Militärforschung
  Ukraine-Krieg 2.0 - 45. Update
 

Ukraine-Krieg 2.0 – Update 45 vom 11. April (D+45)

Gerhard Piper

Lageentwicklung:

Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) traf mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in dessen Amtssitz Nowo-Ogarjowo zu einem einstündigen Gespräch zusammen. Die wichtigste Botschaft des Bundeskanzlers sei gewesen, dass dieser Krieg aufhören müsse, denn im Krieg gebe es auf beiden Seiten nur Verlierer. Nehammer erklärte: „Das Gespräch mit Präsident Putin war sehr direkt, offen und hart.“ Er habe die Kriegsverbrechen in Butscha und anderen Orten angesprochen und betont, dass all jene, die dafür verantwortlich sind, zur Rechenschaft zu ziehen seien. Über die Reaktion Putins war zunächst nichts bekannt. (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91960894/news-zum-ukraine-krieg-lawrow-wirft-eu-vertreter-borrell-aggressive-rhetorik-vor.html)

Ukraine-Krieg 3.0: Der ukrainische Präsidentenberater Olexeij Arestowytsch rechnet mit weiteren Kriegen zwischen der Ukraine und Russland: „Russland sucht eine neue Form des Imperiums, entweder mit Wladimir Putin oder mit Alexej Nawalny, so in 32 bis 35 Jahren werden wir mindestens noch zwei oder drei Runden mit Russland haben.“ Ob größerer Krieg oder nur Grenzscharmützel – die Wahrscheinlichkeit neuer Zusammenstöße sieht er bei 95 Prozent.

Selbst ein Machtwechsel im Kreml würde die Konfrontation mit der Ukraine nicht beenden. „Da kann Einiges geschehen, es könnte sogar irgendein Liberaler übernehmen, (…) dann gibt es eben eine Auseinandersetzung auf Ebene der Informationen, der Wirtschaft oder der Geheimdienste, auch militärisch, wenn auch ohne direkten Krieg.“ Dennoch bleibe es ein „schrecklicher Zivilisationskampf“.

Kriegsverbrechen:

Die ukrainische Staatsanwältin Iryna Wenediktowa führt z. Zt. Ermittlungen zu 5.600 mutmaßlichen Kriegsverbrechen gegen 500 Verdächtige aus den Reihen des russischen Militärs und der Regierung in Moskau, unter ihnen der Kremlchef: „Wladimir Putin ist der Hauptkriegsverbrecher des 21. Jahrhunderts.“ Man hätte bisher 1.222 Tote „allein in der Region Kiew“ geborgen.

In Borodjanka hatten die ukrainischen Soldaten keine Toten auf den Straßen gefunden, jedoch war das Ausmaß der Zerstörung von Häuserblock größer als im nahen Butscha. Man vermutet daher  unter den Trümmern viele Gestorbene, die versuchten, sich in den Kellern vor Bomben zu schützen.

In Lwiw im Westen des Landes trafen unterdessen französische Polizisten ein, um gemeinsam mit ukrainischen Beamten „Kriegsverbrechen rund um Kiew“ zu untersuchen.

Für Ermittlungen im Ukrainekrieg haben Deutschland und die Niederlande jeweils eine Million Euro zusätzlich für den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag angekündigt. Mit dem Geld sollten die Untersuchungen über Kriegsverbrechen vorangetrieben werden, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Die EU unterstützt die Ermittlungen in der Ukraine mit 7,5 Millionen Euro für die Ausbildung ukrainischer Staatsanwälte.

Truppenaufmarsch:

Ukraine:

Oberbefehlshaber: Sechs Wochen dauert der Ukraine-Krieg schon an, und ein baldiges Ende ist nicht in Sicht. Wesentlichen Anteil daran hat der ukrainische Oberbefehlshaber Generalleutnant Valeriy Fedorovych Zaluzhnyy, der am 8. Juli 1973 geboren wurde. Schon sein Vater war Soldat. Zaluzhnyy absolvierte 1997 das „Institut der Landstreitkräfte der Odessa Militärakademie“ in Odessa sowie 2005 bis 2007 die „Ivan Cherniakhovskyi National Defense University“ (Natsionalnyi Universytet Oborony Ukrainy imeni Ivana Chernyakhovskoho - NDUU) in Kiew. Seine Ausbildung schloss Zaluzhnyy mit Auszeichnung ab. Danach war er u. a. Stabschef und stellvertretender Kommandeur der 24. Selbstständigen Mechanisierten Brigade in Yavoriv und danach Kommandeur der 51. Garde MotSchützen Brigade in Volodymyr (2009-2012). In den Folgejahren absolvierte er erneut ein Studium an der „National Defense University of Ukraine“. Er beendete es 2014, als bester Absolvent der strategischen und operativen Ausbildungsstufe. Ab 2017 war er Stabschef des Operationskommandos West in Riwne, ab 2018 Erster Stellvertreter des Kommandos der Vereinigten Streitkräfte und ab dem 9. Dezember 2019 Kommandeur den Operationskommandos Nord in Chernihiv. Anschließend besuchte er kurze Zeit die „Natsional'nyi Universytet Ostroz'ka Akademiia“ in Ostroh, wo er im Dezember 2020 einen Master in „Internationale Beziehungen“ machte. Erst im Juli 2021 ernannte ihn Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj zum Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte. (https://en.wikipedia.org/wiki/Valerii_Zaluzhnyi)

In den letzten Jahren hat das ukrainische Militär einen Prozess der Umstrukturierung durchgemacht: Das ukrainische Militär sei voller junger, professioneller Soldaten und zukünftiger Anführer. „Das sind ganz andere Menschen, sie sind nicht so wie wir, als wir Leutnanten waren. Das sind Neulinge, die die Armee in fünf Jahren komplett verändern werden. (…) Das sind keine Sündenböcke wie in der russischen Armee, das sind echte Helfer, die bald Offiziere ersetzen werden,“ erklärte Zaluzhnyy. Fast jeder der Soldaten beherrscht laut dem Oberbefehlshaber eine Fremdsprache, viele seien belesen und geschickt.

Im September 2021, also knapp sechs Monate vor der Ukraine-Invasion, sagte Zaluzhnyy: „Wir führen eine Reihe von Übungen durch. Wir tun alles, um den Feind weniger bereit zu machen, ein solches Szenario umzusetzen.“ Und im Januar 2022 betonte der General, dass das ukrainische Militär auf einen russischen Angriff vorbereitet ist: „Ich habe die Verbündeten (gemeint sind die nationalen Vertreter im NATO-Militärausschuss, G. P.) daran erinnert, dass unser Krieg seit 2014 andauert und dass wir seitdem unsere Arbeit tun.“

So lassen sich mit dem „neuen“ Personal auch neue Taktiken durchführen, wie Brigadegeneral Erich Vad von der Bundeswehr feststellte:

„Die ukrainischen Streitkräfte haben sich darauf eingestellt, mit sogenannten „Hit and Run“-Angriffen zu operieren. Gegen die numerisch überlegene russische Armee samt ihrem schweren Kampfgerät agieren sie aus dem Hinterhalt. (…) „Dafür braucht es insbesondere eine flexible Infanterie, die durch die Generäle entsprechend angewiesen wird. Und genau das funktioniert in der ukrainischen Armee bisher sehr gut.“ (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/krieg-in-der-ukraine-der-eiserne-general-beschert-russland-verluste-die-es-sich-nie-vorstellen-konnte_id_82122743.html)

Deserteure: Der ukrainische Grenzschutz hat nach eigenen Angaben seit Beginn des Angriffs durch Russland knapp 2.200 Männer im wehrpflichtigen Alter an der verbotenen Ausreise gehindert. Einige Männer hätten versucht, Beamte zu bestechen oder mit gefälschten Dokumenten über die Grenze zu gelangen. In den Karpaten seien auch mehrere Vorfälle mit Erfrierungen registriert worden, unter anderem an der Grenze zu Rumänien. In ukrainischen Medien sorgten zuletzt Berichte über den ehemaligen Verfassungsrichter Olexander Tupyzkyj für Aufsehen. Der 59-Jährige war in Wien fotografiert worden. Die Ukraine hat angekündigt, die vor der Landesverteidigung Geflohenen nach der Rückkehr ins Land zu bestrafen.

Russland:

Verstärkungen: Ein knapp 13 Kilometer langer russischer Militärkonvoi mit rund vierhundert Fahrzeugen bewegte sich bereits am Freitag auf einer Straße östlich der ukrainischen Millionenstadt Kharkiw in Richtung Donbass. Das belegen Satellitenaufnahmen des amerikanischen Unternehmens „Maxar“, die am Sonntag veröffentlicht wurden.

Der ukrainische Generalstab befürchtet auch einen russischen Angriff aus Transnistrien im Südwesten: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die russischen Streitkräfte auf dem Gebiet der Region Transnistrien in der Republik Moldau Provokationen durchführen.“

Gefechte:

- Kharkiw:

Der Regionalgouverneur Oleg Synegubow erklärte, die Kämpfe im Umkreis von Kharkiw dauerten an. Die Ortschaften Balaklija, Pesotschin, Solotschiw und Dergatschi wurden angegriffen. Dabei kamen zehn Menschen ums Leben, mindestens elf Personen wurden verletzt.

Osten:

Die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar erklärte: „Die russische Armee arbeitet weiter an ihrem Minimalplan Ostukraine.“ Der ukrainische Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, erklärte: „Die Schlacht um den Donbass wird mehrere Tage dauern, und während dieser Tage könnten unsere Städte vollständig zerstört werden.“ Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat seine Position bekräftigt, wonach der Ukrainekrieg auf dem Schlachtfeld und nicht durch Sanktionen entschieden wird: „Sanktionen sind wichtig. Aber Sanktionen werden das Problem der Schlacht im Donbass nicht lösen. (…) Der Krieg wird in der Schlacht um den Donbass entschieden.“

- Dnipro:

Russland hat nach eigenen Angaben vier Abschussvorrichtungen des Flugabwehrraketensystems S-300 zerstört. Die in einem Hangar am Rande der Großstadt Dnipro versteckten Waffen seien am Sonntag von KALIBR-Raketen getroffen worden, die vom Meer aus abgefeuert worden seien.

Süden:

- Mariupol:

In der Hafenstadt Mariupol sind nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj tausende Menschen getötet worden: „Mariupol wurde zerstört. Es gibt Zehntausende Tote. Und trotzdem hören die Russen mit ihrer Offensive nicht auf.“

Die pro-russischen Separatisten konnten den Hafen erobern. Der pro-russische Separatistenführer Denis Puschilin erklärte: „Der Hafen von Mariupol ist unter unserer Kontrolle.“ (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91960894/news-zum-ukraine-krieg-lawrow-wirft-eu-vertreter-borrell-aggressive-rhetorik-vor.html)

Die letzten verbliebenen ukrainischen Verteidiger der Stadt – ca. 1.500 bis 3.000 Mann - haben sich in den Stahlwerken „Asowstal“ und „Asovmach“ verschanzt. Die 36. Marinebrigade der ukrainischen Streitkräfte erklärte: „Heute wird wahrscheinlich die letzte Schlacht sein, da die Munition zur Neige geht.“ Die Soldaten seien von der russischen Armee „zurückgedrängt“ und „umzingelt“ worden. Und weiter: „Alle Infanteristen sind getötet worden und die Feuergefechte übernehmen jetzt Artilleristen, Flugabwehrkanoniere, Funker, Fahrer und Köche. Sogar das Orchester." Von den verbliebenen Soldaten sei die Hälfte verwundet. Die Eroberung werde „den Tod für einige von uns und Gefangenschaft für den Rest“ bedeuten. (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91999078/-letzte-schlacht-um-mariupol-ukraine-erwartet-tod-und-gefangenschaft-.html)

Verluste:

Mit neuen Luftangriffen haben die russischen Streitkräfte nach Angaben von Generalmajor Igor Konaschenkow weitere 78 ukrainische Militärobjekte zerstört - Kommandopunkte, Munitions- und Treibstofflager sowie Luftabwehrsysteme: „Die russischen Luftabwehrsysteme haben bei der Ortschaft Isjum zwei ukrainische Kampfflugzeuge vom Typ Su-25 abgeschossen.“ Darüber hinaus sei im Gebiet Cherson ein ukrainischer Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 (NATO-Code: HIND) abgeschossen worden.

Zivilbevölkerung:

Der stellvertretende ukrainische Wirtschaftsminister Olexander Griban sagte am Sonntag bei einer Regierungssitzung, die Sachschäden summierten sich auf eine Höhe von einer Billion US-Dollar.

Nach einer Schätzung der Weltbank wird sich die ukrainische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr fast halbieren. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde im Vergleich zum Vorjahr um rund 45 Prozent einbrechen. Gemessen an der statistischen Armutsgrenze von 5,50 US-Dollar pro Tag für Länder mit vergleichbarem Einkommen dürfte der Anteil der ukrainischen Bevölkerung, der in Armut lebt, von 1,8 Prozent auf 19,8 Prozent hochschnellen.

Die ukrainische Regierung stellt erste Mittel für dringende Aufräum- und Reparaturarbeiten in den von russischer Besatzung befreiten Gebieten bereit. Ministerpräsident Denys Schmyhal nannte eine Summe von einer Milliarde Hrywnja, rund 31,2 Millionen Euro. Zuvorderst sollten die Netze für Wärme, Gas, Wasser und Strom repariert werden. Dann gehe es um die Reparatur von Dächern, den Austausch von Fenstern und Türen, die Beseitigung von Schlaglöchern auf den Straßen. Dafür soll das Kiewer Gebiet 400 Millionen Hrywjna erhalten, die Gebiete Tschernihiw und Sumy im Nordosten je 250 Millionen Hrywnja, das Gebiet Schytomyr im Westen 100 Millionen Hrywnja.

Die ukrainische Handelsgewerkschaft UGA rechnet in diesem Jahr mit einem drastischen Einbruch bei der Getreideernte und den Exporten. Die Weizenernte etwa könnte um fast 45 Prozent auf 18,2 Millionen Tonnen zurückgehen, die Weizenexporte dürften sich voraussichtlich auf insgesamt zehn Millionen Tonnen belaufen. Der weltweite Anstieg der Nahrungsmittelpreise habe dazu geführt, dass das Welternährungsprogramm der UNO (WFP) im Vergleich zu 2019 zusätzliche Kosten in Höhe von 71 Millionen US-Dollar pro Monat für die weltweiten Hilfseinsätze zu tragen hat - ein Anstieg um 50%.

ABC-Waffen:

Atomwaffen / AKWs:

Tschernobyl: Russische Soldaten haben während der Besetzung der Atomruine133 hoch radioaktive Substanzen aus den Forschungslaboratorien entwendet, teilte die für die Verwaltung der Sperrzone rund um das havarierte Atomkraftwerk zuständige Behörde mit. Selbst ein kleiner Teil davon sei tödlich, „wenn er unprofessionell gehandhabt wird“.

Nach Angaben des ukrainischen Energieministers German Galuschtschenko setzten sich die russischen Soldaten während der Besetzung von Tschernobyl einer „schockierenden“ Menge an radioaktiver Strahlung aus: „Sie gruben in radioaktiv verseuchtem Boden, sammelten radioaktiven Sand in Säcken zur Befestigung von Stellungen und atmeten diesen Staub ein.“ Und weiter: „Jeder russische Soldat wird ein Stück Tschernobyl mit nach Hause nehmen. Tot oder lebendig.“ Manche von ihnen hätten vielleicht nur noch weniger als ein Jahr zu lebe. Auch die russische Militärausrüstung sei kontaminiert. „Die Ignoranz der russischen Soldaten ist schockierend.“ (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-sonntag-dutzende-tote-zivilisten-ukraine-meldet-fund-von-massengrab-nahe-kiew-a-0436db9e-9a6b-435d-94cc-b195573c83b9)

Atomwaffen: Der russische Präsident Wladimir Putin besuchte am Freitag die Beerdigung des faschistoiden Ultranationalisten Wladimir Schirinowski. Der ewige Provokateur war am Mittwoch an Covid-19 gestorben. Neben Putin lief ein Mann im dunklen Anzug, der – wie üblich - den russischen Atomkoffer „CHEGET“ trug. Jüngst hatte ein russischer General erklärt, dass die nukleare Aktentasche bereits entsiegelt sei. Im Gegensatz zum amerikanischen „FOOTBALL“ kann man mit dem russischen „CHEGET“ zwar eine Kommunikationsverbindung zur Lagezentrale des Generalstabs herstellen, aber – soweit bekannt - keinen Befehl zur Ausführung einer vorgewählten Nuklearoption erteilen. Unklar ist, ob Putin mit seinem öffentlichen Auftritt eine Nachricht an den Westen senden wollte, dass er allzeit bereit ist, los- oder zurückzuschlagen. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/der-cheget-putin-nimmt-atom-koffer-mit-zu-beerdigung-von-russischem-nazi_id_82168705.html)

NATO:

Die beiden skandinavischen Staaten Schweden und Finnland könnten noch diesen Sommer der NATO beitreten und damit die Zahl der Mitgliedsstaaten auf 32 erhöhen. Demnach erklärten US-Beamte, die NATO-Aufnahme der beiden Länder sei „ein Gesprächsthema und Gegenstand mehrerer Sitzungen“ bei den Gesprächen zwischen den Außenministern in der vergangenen Woche gewesen. Daran hätten auch Schweden und Finnland teilgenommen.

Finnland hat eine ca. 1.300 Kilometer lange Grenze zu Russland. Die Zustimmung für einen NATO-Betritt verdoppelte sich laut Umfragen seit Kriegsbeginn von 30 auf 60 Prozent. Der frühere finnische Ministerpräsident Alexander Stubb erklärte: „Unterschätzen Sie niemals die Fähigkeit der Finnen, schnelle Entscheidungen zu treffen, wenn sich die Welt verändert.“ Finnlands Regierungschefin Sanna Marin erklärte: „Der NATO-Artikel 5 bietet eine umfassende Sicherheit. Die Nato hat auch gemeinsame Übungen und eine gemeinsame Verteidigungspolitik.“ Es gebe kein System, das dieselben Sicherheitsgarantien wie die NATO biete.

BRD:

In Estland hat ein gutes Dutzend Menschen vor der deutschen Botschaft gegen den Krieg in der Ukraine demonstriert. Die Demonstranten stellten die grausamen Bilder von getöteten Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha nach. Mit dem Protest sollen Deutschland und andere europäische Länder zu einem entschlosseneren Vorgehen und härteren Schritten gegen Russland bewegt werden.

Bundeswehr: Ein Airbus A310 MedEvac (Medical Evacuation) startete am Morgen von Köln-Wahn aus ins südostpolnische Rzeszow, um verwundete Zivilisten (Erwachsene und Kinder) auszufliegen. Der MedEvac-Rüstsatz besteht aus bis zu sechs Patiententransporteinheiten (PTE), die nach den modernsten Standards der Intensivmedizin ausgestattet sind. Neben sechs Intensivpatienten können weitere 38 Patienten liegend transportiert werden. (https://www.bundeswehr.de/de/ausruestung-technik-bundeswehr/luftsysteme-bundeswehr/airbus-a310)

Cyberwar: Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) fürchtet, dass Bundestagsabgeordnete und Ministerien Ziel von russischen Hackerangriffen und Desinformationskampagnen werden: „Das militärische Vorgehen Russlands in der Ukraine wird durch Versuche der Einflussnahme und durch Cyberangriffe insbesondere von pro-russischer Seite begleitet.“

Russophilie: Der Spätaussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Bernd Fabritius, der auch Präsident des „Bundes der Vertriebenen“ (BdV) ist, sieht unter Russlanddeutschen kaum Rückhalt für kriegsverherrlichende und kremlfreundliche Demonstrationen: „Die allermeisten Russlanddeutschen lehnen diesen menschenverachtenden Krieg – den sie als Bruderkrieg bezeichnen – ab.“

In Frankfurt marschierten am Sonntag rund 600 Demonstranten durch die Innenstadt. Es wurden „Russland“-Sprechchöre skandiert. Auf den mitgeführten Transparenten hieß es etwa: „Wahrheit und Meinungsvielfalt anstatt Propaganda“.

In Hannover nahmen – laut Polizei - mehr als 600 Menschen mit rund 350 Autos an einem prorussischen Korso teil, gleichzeitig hätten sich in der Innenstadt rund 850 Gegendemonstranten versammelt.

Im südbadischen Lörrach fand am Sonntagnachmittag ein pro-russischer Autokorso mit etwa 120 Fahrzeugen statt. Am Straßenrand protestierten laut Polizei 130 Menschen mit Ukraine-Flaggen. In der Innenstadt bekundeten bei einer Mahnwache 350 Teilnehmer ihre Solidarität mit der Ukraine.

In Osnabrück beteiligten sich laut Polizei rund 220 Menschen am Wochenende an einer Veranstaltung, die als Demonstration gegen Rassismus und Nationalismus angemeldet war. Die Polizei beanstandete mehrere prorussische Schilder und untersagte die Teilnahme damit.

Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, blickt mit Sorge auf die prorussischen Kundgebungen: „Es ist zu befürchten, dass sich hier eine Querfront aus Putin-Sympathisanten, NATO-Gegnern und Amerika-Kritikern bildet und sich eine größere Protestbewegung entwickelt. (…) Obwohl die Lage am Wochenende größtenteils noch friedlich war, muss auch mit Konflikten zwischen den prorussischen Demonstranten und ihrer Gegenseite gerechnet werden.“

Slowakei:

Die Slowakei verhandelt nach Angaben Verteidigungsminister Jaroslav Nad mit der ukrainischen Regierung über einen Verkauf von Radhaubitzen vom Typ ShKH ZUZANA (155 mm) mit einer Schussreichweite von 39,6 km auf Fahrgestell TATRA (8x8 ). Die Slowakei verfügt über mindestens 16 Systeme. Im Gespräch sei auch die Reparatur beschädigter ukrainischer Militärfahrzeuge wie T-72-Kampfpanzern in der Slowakei.

Kroatien:

Kroatien hat 24 Angehörige der russischen Botschaft in Zagreb des Landes verwiesen. Das Außenministerium bestellte am Montag den russischen Botschafter Andrej Nesterenko ein, um ihn über die Entscheidung in Kenntnis zu setzen.

Russland:

Repression: Der Spätaussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Bernd Fabritius beobachtet mit Sorge das Schicksal der etwa 400.000 Deutschen in Russland: „Ich höre Berichte, dass sie an ihren Arbeitsstellen aufgefordert werden, sich Solidaritätsbekundungen für die sogenannte Militäroperation in der Ukraine anzuschließen.“ Es beginne „eine erneute Ausgrenzung“ der Deutschen in der Russischen Föderation.

Sanktionen: Erstmals seit dem Einmarsch in die Ukraine hat eine europäische Gläubigervereinigung den Zahlungsausfall eines russischen Unternehmens festgestellt. Bei einer von der Russischen Eisenbahn ausgegebenen Anleihe sei ein Zahlungsversäumnis („failure to pay“) festgestellt worden, wie das Credit Derivatives Determinations Committee (CDDC) am Montag für den Wirtschaftsraum EMEA (Europa, Nahost und Afrika) mitteilte. Dabei handelt es sich um ein Darlehen in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken mit Fälligkeit 2026. „Bank of America“, „Goldman Sachs“ und „JPMorgan Chase“ sind einige der Ausschussmitglieder, die einen Zahlungsausfall sehen.

Auch die russische Unternehmensgruppe „Alrosa“, einer der größten Diamantenproduzenten der Welt, ist nicht in der Lage, eine Zinszahlung in Höhe von 11,6 Millionen Dollar zu begleichen. Die Tilgung der Schulden sei „technisch unmöglich“, obwohl die finanziellen Mittel zur Verfügung stünden.