Militärforschung
  Merkury beschießt Sea Lion
 

Russische Korvette „Merkury“ beschießt Helikopter der Bundesmarine

5. Dezember 2024

Gerhard Piper

Am 27. November 2024 kam es erneut zu einem Zwischenfall in der Ostsee. Die russische Mehrzweckkorvette „Merkury“ (Steregutschi-Klasse) beschoss einen Bordhubschrauber „Sea Lion“ der deutschen Fregatte „Nordrhein-Westfalen“ (Baden-Württemberg-Klasse) mit Signalpatronen, als dieser im Luftraum patrouillierte.

Nach Angaben von Matthias Gebauer auf „Spiegel Online“ feuerte eine Korvette der russischen Rotbannerflotte Ende November mit „Leuchtmunition“ auf den Bordhubschrauber der deutschen Fregatte „Nordrhein Westfalen“, als dieser das russische Kriegsschiff aus der Luft inspizieren wollte. Bei der Munition handelte es sich wohl nicht um „Leuchtspurmunition“ im engeren Sinne, sondern um unbewaffnete Signalpatronen. Der Vorfall ereignete sich südöstlich der dänischen Ostseeinsel Bornholm:

„Da der Helikopter gut zwei Kilometer entfernt war, bestand keine reale Gefahr. Gleichwohl wird der Vorfall in Sicherheitskreisen als russische Provokation gewertet. (…) Als schließlich ein Marine-Helikopter von der deutschen Fregatte aufstieg, um die Schiffe näher zu inspizieren, meldeten sich die Russen nicht wie üblich per Funk. Stattdessen feuerten sie rote Leuchtmunition ab.“ (1)

Der Vorfall ereignete sich am 27. November 2024. Er wurde erst durch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) am Rande des Außenministertreffens der NATO-Staaten in Brüssel bekanntgegeben. Warum die Deppen von der Bundeswehr den Angriff gegenüber dem Bundestag und der Öffentlichkeit geheim hielten, während sie gleichzeitig beklagen, dass die deutsche Bevölkerung sich der Gefahren aus der hybriden Kriegsführung der Russen nicht hinreichend bewusst ist, ist nicht bekannt. Dies müsste das Landesverteidigungsgenie Boris Pistorius (SPD) aufklären, wenn er denn wollte, will er aber nicht. „Aus Gründen der militärischen Sicherheit werden keine Angaben gemacht“, faselte man im Bundesverteidigungsministerium, um festzustellen, man sei durch die kurze Mitteilung der deutschen Außenministerin „kalt erwischt“ worden. Auch von Seiten der Baltischen Rotbannerflotte gibt es bisher ebenfalls keine Stellungnahme zu dem Vorfall.

In diesem Zusammenhang wurde bekannt, dass der „zivile“ russische Tanker „General Skobelev“, der die russischen Truppen in Syrien mit Treibstoff beliefert hatte, am 25. und 26. November den Fehmarnbelt und die Kaderinne passierte, um ungeladen weiter in Richtung Osten zu schippern. (2) Am 29. November erreichte das Schiff Sankt Petersburg. (3) Begleitet wurde die „General Skobelev“ durch die Korvette „Merkury“ der Steregutschi-Klasse. (4)

Die „General Skobelev“ (AGSU) (IMO 9503304, MMSI 273335920) wurde 2008 in Malta erbaut und wurde im April 2009 in Russland registriert. Ihr Heimathafen ist Taganrog. Das Schiff gehört(e) – zumindest noch 2017 - der türkischen Holding „Palmali“ mit Sitz in Beşiktaş bei Istanbul. Es ist 150 m lang und 17,3 m breit. Es hat eine Wasserverdrängung von über 13.000 Tonnen. Ihr Rufzeichen lautet „UBKF8“. (5) Der Tanker stand schon längere Zeit im Verdacht, als Embargobrecher zu fungieren. Am 29. Oktober 2024 verließ der Tanker den syrischen Hafen Baniyas. (6)

Seit dem 24. November wurde der russische Tanker durch die Mehrzweckkorvette „Merkury“ (Bordnummer: weiß 734) der Steregutschi-Klasse (Projekt: 20380) auf der Fahrt durch die Ostsee begleitet. Die „Merkury“ hat eine Länge von 104,5 m bei einer Breite von 13 m. Die Wasserverdrängung beträgt rund 2.000 Tonnen. Die Schiffsbesatzung setzt sich aus 99 Matrosen zusammen. Zur Ausrüstung gehören ein Bugsonar Zarja-ME (Reichweite: mind. 19 km) und ein 3D-Luftraumüberwachungsradar Furke-2. Zur Bewaffnung gehören u. a. ein 100-mm- Geschütz „A190E“ (Reichweite: 21 km), eine Flak 30-mm „AK-630M“, Flugabwehrraketen 3K96 Poliment-Redut, (Reichweite: 120 km), Seezielflugkörper 3M24 (Reichweite: max. 130 km) und acht Torpedorohre 324 mm vom Typ „Paket-Nk“. Zur Ausstattung der „Merkury“ gehört gelegentlich auch ein Bordhubschrauber Kamow Ka-27PL zur U-Boot-Bekämpfung. (7)

Das Schiff wurde 2015 auf der Severnaya-Werft in Sankt-Petersburg gebaut und am 13. Mai 2013 in Dienst gestellt. Im August 2023 wollte das Schiff zur russischen Schwarzmeerflotte verlegen, der es eigentlich zugeteilt ist. Durch die Sperrung der Dardanellen in Folge des Ukrainekrieges konnte das Schiff aber nicht nach Sewastopol vordringen und verlegte stattdessen zum Flottenstützpunkt Tartus in Syrien. Fortan operierte das Schiff im Mittelmeer. Am 25. November 2024 kehrte die „Merkury“ in die Ostsee als Begleitschiff der „General Skobelev“ zurück und lief den Marinestützpunkt Baltiysk an. Eine aktuelle Fotoaufnahme wurde am 25. November durch die private Fotoagentur „Naval Press Service“ mit Sitz in Wedel (Schleswig-Holstein) direkt über dem Schiff gemacht und veröffentlicht. (8)

Die deutsche Fregatte „Nordrhein-Westfalen“ (F 223) (Rufzeichen: DRAE) gehört zur Baden-Württemberg-Klasse (F 125). Diese Schiffe haben eine Länge von 149,5 m bei einer Breite von 18,8 m und einer Wasserverdrängung von 7.200 Tonnen. Die Stammbesatzung besteht aus 120 Matrosen, hinzu kommen im Einsatzfall noch weitere 70 Mann, so z. B. Kampfschwimmer aus Eckernförde. Zur Schiffsausstattung gehört ein Multifunktionsradar TRS-4D. Das Schiff ist u. a. mit einem 127-mm-Buggeschütz „MLS 27“ (Reichweite: mindestens 30 km) ausgerüstet. Hinzu kommen acht Raketen RGM-84 Harpoon zur Schiffsbekämpfung und 42 Flugkörper RIM-116 Rolling Airframe Missile (RAM) zur Nahbereichsverteidigung. (9)

Zur Bordausstattung gehört ein Bordhubschrauber vom Typ NH90 „Sea Lion“. Dieser maritime Transporthubschrauber hat eine Gesamtlänge von 19,6 m. Seine Bordbesatzung besteht aus 3 bis 4 Mann, allerdings kann er bis zu 20 Personen transportieren. Seine Bewaffnung besteht aus zwei MGs 12,7 mm. Die Bordhubschrauber der Bundesmarine gehören truppendienstlich zum Marinefliegergeschwader 5 in Nordholz. Über die aktuellen Ereignisse berichtet der Militärblog „Augen geradeaus“:

„Während sich der SeaLion der Marine in 1.000 Fuß (gut 300 Metern) Flughöhe dem Tanker näherte, wurden bei einer Distanz von knapp 4Seemeilen (rund 7 km) Schüsse mit Signalmunition abgegeben. Außerdem wurden auf der dem Helikopter zugewandten Bordseite des Schiffes Schüsse mit einem Maschinengewehr abgegeben – ins Wasser.“ (11)

Die „Nordrhein-Westfalen“ wurde auf der Lürssen-Werft in Bremen gebaut und am 10. Juni 2020 in Wilhelmshaven in Dienst gestellt. Als Kommodore fungiert seit dem 15. April 2021 u. a. Fregattenkapitän Stefan Rappelt. (12)

Außer der „Nordrhein-Westfalen“ war auch das Flottendienstboot „Oker“ (A53), ein Spionageschiff der Bundesmarine, und das Patroillenboot „Bayreuth“ (BP 25) der Bundespolizeiinspektion See im Rahmen der „Küstenwache“ an der Überwachung der russischen Schiffe beteiligt. Auch das norwegische Küstenwachboot „KV Bergen“ (W 341) und das dänische Patrouillenschiff „HDMS Hvidbjørnen“ (F 360) (Thetis-Klasse) beteiligten sich an der Überwachungsaktion.

Unklar ist weiterhin, warum das russische Kriegsschiff den Funkkontakt verweigerte und stattdessen mit roter Leuchtspur- bzw. Signalmunition feuerte, die normalerweise nur bei Seenotfällen eingesetzt wird, und mit einem MG rumballerte. Außerdem hätte die russische Schiffsführung auch den eigenen Bordhubschrauber einsetzen können. Unklar ist, wie nah die Geschosse der deutschen Hubschrauberbesatzung kamen und wie die Sichtverhältnisse vor Ort waren, etc..

Quellen:

(1) https://www.spiegel.de/ausland/ostsee-russisches-schiff-schiesst-mit-
leuchtmunition-auf-bundeswehr-hubschrauber-a-f0716e62-bd88-4c23-86e6-938980b8e631

(2) https://www.kn-online.de/schleswig-holstein/ostsee-russisches-
schiff-schiesst-auf-bundeswehr-hubschrauber-was-bekannt-ist-AOO4QYO2S5DXBKLOAVNEZ4YLBA.html

(3) https://www.vesselfinder.com/de/?imo=9503304

(4) https://esut.de/2024/12/meldungen/55132/2-200-tonnen-quecksilber-
russische-korvette-merkuriy-zurueck-in-der-ostsee/

(5) https://www.vesselfinder.com/de/ship-photos/1328058

(6) https://esut.de/2024/12/meldungen/55132/2-200-tonnen-quecksilber-
russische-korvette-merkuriy-zurueck-in-der-ostsee/

(7) https://de.wikipedia.org/wiki/Stereguschtschi-Klasse

(8) https://esut.de/2024/12/meldungen/55132/2-200-tonnen-quecksilber-
russische-korvette-merkuriy-zurueck-in-der-ostsee/

(9) https://de.wikipedia.org/wiki/Baden-W%C3%BCrttemberg-Klasse

(10) https://www.bundeswehr.de/de/ausruestung-technik-bundeswehr/
luftsysteme-bundeswehr/mehrzweck-hubschrauber-sea-lion-nh-90-nth

(11) https://augengeradeaus.net/2024/12/russische-korvette-deutscher-
hubschrauber-warnschuesse-versuch-eines-ueberblicks-neufassung/

(12) https://de.wikipedia.org/wiki/Nordrhein-Westfalen_(Schiff)