Palomares:
Am 17. Januar 1966 kollidierten über dem kleinen andulusischen Dorf Palomares (ca. 1.200 Einwohner) zwei amerikanische Militärflugzeuge. Ein Bomber vom Typ Boeing B-52G Stratofortress der 51st Bomb Squadron (Seymour Johnson AFB, USA) stieß bei einem Luftbetankungsmanöver mit einem Tankflugzeug Boeing KC-135A-BN Stratotanker der 910th AREFS (Morón de la Frontera, Spanien) in der Luft zusammen. Der Bomber befand sich auf dem Rückflug von einem CHROME DOME-Einsatz und hatte vier Wasserstoffbomben vom Typ B-28 Fusing Internal (B-28FI) an Bord. Diese Bomben hatten einen konventionellen Zündsatz (PBX-9505, Cyclotol und TNT), der eine Kernspaltungsladung vom Typ W-34 Python mit jeweils 11 kg Plutonium zur Implosion brachte, wodurch wiederum die Kernfusionsladung aus Lithium-6 und Deuteriumoxid gezündet wurden. Die Sprengkraft der Wasserstoffbomben war variabel einstellbar von 70.000 Tonnen bis 1.450.000 Tonnen Sprengkraft (TNT-Äquivalent) pro Bombe. In der Nomenklatur der US-Air Force bezeichnet man einen solchen schweren Atomwaffenunfall mit radioaktiver Verstrahlung als BROKEN ARROW.
Drei der sieben Besatzungsmitglieder des Bombers kamen bei dem Unfall ums Leben (Oberleutnant George J. Glessner, Oberleutnant Stephen S. Montanus und Feldwebel Ronald P. Snyder), an Bord des Tankflugzeuges starben alle Besatzungsmitglieder (Major Emil J. Chapla, Hauptmann Paul R. Lane, Hauptmann Leo E. Simmons und Stabsfeldwebel Lloyd G. Potolicchio).
Eine der Wasserstoffbomben landete im ausgetrockneten Flussbett des Almanzora und blieb unbeschädigt. Zwei weitere Bomben krachten in der Nähe des Friedhofs am südöstlichen Dorfrand nieder und zerbrachen beim Aufschlag. Dabei explodierte ein Teil der konventionellen Sprengladungen. Dadurch wurde die Umgebung radioaktiv verstrahlt.
Ein vierte Bombe landete im Mittelmeer und konnte erste nach 80 Tagen - fast unbeschädigt - geborgen werden.
Die US-Air Force trug damals einen Großteil des verstrahlten Ackerbodens mit seinem Bewuchs (Tomaten, Melonen, etc.) ab und verbrachte die kontaminierte Erde in den USA. Dennoch gilt Palomares bis heute als der am stärktsten verstrahlte Ort in Westeuropa.
Unter dem Kommando von Generalmajor Delmar E. Wilson startete die US-Air Force eine große Räum- und Reinigungsaktion. Zu den 738 Mann an Land gehörten auch GIs aus Mannheim (BRD), die leicht verstrahlt in die Bundesrepublik zurückkehrten.
Zur Zeit streitet sich die spanische Regierung mit ihrem amerikanischen Pendant über die Finanzierung einer entgültigen Reinigung. Das in der Umgebung freigesetzte Plutonium-249 hat sich mittlerweile in das ebenfalls radioaktive, leichtflüchtige Americium-251 umgewandelt. Zum fünfzigsten Jahrestag des Atomwaffenunfalls möchte die Regierung in Madrid das Thema entlich vom Tisch haben.
KC-135R Stratotanker (Nr. 58-0100) der USAFE,
100th Air Refuelling Wing (100 ARW), aus RAF Mildenhall,
United Kingdom.
(Internationale Luftfahrtausstellung, Berlin, 2008)
KC-135R Stratotanker (Nr. 58-0100) der 100 ARW - Innenraum:
Die Tankflugzeuge können in einer Zweitfunktion auch zum
Truppentransport eingesetzt werden.
(Internationale Luftfahrtausstellung, Berlin, 2008)
KC-135R Stratotanker (Nr.58- 0100) der 100 ARW in
Mildenhall. Die Instrumentierung des Cockpits ist nicht
vergleichbar mit der des Flugzeuges von 1966.
Zum Zeitpunkt der Aufnahme war Oberst Eden J. Murrie
der Stammpilot der Maschine.
(Internationale Luftfahrtausstellung, Berlin, 2008)
KC-135R Stratotanker (Nr.58-0100) - Platz des Navigators.
(Internationale Luftfahrtausstellung, Berlin, 2008)
KC-135R Stratotanker (Nr. 58-0100) - Bedienkonsole des für die
Luftbetankung zuständigen Besatzungsmitgliedes im Heck der
Maschine. Der so genannte "Boomer" liegt auf dem Bauch und
steuert über Lichtsignale die Luftbetankung.
(Internationale Luftfahrtausstellung, Berlin, 2008)
Das andalusische Dorf Palomares liegt an der Mittelmeerküste
am Nordrand der Region Almería. Es ist über die Autobahn
"Autopista AP-7" zu erreichen. (25.7.2010)
Ortseingang von Palomares: Palomares ist ein rechtlich und
kommunalpolitisch ein Ortsteil von Cuevas del Almanzora.
Von Cuevas fährt man zehn Kilometer über die Landstraße
AL-8104 nach Palomares. (25.7.2010)
Palomares heute: Blick nach Nordosten zur Bergkette Sierra
Almagrera, die sich parallel zur Küste weiter nach Norden
erstreckt. Der "Picacho de la Matilde" (weiter westlich nicht
im Bild) erreicht eine Höhe von 320 Metern. (27.7.2010)
Palomares heute: Blick nach Osten über den Ortsteil Losilla
zum Mittelmeer. (27.7.2010)
Palomares - Dorfansicht (27.7.2010)
Die Hauptstraße von Palomares: Für die Fiesta zu Ehren der
Schutzpatronin des Dorfes ("Nuestra Se
ñora Virgen del
Carmen") festlich geschmückt mit den Flaggen Spaniens
(rot-gelb) und des Bundeslandes Andalusien (grün-weiß).
(28.7.2010)
Palomares - Straßenpanorama (26.7.2010)
Palomares: typische spanische Dorfstraße (26.7.2010)
Palomares erlebte in den Jahren um die Jahrtausendwende
einen regelrechten Bauboom. Zwischen den aufgehübschten
"modernen" Bauten findet man immer wieder ältere
Flachbauten aus den sechziger Jahren. (27.7.2010)
Einer der drei Supermärkte von Palomares. Dieser gehört zur
internationalen "Spar"-Kette, die auch in der BRD präsent ist.
(26.7.2010)
Der Atomwaffenunfall wird heute am liebsten totgeschwiegen.
Lediglich eine kleine Gasse, die vom zentralen Dorfplatz
abgeht, ist nach dem Datum des Unglücks benannt:
"Calle de diecisiete enero de mil novecientos sesenta y seis".
(26.7.2010)
Offizieller Bericht der US-Air Force von 1966 (289 Seiten).
Gemäß dem FOIA-Gesetz wurde eine sanitisierte Fassung
mittlerweile veröffentlicht. Siehe:
http://web.archive.org/web/20090327090414/http://
www.dod.mil/pubs/foi/reading_room/133.pdf
Seite aus dem "BROKEN ARROW"-Bericht von 1966:
Auch Jahrzehnte nach dem Absturz werden viele Informationen
weiterhin geheimgehalten.
Bericht des Atombombenkonstrukteurs S. V. Asselin von der
Sandia Corporation (Albuquerque, USA) über den Atomwaffe-
nunfall vom August 1966 (55 Seiten). Das Geheimdokument
wurde gemäß dem FOIA-Gesetz mittlerweile ausschnittsweise
freigegeben. Siehe:
http://nnsa.energy.gov/sites/default/files/nnsa/
foiareadingroom/RR00269.pdf
Das ausgetrocknete Flussbett des Almanzora, der zwischen
den Bergen der Sierra Almagrera und dem nördlichen Dorfrand
von West nach Ost "herfließt" . Die beiden Ufer wurden
mittlerweile betoniert. Auf dem Südufer in Mündungsnähe
(hier links im Bild, ca. 100 Meter entfernt) landete am
17. Januar 1966 eine H-Bombe. Nur der kleinere Bänderfall-
schirm hatte sich geöffnet, so dass die Bombe mit einer Ge-
schwindigkeit von 40 Metern pro Sekunde aufschlug, den-
noch blieb der Bombenkörper intakt. (26.7.2010)
Die Straße "Diseminado la Punta" (Blick nach Westen).
Am Ende des Bildes liegt das Eingangstor zur Sperrzone
mitten im Villen-Wohngebiet zwischen Diseminado la Punta
und Calle de las Bombardas. (1.8.2010)
Straße "Diseminado la Punta"- Eingangstor zum Sperrgebiet.
Auf den Schildern steht: "Zutritt verboten. Nur für berechtigtes
Personal" und "Plan zur energetischen und ökologischen Unter-
suchung zwecks radiologischer Überwachung". Das schwarz-
gelbe Flügelrad als international bekanntes Radioaktivitäts-
Gefahrenzeichen fehlt (absichtlich). (26.7.2010)
Blick von der Calle de la Bombardas auf das radioaktive Sperr-
gebiet. Durch den ablandigen Südwest-Wind wurde 1966 der
radioaktive Staub von der Einschlagsstelle der zweiten Bombe
in der Nähe des Friedhofs hierhin verweht.
Sperrgebiet im Wohngebiet (29.7.2010)
Blick über das Sperrgebiet im Wohngebiet.
Straße "Diseminado la Punta": Aufgebene Agrarfabrik im
Sperrgebiet. Die Hauswand gilt zugleich als äußere Begrenzung
der Sperrzone. (26.7.2010)
Blick in das Innere der verlassenen Agrarfabrik in der
Sperrzone: Alte Obst- und Gemüsekisten blieben zurück.
(29.7.2010)
Blick in das Innere der Agrarfabrik. (1.8.2010)
Der Ortsfriedhof südwestlich des Ortes im Ortsteil Los
Algarrabones (Blick von der Rückseite nach Norden). Rund
fünfzig Meter nördöstlich des Friedhofs liegt ein kleineres
Sperrgebiet auf einem Hügel; südlich des Friedhofs ein
größeres Sperrgebiet mit mehreren Tausend Quadratmetern.
(27.7.2010)
Spanische Verhältnisse: Im Vordergrund das größere Sperr-
gebiet mit Absperrzaun; dahinter die beiden Wasserspeicher,
dahinter der Friedhof mit dem zivilen Funkmast als Orien-
tierungshilfe und nordöstlich vom Friedhof die kleinere Sperr-
zone auf einem hellbraunen Hügel. (27.7.2010)
Zufahrtsstraße zum Friedhof. Im Blick der radioaktiv konta-
minierte Hügel (Höhe 63 Meter). Daneben der zivile Funkmast.
(27.7.2010)
Sperrgebiet auf dem Hügel nordwestlich des Friedhofs
(Blick von Süden in Richtung (Nordwest). (27.7.2010)
Das größere Sperrgebiet südlich des Friedhofs in den Berg-
ketten Cerro Colorado und Tio Sadillas. Die Sperrzone erstreckt
sich über eine Länge von rund 700 Metern bis zum ausgetrock-
neten Bachbett des Ca
ñada del Jatico. Bei dem Mast handelt es
sich vermutlich um eine meteorologische Messstation
(Temperatur Windgeschwindigkeit, Windrichtung, etc.)
zur Überwachung der radiologischen Ausbreitungsbedingungen.
Ihre Wetterdaten sind öffentlicht zugänglich und können über
das Internet abgerufen werden. (27.7.2010)
Größere Sperrzone am Friedhof: Container, Wasserbehälter (?)
und Strommasten. (27.7.2010)
Sperrzone mit zwei Miet-Containern des Unternehmens
"Alyser de Maqinaria" und dem meteorologischen Mast
(nicht zu verwechseln mit dem Funkmast). (27.7.2010)
Kleinerer Container im Sperrgebiet mit unbekannter Funktion.
(27.7.2010)
Blick von Süden über das Sperrgebiet mit den beiden Miet-
container und eines der beiden Wasservorratsbecken in Rich-
tung Sierra Almagrera. (27.7.2010)
Blick über das Sperrgebiet in Richtung Nordost. Am rechten
Rand des Sperrgebiets ist eine radiologische Bodenmessstation
erkennbar, die durch ein blaues Metallgitter geschützt wird.
(27.7.2010)
Blick über das Sperrgebiet in Richtung Südost. (27.7.2010)
Vorderer und hinterer Begrenzungszaun des Sperrgebietes.
Der einfache Maschendrahtzaun folgt dem Geländeprofil.
(27.7.2010)
Vorderer und hinterer Zaun des Sperrgebietes. (27.7.2010)
Melonenfelder reichen bis an den Zaun des Sperrgebietes.
(27.7.2010)
Überall im den Sperrgebieten ragen solche Rohre aus dem
Boden. (27.7.2010)
Der Hauptplatz von Palomares zwischen der Calle Mayor
(im Vordergrund) und der Calle de 17 de Enero de 1966. Hier
befand sich 1966 ein staubiger Platz, auf dem sich die Dorf-
bevölkerung versammelte, um die neuesten Nachrichten über
den Atomunfall auszutauschen. (26.7.2010)
Gaststätte in der Calle Mayor am zentralen Dorfplatz. Hier
befand sich 1966 das Dorfkino, das damals als Versammlungs-
stätte genutzt wurde, um über die Ereignisse zu informieren
und debattieren. (28.7.2010)
Die Bar Tomás am zentralen Dorfplatz in der Calle de 17 de
Enero de 1966. Hier trafen sich damals die amerikanischen
Soldaten und die Dorfbewohner. (29.7.2010)
Bar Tomás - Innenraum (26.7.2010)
Der natürliche Bewuchs in Palomares: Sträucher, Kakteen
und Algarven. Diese Pflanzen mussten mit den Feldfrüchten
1966 abgeerntet werden. (29.7.2010)
Durch die "spanische" Sonne ist die oberste Erdschicht zu
feinstem Staub zerfallen, der bei jeder Feldarbeit aufwirbelt
wird. Dieser Staub war 1966 - radioaktiv verstrahlt - ein großes
Problem bei der Eindämmung der Kontamination. (26.7.2010)
Feldarbeit mit Staubschleppe (26.7.2010)
Gewächshaus mit Tomaten: Diese waren 1966 das Haupt-
erzeugnis der Agrarproduktion in Palomares. (26.7.2010)
Getreide (?) zum Trocknen ausgebreitet. (28.7.2010)
Eines von mehreren Agrarunternehmen in Palomares verspricht
"Sabor tradicional" (traditionellen Geschmack), was immer
damit gemeint sein mag. (26.7.2010)
Das Agrarunternehmen "Domingo José Frutas y Hortalizas
S. L.". Obst und Gemüse aus Palomares wird auch nach
Deutschland geliefert.(25.7.2010)
Zwei bis drei Ernten im Jahr können nur mit der chemischen
Keule eingefahren werden. Hilfe verspricht der deutsche
Chemiekonzern "Bayer Crop Science" mit seiner Niederlassung
in Paloamres. So finden sich zwischen den Feldern kleine
Steinhäuser, in denen die Bauern ihre Chemieprodukte
zwischenlagern. Warnschilder mit Totenköpfen oder Säure-
zeichen warnen vor dem Betreten. An den Feldrändern liegen
die ausgeleerten, hellblauen Plastikkanister zu Dutzenden. In
Palomares meinen heute manche, die chemische Gefahr sei mitt-
lerweile größer als die radiologische Bedrohung, was die Bauern
natürlich strickt bestreiben: Alles wärei in Übereinstimmung mit
den (EU-)Gesetzen. (26.7.2010)
An der Küstenstraße von Garruchar über Palomares nach
Villaricos zweigt an der Repsol-Tankstelle ein Feldweg zum
Strand von Quitapellejos ab. Hier schlugen die Amerikaner
1966 ihr provisorisches Militärlager auf. Das "Camp Wilson"
bzw. "Campamento Wilson" bestand aus 75 Großraum-
Armeezelten. Die Truppe an Land umfasste bis zu 738 Mann
und 148 Fahrzeuge. (26.7.2010)
Am Feldweg befindet sich diese Turmruine. Sie finden sich
auch auf alten Fotos vom "Camp Wilson" und bietet daher
Orientierung. (29.7.2010)
Strand von Quitapellejos (26.7.2010)
Vom Massentourismus verschont breitet sich Sandstrand von
Quitapellojos aus (Blick nach Süden). Da der Nudistenstrand
in Vera Playa mittlerweile stark frequentiert wird, erobern die
"Naturalistas" mittlerweile den südlichen Part von Quita-
pellejos: FKK am Plutoniumstrand. (26.7.2010)
Die "Seabees" der US-Navy bauten 1966 eine Buhne, um das
Ab- und Anlanden der Landungsboote und Schiffe der Task
Force Six Five (TF 65) zu ermöglichen. Dieser Verband
umfasste 3.425 Mann und 34 Kriegsschiffe. Die abgebildete
Buhne liegt an der Mündung des Almanzora. (29.7.2010)
Seekarte mit den Meerestiefen vor Palomares. (29.7.2010)
Auslage in einem Supermarkt in Palomares mit Haushalts-
reiniger spanischer und internationaler Marken. Demgegen-
über ist die Dekontamination der verstrahlten Flächen auch
nach fünfzig Jahren noch nicht abgeschlossen. (28.7.2010)
Die Sierra Almagrera ist seit Jahrhunderten ein Bergbaugebiet.
Es wird vermutet, dass die US-Streitkräfte einen Teil des konta-
minierten Bodens in alten, verlassenen Minenstollen "entsorgt"
wurden. (26.7.2010)
Altes Bergwerk in der Sierra Almagrera mehrere Kilometer
nördlich von Palomares. (25.7.2010)
Sozialzentrum in Palomares: Im Erdgeschoss befindet sich der
Freizeittreff der Senioren (span: personas de tercera edad),
im ersten Stock die Staatsbibliothek. (26.7.2010)
Die "Junta" des Seniorentreffs mit den "Überlebenden" des
Atomwaffenunfalls. (29.7.2010)
Der Innenraum des Seniorentreffs. Im Hintergrund vier PC-
Arbeitsplätze mit Internet-Zugang: Die Moderne hat Einzug
gehalten in Palomares. Im Jahre 1966 gab es in dem Dorf nicht
einmal ein Telefon. (29.7.2010)
Die alten Männer von Palomares vergnügen sich in ihrer Frei-
zeit mit denselben Hobbies, wie die alten Männer überall auf
der Welt. (30.7.2010)
Regal in der "bibliotheka publica". Es gibt einen Ordner mit
Zeitungsausschnitten über den Atomwaffenunfall, allerdings
kein einziges Buch - weder auf Spanisch noch in irgendeiner
anderen Sprache. (26.7.2010)
Die Praxis für medizinische Ersthilfe. Im Jahre 1966 lebte in
Palomares nicht einmal ein Arzt. Von 1966 bis 2010 wurden
jedes Jahr mehrere ausgewählte Einwohner mit einem Sammel-
taxi nach Madrid gefahren und dort im Auftrag des CIEMAT
auf medizinische Spätfolgen des Atomunfalls untersucht. Die
Untersuchungsergebnisse blieben geheim - auch gegenüber
den Untersuchten. Im Jahre 2010 kündigte die US-Regierung
ihre finanzielle Unterstützung für das Projekt auf. (25.7.2010)
Nach dem - lange erwarteten - Zusammenbruch der spanischen
"Immobilienblase" im Jahre 2006 startete die spanische Regie-
rung ein Konjunkturprogramm "Economía Sostenible" (Plan E),
von dem auch Palomares zeitweise profitierte. Durch die Banken-
und Euro-Krise ist das Programm längst verpufft. (26.7.2010)
In den Jahren um die Jahrtausendwende erreichten die inter-
nationalen Touristenströme, die immer mehr nach Süden vor-
drangen, auch Palomares. Vor allem Engländer, die von dem
starken britischen "Pfund" profitierten, erwarben in Palomares
ein Ferienhaus. Mit der Banken- und Eurokrise gerieten die
britischen Hauseigentümer in Finanzschwierigkeiten und
konnten ihre Kredite nicht mehr bedienen. Die Folge: Viele
Ferienhäuser werden heute zu einem niedrigen Preis angeboten,
sind aber unverkäuflich, weil es entlang der gesamten spanischen
Mittelmeerküste ein Überangebot an Immobilien gibt. (25.7.2010)
Altes (Bauern-)Haus in Palomares zum Verkauf: "Se Vende!"
(27.7.2010)
Bauruine am nordöstlichen Stadtrand von Palomares, in der
Nähe der Mündung des Almanzora. Durch die Banken- und
Eurokrise wurden überall in Spanien Bauvorhaben abge-
brochen, darunter auch ein halbes Dutzend Projekte in Palomares
selbst. Den überflüssigen Kran ließ man einfach stehen, da das
teure Gerät heute nirgendwo mehr gebraucht wird. Die Außerdem
waren die Bauarbeiten risikoreich, da durch die Ausschachtungs-
arbeiten das Nuklearmaterial, welches im Laufe der Jahrzehnte
auf eine Bodentiefe von rund 80cm abgesunken war, wieder an
die Erdoberfläche gelangte.(26.7.2010)
Bauruine und unverkäufliche Fertigwohnungen in Strandnähe.
Der Landstreifen zwischen dem spanischen Ortskern und dem
Strand wurde im letzten Jahrzehnt bebaut, da die ausländischen
Touristen ein Ferienhaus möglichst in Strandnähe anstrebten.
Heute sind die Ferienwohnungen unverkäuflich, das Bauunter-
nehmen "Construlor - Empresa Constructora" stellte das
Projekt ein. (28.7.2010)
Investitionsruine: Südlich von Palomares wurde eine kilo-
meterlange vierspurige Straße mit Mittelstreifen gebaut,
die in der "Pampa" endet. Vermutlich steuerte die EU in
Brüssel einen Teil der Gelder bei. (30.7.2010)
Wie jedes Dorf veranstaltet auch Palomares jedes Jahr eine
Fiesta zu Ehren der lokalen Schutzheiligen, in diesem Fall
"Nuestra excelsa Patrona Santísima Virgen del Carmen".
as Fest dauert fast eine Woche. (28.7.2010)
Fiesta in Palomares (1.8.2010)
Kirmesvergnügen für die einheimischen Kinder: Matadores
mit Indianerschmuck (31.7.2010)
Kinderkarussel "Ranita loca": Im Hintergrund ist der radio-
aktive Hügel am Friedhof mit dem Funkmast erkennbar.
(30.7.2010)
Lokale Grundschule: "Juntos hacemos la paz" (Gemeinsam
gestalten wir den Frieden). (26.7.2010)
Ortseingangsschild von Villaricos nördlich von Palomares.
Zwischen dem Bauerndorf Palomares und dem Fischerdorf
Villaricos gibt es traditionell Rivalität. (29.7.2010)
Blick auf Villaricos mit dem Strand aus schwarzem Geröll und
den Bergen der Sierra Almagrera im Hintergrund. Im Jahr 1966
gab es in Villaricos eine Decca-Funkanlage, die den Militärflug-
zeugen zur Navigation diente. (29.7.2010)
Fischerboot im Hafen von Villaricos: Im Laufe der Jahrzehnte
wurde ein Teil der Radioaktivität durch den Regen aus dem
Erdboden ins Meer gespült. Soweit bekannt sind die Fische
noch nicht belastet, allerdings fand sich in Meeresalgen
erhöhte Strahlung.
Cartagena: Die Hafenstadt beherbergt das Hauptquartier der
spanischen Mittelmeerflotte. Im Jahre 1966 diente die Stadt als
logistische Basis für die Aufräumungs- und Sanierungs-
maßnahmen.
San Javier: Im Jahre 1966 wurde über den zivil-miitärischen
Flughafen von San Javier am Mar Menor Personal und Spezial-
technik eingeflogen. Heute beherrbergt die Basis die Kunstflug-
staffel Àguilas der spanischen Luftwaffe.
Madrid: Sitz der obersten Atomaufsichtsbehörde, dem Consejo
de Seguridad Nacional (CSN). (10.8.2010)
Madrid: Die spanische Umwelt- und Strahlenschutzbehörde
CIEMAT (Centro des Investigaciones Energéticas, Medio-
ambientales y Technológicas), hier Schild am Eingang. Das
Amt hat seinen Sitz am Nordrand des Campus der Universidad
Complutense. (22.7.2010)
Madrid: CIEMAT (22.7.2010)
Madrid: CIEMAT-Übersichtsplan (22.7.2010)
Einer der Berichte des CIEMAT zu den radiologischen
Folgen des Atomwaffenunfalls.
Das antike keltische Symbol "Indalo" ist heute das Marken-
zeichen der Region Almería. Es gab den Namen für das radio-
logische Überwachungsprogramm des CIEMAT in Palomares:
INDALO (29.7.2010)
Madrid: Sitz des Unternehmens "Enusa Industrias Avanzadas
S. A." in Madrid (Santiago Rusi
ñol 12), das mit den radiolo-
gischen Messungen beauftragt worden war. (23.7.2010)
Madrid: Die Botschaft der USA. (23.7.2010)
Das faschistische Regime von "Generalissimo" Francisco
Franco Bahamondo (t 1975) versuchte den Atomwaffen-
unfall weitgehend geheimzuhalten, u. a. um die eigenen
Atomwaffenpläne nicht zu gefährden. So konnte erst 1985
das erste Buch in Spanien zu dem Unfall veröffentlicht
werden: Rafael Lorente, ein Augenzeuge des Unfall aus
Garrucha, publizierte "Las bombas de Palomares - Ayer
y hoy" im Verlag "Ediciones Libertarias" in Madrid.
Luisa Isabel Álvarez de Toledo, Duquesa de Medina
Sidonia, ist in Spanien unter ihrem Spitznamen "die rote
Herzogin" bekannt. Obwohl eine der reichsten Adligen in
Spanien, setzte sie sich bereits in den sechziger Jahren für
die gewerkschaftlichen Rechte der Landarbeiter in Anda-
lusien ein. Als sich 1966 der Unfall in Palomares ereignete,
reiste sie sofort dorthin, um sich vor Ort über die Ereignisse
zu unterrichten und der betroffenen Bevölkerung (juristischen)
Beistand zu leisten. Sie wurde zu einer Haftstrafe von einem
Jahr verurteilt. Nach ihrer Haftentlassung flüchtete sie ins
Pariser Exil. Über ihre Erlebnisse und Erfahrungen in Palomares
wollte sie Ende der sechziger Jahre in Spanien ein Buch
veröffentlichen, aber dies war unter dem Franco-Faschismus
nicht möglich. Erst im Jahr 2001, also 35 Jahre nach dem
Unfall, gab die Fernuniversität in Madrid (Universidad
Nacional de Educación a Distancia - UNED) das alte
unter dem Titel "Palomares (Memoria)" heraus.
Die US-Streitkräfte machten 1966 zahlreiche Filmaufnahmen
von ihren Aufräum- und Sanierungsarbeiten, die aber nie
veröffentlicht wurden. Der Großteil der Aufnahmen wurde 1991
bis 1993 ungenutzt gelöscht. Den Rest konnte die beiden
spanischen Filmemacher SAntonio Sánchez Picón und José
Herrera Plaza bei der amerikanischen National Archives and
Records Administration (NARA) einsehen und sichern. Auf
Basis dieser Filmaufnahmen produzierten sie den Film
"Operación Flecha Rota - Accidente nuclear de Palomares
(Almería)" (96 Minuten). Ergänzend zum Film erschien 2003
ein entsprechender Fotoband (183 Seiten). Dieser Bildband
mit den alten Fotos der US-Streitkräfte kann nicht über den
allgemeinen Buchhandel, sondern nur über den Herausgeber,
die Landesregierung von Andalusien, bezogen werden: Junta
de Andalucia - Consejería de Cultura, Centro Andaluz de la
Fotografia, C/ Martínez Campos no. 20, 04001 Almería.