässlich des jüngsten Raketenangriffs erklärte die Pressesprecherin des Pentagon, Sabrina Singh: „Ich kann bestätigen, dass Russland tatsächlich eine experimentelle Mittelstreckenrakete gestartet hat. (…) Diese IRBM basiert auf dem russischen Interkontinentalraketenmodell RS-26 Rubesch." (10)
5. Version: Bulawa
Nach Sichtung der Raketentrümmer kam ein Militärblocker zu der Erkenntnis, dass es sich bei dem verdächtigen Geschoss keineswegs um eine neue Mittelstreckenrakete – wie der russische Präsident behauptet hatte - handeln würde. Vielmehr handelte es sich beim besagten Flugkörper um eine U-Boot-gestützte Rakete vom Typ RSM-56 BULAWA, die bei der NATO die Codebezeichnung SS-N-32 trägt. Sie wurde 2012, spätestens 2018 bei der russischen Marine in Dienst gestellt und hat eine interkontinentale Reichweite von mindestens 8.000 km.
Zum jüngsten Raketenangriff berichtete der „Münchner Merkur“:
„Der Journalist Mark Krutov habe Seriennummern auf den Bauteilen identifiziert, die ihn zu einem staatlichen Beschaffungsvertrag aus dem Jahr 2013 führten, berichtet pravda.com. In dem Vertrag gehe es um die Erstellung technischer Unterlagen für die Herstellung von Teilen für Bulava-Interkontinentalraketen.“ (11)
Außerdem hieß es in den Medien zur „foreign material exploitation“:
„Untersuchungen der Trümmerteile durch ukrainische Ermittler des Geheimdienstes SBU hätten ergeben, dass die eingesetzte Rakete möglicherweise nicht über die von Putin proklamierten fortschrittlichen Technologien verfüge. Stattdessen wurden Komponenten einer älteren Bulawa-Rakete identifiziert, deren Serienproduktion bereits in den späten 2000er Jahren begann.“ (12)
Somit kann keine Rede davon sein, dass in Dnipro eine hypermoderne, hyperschall-fähige Wunderwaffe zum Einsatz gekommen wäre, wie der Schwätzer Putin suggerierte. Schon früher hatte Putin mehrfach, so in seiner Rede zur Lage der Nation am 1. März 2018 (13) und in seiner gleichnamigen Rede am 3. Januar 2019, (14) von der überragenden technischen Leistungsfähigkeit russischer Waffensysteme geschwärmt, was sich bisher stets als ziemlich „heiße Luft“ entpuppte.
Letzte Version: Die Oreschnik
Die ORESCHNIK (dt.: „Haselnuss“) war bisher bei der NATO unter der Codebezeichnung SS-X-34 bekannt. Das „X“ (= Experimental) weist darauf hin, dass es sich noch nicht um ein operationsfähiges Modell im Truppendienst handelt, sondern um einen Prototypen im Entwicklungsstadium. Tatsächlich wurde dieser Raketentyp erst in den letzten Jahren entwickelt. Ein Erststart erfolgte im Oktober 2023 auf dem Versuchsgelände Kapustin Jar, eine zweiter Probestart im Juni 2024. Der Angriff auf Dnipro war quasi der dritte Raketentest. Wenn überhaupt, dann verfügt Russland bisher nur über eine geringe Zahl an Prototypen und noch kein Serienmodell.
Die ORESCHNIK hat – nach unterschiedlichen Schätzungen - eine Länge von 15 bis 18,5 m und einen Durchmesser von 1,8 m. Die transportiert bis zu sechs (atomare) Mehrfachsprengköpfe (Multiple Independent Targetable Reentry-Vehicles - MIRV), über deren Typ und Sprengkraft bisher keine Informationen vorliegen. Die genaue Reichweite ist unbekannt. Die Treffgenauigkeit (Circular Error Probable – CEP) wird auf 200 m geschätzt. Die Rakete erreicht eine Geschwindigkeit von 12.300 km/h (= Mach 10). Die Rakete ist mobil, sie wird von einem Werferfahrzeug MZKT-79291 aus abgefeuert.
Die ORESCHNIK ist eine Mittelstreckenrakete, die auf der früheren Langstreckenrakete RB-26 RUBESCH basiert. Angeblich sind 80 bis 90 Prozent der Bauteile identisch. (15) So hat sie mit dieser die erste Raketenstufe gemein. Die zweite Raketenstufe wurde modifiziert und mit einem neuen Lenksystem/Bus für die Mehrfachsprengköpfe ausgestattet.
Nachdem Russland 2017 mit der Entwicklung der SS-C-8 SCREWDRIVER gegen den INF-Vertrag (Intermediate-range Nuclear Forces) verstoßen hatte, ist die ORESCHNIK der erste neue Raketentyp, der nach Aufkündigung des INF-Abkommens durch die US-Präsident Donald Trump am 20. Oktober 2018 entwickelt wurde.
Der russische Präsident hat mittlerweile angekündigt, man wolle das Modell in großen Stückzahlen herstellen. Sie erhöhen das bereits vorhandene Arsenal an Mittelstreckenwaffen, mit der Russland die (west-)europäischen Großstädte bedroht. Damit konterkariert dieses Rüstungsprogramm zugleich die NATO-Bestrebungen, mit der (konventionellen) Rakete DARK EAGLE und dem (konventionellen) Marschflugkörper TOMAHAWK in den nächsten Jahren ein Gegengewicht zum gegenwärtigen russischen Nukleararsenal in Europa zu schaffen. Das Wettrüsten im Bereich der Long-range Theater Nuclear Forces (LRTNF) hat somit begonnen, lange bevor die ersten US-Flugkörper überhaupt in Europa angekommen sind.
Wenn es sich bei der ORESCHNIK nicht um eine rein konventionelle, sondern atomar bestückte Rakete handelt, wovon man ausgehen muss, dann ist sie quasi das Nachfolgemodell für berüchtigte RSD-10 PIONIER (NATO-Code: SS-20 SABER) aus den siebziger Jahren. Generaloberst Sergej Wiktorowitsch Karakajew, seit 2010 Kommandeur der Strategischen Raketentruppen (Raketnyje wojska strategitscheskowo nasnatschenija Rossijskoj - RWSN), zeigte sich begeistert von seinem neuen Geschoss:
„Ausgehend von den gestellten Aufgaben und der Reichweite dieser Waffe, kann sie Ziele auf dem ganzen Gebiet Europas angreifen, was sie vorteilhaft von anderen Arten hochpräziser Waffen großer Reichweite unterscheidet.“ (16)
Der kriegsgeile Russe Sergej Alexandrowitsch Karaganow, Politologe an der Wirtschaftshochschule in Moskau, erklärte:
„(Die Rakete) gibt uns einfach zusätzliche Einwirkungshebel auf die Hirne unserer Gegner, wenn die ihnen geblieben sind“. Die Rakete zeige, „dass wir in der Lage und bereit sind, erstens mit konventionellen Waffen einen starken Schlag gegen die NATO-Länder zu führen und zweitens als letztes Mittel natürlich auch mit Atomwaffen, da es inzwischen Mittelstreckenraketen gibt, die speziell für Ziele im europäischen Raum entwickelt wurden“. (17)
Angesichts der neuen russischen Nukleardoktrin vom 19. November 2024, die auch einen Ersteinsatz von Atomwaffen gegen Staaten vorsieht, die nicht zu den Nuklearmächten gehören, wird an einen massenhaften Einsatz von atomaren Mittelstreckenraketen gegen Städte in ganz Europa gedacht. Im Gegensatz zu einem konventionellen Angriff setzt dieses Szenario nicht voraus, dass dem Kriegsbeginn erst eine ca. zehnjährige Periode der Aufrüstung vorausgehen muss, um die russischen Militärarsenale wieder aufzufüllen. Der Bestand an Atomwaffen hat sich durch den Ukrainekrieg nicht wesentlich verändert, wenn man mal von dem Verbrauch an dual-use Boden-Boden-Raketen absieht. Für die Bundeswehr bedeutet dieses Nuklearkriegsszenario, dass sie vom ersten Kriegstag an obsolet ist, da die Bundeswehr für ein solches Kriegsgeschehen weder über entsprechende Waffensysteme noch über eine adäquate Ausbildung oder Operationsweise verfügt. Eine Ausnahme bilden hier lediglich die zehn Tornados des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 in Büchel, die mit jeweils einer Wasserstoffbombe B61-3/-4/-12 ausgerüstet sind. Dieses „kriegstüchtige“ Kampfaufgebot reduziert die effektive Kampfstärke der Bundeswehr auf wenig mehr als 20 Mann.
Schluss
Am 26. November 2024 kam der NATO-Ukraine-Rat in Brüssel zu einer Sitzung zusammen um über den russischen Raketenangriff auf Dnipro zu beraten. (18)
Nach dem russischen Raketentest über Dnipro hat das französische Außenministerium am 25. November 2024 klargestellt, dass die Ukraine zukünftig auch die französischen Marschflugkörper von Typ Système de Croisière Autonome à Longue Portée – Emploi Général (SCALP-EG) zur Selbstverteidigung gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einsetzen darf. (19) Außerdem erwägen das Vereinigte Königreich und Frankreich den Einsatz von Bodentruppen.
Diesbezüglich haben der deutsche Appeasementfriedenskanzler und seine devoute Entourage aus der hohlen SPD nichts Neues zu vermelden. Olaf Scholz sieht weiterhin seine höchste Pflicht darin, ein Übergreifen des Ukrainekrieges auf die BRD zu verhindern, indem er der Ukraine die Lieferung des weitreichenden Marschflugkörpers TAURUS verweigert. Dabei weiß der Kanzler selbst ganz genau, dass die BRD längst zum Zielgebiet für hybride Angriffe Russlands, Chinas und Nordkoreas ist, die sogar vor massivsten Eingriffen ins politische Parteiensystem nicht zurückscheuen. Die Hoffnung des Kanzlers, Russlands aggressive Ambitionen ließen sich durch vorauseilenden Gehorsam nachhaltig einhegen, werden sich nach der militärischen Niederlage der Ukraine wohl nicht erfüllen.
Quellen.
(1) https://112.ua/de/skilki-rosia-mae-odinic-novoi-raketi-akou-vdarila-
po-dnipru-dani-gur-47324
(2) https://www.stern.de/digital/technik/die-oreschnik-rakete---putins-
weltuntergangswaffe-fuer-europa-35252980.html
(3) https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/ukraine-krieg-russland
-neue-rakete-putin-100.html
(4) https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/ukraine-
russland-setzt-erstmals-interkontinentalrakete-ein/ar-AA1uvAzh?apiversion=v2&noservercache=1&domshim=1&render
webcomponents=1&wcseo=1&batchservertelemetry=1&noservertelemetry=1
(5) https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-praesident-selenskyj-fordert-von-weltgemeinschaft-
reaktion-auf-russischen-raketenschlag-a-8dab3b3e-1804-4958-bb80-9d041a7f4bad
(6) https://www.merkur.de/politik/im-ukraine-krieg-raketentruemmer-in-dnipro-stellen-putins-behauptungen-infrage-93428865.html
(7) https://www.fr.de/politik/putin-warnt-den-westen-russland-benutzt-
neue-rakete-fuer-ukraine-angriff-zr-93427861.html
(8) https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-krieg-wladimir-putin-
bestaetigt-neuen-raketenschlag-a-e2887368-f764-4ed1-93b7-9cd9a9f34517
(9) https://de.wikipedia.org/wiki/9M729-Oreschnik
(10) https://www.stern.de/digital/technik/die-oreschnik-rakete---
putins-weltuntergangswaffe-fuer-europa-35252980.html
(11) https://www.merkur.de/politik/im-ukraine-krieg-raketentruemmer-
in-dnipro-stellen-putins-behauptungen-infrage-93428865.html
(12) https://www.kettner-edelmetalle.de/news/russischer-angriff-
auf-dnipro-putin-setzt-umstrittene-rakete-gegen-zivilbevolkerung-ein-25-11-2024
(13) https://www.milfors.de/Die-Modernisierung-der-strategischen-
Atomstreitkr.ae.fte-Russlands.htm
(14) https://www.fr.de/politik/eine-wunderwaffe-namens-wolodja-10989685.html
(15) https://de.wikipedia.org/wiki/Oreschnik_(Rakete)
(16) https://www.merkur.de/politik/putin-will-mittelstreckenraketen-
in-serie-produzieren-zr-93428791.html
(17) https://www.faz.net/aktuell/politik/ukraine/russland-ueber-die-oreschnik-
was-die-rakete-kann-bleibt-unklar-110131789.html
(18) https://www.deutschlandfunk.de/nato-ukraine-rat-beraet-ueber-
konsequenzen-nach-einsatz-von-neuer-russischer-mittelstreckenrakete-104.html
(19) https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-raketen-paris-reaktion-100.html