Terrormetropole Berlin – ein etwas anderes Stadtporträt
Gerhard Piper
Berlin, 19. Dezember 2016 (Aktualisierung 13. Mai 2017)
Auf den ersten Blick scheint es absurd zu sein, Berlin als „Terrormetropole“ zu bezeichnen. Schließlich liegt der letzte Anschlag schon 24 Jahre zurück: Am 17. September 1992 wurden vier kurdische Exilpolitiker im Lokal „Mykonos“ in Berlin-Wilmersdorf (Prager Straße) durch Agenten des iranischen Geheimdienstes erschossen. Andererseits ist die Gefahr eines dschihadistischen Anschlags in Berlin nach den Erfahrungen der letzten Jahre sehr hoch. So haben Islamisten bereits in mehreren europäischen Hauptstädten zugeschlagen: Stockholm, Kopenhagen, London, Brüssel, Paris, Madrid, Rom und Moskau. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, wann auch die Bundeshauptstadt zum Schauplatz eines Anschlags wird. Schon heute ist Berlin eine Hochburg der islamistischen Szene in Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Islamistische Terrorszene
- Zahl der Islamisten, Salafisten und Dschihadisten
- Treffpunkt Moscheen
Anschlagsgefahren
- Terrorwarnungen
-- Allgemeine Warnungen
-- Konkretere Warnungen
- Anschlagsdrohungen und Fehlalarme
- Anschläge, Anschlagsplanungen und Anschlagsversuche
- Terrorverdächtige als Angriffsziel
Berliner und der Terrorismus im Ausland
- Berliner als „Gotteskrieger“ im Ausland: Syrienreisende
- Berliner als Terroropfer im Ausland
Terrorismusbekämpfung
- Bundeskanzleramt
- Bundesinnenministerium
- Justiz
Bevölkerungsschutz und Rettungswesen
Präventionsarbeit zur Deradikalisierung
Terrorismusforschung
Anti-Muslimische Kräfte
Berliner Öffentlichkeit
Anhang: Terrorverdächtige (A-Z)
Islamistische Terrorszene
- Zahl der Islamisten, Salafisten und Dschihadisten
Gemäß ihrer vermuteten Gefährlichkeit unterscheiden die Sicherheitsbehörden zwischen verschiedenen Kategorien von Terrorverdächtigen. Von den bundesweit derzeit 4.500.000 Muslimen gelten 9.200 Personen (Stand: September 2016) als „politische Salafisten“. Von diesen werden rund 1.100 dem „islamistisch-terroristischen Personenpotenzial“ zugerechnet, davon gelten 527 Salafisten als „Gefährder“ (Stand: Oktober 2016), denen tatsächlich die Ausführung eines Terroranschlags zugetraut wird. Weitere 355 Salafisten werden derzeit als „relevante Person“ eingestuft, die logistische Dienste für Terrorkommandos (Ausspähung von Anschlagszielen, Unterbringung von Personen) leisten könnten. Über die Höhe des Dunkelfeldes gibt es keine seriösen Schätzungen: Wir wissen, was wir wissen, aber wir wissen nicht, was wir nicht wissen, obwohl manche glauben, wir wüßten, was wir nicht wissen. „Über die genaue Zahl der IS-Sympathisanten lassen sich keine verlässlichen Aussagen treffen. (…) Wir müssen davon ausgehen, dass nicht alle aktiv in Erscheinung treten,“ erklärte dazu Isabelle Kalbitzer, Pressesprecherin des Berliner Verfassungsschutzes.
Die deutsche Hauptstadt hat rund 3,5 Millionen Einwohner, die auf einer Fläche von 892 qkm leben. Schon seit Jahrzehnten gibt es in Berlin eine dschihadistische Szene. Bereits im Herbst 2001 führte der Berliner Staatsschutz eine „Liste potenzieller Gefährder“, darunter waren drei Mitglieder von Al Qaida.
„Wie die „Berliner Zeitung“ aus Sicherheitskreisen erfuhr, umfasst die Aufstellung rund 60 Namen. Zwei Drittel der aufgeführten Personen - durchweg Männer - werden von den Fahndern der palästinensischen Hamas zugeordnet. Etwa fünf Männer haben vermutlich eine Verbindung zur libanesischen Hisbollah. Drei weitere - zwei Libanesen, ein Syrer - werden in der Liste als Anhänger des Islamistenführers Osama Bin Laden geführt. Von den restlichen „Gefährdern“ sollen einige der ägyptischen „Al-Gamaa al-Islamiya“ nahe stehen, die Verbindungen zur El Kaida unterhält; die anderen werden den Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) zugerechnet, einem Splitter der algerischen Islamistischen Heilsfront FIS. „Wir haben das ganze Spektrum zu bieten“, sagt ein Berliner Fahnder. Die Wohnorte der mutmaßlichen Extremisten konzentrieren sich den Sicherheitskreisen zufolge im Westteil der Stadt. Die meisten der Verdächtigen wohnen in Charlottenburg, Kreuzberg, Tiergarten, Wedding, Reinickendorf und Tempelhof. Sie sind meist zwischen 25 und 40 Jahren alt; der jüngste von ihnen ist Jahrgang 1976.“
Genauere Zahlen über das aktuelle dschihadistische Potential in der Stadt lieferte der amtliche „Verfassungsschutzbericht 2015“:
„In Berlin ist im Jahr 2015 eine Zunahme von 570 auf 680 Salafisten zu verzeichnen, von denen 360 als gewaltorientiert gelten. Der Salafismus bleibt auch 2015 die am dynamischsten wachsende Bestrebung des Islamismus in Deutschland. Bis April 2016 ist die Zahl der Salafisten in Berlin auf 710 gestiegen. (…)
Von den 680 Personen, die zum Jahresende in Berlin der salafistischen Szene zuzurechnen waren, gelten 360 als gewaltorientiert, darunter sind ca. zehn Prozent Konvertiten. Die Zahl der Mitglieder des gewaltorientierten Milieus, die mit mutmaßlich jihadistischer Motivation Berlin in Richtung Syrien verlassen haben, lag bei mehr als 100 Personen, von denen ein Großteil die Terrororganisation „Islamischer Staat“ unterstützte. Etwa die Hälfte dieser Personen ist inzwischen aus dem Krisenraum zurückgekehrt. Etwa ein Dutzend Berliner ist im Konfliktgebiet zu Tode gekommen.“
Im Jahr 2015 kamen fast 70.000 Geflüchtete zumindest vorübergehend nach Berlin, wieviele Dschihadisten darunter waren, ist nicht bekannt. Flüchtlinge berichten, sie hätte hier auf der Straße IS-Kämpfer wiedererkannt; die Polizei konnte bisher erst drei Flüchtlinge als Terrorverdächtige festnehmen: Hamza C., Charfeddine T. und Magomed Z..
Im Februar 2016 zählte der Berliner Verfassungsschutz bereits 690 Salafisten in der Stadt, darunter 360 gewaltbereite Verdächtige. Von diesen wurden rund 65 Personen als hochgefährliche „Gefährder“ eingestuft. Rund 100 Dschihadisten sind aus Berlin nach Syrien/Irak ausgereist, davon seien mindestens zwölf Personen umgekommen, 50 weitere sind mittlerweile wieder zurückgekehrt. Nach dem aktuellen Stand (Dezember 2016) gibt es in Berlin mittlerweile 740 Salafisten, von denen 380 Personen als gewaltbereit gelten, über 110 sind nach Syrien ausgereist, davon sind rund 50 Kriegsveteranen nach Berlin zurückgekehrt und mindestens 19 umgekommen. So gibt es heutzutage im Landesdurchschnitt etwa einen Salafisten/Islamisten auf 5.000 Einwohner bzw. auf einen Quadratkilometer.
Auch die „paramilitärische“ Ausbildung der Terrorverdächtigen ist nur schwierig einzuschätzen. In Afghanistan dauerte die Mudschaheddin-Kampfausbildung noch drei Monate. Allerdings war sie geprägt durch religiöse Unterweisungen und Sportausübung, da nur im begrenztem Umfang Schußwaffen zur Verfügung standen und die Munition an der Front gebraucht wurde. Daniel Martin Schneider, der zuerst bei der Luftlandepionierkompanie 260 in Saarlouis und später bei der Sauerlandgruppe „diente“, bezeichnete seinen Aufenthalt im Ausbildungslager als „Fortsetzung der Bundeswehr auf islamisch“. Bei den dschihadistischen Gruppierungen im syrischen Bürgerkrieg ist die Ausbildung wesentlich kürzer. Terrorrekruten aus Deutschland erhalten oft nur eine Mini-Ausbildung von zwei Wochen und werden danach vor allem als Wachen eingesetzt, da sie i. d. R. sowieso als kaum kampftauglich gelten. Die „Gotteskrieger“ sind nunmal keine südamerikanischen „Guerillas“ und keine ostasiatischen „Vietcongs“.
- Treffpunkt Moscheen
„Salafistische „Islamseminare“ in Berlin, bei denen Prediger aus ganz Deutschland und dem Ausland auftraten, fanden in der „Al-Nur-Moschee“ in Neukölln, der „As-Sahaba-Moschee“ in Wedding und der „Ibrahim al-Khalil-Moschee“ in Tempelhof statt. Ein weiterer Treffpunkt von Salafisten in Berlin war die Moschee des Vereins „Fussilet 33 e.V.“ im Stadtteil Moabit. (…)
Das vornehmlich in Berlin aktive Flüchtlingshilfeprojekt „Hayah – Humanitäre Unterstützung für Flüchtlinge“ kooperiert mit dem „Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum Berlin e.V.“ (IKEZ), dem „Interkulturellen Zentrum für Dialog und Bildung e.V.“ (IZDB) und der „Dar as-Salam-Moschee“, die als Trefforte von Islamisten in Berlin gelten. Das Projekt organisiert regelmäßig humanitäre Aktionen und logistische Hilfeleistungen für arabisch-sprachige Flüchtlinge.“
Ibrahim al-Khalil-Moschee: Die Moschee befindet sich in Tempelhof (Colditzstraße 27-29). Ihr marokkanischer Imam Abdelkader Daoud steht unter dem Verdacht, Berliner Muslime für den Dschihad in Syrien zu rekrutieren. Am 22. September 2015 durchsuchten fast vierhundert Polizeibeamte die Moschee und sieben weitere Wohnungen in Tempelhof, Neukölln und Charlottenburg, um Belastungsmaterial sicherzustellen.
Daneben gibt es mehrere islamistische Hilfsvereine. Einige dieser Vereine führen Spendenkampagnen zur angeblich „humanitären“ Hilfe für die Kriegsopfer in Syrien und Irak durch: Ansaar International, Ansarul Aseer, Berliner Muslime e. V., Hayah, Helfen in Not, Medizin mit Herz. „Die Stadt ist nicht nur eine Station für Schläfer, sondern auch ein Gebiet, von dem aus geplant wird,“ erklärte Klaus Zuch, der früher beim Landesamt für Verfassungsschutz für Terrorismusbekämpfung zuständig war.
Anschlagsgefahren
- Terrorwarnungen
Das Polizeirecht kennt verschiedene Gefahrenbegriffe:
- „Konkrete Gefahr“: Eine im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.
- „Abstrakte Gefahr“: Sachlage, die losgelöst vom Einzelfall, nach den Erfahrungen des täglichen Lebens typischerweise gefährlich ist, weil aus ihr in der Regel konkrete Gefahren entstehen.
- „Anscheingefahr“: Sachlage, die bei einem objektiven Betrachter die Überzeugung erweckt, daß der Eintritt eines Schadens hinreichend wahrscheinlich ist, während bei nachträglicher Betrachtung eine solche Gefahr tatsächlich nicht bestand.
- „Scheingefahr“: Nur subjektiv wahrgenommene Tatbestände für eine Gefahr, die jedoch objektiv nicht gegeben sind.
--Allgemeine Warnungen
Seit dem „Elften September“ haben Politiker, Polizeibeamte und Terrorismusexperten mindestens einmal monatlich die deutsche Bevölkerung auf die Gefahr des islamistischen Terrorismus hingewiesen. Das sind in fünfzehn Jahren mindestens 180 Terrorwarnungen, ohne dass viel passiert wäre. Um die Terrorgefahr zu beschreiben ohne zugleich irgendwelche Ängste in der Bevölkerung zu schüren, die die Politik wiederum unter Druck setzen könnten, rekurierten die Politiker jahrlang auf die Formel von der „abstrakten Gefahr“ und stuften Deutschland lediglich als „Rückzugs- und Ruheraum“ ein. Nach den Anschlägen in Deutschland im Jahr 2016 hat sich diese Bedrohungsperzeption fundamental geändert.
Und zuletzt reihte sich auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in die Liste der Mahner ein, schließlich sind es ausgerechnet die militärischen „Erfolge“ der Intervention in Syrien und Irak gegen den Islamischen Staat, die die europäischen Rekruten des IS zurück in ihre Herkunftsländer treiben, wo sie nun eine erhöhte Gefahr darstellen: „Wir haben einige Erfolge beim Kampf gegen den Terrorismus, gegen den IS erreichen können. Das hat im Gegenzug zum Teil die Gefährdungen auch bei uns im Land noch mal erhöht, weil die Aggressivität gestiegen ist."
-- Konkretere Warnungen
Neben den allemeinen Einschätzungen der Politiker zur Terrorgefahr gab es wiederholt auch konkretere Warnungen, wenn die Nachrichtendienste entsprechende Hinweise erhielten.
- Anschlagsdrohungen und Fehlalarme
- Anschläge, Anschlagsplanungen und Anschlagsversuche
Die Bedingungen im Operationsgebiet, sprich Berlin, sind gleichermaßen dafür ausschlaggebend, ob ein Anschlag von lokalen Terroristen erfolgreich durchgeführt oder ob ein solcher Anschlag durch Sicherheitskräfte verhindert werden kann. So erklärte der Leiter der Staatsschutzabteilung beim BKA, Kriminaloberrat Johannes Funke, im Oktober 2004:
„Die Bundesrepublik Deutschland ist Bestandteil eines beinahe weltweiten Gefahrenraums. (...) In der Konsequenz bedeutet dies für die Bundesrepublik Deutschland, dass bezüglich der Durchführung von Anschlägen von einer nicht weiter zu bestimmenden Wahrscheinlichkeit auszugehen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anschlagsplanungen im Phänomenbereich des islamistischen Terrorismus nicht ausschließlich auf einer rationalen Beschlussfassung fußen, sondern auf einer Vielzahl jeweils aktueller und nicht auf lange Sicht festzulegender Faktoren:
- Exitieren bereits vor Ort terroristische Strukturen?
- Kann der Anschlag in eigener Regie durchgeführt werden und korrespondiert die Zielauswahl mit den Vorgaben Usama Bin Ladens?
- Sind die Fähigkeiten der vor Ort eingesetzten Kräfte ausreichend für den angedachten / geplanten Anschlag?
- Existieren günstige Rahmenbedingungen hinsichtlich des Anschlagsobjekts (z.B. Zugang zum Objekt, Zugang zu Tatmitteln etc.)? (...)
Unbestritten existiert auf dem Gebiet der Bundesrepublik eine nicht weiter quantifizierbare Anzahl potentieller Ziele. Folgerichtig ist es kaum prognostizierbar, wann, wo, gegen welche Ziele sowie – bezogen auf die Durchführung – in welcher Art und Weise mit Anschlägen gerechnet werden muss.“
Mit den modernen Schusswaffen und Sprengstoffen steht den Terroristen ein fürchterliches Waffenarsenal zur Verfügung. Die heutigen Do-it-yourself-Bomben (Improvised Explosive Device - IED) aus TATP haben eine relativ große Detonationsstärke, dies gilt umso mehr für Auto- oder Lkw-Bomben, die aus einer Mischung von Ammoniumnitrat-Düngelmitteln und Dieselöl bestehen. 2,7 kg Anfo (= Ammonium Nitrate and Fuel Oil) haben die Sprengenergie von 1 kg TNT; die Detonationsgeschwindigkeit beträgt 3.500 m/sek. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre befürchten Sicherheitsexperten heutzutage multiple Terroranschläge im „Mumbai-Stil“: Mehrere Terroranschläge nahezu gleichzeitig oder sukzessiv nacheinander innerhalb von ein, zwei Tagen mit unterschiedlicher Vorgehensweise – Schusswaffenmassaker mit automatischen Waffen und Sprengstoffanschläge mit Sprenggürteln oder Autobomben. Bei diesem Modus operandi kommen sowohl „einsame Wölfe“ als auch „Hit-Teams“ als Täter in Frage. So wird befürchtet, dass einheimische „Schläfer“ die Ziele aufklären, konspirative Wohnungen anmieten und die Waffen und Logistik bereitstellen, während die eigentlichen Attentäter kurz vor dem Anschlag einreisen und sich danach sofort wieder absetzen. Die „Logistiker“ könnten dann ein Alibi vorweisen, während die Attentäter für die Polizei möglicherweise unbekannt blieben.
17.9.2015: Am 17. September 2015 um 8.52 Uhr entfernte der Ex-Häftling Rafik Mohamad Yousef seine elektronische Fußfessel und verließ seine Wohnung. Bei der Überwachungsstelle des BKA in Wiesbaden und wenige Minuten später auch beim Einsatzlagezentrum (ELZ) der Berliner Polizei ging die Meldung ein, dass Yousef seine Fußfessel entfernt hatte. Daraufhin wurde ein Polizeiwagen losgeschickt, der aber erst um 9.40 Uhr bei der Wohnung von Yousef in der Zeppelinstraße eintraf. Zu dieser Zeit war Yousef bereits in Berlin-Spandau unterwegs. Zunächst griff er in der Nauener Straße einen Mann an, den er mit einem Messer leicht verletzte. Danach griff er an der Heerstraße Ecke Pichelsdorfer Straße erneut mehrere Passanten an, denen er das Messer an den Hals hielt. Um 9.48 Uhr wurde die Polizei wegen der Messerattacken alarmiert. Zunächst war in den Meldungen von einem „offenbar geistig verwirrtem Mann“ die Rede, erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass es sich bei dem Angreifer um einem polizeibekannten Dschihadisten handelte.
Um 9.52 Uhr traf das erste Einsatzfahrzeug des Polizeiabschnitts 23 am Einsatzort ein. Die Beamten forderten Yousef auf, das Messer wegzulegen. Daraufhin griff dieser eine Polizeioberkommissarin (44 Jahre) mit dem Messer an. Zwar trug die Beamtin eine Schutzweste, aber Yousef traf sie dennoch mit einem Stich in den Schulter-Hals-Bereich. Daraufhin eröffnete ihr 36 Jahre alter Kollege das Feuer auf den Mann. Daraufhin versuchte Yousef, auch diesen Polizeimeister zu attackieren. Dieser wehrte sich durch Abgabe von mehreren Schüssen. Nach Polizeimeldungen ist von insgesamt sieben Schüssen die Rede. Die Geschosse trafen Yousef am Ellenbogen sowie im Hüftbereich und verletzten ebenfalls die Polizeioberkommissarin durch einen Bauchdurchschuss schwer. Yousef konnte zwischenzeitlich wiederbelebt werden, erlag aber gegen 10.15 Uhr am Einsatzort seinen inneren Verletzungen. Die verletzte Polizeibeamtin wurde mit einem Rettungshubschrauber zum Virchow-Klinikum in Berlin-Wedding abtransportiert und notoperiert. Rafik Mohamad Yousef ist der erste Dschihadist, der in Deutschland von der Polizei erschossen wurde.
Aufgrund der Markierungen auf der Karte lassen sich die Ziele nicht genau lokalisieren. Anscheinend waren folgende Objekt im Visier: Die Kaiserdammbrücke, der Potsdamer Platz, der Alexanderplatz, ein Objekt in Wittenau, eines in Blankenfelde oder Französisch Buchholz, weitere Objekte in Prenzlauer Berg und in Biesdorf etc..
17.-24.10.2016: Der syrische Geflüchtete „Ahmad Ahmad“ alias Jaber Albakr, der eigentlich im Flüchtlingsheim in Eilenburg in Sachsen wohnte aber vorübergehend in Chemnitz (Usti nad Labem 97) privat untergekommen war, plante in der dritten Oktoberwoche einen Sprengstoffanschlag auf den Flughafen Berlin-Tegel. Zu diesem Zweck hielt er sich in der zweiten Septemberhälfte 2016 zwei Tage in Berlin auf, um das Objekt auszuspähen und eine bisher unbekannte Kontaktperson zu treffen. In einem Gespräch mit Kontaktleuten in Syrien, das die Ermittler abhörten, soll Albakr gesagt haben: „Zwei Kilo sind fertig.“ Offenbar meinte er den selbst produzierten Sprengstoff. Und: „großer Berliner Flughafen“ sei „besser als Züge“. Im Internet hatte er sich über „amazon“ und andere Online-Dienste die notwendigen Cursor-Materialien zur Herstellung von Sprengstoff besorgt und die 32-seitige Bombenbauanleitung „Die Volkssprengsätze nach dem Chemiker Tarek Ismael Kahhia“ heruntergeladen.
Nach dem Hinweise eines amerikanischen Nachrichtendiensts konnte das Bundesamt für Verfassungsschutz Jaber Albakr am 7. Oktober 2016 grob lokalisieren und informierte die sächsische Polizei, die daraufhin die Besondere Aufbauorganisation (BAO) BRENDOW bildete. Trotz mehrere Polizeipannen, konnte Jaber Albakr nach einem Hinweis von syrischen Landsleuten endlich am 10. Oktober 2016 in Leipzig-Paulnsdorf (Hartriegelstraße 14) festgenommen werden.
In der Chemnitzer Wohnung wurden ca. 1,5 kg des hochsensitiven Sprengstoffs Triacetontriperoxid (TATP) und weitere Chemikalien sichergestellt. Der syrische Wohnungseigentümer Khalil A. war in die Anschlagsvorbereitungen nicht verwickelt. Aufgrund seiner Aussagen führte die Polizei am 30. November 2016 mehrere Hausdurchsuchungen im Ruhrgebiet durch. Durchsucht wurden die Wohnungen der Gebrüder Mohammed und Abdullah S. sowie die Wohnungen der Gebrüder Muhammed Nour Al-F. und Mustafa Al-F.. Die vier Syrer wurden zunächst nur als Zeugen und nicht als Beschuldigte vernommen.
Neben diesen Anschlagsversuchen gegen Menschenmassen gibt es immer wieder Fälle, in denen einzelne Personen, z. B. Juden, in Berlin bedroht oder angegriffen werden.Eine Aufschlüsselung der Täter nach „Islamist“ oder „Neonazi“ ist nicht immer möglich. Diese Vorfälle werden seit 2014 u. a. von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) im Ortsteil Prenzlauer Berg (Gleimstraße 31) dokumentiert:
„Nach Angaben der Informationsstelle sind bislang 401 antisemitische Vorfälle für das Jahr 2015 bekannt, wovon lediglich 183 in der offiziellen Polizeistatistik erfasst sind (193 im Jahr 2014). 151 Personen waren direkt von Bedrohungen und aggressiven Pöbeleien und Angriffen betroffen, darunter fallen auch gezielte Zuschriften gegen Einzelpersonen und Institutionen. Dabei wurden 31 Personen verletzt. Die meisten Betroffenen waren als Juden erkennbar.“
- Terrorverdächtige als Angriffsziel
Aber die Terroristen visieren nicht nur potentielle Angriffsziele an, sie werden – selten – auch selbst zum Ziel möglicher Angriffe. So befürchten die Sicherheitsbehörden seit längerem, dass sich die verschiedenen militanten gesellschaftlichen Gruppen gegenseitig „hochschaukeln“ und eine Gewaltspirale in Gang setzen. Bisher ist Berlin von solchen „Resonanz-Straftaten“ weitgehend verschont geblieben.
11.6.2016: Ein Muslimgegner hat am 11. Juni die salafistische As-Sahaba-Moschee in der Torfstraße / Sprengelstraße (Wedding) dreimal hintereinander angegriffen. Zur Moschee gehört ein Kulturverein im Vorderhaus, das Gebetshaus selbst befindet sich im Hinterhof. Gegen 4.25 Uhr fuhr er zunächst mit einem Leihwagen gegen die Eingangstür des Kulturvereins und flüchtete dann. Die Polizei stellte daraufhin den Wagen sicher. Gegen 10.00 Uhr kehrte der Täter an den Tatort zurück und warf eine Flasche gegen die Hausfassade und flüchtete. Um 14.00 Uhr kehrte der Täter ein weiteres Mal zurück und warf erneut eine Flasche gegen die Hauswand. Diesmal wurde er von mehreren Passanten festgehalten bis die Polizei eintraf. Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die zunehmende Zahl von rechtsradikalen oder rechtsextremistischen Angriffen auf Moscheen, Flüchtlingsheime und (muslimische) Geflüchtete verwiesen. Dabei werden Muslime nicht nur unter einen Generalverdacht gestellt sondern Kriegsflüchtlinge physisch angegriffen, die selbst von Dschihadisten aus ihrem Land gewaltsam vertrieben wurden. Diese Hassverbrechen werden u. a. vom „Register Berlin“ zur Erfassung rassistischer, xenophober oder homophober Vorfälle fortlaufend dokumentiert. Im Jahr 2015 gab es 57 Angriffe auf Flüchtlingsheime oder Geflüchtete, im ersten Halbjahr 2016 waren es bereits 43 Vorfälle.
Wie schwierig die Bemessung der akuten Bedrohungslage und ihres subtilen Eskalationspotentials ist, beschrieb schon 1993 der Publizist Hans Magnus Enzensberger:
„Es kommt uns so vor, als spiele sich der unverständliche Kampf in großer Entfernung ab. Aber das ist eine Selbsttäuschung. In Wirklichkeit hat der Bürgerkrieg längst in den Metropolen Einzug gehalten. Seine Metastasen gehören zum Alltag der großen Städte, nicht nur in Lima und Johannesburg, in Bombay und Rio, sondern auch in Paris und Berlin, in Detroit und Birmingham, in Mailand und Hamburg. Geführt wird er nicht nur von Terroristen und Geheimdiensten, Mafiosi und Skinheads, Drogengangs und Todesschwadronen, Neonazis und Schwarzen Sheriffs, sondern auch von unauffälligen Bürgern, die sich über Nacht in Hooligans, Brandstifter, Amokläufer und Serienkiller verwandeln. Wie in den afrikanischen Kriegen werden diese Mutanten immer jünger. Wir machen uns etwas vor, wenn wir glauben, es herrsche Frieden, nur weil wir immer noch unsere Brötchen holen können, ohne von Heckenschützen abgeknallt zu werden. Der Bürgerkrieg kommt nicht von außen, er ist kein eingeschleppter Virus, sondern ein endogener Prozeß.“
Berliner und der Terrorismus im Ausland
- Berliner als „Gotteskrieger“ im Ausland: Syrienreisende
- Berliner als Terroropfer im Ausland
Bisher ist kein Berliner in seiner Heimatstadt Opfer eines Terrorangriffs geworden. Aber bei Anschlägen an verschiedenen Orten auf der Welt kamen seit dem 11. September mindestens elf Berliner ums Leben:
25.11.2011: Der Tourist Martin Eugen Arker aus Berlin wurde bei einem Entführungsversuch in Timbuktu (Mali) durch die AQIM erschossen. Drei weitere Ausländer wurden entführt.
Noch mehr Tote waren unter den Dschihaidisten selbst zu beklagen: zwei starben in Berlin (Amer Cheema, Rafik Mohamad Yousef), mindestens einer kam in Afghanistan/Waziristan ums Leben (Danny Reinders), mindestens 19 starben bei Kämpfen in Syrien/Irak (Emrah F., Wael G., Nimetula H., Samir Malla etc.).
Terrorismusbekämpfung
Als Bundeshauptstadt beherbergt Berlin nicht nur die lokal zuständigen Anti-Terror-Behörden, sondern auch die entsprechenden Bundesdienststellen und landesweiten Clearingstellen.
- Bundeskanzleramt
Das Hauptgebäude des Bundeskanzleramtes (BKAmt) an der Willy-Brandt-Straße Nr. 1 wurde im April 2001 für 262 Millionen Euro von den Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank fertig gestellt. In der „Geheimetage“ im 4. Obergeschoß befinden sich abhörsichere Räume für den Krisenstab und das Lagezentrum, das dem Chef des Bundeskanzleramtes direkt unterstellt ist. Im 5. und 6. Obergeschoß liegen die Büros der Staatsminister im Bundeskanzleramt und zwei Kabinettssäle. In der Skylobby im 7. Geschoß sind das Büro der Bundeskanzlerin und gegenüber das Büro des Chefs des Kanzleramtes Bundesminister für besondere Aufgaben Peter Altmaier.
Innerhalb des Bundeskanzleramtes ist die Abteilung 6 Bundesnachrichtendienst; Koordinierung der Nachrichtendienste des Bundes für die Fachaufsicht über den BND zuständig. Der Abteilungsleiter, z. Zt. Ministerialdirektor Günter Heiß, ist gemeinhin als „Geheimdienstkoordinator“ bekannt. Die Abteilung gliedert sich in vier Referate, darunter das Referat 604 „ND-Lage: Terrorismus, Extremismus und Krisenlagen“, das z. Zt. vom Ministerialrat Dr. Sven Eiffler geleitet wird.
Innerhalb der Bundesregierung wird die Kommunikation zu einem großen Teil über den Informationsverbund Berlin-Bonn (IVBB) abgewickelt. An dieses elektronische Netzwerk sind neben dem Bundeskanzleramt die Bundesministerien, der Bundestag, der Bundesrat, der Bundesrechnungshof und weitere Oberste Bundesbehörden angeschlossen. Insgesamt 40.000 Regierungsbedienstete in über 180 Liegenschaften sind an den 5000 km-Glasfaser umfassenden Kommunikationsverbund angeschlossen. Sie können über IVBB telefonieren, faxen, E-mails verschicken, Videokonferenzen abhalten, im Internet surfen oder sich in das Verwaltungsnetz der Bundesländer „Deutschland-Online Infrastruktur“ (DOI) einklicken.
- Bundesinnenministerium
Politisch verantwortlich für die Innere Sicherheit ist der Bundesinnenminister, seit Dezember 2013 amtiert Dr. Thomas de Maizière (CDU). Das Bundesministerium des Innern (BMI) verlegte seinen Amtssitz und residiert nun im Regierungsviertel am Spreebogen in der Straße Alt-Moabit 140.
Der Staatssekretärin Dr. Emily Haber ist u. a. die Abteilung Öffentliche Sicherheit (ÖS) unter Leitung von Ministerialdirigent Stefan Kaller nachgeordnet. Die Unterabteilung ÖS II „Terrorismus, Extremismus, Organisierte Kriminalität“ wird von Ministerialdirigent Andreas Schultz geleitet. Die Unterabteilung gliedert sich in vier Referate und die Arbeitsgruppe „Terrorismus, Extremismus; Personenschutz und Objektberatung“. Außerdem untersteht der Staatssekretärin die Abteilung Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz (KM), die von Ministerialdirigent Franz-Josef Hammerl geleitet wird. Dieser Abteilung ist das Referat KM 1 „Koordinierungszentrum Krisenmanagement“ nachgeordnet, das seit Jahren von TB Du Bois geführt wird. Hinzu kommt das Referat KM 8 „Lagezentrum“ mit Regierungsdirektorin Dr. Jessica Däbritz.
Das Lagezentrum gliedert sich u.a. in einen Führungstab aus rund 30 Personen, die Nachrichtensammel- und Informationsstelle (NASISTE), die Zentrale Nachrichtenvermittlung (ZNV) als Auswertestelle und eine Abteilung Technik. Hinzu kommt seit dem 1. Oktober 2003 eine Außenstelle Sicherheit Luftraum (Ast SiLuRa) beim Nationalen Lage- und Führungzentrum (NLFZ), der Luftraumüberwachungszentrale der Bundesluftwaffe in Kalkar. Sollte ein Passagierflugzeug durch Terroristen gekidnappt werden, löst die Luftraumüberwachungszentrale in Kalkar den Alarm „RENEGADE 1 – Luftfahrzeug“ aus. Zum täglichen Meldungsaufkommen des BIM-Lagezentrums zählen u.a. rund 1.000 Meldungen der Presseagenturen und ca. 1.000 Emails. Das Lagezentrum des Bundesinnenministeriums arbeitet bei Umweltgefährdungen eng mit dem Bundesumweltministerium zusammen. Es kann externe Expertisen vom Bundesamt für Strahlenschutz oder dem Robert-Koch-Institut einholen.
Im Dezember 2004 wurde das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in der früheren Telegraphen-Kaserne in Berlin-Treptow (Am Treptower Park 5-8), in dem zu DDR-Zeiten die Sicherstellungskompanie des Ministeriums für Staatssicherheit untergebracht war, eingerichtet. Mittlerweile 220 Vertreter von vierzig deutschen Sicherheitsbehörden arbeiten hier zusammen. Mit dem GTAZ konnte ein Koordinationszentrum der deutschen Sicherheitsbehörden geschaffen werden, während gleichzeitig dem verhätschelten Landesbeamtentum dutzende lukrative Führungsposten erhalten blieben. Bei diesen Rahmenbedingungen konnten sich die Befürworter des GTAZ schließlich durchsetzen: „Das GTAZ hat sich in kurzer Zeit zu einem Herzstück der Terrorismusbekämpfung in Deutschland entwickelt und ist auch international inzwischen ein Vorbild,“ erklärte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Januar 2007.
Vertreten sind das BKA, LKAs, BfV, LfVs, MAD, BND, das Zollkriminalamt (ZKA), das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Bundesanwaltschaft (BA) bzw. der Generalbundesanwalt (GBA) sowie Vertreter der Bundespolizei (Bpol). Dadurch wird die klassische Trennung zwischen dem Polizei- und dem Geheimdienstapparat in Deutschland gemäß dem alliierten Gestapo-Verbot aufgeweicht. Allerdings besteht dieses „gemeinsame“ Zentrum aus zwei räumlich streng separierten Bereichen, die 200 Meter auseinander liegen: In der Polizeilichen Informations- und Analysestelle (PIAS) arbeiten rund 100 Beamte des BKA; in der Nachrichtendienstlichen Informations- und Analysestelle (NIAS) – nach unterschiedlichen Angaben - 15 bis 50 Mitarbeiter des BfV. Die Landeskriminalämter, die Bundespolizei und das Zollkriminalamt unterhalten Verbindungsbüros beim PIAS; die Ämter für Verfassungsschutz (ÄfV) und der Militärische Abschirmdienst unterhalten Verbindungsbüros zur NIAS. Außerdem ist der BND durch fünf Verbindungsbeamte vertreten. Für die gemeinsame Lagebeurteilung ist anscheinend die Arbeitsgruppe Operativer Informationsaustausch (OPI) zuständig.
Das PIAS ist organisatorisch in der Abteilung ST (Polizeilicher Staatsschutz) des BKA angesiedelt. Es besteht aus zwei Referaten: ST 32 PIAS-Zentralstelle ist für die Bund-Länder-Zusammenarbeit, den Internationalen Nachrichtenaustausch und so genannte Sondermeldedienste und Personagramme zuständig. ST 33 PIAS-Analysen-Lage-Gefährdung ist mit der Phänomenauswertung, Projekten bzw. Sonderauswertungen sowie mit der Geschäftsführung des PIAS BKA befasst. Die Phänomenauswertung erstellt Analysen zu ausgewählten Terrorgruppen und Netzwerken, insbesondere zu al-Qaida. Im Bereich Sonderauswertungen wird z.B. das Projekt LOGIS bearbeitet, welches die logistische Vorgehensweise islamistischer Terroristen, etwa im Bereich der Schleuserkriminalität oder bei der Beschaffung gefälschter Ausweisdokumente, untersucht. Es gibt Arbeitsgruppen (AGs) zu folgenden Themenbereichen: Tägliche Lagebesprechung, Gefährdungsbewertung, Operativer Informationsaustausch, Fälle & Analysen, Islamistisch-terroristisches Personenpotential, Deradikalisierung, Transnationale Aspekte und Statusrechtliche Begleitmaßnahmen. Das PIAS BKA ist für Gefährdungsbewertungen, Lagebesprechungen und den operativen Informationsaustausch zuständig. Somit ist PIAS BKA die eigentliche Schnittstelle zwischen Polizei (PIAS) und Nachrichtendiensten (NIAS).
Zum NIAS gehört das Intelligence Board. Ansonsten sind keine weiteren Informationen verfügbar.
Die Zusammenarbeit der beiden getrennten Bereiche soll durch die Nutzung gemeinsamer Projektdateien und einer Indexdatei unterstützt werden. Die Projektdateien werden zeitlich befristet für einzelne Analyseprojekte angelegt. Die Index-Datei soll lediglich Hinweise auf mögliche Fundstellen bereits vorliegender Informationen liefern. Wird eine Person über diese Index-Datei abgefragt, so kann festgestellt werden, ob und bei welcher Sicherheitsbehörde bereits Daten und Erkenntnisse über sie vorliegen.
Gemeinsames Ziel der Zusammenarbeit ist, trotz des angeblichen Trennungsgebotes zwischen Geheimdiensten und Kriminalpolizei, einen intensiveren und kontinuierlichen Austausch von Informationen über den islamistischen Terrorismus zu gewährleisten. Durch Gefährdungsbewertungen, Fallauswertung und Strukturanalysen soll eine „konsequente Frühaufklärung“ ermöglicht und ein „Fahndungs- und Ermittlungsdruck“ aufgebaut und aufrechterhalten werden. Außerdem soll durch die Zusammenarbeit die vorhandenen personellen Ressourcen gebündelt, Doppelarbeit vermieden und Synergieeffekte realisiert werden.
Die Aufgaben werden in so genannten Koordinierungsforen bzw. Arbeitsgruppen (AG) abgearbeitet, d.h. die Mitarbeiter der jeweiligen AG kommen in regelmäßigen oder unregelmäßigen Abständen zusammen, um sich auszutauschen. Dabei wird entschieden, welche Informationen an die jeweilige Gegenseite - also BKA oder BfV bzw. PIAS oder NIAS - weitergegeben werden. Die Geschäftsführung für die einzelnen Aufgaben bzw. Arbeitsgruppen obliegt entweder dem BKA oder dem BfV. So finden die tägliche Lagebesprechung, die Gefährdungsbewertungen und der Operative Informationsaustausch unter der Federführung des BKA statt. Das BfV ist hingegen bei der AG Strukturanalysen, der AG Fallauswertung, und der Auswertung des islamistisch-terroristischen Personenpotentials geschäftsführend.
Die AG Status dient der frühzeitigen Identifizierung von Personen mit einem islamistisch-extremistischen oder islamistisch-terroristischen Hintergrund, die als Adressaten von ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtlichen Maßnahmen zur Abwehr einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in Betracht kommen.
Die AG Tägliche Lagebesprechung um 10.00 Uhr dient dem Informationsaustausch und der „Erstauswertung“. Die AG Gefährdungsbewertungen erstellt anlassbezogen ihre Einschätzungen zum islamistischen Terrorismus und schreibt diese fort. Die AG Operativer Informationsaustausch trifft sich dreimal wöchentlich und gegebenenfalls anlassbezogen, um „Ermittlungsansätze zu identifizieren“.
Hinzu kommen fünf weitere AGs: 1. Fälle/Analysen zum islamistischen Terrorismus, 2. Islamistisch-terroristisches Personenpotenzial, 3. Deradikalisierung, 4. Transnationale Aspekte, und 5. Statusrechtliche Begleitmaßnahmen.
Im Rahmen von Strukturanalysen sollen langfristig wirksame Aspekte des internationalen Terrorismus ausgewertet werden. Die Mitarbeiter des so genannten Analyseboards versuchen, Erkenntnisse über logistische und personelle Strukturen und Funktionsweisen islamistischer Netzwerke zu gewinnen. Hierzu gehört beispielsweise die Sammlung von Erkenntnissen über Ausbildungslager arabischer Mudschaheddin in Afghanistan oder über Reisebewegungen potentieller Terroristen. Bei der Fallauswertung (Assessmentboard) werden Teilaspekte des Terrorismus mit konkretem Bezug auf Deutschland ausgewertet und einzelfallübergreifende Lagebewertungen erstellt. Dadurch soll z.B. die Beschaffung falscher Ausweise sowie von Waffen und Sprengstoff durch Terroristen verhindert werden. Die AG Islamistisch-terroristisches Personenpotential kommt im zweiwöchentlichen Rhythmus zusammen, um Erkenntnisse über relevante Personen im terroristischen Umfeld abzugleichen. Dadurch sollen mögliche Täter und ihre Unterstützer bekämpft sowie die Rekrutierung von Terroristen verhindert werden. So untersucht eine Arbeitsgruppe „De-Radikalisierung“ seit Dezember 2009, warum jemand zum Dschihadisten wird und wie dies verhindert werden kann. In diesem Zusammenhang betreiben die Verfassungsschutzbehörden auch ein Aussteigerprogramm für (Ex-)Terroristen.
Die AG Ressourcenbündelung trifft sich ebenfalls alle zwei Wochen, um Erkenntnisse aus der Internetauswertung auszutauschen und ein arbeitsteiliges Vorgehen bei künftigen Internetrecherchen abzusprechen. Im Rahmen der Amtshilfe kann um Unterstützung bei Übersetzungen gebeten werden. Darüber hinaus erfolgt hier eine übergreifende Koordination bei der Einrichtung und Verwaltung gemeinsamer Dateien im Terrorismusbereich.
Kommt es zu einem „Ereignisfall“, also einem schweren Terroranschlag, dann wird eine Besondere Aufbauorganisation (BAO) eingerichtet. Dabei ist es offenbar unerheblich, ob der Anschlag in Deutschland oder im (europäischen) Ausland erfolgte. Um eine bessere Ausgangssituation und Reaktionsfähigkeit bei der Bewältigung der Lage zu erreichen, werden bis zur vollständigen Arbeitsfähigkeit der BAO unmittelbar Informationen aller beteiligten Behörden ausgetauscht. Des Weiteren erfolgen standardisierte Lage- und Gefährdungsbewertungen durch BfV, BND und BKA. Darüber hinaus ist bei der Durchführung geeigneter Maßnahmen ein arbeitsteiliges und koordiniertes Vorgehen zur Lagebewältigung vorgesehen, um eine schnellere Beratung der politischen Entscheidungsträger zu gewährleisten.
Die Berliner Polizei ist derweil mit ihrer Arbeit selbst sehr zufrieden. So erklärte Polizeipräsident Klaus Kandt Ende 2015: „Dass bisher nichts passiert ist, ist auch ein Erfolg unserer Ermittlungsarbeit und der Aufklärung, die wir betreiben. (…) Wir haben jetzt schon eine gute Aufklärung in der Szene, so dass wir Vorbereitungen von Taten frühzeitig erkennen und so Dinge verhindern können. Das hat bisher sehr gut funktioniert.“ Demgegenüber wandte sich der Syrer „Yousef“ (Pseudonym), der als V-Mann für das LKA arbeitet, enttäuscht an die Boulevardzeitung „Berliner Kurier“:
Zur Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Klosterstraße 47) gehört die „Abteilung II Verfassungsschutz“ und hat die Funktion eines Landesamtes inne. Seit dem 19. November 2012 ist Bernd Palenda (SPD) Leiter der Abteilung. Der Stellenplan umfasst z. Zt. 226,85 Planstellen, der Jahresetat beträgt 13,42 Millionen Euro (Stand 2015). Die Mitarbeiter des gehobenen Dienstes haben i. d. R. eine Ausbildung zum Verwaltungswirt an einer öffentlichen Verwaltungsschule absolviert, die Mitarbeiter des höheren Dienstes sind oft Juristen, gelegentlich auch Islamwissenschaftler oder Arabisten etc..
Der Verfassungsschutz gliedert sich gegenwärtig in sechs Referate. Das Referat IIC „Auswertung Ausländerextremismus“ ist für den Ausländerextremismus, islamistischen Terrorismus und Islamismus in Berlin zuständig. Es wird insbesondere vom Referat II E Beschaffung unterstützt.
Zu den Datenbeständen des LfV gehört die so genannte „Amts- und Analysedatei (AMANDA)“. Für Berlin waren 2009 im NADIS-System 25.002 Datensätze gespeichert. Die Berliner Verfassungsschutzabteilung hat ein „Hinweistelefon zur Aufklärung des islamistischen Terrorismus“ (030 – 90 129 401/402) eingerichtet, dort können Bürger Informationen zur Terrorgruppierungen und (bevorstehenden) Terroraktionen auf Deutsch, Türkisch oder Arabisch übermitteln oder eine Email an die entsprechene Adresse schicken. Der Verfassungsschutz erklärte dazu 2005:
„Die menschenverachtenden Anschläge in Madrid und London haben deutlich gemacht, dass der transnationale Terrorismus auch europäische Länder zum Ziel hat und unterschiedslos alle Menschen bedroht. Um terroristische Aktivitäten und Anschlagsplanungen rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern, sind die Sicherheitsbehörden auch auf die Unterstützung aller Bürger, gleich welcher Herkunft, angewiesen. Es ist unser gemeinsames Ziel mit den Muslimen der Stadt, diejenigen Personen und Gruppen aufzudecken, die den Islam als Begründung ihrer terroristischen Aktivitäten missbrauchen.“
- Justiz
In Berlin übernimmt das Kammergericht die Funktion eines Oberlandesgerichts. Hier ist der Staatsschutzsenat unter dem Vorsitzenden Richter Josef Hoch in Moabit (Turmstraße 91) für terroristische Strafverfahren zuständig. Leichtere Fälle werden vor dem Staatsschutzsenat des Berliner Landgerichts verhandelt. Die Anklage wird mal durch Karlsruher Bundesanwälte, die für ihre chronisch schlechte Laune bekannt sind, mal durch Berliner Staatsanwält vertreten. Renommierte „Terroranwälte“ gibt es in Berlin nicht, so wird die Verteidigung oft durch die einschlägigen Strafverteidiger (Mutlu Günal aus Bonn oder Michael Murat Sertsöz aus Köln etc.) übernommen. Strafverteidiger, die bisher nur mit „normalen“ Mördern und Totschlägern zu tun hatten, wundern sich, dass in Staatsschutzverfahren vieles anders verläuft, als in „normalen“ Strafverfahren. So können sie sich mit ihrem Mandanten nicht wie gewöhnlich unterhalten, sondern nur durch eine Trennscheibe.
Gegenwärtig finden in Berlin jährlich drei oder vier Verfahren statt. Zwar sind die Verfahren öffentlich, aber jeder Besucher muss sich einer besonders ausgiebigen Personenkontrolle unterziehen: Der Personalausweis wird photokopiert und die Schuhe durchsucht. Um sich Notizen zu machen sind aus Sicherheitsgründen nur Bleistifte, aber keine Kugelschreiber erlaubt; außerdem darf man nur drei bis fünf Blatt Papier mitführen. Den einschlägigen Gerichtsaal Nr. 501 erreicht man nur über einen separaten Eingang (Turmstraße 91). Am ersten Verhandlungstag nehmen noch bis zu 50 Sympathidanten im Zuschauerraum platz, um ihre Solidarität mit ihrem „Bruder“ oder „Schwester“ zu demonstrieren, aber danach nimmt deren Interesse rapide ab. In der Regel verfolgen dann nur noch sechs oder sieben Zuschauer den Prozess, davon sind die Hälfte Verwandte des oder der Angeklagten.
Selbst bei kleineren „Terrorfällen“, wie z. B. eine Spende von 1.000 Euro und Lieferung von einem Fernglas und einem Nachtsichtgerät von „Tchibo“ an den Islamischen Staat, haben die Gerichtsakten einen Umfang von mindestens 150 dicken „Leitz“-Ordnern. Erst nach ihrer Festnahme, wenn sie in Untersuchungshaft Akteneinsicht erlangen, wird den meisten Terrorverdächtigen klar, in welchem Umfang die Staatssicherheitsbehörden über ihr Treiben informiert waren. Zum Prozessauftakt leiern dann die Bundesanwälte ihre siebzig oder achtzig Seiten umfassende Anklageschrift herunter. Danach folgt ein wochen- oder gar monatelanger Prozess mit Zeugenvernehmungen, Gutachten und Beweisanträgen bis hin zur Verkündung des obligatorischen harten aber gerechten Urteils.
Gegenwärtig sitzten 35 Häftlinge in den Berliner Haftanstalten (Moabit, Plötzensee und Tegel) ein, so dass die Justizbediensteten darauf achten müssen, das keine „Zusammenrottung“ entsteht.
Bevölkerungsschutz und Rettungswesen
Nach dem 11. September 2001 erstellte die Innenverwaltung am 1. Juni 2003 erstmals eine umfassende „Gefahrenanalyse für das Land Berlin“ (VS-NfD), die die Orte erfaßte, von denen Unglücke, Katastrophen oder Terroranschläge ausgehen könnten. Heute spricht man in diesem Zusammenhang von der „Kritischen Infrastruktur“ (KRITIS). Eine parallele Schwachstellenanalyse für das Gesundheitswesen verbirgt sich gegenwärtig unter dem harmlosen Titel „Konzept Berlin“. Allerdings wurde ausgerechnet der Gefährdungsanalyse unterstellt, dass sie die Gefahren eher verharmlost, wie die „FAZ“ berichtete:
„Eher fällt ein Meteorit auf den Reichstag, als daß islamistische Terroristen in Berlin einen Anschlag verüben. Diese einigermaßen kühne These legt zumindest die vom Berliner Katastrophenschutz erarbeitete „Gefahrenanalyse für das Land Berlin“ nahe.
Das Papier mit dem Vermerk „Nur für den Dienstgebrauch“ stammt nicht etwa aus den siebziger Jahren, sondern trägt das Datum 1. Juni 2003 - Erscheinungstermin also knapp zwei Jahre nach den verheerenden Attentaten vom 11. September 2001. Den „Gefahren, die von Meteoriten oder Raumflugkörpern“ für die Hauptstadt ausgehen können, widmet die amtliche Analyse ganze zwei Seiten, das Thema „Terroranschläge - politisch motivierte Ausländerkriminalität“ wird in elf dünnen Zeilen abgehandelt.“
Die im Katastrophenfall notwendigen Maßnahmen wurden in einem umfassenden Notfallhandbuch aufgelistet. In den „Ausführungsvorschriften über die Zusammenarbeit bei der Katastrophenvorsorge und -bekämpfung im Land Berlin“ (AV Kat) heißt es dazu:
„Das Katastrophenschutzhandbuch Berlin ist ein Nachschlagewerk, das die für die Gefahrenabwehr bei Großschadensereignissen und Katastrophen maßgeblichen Rechtsgrundlagen und ressortübergreifenden Regelungen zur Gefahrenabwehr im Land Berlin, eine Auswahl der zuständigen Ansprechpartner in Berlin und Brandenburg sowie weitere Übersichten und Hinweise beinhaltet. Es soll in erster Linie den Mitarbeitern der Katastrophenschutzbehörden des Landes Berlin und anderer Landesressorts sowie den privaten Hilfsorganisationen sowohl bei der Katastrophenvorsorge als auch bei der Katastrophenabwehr dienen.“
Seit dem 8. Dezember 2016 amtiert Andreas Geisel (SPD) als neuer Innensenator des rot-rot-grünen Senats. Bei einer „Größeren Schadens- / Gefahrenlage und Katastrophe“ (GGSK) kann der Innensenator den „Katastrophenfall“ ausrufen und so die Einsatzleitung an sich ziehen. Zu der Zentralen Einsatzleitung (ZELtg), die inoffiziell auch „Stab K“ („K“ wie „Katastrophe“) genannt wird, gehören 30 bis 40 Personen, die im vierten Stock der Senatsinnenverwaltung in der Klosterstraße zusammentreffen würden. Dazu zählen folgende „Spitzenalarmempfänger“: der Polizeipräsident, der Landesbranddirektor, das Technische Hilfswerk, die Katastrophenschutzbeauftragten der verschiedenen Hilfsorganisation (HiOs), Verbindungsoffiziere der Bundeswehr und Bundespolizei, sowie Vertreter der kommunalen Versorgungsbetriebe Bahn, BVG, Vattenfall, GASAG, Wasserbetriebe und der Flughafenbetreiber. Die Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen soll dabei nach dem Subsidiaritätsprinzip funktionieren. Im Rahmen einer Reorganisation wurde das Lagezentrum des Innensenators mit dem Lagezentrum der Polizei bereits 2003 zusammengelegt und nennt sich seitdem „Lagezentrum Berlin“ (LZ Berlin). Es ist mit seiner Fernmeldeausstattung im Polizeipräsidium im Bezirk Tempelhof (Platz der Luftbrücke 6) untergebracht.
Für die medizinische Katastrophenschutzplanung insbesondere bei Großlagen und im Seuchenfall ist die Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales zuständig. Das Referat IE „Öffentlicher Gesundheitsdienst, Prävention und Gesundheitsförderung,...“ im Dachgeschoss der Senatsverwaltung wird von Dr. Marlen Suckau geleitet.
Im Falle eines Falles ist mit zahlreichen Toten und Verletzten zu rechnen. Im medizinischen Rettungswesen gelten bereits 3 Patienten als Massenanfall an Verletzten (MANV) der Stufe 1, 6 bis 9 Verletzte gelten als MANV 2, bei 10 bis 30 Opfer wird MANV 3 ausgelöst, über 30 Patienten gelten als MANV 4. „Der 11. September hat dafür gesorgt, dass wir jetzt in größeren Dimensionen denken. Wenn wir früher zweitausend Verletzte in unsere Überlegungen eingezogen haben, dann sind es jetzt fünftausend. Die Zahlen, mit denen wir arbeiten sind viel größer geworden. Zum Beispiel, wenn wir die Evakuierung von Krankenhäusern oder ganzer Stadtbereiche planen,“ erklärte dazu Detlef Cwojdzinski, Mitarbeiter der Senatsgesundheitsverwaltung.
In Berlin liegt der Rettungsdienst in den Händen der Berliner Berufsfeuerwehr mit ihren 3.900 Feuerwehrleuten auf 35 Wachen, 920 Spezialfahrzeugen und einem Jahresetat von z. Zt. rund 247 Millionen Euro. Der Stab der Feuerwehr befindet sich in der Hauptfeuerwehrwache in Berlin-Mitte (Voltairestraße 2). Die Feuerwehrleitstelle Feuerwehrleitstelle (FwLtS) hingegen befindet sich in Charlottenburg (Nikolaus-Groß-Weg 2). Sie nimmt die Notrufe („112“) entgegen. Die dortigen „Dispatcher“ führen mit dem i. d. R. aufgeregten Anrufer ein gelenktes Gespräch nach einem bestimmten Fragenalgorithmus, dem so genannte Standardisierte Notfallabfrage Protokoll (SNAP), durch. Aufgrund der gesammelten Informationen alarmiert der Dispatcher dann lagegemäß die zuständigen Einsatzkräfte gemäß der „Geschäftsanweisung Ausrückeordnung“. Als „Hilfsfristen“, das ist die Zeit zwischen Beginn der Notrufabfrage und dem Eintreffen der ersten Kräfte am Einsatzort, gelten für die Brandbekämpfung 15 Minuten, für die Notfallrettung 8 Minuten. Für ABC-Einsätze sind – soweit bekannt - keine speziellen Hilfsfristen festgelegt.
Allein im Jahr 2015 führte die Feuerwehr 391.558 Einsätze (Brände, Rettungsfahrten, technische Hilfeleistungen) durch. Zur Bewältigung des täglichen Arbeitsaufkommens wird die Feuerwehr unterstützt durch die Hilfsorganisationen (ASB, DLRG, DRK, JUH, MHD, THW) und einem Notarztwagen des Bundeswehrkrankenhauses. Bei einem Terroranschlag werden die verletzten Terroropfer auf 33 „Aufnahmekrankenhäuser“ im gesamten Stadtgebiet verteilt. Diese verfügen nach Möglichkeit über eine Rettungsstelle, einen OP-Trakt und eine Intensivstation. Zu nennen sich hier insbesondere die sechs Unfallschwerpunkt-Krankenhäuser: Charité Mitte, Campus Virchow Klinikum, Campus Benjamin Franklin, Helios Klinium Buch, Unfallkrankenhaus Berlin (UKB), Vivantes Klinikum Friedrichhain und Vivantes Klinikum Neukölln. Allerdings weisen Kritiker darauf hin, dass alle Krankenhäuser zusammen maximal 800 akut Verletzte versorgen könnten, die von den Notärzte triagiert werden müssten.
Im Katastrophenfall werden alle verfügbaren KatSchutz-Einheiten der verschiedenen Hilfsorganisationen (HiOs) mobilisiert, insbesondere die so genannten Medizinischen Task Forces (MTF). Diese wurden ab 2007 im Rahmen einer Reorganisation des Katastrophenschutzes für Terrorlagen neu aufgestellt. Hinzu kommen die 1. und die 6. Kompanie des Sanitätsregimentes 1 (SanRgt 1) des Bundesheeres in der Blücher-Kaserne (Sakrower Landstraße 100). KatSchutz-Einsatzpläne wurden vom zuständigen Referat der Senatsgesundheitsverwaltung (Oranienstraße 106) ausgearbeitet, verschiedene Szenarien von den Einsatzkräften geübt.
Außerdem hat Berlin seit 2016 ihre Rettungsdienste besser ausgerüstet, indem die medizinisch-technische Ausstattung der Rettungswagen (RTW) gemäß dem zu erwartenden Verletzungsbild bei Terroranschlägen angepasst wurde. So wurden verschiedene Instrumente aus dem militärischen Sanitätsdienst in den zivilen Rettungsdienst übernommen. Dazu gehören beispielsweise Tourniquets zum schnellen Abbinden stark blutender Gliedmaßen und die Zusatzausrüstung mit blutstillenden Medikamenten.
Die dschihadistischen Attentätergruppen verüben oft Doppelanschläge. Bei dieser Einsatztaktik wird zunächst ein einzelner Bombenanschlag verübt. Nach wenigen Minuten, wenn die Rettungs- und Einsatzkräfte am Tatort eingetroffen sind, um Hilfe zu leisten, erfolgt in der Nähe ein zweiter Anschlag, um die Hilfskräfte zu töten. Da sich die Rettungskräfte gegen diese Bedrohung kaum schützen können, wird jeder Hiflseinsatz zum Selbstmordkommando.
Präventionsarbeit zur Deradikalisierung
Nachdem man im ersten Jahrzehnt nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 auf die rein repressive Terrorismusbekämpfung gesetzt hat, erwies sich diese Strategie angesichts der steigenden Islamistenzahlen im Zusammenhang mit den Bürgerkriegen in Syrien und Irak als nicht ausreichend. Um der Rekrutierung von Jugendlichen durch Salafisten entgegenzuwirken, setzt die Bundesregierung zunehmend auch auf „Prävention“. So beschloss die Innenministerkonferenz (IMK) die Gründung des bundesweiten. länderübergeifenden „Präventionsnetzwerks Salafismus“, in dem Polizeibehörden und Geheimdienste zusammenarbeiten. Auf Beschluss der Deutschen Islam Konferenz vom März 2008 wurde beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg (Frankenstraße 210) eine Clearingstelle Präventionskooperation (CLS) eingerichtet. Im Januar 2012 folgte eine Beratungsstelle Radikalisierung. Seitdem wurden bei den Landeskriminalämter und Landesämter für Verfassungsschutz verschiedene Pilotprojekte angeleiert. Im April 2015 forderte der BKA-Präsident Holger Münch eine ausgefeilte Strategie:
„Wir brauchen ein abgestimmtes System der Deradikalisierung. Da haben wir in Deutschland noch keinen echten Masterplan. (…) Wenn sich der Trend so fortsetzt, könnten wir es in einem Jahr mit 1.000 ausgereisten Dschihadisten zu tun haben. (…) Wir müssen darüber nachdenken, wie wir unsere Konzepte erweitern und miteinander verknüpfen. (…) Bund, Länder, Kommunen müssen gemeinsam zu einem tragfähigen Masterplan für Deutschland kommen. (…) Das betrifft natürlich nicht nur die Sicherheitsbehörden.“
Auch verschiedene Nichtregierungsorganisationen beteiligen sich mittlerweile an der staatlichen Counterinsurgency-Politik der Bundesprogramme „Initiative Demokratie stärken“ und „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ und betreiben so genannte Deradikalisierungsarbeit mit Jugendlichen und Schülern.
Zentrum für Demokratische Kultur gGmbH: In erster Linie ist hier das ZDK in Berlin-Friedrichshain (Thaerstr. 17) zu nennen. Dieses betreibt die Beratungsstelle Hatay, die von der renommierten Arabistin Dr. Claudia Dantschke geleitet wird. Der Psychologe und Buchautor Ahmad Mansour arbeitet hier. Das Zentrum betreibt das Aussteigerprogramm EXIT, außerdem betreut man die Familienangehörigen der Dschihadisten. Das Zentrum wird u. a. aus Bundesmitteln finanziert, so erhielt es im Jahr 2014 immerhin 218.254 Euro. Claudia Dantschke erklärte zu den Rahmenbedingungen und Perspektiven ihrer Arbeit: „Der wirksamste Schutz vor Terror und Gewalt ist ein aktives soziales Netzwerk auf kommunaler Ebene.“
Violence Prevention Network e. V.: Seit 2010 gibt es das VPN in Moabit (Alt-Moabit 73). Das Netzwerk hatte eine Außenstelle MAXIME in Berlin-Wedding (Maxstraße 20), die im April 2015 nach Kreuzberg (Bergmannstraße 5) verlegte und dort mit sieben Mitarbeitern unter dem Namen KOMPASS residiert. Die Arbeitsschwerpunkte des Netzwerks liegen in den Bereichen Multiplikatorenfortbildung, Anti-Gewalt- und Kompetenztraining (AKT) und Workshops zu den Themen interreligiöse/interkulturelle Kompetenz sowie politische Bildung. Das Netzwerk wird von Thomas Mücke und Judy Korn geleitet. Bisher erhielt es einen jährlichen Zuschuss von der Lotto-Stiftung in Höhe 500.000 Euro, ab Januar 2017 werden nur noch 235.000 Euro vom Berliner Senat gezahlt. Das MAXIME-Projekt war bisher ein Angebot für Schulklassen mit jährlich 200 Veranstaltungen; in Zukunft sind Einsparungen beim Angebot unvermeidlich. Dennoch hofft der Geschäftsführer noch, dass es zu einer Lösung kommt: „Wir brauchen dringend verlässliche und langfristige Zusagen, um Teams für die Workshops an uns zu binden. Einjahresverträge reichen nicht aus. (…) Die Nachfrage nach Beratung durch Experten im Bereich religiöser Extremismus steigt beständig.““
Verein für politische Bildungsarbeit „ufuq.de“: Auch „ufuq“ betreibt seit November 2016 in Berlin (Boppstr. 7, Haus A) eine Beratungsstelle. Seine Co-Geschäftsführer sind der Islam- und Sozialwissenschaftler Dr. Götz Nordbruch und der Islamwissenschaftler Dr. Jochen Müller. Der Verein informiert u. a. an Schulen über den Islamismus:
„Ufuq.de bemüht sich um Alternativen zu den aufgeregten Debatten um Parallelgesellschaften, „Dschihadreisende“ oder eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands. An der Schnittstelle von politischer Bildung, Pädagogik und Wissenschaft arbeiten wir zu den Themen Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus. (…) Die Sensibilisierung für demokratie- und freiheitsfeindliche Einstellungen und das Wissen um Alternativen zu den Sinn- und Orientierungsangeboten, wie sie aktuell vor allem von salafistischen Akteuren gemacht werden, schützt Jugendliche vor einfachen Welt- und Feindbildern und öffnet ihnen Wege, sich in der Gesellschaft zurecht zu finden.
Damit wenden wir uns auch an Nichtmuslim_innen. Denn Islam, Islamfeindlichkeit und Islamismus sind Themen, die alle angehen – und auch unter Nichtmuslim_innen die Bereitschaft voraussetzen, den demografischen Wandel, die Biografien von Jugendlichen mit Migrationsgeschichten und die Normalität muslimischer Lebenswelten in Deutschland anzuerkennen. Erfahrungen mit Alltagsrassismus, mit Diskriminierungen im Bildungsbereich oder auf dem Arbeitsmarkt, aber auch mit islamfeindlichen Berichten in Medien beeinflussen das Selbstverständnis gerade junger Muslim_innen und erschweren eine Identifikation mit der Gesellschaft.“
Casablanca gGmbH: Die „gemeinnützige Gesellschaft für innovative Jugendhilfe und soziale Dienste mbH“. Casablanca bietet seit 1995 ein breites Spektrum an Maßnahmen zur klassischen Jugend- und Familienhilfe an: Ambulante Familienhilfe, stationäre Krisenunterbringung, Integrationsprojekte, Jugendclubs, Schulsozialarbeit etc.. Die Gesellschaft ist insbesondere in Reinickendorf, Pankow, Spandau und Wedding aktiv. Zum Tätigkeitsbereich gehört seit März 2015 auch das Deradikalisierungsprojekt „WERTE-WERKSTATT“ (Oudenarder Straße 39) mit drei Mitarbeitern, das an verschiedenen Schulen tätig ist.
Terrorismusforschung
Stiftung Wissenschaft und Politik: Die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ist 1962 als wissenschaftliches An-Institut des Bundesnachrichtendienstes von der Bundesregierung gegründet worden, um die Qualität der Auswertung des Auslandnachrichtendienstes zu verbessern und um ein Korrektiv zu den Expertisen der Altnazies des Dienstes zu haben. Treibende Kraft bei der Gründung der Stiftung war Karl Ritter, der 1959 zum Leiter der Unterabteilung „Politische Auswertung“ des BND ernannt wurde. Ursprünglich in Schäftlarn-Ebenhausen bei Pullach angesiedelt, wechselte die Stiftung nach der Wiedervereinigung nach Berlin (Ludwigkirchplatz 3-4) , wohin jetzt auch der BND umzieht. Nach wie vor werden beide - SWP und BND - aus demselben Etat - nämlich dem des Bundeskanzleramtes – finanziert. In der SWP-Forschungsgruppe „Naher Osten und Afrika“ ist Dr. Guido Steinberg als Terrorismusexperte tätig. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht und trat in zahlreichen Terrorismusprozessen als gerichtlich bestellter Gutachter auf.
Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit: Das BITS im Ortsteil Prenzlauer Berg (Rykestraße 13) widmet sich der kritischen Friedens- und Konfliktforschung mit den Schwerpunkten Atomwaffenrüstung, Auslandseinsätze der Bundeswehr, Waffenexporte etc.. Darüber hinaus bemühte es sich, das Treiben der dschihadistischen Szene zu verfolgen.
Anti-Muslimische Kräfte
Außerdem gibt es verschiedene politische Initiativen, die sich kritisch mit dem Islamismus auseinandersetzen. Andere Gruppierungen bzw. Parteien haben eine grob islamophobe Sichtweise, frönen dem anti-muslimischem Rassismus, können nicht einmal „Muslim“, „Islamist“, „Salafist“ und „Dschihadist“ voneinander unterscheiden und somit nichts nennenswertes zur gesellschaftlichen Aufarbeitung des Themas beitragen. Dennoch konnten diese rechtsradikalen Kräfte bei den Wahlen zum „Abgeordnetenhaus“, dem Berliner Landtag, am 18. September 2016 erhebliche Gewinne bei den Zweitstimmen verbuchen: Alternative für Deutschland (231.492 Stimmen), Pro Deutschland (7.288) und Nationaldemokratische Partei (9.459). Somit konnte die AfD mit 25 Abgeordneten erstmals ins Parlament einziehen.
Hinzu kommt der besonders aktive Verein „Berliner Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (BärGiDa) als lokaler Ableger der PEGIDA-Bewegung. Seit dem 5. Januar 2015 führt er jeden Montag einen „Abendspaziergang“ vom Hauptbahnhof aus durch. Allerdings ist die Zahl der Teilnehmer in den letzten zwei Jahren erheblich geschrumpft, da sich die rechtspopulistischen Kräfte mittlerweile eher bei der Partei Alternative für Deutschland (AfD) betätigten, die bessere Karrierechancen bietet. Beim 100. „Abendspaziergang“ fanden sich – trotz umfangreicher Mobilisierung – nur mehr 130 BärGiDa-Teilnehmer zusammen. Die Redebeiträge der Kundgebungen zeichnen sich regelmäßig durch einen plumpen Verbalradikalismus aus, dabei werden mal Bürgerkriegs-, mal Militärputsch- oder Generalstreikszenarios beschworen. So erklärte ein Redner namens „Mario“ am 16. November 2015 vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Paris auf das Fußballstadion „State des France“ und den Musikclub „Bataclan“:
„Unendliche Trauer für die erneuten Opfer einer faschistischen Ideologie, weil wir nicht verhindern konnten, was wir seit Jahren diesen verdammten, bornierten Ignoranten, diesen linken Weltverbesserern, diesen „Islam-ist-Frieden-Schwätzern“ in ihre leeren Spatzenhirne reinbekommen wollten. Nämlich die verheerenden Auswirkungen ihrer verbrecherischen Politik. (...) Ihr da oben, ihr Täter, und ihr Mittäter der Ereignisse in Paris, ihr werdet am Ende nicht verschont bleiben. Es wird der Tag kommen, da werdet ihr das Volk mehr fürchten, als die Verbrecher und angeblichen Flüchtlinge, die am Freitag in Paris buchstabengetreu und auftragsgemäß den bluttriefenden Koran befolgt haben."
Und am 5. Oktober 2015 hatte derselbe „Mario“ gegen die „Flüchtlingsflut“ gehetzt, wie es in einer Pressemeldung von BärGiDa hieß:
„Neben der Flutung mit mindestens 1,5 Millionen Illegalen bis zum Jahresende, verschlimmern sich jetzt schon rasant die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse der Städte und Gemeinden im Verwaltungsgebiet BRD. Der Kollaps ist absehbar und nur noch eine Frage der Zeit. Den Erkenntnissen des Redners nach, könnte bald die Ausrufung von lokalen Katastrophenfällen und anschließender Aktivierung von Notstandsgesetzen unabwendbare Folge des Vernichtungswillen dieser verbrecherischen Politik sein. Um diesen Zustand eventuell doch noch zu verhindern, regte er an, eine dauerhafte Mahnwache auf dem Washingtonplatz einzurichten und den Protest so lange, notfalls bis zum Generalstreik nach Artikel 20 Abs. 4 GG, fortzuführen, bis die unsägliche Merkel-Regierung nur noch Geschichte ist."
Berliner Öffentlichkeit
Terroranschläge haben einen erhöhten Aufmerksamkeitswert in der Presseberichterstattung und öffentlichen Wahrnehmung. Unter den Berliner Journalisten ist insbesondere der Politik- und Islamwissenschaftler Florian Flade auf die Terrorismus-Berichterstattung spezialisiert. Er betreibt einen eigenen Twitter-Account, der täglich aktualisiert wird, und den Blog „Ojihad“. Zu den weiteren „Terrorexperten“ gehören Annette Hauschild („Taz“), Frank Jansen („Tagesspiegel“) und Andreas Kopietz („Berliner Zeitung“).
Andererseits betreiben die Polizei und die anderen Sicherheitsbehörden eine rigide Informationspolitik. Trotz der ausgesprochen breiten Medienlandschaft der Bundeshauptstadt ist die Berichterstattung (daher) oft lückenhaft und oberflächlich, so dass viele Informationen nicht verfügbar sind: Während in den letzen fünf Jahren mindestens neunzehn Berliner beim Bürgerkrieg in Syrien/Irak auf Seiten der Dschihadisten starben, wurden nur in vier Fällen die Namen öffentlich bekannt.
Außerdem nimmt die saturiert-dekadente Öffentlichkeit kaum Notiz vom modernen Dschihadismus und seinen immanenten Gefahren, es sei denn, gerade hat sich mal wieder ein spektakulärer Terroranschlag mit hoher Opferzahl ereignet. So beteiligen sich an den Terrorprozessen in Berlin jeweils nur drei oder vier Leute als Zuschauer. Das ist bei einer Gesamtbevölkerung von 3,5 Millionen ziemlich bescheiden. Gleichzeitig wandern tagtäglich tausende Berliner und Touristen gemütlich oder eilig durch das trügerisch stille Kriegsgebiet zwischen Hauptbahnhof, Bahnhof Friedrichstraße und Potsdamer Platz. Täglich besuchen tausende Ehepaare mit ihren Kindern irgendwelche Großveranstaltungen oder die Weihnachtsmärkte am Alexanderplatz, auf dem Gendarmenmarkt oder in Spandau, als ob es nicht schon Tote gegeben hätte und keine Bedrohung gäbe.
Anhang: Terrorverdächtige (A-Z)
Ismail Abdallah: Der (Hass-)Prediger in Berlin-Neukölln wurde Ende 2015 vom Amtsgericht Tiergarten wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro verurteilt.
Ashraf Mohammad al-Dagma: Der Palästinenser gehörte zeitweise zu den Drogendealern am Bahnhof Zoo. Später arbeitete er als Leibwächter von Osama bin Laden. Er war Mitglieds eines Kommando, das von Mohammed Abu Dhess geführt wurde und Anschläge in Berlin und Düsseldorf plante. Am 26. Oktober 2005 verurteilte ihn das Oberlandesgericht Düsseldorf zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten.
Ahmad Armih: Er ist salafistischer Prediger in der As-Sahaba-Moschee in Berlin-Wedding (Torfstr. 14 / Sprengelstraße) und Sympathisant der Jabhat al-Nusra. Mehrere jugendliche Moscheebesucher gingen nach Syrien.
Ali A.: Er ist deutscher Staatsbürger libanesischer Abstammung und studiert Elektrotechnik. Zu seiner Observation durch die Polizei erklärte er: „Ich lebe sehr gut, ich studiere. Aber ich bin psychisch belastet, man wird ja permanent beobachtet. Man führt ja kein normales Leben mehr.“
Ghaleb A.: Weil er im Internet für Al-Qaida geworben haben soll, wurde er am 19. September 2012 in Berlin festgenommen.
Mohammed Ali A.: Der Deutsche marokkanischer Abstammung wohnte in Spandau. Am 8. Mai 2011 wurde er von US Special Forces in Afghanistan gefangengenommen, weil er einen Sprengstoffanschlag auf ein Regierungsgebäude geplant haben soll. Anschließend steckten ihn die Amerikaner ins Gefangenenlager in Bagram.
Nuredin A.: Nuredin A. wohnt in Berlin-Spandau und war früher Fußballer bei „Hertha BSC“. Er reiste nach Syrien, angeblich um seine Verwandten dort herauszuholen. Am 1. September 2016 begann sein Prozess vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts.
Wassili A.: Der Tschetschene aus Grosny kündigte im „Internet“ seine Abreise nach Syrien an und wurde daraufhin am 17. Dezember 2015 vom SEK festgenommen.
Mohamed Bensakhria: Der Algerier wohnte in den neunziger Jahren in Berlin (Bornemannstraße und Sonnenallee). Bensakhria war zunächst Mitglied der Groupe Islamique Armé (GIA), später der Groupe Salafiste pour la Prédication et le Combat (GSPC). In den neunziger Jahren kämpfte er in Bosnien. Im Dezember 1999 leitete er in Frankfurt das „Meliani“-Kommando, das einen Sprengstoffanschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg verüben wollte. Ein Gericht in Paris verurteilte ihn am 16. Dezember 2004 zu einer Haftstrafe von zehn Jahren.
Berkant B.: Er reiste nach Syrien, um sich am Dschihad zu beteiligen.
Djamel B.: Er absolvierte 1999 eine Mudschahed-Ausbildung in einem Lager der al-Qaida. Er gehörte der Zelle um Ihsan Garnaoui in Berlin an und hatte Kontakte zum „Meliani-Kommando“ in Frankfurt.
Nassim B.: Der Zahnarzt wohnte in Berlin-Reinickendorf. Er rekrutierte Yannick Pipiorka als Selbstmordattentäter für den „Islamischen Staat“ und bezahlte ihm das Flugticket nach Syrien. Am 3. März 2016 wurde Nassim B. festgenommen. Er befindet sich derzeit in U-Haft.
Sonja B.: Sie wohnte zunächst in Berlin-Adlershof, danach in Berlin-Neukölln. In einem Internet-Chatroom hatte die Frau am 9. April 2006 einen Selbstmordanschlag im Irak angekündigt: „Ich bekomm jetzt eine großartige Möglichkeit mit meinem Baby, natürlich habe ich Angst um mein Kind. Deshalb will ich euch bitten, für mich und mein Baby zu beten, dass Allah, der Gepriesene, uns für das Paradies akzeptieren wird.“ Sonja B. wurde am 24. April 2006 festgenommen und in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Da das LKA kein weiteres Belastungsmaterial gegen Sonja B. vorbringen konnte, wurde sie im Mai 2006 freigelassen. Ein Gericht entzog ihr im April 2006 zunächst das Sorgerecht für ihren damals zweijährigen Sohn; im März 2007 hob das Familiengericht diese Entscheidung auf und stellte Sonja B. einen Familienhelfer zur Seite.
Halil Güner Cicek: Am 14. August 2008 verübte er zusammen mit Irfan Peci, Fehmi B. und weiteren Komplizen einen Überfall auf den „Freenet-Mobilcom-Shop“ in Weiden, weil der Verkäufer sie angeblich als „Taliban“ und „Terroristen“ beleidigt hatte. Der Verkäufer wurde zusammen geschlagen, außerdem entstand ein Sachschaden von über 10.000 Euro. Am 2. März 2009 verurteilte ihn das Jugendschöffengericht zu einer Haftstrafe von 19 Monaten. Später lebte Cicek in Berlin. Hier verstarb er 2010 an einer seltenen Nervenerkrankung.
Denis Mamadou Gerhard Cuspert: „Abu Talha al-Almani“ wurde am 18. Oktober 1975 in Berlin geboren. Seine Mutter, Sigrid Cuspert, ist Deutsche; der leibliche Vater war Ghanaer. Er wohnte zunächst in Berlin-Kreuzberg (Mariannenstraße 38), zeitweise in Berlin-Neukölln (Karl-Marx-Str. 210), später im Berliner Wedding (Sansibarstraße). Im April 2012 meldete er sich offiziell in Berlin ab und zog nach Bonn. Nach einem Einbruch versuchte sein Komplize, ihn um die Beute zu prellen, daraufhin schoss Cuspert diesem mit einer Gaspistole ins Gesicht. Dafür verbüßte er eine dreijährige Haftstrafe in Plötzensee und Hakenfelde.
Ungefähr seit 2007 präsentierte er sich als gläubiger Moslem und besuchte die Al-Nur-Moschee in Berlin-Neukölln. Er schloss sich der Bewegung Millatu Ibrahim an und produzierte zahlreiche großkotzige Propagandavideos und Kampflieder: „Das Schwert, das niemals ruht, aus Liebe geben wir unser Blut. (...) Mein Herz schlägt für Dschihad, das bis zum jüngsten Tag.“
Ende 2012 / Anfang 2013 hielt sich Denis Mamadou Gerhard Cuspert einige Zeit in der libyschen Region um Darna auf, die damals von der Ansar al-Sharia beherrscht wurde. In Syrien schloss er sich 2013 erst der Junud ash-Sham, später dem Islamischen Staat an. Bei einem Luftangriff wurde er im September 2013 schwer verwundet. Am 17. Juli 2014 war er an einem Überfall auf das Ölfeld al-Schaar bei Homs beteiligt. Dabei kamen rund 270 Arbeiter und Sicherheitskräfte ums Leben. In einem Propaganda-Video ist zu sehen, wie Denis Cuspert bei Homs mit einem Stock auf einen getöteten Mann einprügelt, was den Straftatbestand der Leichenschändung (§168 StGB „Tötung der Totenruhe“) erfüllte. Im August 2013 beteiligte er sich – zusammen mit Fatih Kahraman – an einem Gefecht der Junud ash-Sham gegen syrische Regierungstruppen im Durin-Gebirge nahe Latakia. Im April 2016 veröffentlichte er ein weiteres Kampflied in dem er forderte: „Paris, New York und Moskau – Bomben auf Berlin“. Und: „Schlachte für Allah, vergieße Blut und das sehr viel!“ In den letzten Jahren wurde dreimal irrtümlich sein Tod gemeldet; sein derzeitiger Aufenthaltsort ist unbekannt.
Hamza C.: Hamza C. ist entweder Syrer oder Palästinenser. Er ist seit Frühjahr 2014 Mitglied des Islamischen Staates. Im Jahr 2015 kam er mit den Flüchtlingsströmen nach Deutschland und wurde im Flüchtlingslager in Bliesdorf (Brandenburg) untergebracht. Zeitweise soll er sich in Berlin aufgehalten haben. Am 2. Juni 2016 wurde er festgenommen, weil er angeblich einen Anschlag in Düsseldorf geplant haben soll, allerdings ist die Beweislage höchst mangelhaft.
Abdelkader Daoud: Der Marokkaner ist Iman der Ibrahim-Al-Khalil-Moschee in Berlin-Tempelhof. Hier soll er mehrere Personen zur Teilnahme am Dschihad in Syrien ermuntert haben. Dagegen verwehrte sich der Iman: „Die Jugendlichen hören nur noch auf das, was sie im Internet finden. Sie hören nicht mehr auf einen Imam.“ Aber schon im Berliner Verfassungsschutzbericht 2014 wurde der Imam erwähnt, weil er in seinen Predigten zu Terror und Gewalt aufgerufen haben soll. Außerdem soll in der Moschee ein (para-)militärisches Training stattgefunden haben.
Ismet Doğan: Ismet Doğan ist Kurde aus Mersin (Türkei). Er soll seit circa 2000 in Deutschland leben und wohnte zuletzt im Brunnenviertel. Ismet Doğan gilt als Sympathisant der Gruppierungen Islamischer Staat und Junud ash-Sham. Er agierte als der selbsternannte „Emir“ einer islamistischen Gruppe. In der Lokalpresse wurde er mal als „Emir von Moabit“, mal als „Emir vom Wedding“ tituliert. Ismet Doğan predigte in der Hicret-Camii-Moschee in Berlin-Moabit. Er wird verdächtigt, von Juni 2013 bis November 2014 mindestens dreißig seiner Schüler, darunter mehrere Tschetschenen, radikalisiert und für den Dschihad begeistert zu haben. Die Sonderkommission SEMINAR der Berliner Polizei ermittelte gegen die Gruppierung. Ismet Doğan und Murat San wurden am 16./17. Januar 2015 in Berlin festgenommen. Am 8. Januar 2016 begann der Prozess gegen die beiden Angeklagten (Aktenzeichen: (1) 2 StE 14/15-8 (3/15)).
Kadir D.: Der Türke soll – zusammen mit Selim D., Yunus D. und Yavuz D. - Schreckschusspistolen, Nachtsichtgeräte und Waffenzubehör für den Islamischen Staat beschafft haben. Er wurde im November 2014 von der Polizei in seiner Wohnung in Berlin (Grazer Damm) festgenommen.
Selim D.: Der Türke soll zusammen mit anderen Schreckschusspistolen, Nachtsichtgeräte und Waffenzubehör beschafft haben. Selim D. und Yunus D. wurden im November 2014 in ihrer Wohnung in Berlin (Pallasstraße) festgenommen.
Yunus D.: Der Türke soll zusammen anderen Schreckschusspistolen, Nachtsichtgeräte und Waffenzubehör beschafft haben. Yunus D. und Selim D. wurden im November 2014 in ihrer Wohnung in Berlin (Pallasstraße) festgenommen.
Yavuz D.: Der Türke soll zusammen mit anderen für den Islamischen Staat Schreckschusspistolen, Nachtsichtgeräte und Waffenzubehör beschafft haben. Er wurde im November 2014 in seiner Wohung in Berlin (Alboinstraße) festgenommen.
Semsettin E.: Er ist Mitglied des derzeit verbotenen Vereins Die wahre Religion (DWR). Am 15. November 2016 führte die Polizei bei ihm eine Hausdurchsuchung durch.
Muhammed El-M.: Er ist Mitglied im Verein Die wahre Religion. Am 15. November 2016 führte die Polizei anläßlich des Vereinsverbots bei ihm eine Hausdurchsuchung durch.
Scheich Salem el-Rafei: Der Libanese lebt seit 1985 in der BRD, seit 1992 in Berlin. Bereits 1995 beantragte er vergeblich die deutsche Staatsbürgerschaft. El-Rafei hatte Selbstmordattentate der Palästinenser gegen Israel verteidigt und daher hatten die Sicherheitsbehörden Bedenken. Seine Klage gegen den Ablehnungsbescheid wies die Justiz im Mai 2002 zurück. Der Scheich war zeitweise Iman der Al-Nur-Moschee (früher Glasowstr., jetzt Haberstr. 3). Damals strömten jeden Freitag bis zu 1.200 Gläubige in die Moschee, um seine Predigten zu hören. Er unterhielt Kontakte zu Mohammad Jaber Fakihi von der saudischen Botschaft in Berlin und zu Mounir al-Motassadeq in Hamburg. Während seiner Zeit soll der Fitnessraum der Moschee zur Guerilla-Ausbildung genutzt worden sein. Andererseits erteilte er Ihsan Garnaoui Hausverbot, als dieser für seine Terrorzelle Mitkämpfer in der Moschee rekrutieren wollte. Am 20. März 2003 nahm ihn die Polizei bei einer Hausdurchsuchung der Moschee vorübergehend fest. Im Sommer 2005 kehrte Salem el-Rafei in den Libanon zurück. Als er im Herbst 2006 nach Berlin zurückkommen wollte, verweigerten ihm die Behörden die erneute Einreise.
Mohammad Jaber Fakihi: Der Saudi arbeitete seit Juni 2000 als Attaché in der Botschaft seines Landes in Berlin (Kurfürstendamm 63). Zeitweise leitete er das Büro für religiöse Angelegenheiten, das in einer Außenstelle in der Torstraße untergebracht war. In dieser Eigenschaft sorgte er dafür, dass die saudische Stiftung Al-Haramain die Finanzierung der Al-Nur-Moschee übernahm, die als Treffpunkt der Berliner Fundamentalistenszene gilt. Am 23. März 2003 rief die saudische Regierung Fakihi vorzeitig von seinem diplomatischen Posten ab. In Saudi-Arabien wurde er vor Gericht gestellt und wegen Veruntreuung von 300.000 Dollar verurteilt.
Emin Filiz: Emin Filiz ist türkischer Staatsbürger und arbeitete als Friseur in Berlin-Schöneberg. Er ist Mitglied der Gruppierung um Ismet Doğan in Berlin-Moabit. Am 6. November 2015 erhob die etc.Bundesanwaltschaft vor dem Staatsschutzsenat des Kammergerichts Berlin Anklage gegen Emin Filiz und Ismet Doğan. Am 8. Januar 2016 begann der Prozess (Aktenzeichen: (1) 2 StE 14/15-8 (3/15)).
Emrah F.: Der Kurde betrieb ein Internet-Cafe am Nauener Platz im Bezirk Wedding. Er besuchte die al-Rahman-Moschee (Tromsöer Str. 6). Emrah F. schloss sich der Jabhat al Nusra in Syrien an. Er kam im Mai 2015 bei einem US-Luftangriff auf Idlib (Syrien) ums Leben.
Ihsan Garnaoui: Der Tunesier ist Mitglied der al-Tawhid. Er kam 1996 in die BRD und zog 1998 nach Berlin. Hier arbeitete er von Juni 1999 bis September 2000 als Übersetzer für das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFL). Von Juli 2001 bis November 2002 absolvierte Garnaoui eine Mudschahed-Ausbildung in einem Terroristencamp der al-Qaida in Afghanistan. Im Januar 2003 kehrte er – getarnt als portugiesischer Staatsbürger „Mustafa Boujnah“ – in die Bundesrepublik zurück und wohnte zunächst in Gelsenkirchen-Ückendorf, bevor er nach Berlin übersiedelte. Als Sprengstoffexperte plante er Bombenanschläge gegen amerikanische oder jüdische Ziele. Außerdem plante seine Gruppe einen Selbstmordanschlag gegen eine Protestdemonstration, die das Berliner Aktionsbündnis „Achse des Friedens“ für den Tag des Beginns des US-Angriffs auf den Irak („Tag X“ bzw. 20.3.2003) an der Weltzeituhr auf dem Alexanderplatz angekündigt hatte. Tatsächlich nahmen rund 70.000 Personen an dieser Grossdemo teil, um gegen den Beginn des US-Angriffs zu demonstrieren. Für diesen Terrorplan soll Garnaoui versucht haben, in der Berliner Al-Nur-Moschee andere Moslems (u. a. Djamel B., Abdel Hadime Kamouss., Younes Ben S.) zu rekrutieren: „Während der Demo zum Tag X, die um 18 Uhr beginnt, wird jemand etwas im Namen Gottes tun, weil dieser sein Leben für Gott geben will,“ hieß es in der Moschee. Aber der damalige Iman Scheich Salem el-Rafei erteilte Garnaoui daraufhin Hausverbot.
Der verhinderte Attentäter hatte schon Schaltpläne, Batteriesäure, mehrere Handys und eine Anleitung, wie diese als Zünder eingesetzt werden könnten. Bei seiner Festnahme verfügte er über eine 9-mm-Pistole Glock 19 und 30 Schuss Munition. Außerdem beschlagnahmten die Behörden falsche Pässe und ein Computerprogramm „Im Tiefflug über Deutschland“. Dieses enthielt Luftbilder von 170 deutschen Städten, inklusive aller Militärobjekte, Chemie- und Nuklearanlagen. Garnaoui wurde am 20. März 2003 mit fünf weiteren Personen im Zusammenhang mit einer Razzia in der Al-Nur-Moschee festgenommen. Zwei anonyme „Vertrauenspersonen“ (VP) des LKA hatten die Zelle wochenlang überwacht. In einer Pressemitteilung des Generalbundesanwalts hieß es.
„Ende Januar 2003 nahm Ihsan G. die körperliche und ideologische Ausbildung der Terroraspiranten auf; hierfür nutzte er zunächst Räumlichkeiten dieser Moschee. Nachdem ihm dies vom Imam untersagt worden war, setzte er die Anschlagsplanungen und die Ausbildung an einem unbekannten Ort fort. Ende Februar 2003 erörterte er in einer Berliner Wohnung mit Tatgeneigten Einzelheiten der geplanten Anschläge. Nach den Vorstellungen des Angeschuldigten sollten anlässlich einer Demonstration zu Beginn des Irak Krieges mehrere Sprengsätze an derzeit noch nicht bekannten Orten gezündet werden. Durch die Tötung oder Verletzung einer Vielzahl von Menschen sollte die westliche Welt gedemütigt und hierdurch die muslimische Welt und ihre Wertvorstellungen verteidigt werden. Welche Aufgaben die einzelnen Gruppenmitglieder hierbei übernehmen sollten, ist bislang nicht geklärt. Fest steht jedoch, dass der Angeschuldigte als Anführer vorgesehen war. (...) Anfang März 2003 setzte Ihsan G. die bereits in Südafrika begonnenen logistischen Vorbereitungen der Anschläge fort. Er übernahm selbst die Beschaffung chemischer Substanzen zur Herstellung von Sprengsätzen. Darüber hinaus erwarb er Mobiltelefone und Armbanduhren mit Weckfunktion, die für die Zündung der Sprengsätze kurzfristig manipuliert werden sollten. (Im Prozess stellte sich heraus, dass die Mobiltelefone südafrikanischer Bauart waren, deren SIM-Karten in Deutschland nicht funktioniert hätten. G. P.). Zur Durchführung des Vorhabens kam es nicht, weil der Angeschuldigte am 20. März 2003 festgenommen wurde.“
Am 6. April 2005 verurteilte der 1. Strafsenat des Berliner Kammergerichts Garnaoui wegen illegalen Goldhandels, Verstoß gegen das Waffengesetz, Steuerhinterziehung in Höhe von 200.000 Euro und Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten (Aktenzeichen: (1) 2 StE 1/04-5 (1/04)). Nach Ansicht des Gerichtes konnte die Staatsanwaltschaft die Vorbereitung eines Bombenanschlags nicht hinreichend beweisen. Da man Garnaoui die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nicht nachweisen konnte, wurde er – nach dem so genannten „Al-Capone-Prinzip“ – wegen anderer Delikte aus dem Verkehr gezogen. Bereits am 19. Dezember 2006 kam er frei und wurde nach Tunesien abgeschoben.
Wael G.: Wael G. (andere Schreibweise: Wael C.) soll sich im April 2015 bei Kobane (Syrien) im Kampf gegen kurdische Einheiten in die Luft gesprengt haben.
Alexander Hinz: Bei der Festnahme von Maqsood Lodin am 16. Mai 2011 in Berlin wurde ein USB-Stick mit mehreren Dateien sichergestellt. Außerdem wurde der Deckname von Alexander Hinz genannt.
Omar Hussein: Er wohnte zunächst in Berlin-Wedding, zuletzt in Berlin-Reinickendorf. Obwohl ihm das Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) den Reisepass abgenommen hatte, ist er im Januar 2010 zusammen mit seiner damals sechzehnjährigen Freundin Stefanie (jetzt: „Amina“), die in Berlin-Neukölln wohnte, untergetaucht. Er soll sich in Waziristan der Deutschen Taliban Mudschaheddin (DTM) angeschlossen haben. Im März 2012 gab das BKA eine interne Warnmeldung (VS-NfD) heraus, wonach Omar Hussein ein Selbstmordattentat planen könnte.
Alexander H.: Der Deutsche studiert Verkehrswesen. Um seine Ausreise nach Iran bzw. Waziristan zu verhindern, zogen die Behörden 2012 seinen Reisepass ein.
Nimetula H.: Nimutela H. war ein albanischstämmiger Mazedonier. Am 12. August 2013 wurde er bei Kämpfen gegen die syrische Armee in Durin bei Latakia (Syrien) getötet, sein Sohn Benjamin X. wurde am Bein verletzt.
S. Issa: Er ist französischer Abstammung und gehört zur dschihadistischen Szene in Berlin.
Fatih Kahraman: Der Deutsch-Türke wurde in Berlin geboren. Nach der Hauptschule machte er eine Maurerlehre, die er aber abbrach. Er wohnte in Berlin-Kreuzberg (Waldemarstr.), danach in der Glitschiner Straße. Er wird der Islamischen Dschihad Union (IJU) bzw. der Deutschen Taliban Mudschahidin zugerechnet. Er soll der IJU 2009 circa 3.385 Euro überwiesen haben, die für den Ankauf von RPG-7-Granaten verwendet wurden.
Im Mai 2009 reiste er zusammen mit Yusuf O. und Fatih Temelli in den Iran. Während die beiden anderen nach Waziristan weiterreisten, kehrte Kahraman nach Berlin zurück. Ein weiterer Versuch von Kahraman, nach Waziristan zu reisen, scheiterte. Im August 2010 reiste Fatih Kahraman zusammen mit Samir Malla in die Türkei. In Istabul wurde er von der Polizei festgenommen und am 22. Dezember 2010 an die BRD ausgeliefert. Auf Kahraman war Irfan Peci, V-Mann beim Bundesamt für Verfassungsschutz, angesetzt.
Am 25. Februar 2011 begann gegen ihn der Prozess wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor dem 1. Strafsenat des Berliner Kammergericht (Aktenzeichen: 3 StE 6/10-4 (8/10)). In seinem Schlusswort erklärte er: „Ich möchte mich für meine Taten aufrichtig entschuldigen. Ich möchte mich ändern, ich habe auch schon begonnen mich zu ändern.“ Am 6. April 2011 wurde er zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt. Im Juni 2013 wurde Fatih Kahraman aus der Haft entlassen. Im Juli 2014 reiste er zusammen Fatih I. aus Frankfurt nach Syrien. Hier schloss er sich den Gruppierungen Islamischer Staat im Irak und Levante (ISIS) und Junud ash-Sham an. Am 24. September 2013 kehrte er nach Deutschland zurück. Am 31. März 2014 wurde er in Berlin festgenommen und 2015 erneut vor dem Kammergericht angeklagt.
Abdel Hadime Kamouss: Der Marokkaner lebt seit 1997 in Deutschland. An der Technischen Universität in Berlin studierte er Elektrotechnik, machte dort seinen Abschluss als Dipl. Ing. und arbeitet heute als freiberuflicher Ingenieur. Er wohnt in Berlin-Reinickendorf (Kopenhagener Str.). Abdel Hadime Kamouss gilt als Komplize von Ihsan Garnaoui, hatte aber mit diesem einen Streit darüber, ob ein Anschlag in Berlin gerechtfertigt sei. Am 22. Februar 2003 hörte die Polizei ein Telefonat ab, in dem Kamouss mit seinem Bekannten Sami Ben D. darüber sprach, „auf die Ungläubigen zu spucken, sie zu fressen und sie in Flüssen und Seen versinken zu lassen“. Im Jahr 2005 wurde Kamouss – aus Mangel an Beweisen – freigesprochen.
In mehreren Moscheen trat Kamouss als (Hass-)Prediger auf. In der Presse wurde er – nach seinem Auftritt in der Fernseh-Talkshow von Günther Jauch am 28. September 2014 – als „Quasselimam“ tituliert. Nach eigenen Bekundungen und Beobachtungen in der Szene hat er sich seit 2012 in zunehmendem Maße vom Salafismus distanziert und Selbstkritik geübt. In einer Predigt in der Bilal-Moschee erklärte Kamouss 2016: „Oh Allah, schütze Deutschland vor Neidern, vor Verderbern und vor Terroristen.“ Nachdem Kamouss seine politisch-religiösen Positionen gemäßigt hat, wird er heutzutage von anderen Salafisten bedroht.
Hasan Keskin: Der Deutsch-Türke studierte Islamwissenschaft. Er wohnte in Nordrhein-Westfalen, unterhielt aber auch enge Verbindungen nach Berlin. Er entstammt der Bewegung Hilfat Devleki, die aus der BRD einen Kalifatstaat machen wollte, danach gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe Millatu Ibrahim, danach leitete er deren Nachfolgeorganisation Tauhid Germany. Außerdem betreut er islamistische Gefangene über die Internetplattform „Ansarul Aseer“. Er gilt als Sympathisant des Islamischen Staates.
Am 27. August 2013 verurteilte ihn das Amtsgericht Solingen wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Polizei zu einer neunmonatigen Haftstrafe auf Bewährung. Dazu erklärte Hassan Keskin: „Ich werde weitermachen, bis der Kopf fliegt. (…) Möge Allah seine Feinde vernichten.“ Nachdem die Staatsanwaltschaft Wuppertal Revision eingelegt hatte, verurteilte ihn das Landgericht im November 2014 zu zwei Jahren und sieben Monaten. Um seiner Inhaftierung zu entgehen, hat sich Hasan Keskin im Sommer 2015 in die Türkei abgesetzt. Der Staatsschutz rechnet nicht damit, dass sich Keskin nach Syrien aufmacht: „Er war immer eher ein Lautsprecher als ein Kämpfer“, sagte ein Beamter.
Florian Koring: Er wird den Deutschen Taliban Mujahedeen (DTM) innerhalb der Islamischen Dschihad Union (IJU) zugerechnet. Er wurde u. a. erwähnt in einer Datei, die bei der Festnahme von Maqsood Lodin am 16. Mai 2011 in Berlin sichergestellt wurde.
Gadzhimurad K.: Gadzhimurad K. ist russischer Staatsbürger dagestanischer Abstammung. Als „Murat Atajew“ beantragte er Asyl. Als der Antrag abgelehnt wurde, tauchte er unter. Später konnte er nicht abgeschoben werden, weil Personaldokumente fehlten. So lebte er seitdem jahrelang mit einer Duldung in Deutschland. Seit 2008 predigte er in einer türkisch-kaukasischen „Jamaat“, einer Gemeinschaft von Islamisten, die sich immer weiter radikalisierte. Die Gruppe traf sich in einer Kleinstmoschee an der Schulstraße in Wedding, der „Stätte der Tugend“, dann in einem Gebetshaus in der Schönwalder Straße und schließlich in der früheren Hicret-Moschee des Vereins Fussilet 33 e. V. in Berlin-Moabit (Perleberger Str. 14). Seit der Festnahme von Ismet Doğan im Januar 2015 agierte Gadzhimurad K. dort als (Hass-)Prediger. Außerdem gehörte er zum „Team Berlin“ der Kampagne „Helfen in Not“ und organisierte Hilfskonvois.
Gadzhimurad K. hat seine über Jahre aufgebaute Autorität in der russischsprachigen Islamistenszene in Berlin dazu genutzt, um neue Kämpfer zur Errichtung eines islamistischen Gottesstaates an zu werben. Dabei habe er sich selbst als „Informationskrieger“ bezeichnet. Die Versklavung und Ermordung von Frauen durch den IS bezeichnete er als Dichtungen.
Am 7. April 2016 begann vor dem 1. Strafsenat des Kammergerichts Berlin die Hauptverhandlung gegen Gadzhimurad K.. „Die Haft hat mir sehr zugesetzt. (…) Ich habe mit der salafistischen Szene gebrochen“, erklärte er vor Gericht. Im April 2016 verletzte sich Gadzhimurad K. in der Haftanstalt selbst, allerdings waren die Verletzungen nicht so schwer, dass ein Selbstmordversuch unterstellt werden könnte. Am 14. Juni verurteilte ihn das Kammergericht zu einer Haftstrafe von zweieinhalb Jahren. Bei der Strafzumessung berücksichtigte der Senat das umfassende Geständnis sowie die Aufklärungshilfe des Angeklagten als strafmildernd. Die Russische Föderation sagte zu, Ersatzpapiere für Gadzhimurad K. auszustellen. Nach der Verbüßung der Haftstrafe dürfte somit einer Ausweisung nichts mehr im Wege stehen.
Moustafa Labsi: Der Algerier soll im Dezember 1999 am „Millenium Plot“ in den USA beteiligt gewesen sein. Im Februar 2000 wurde er in Berlin wegen einer gefälschten Kredit-Karte vorübergehend festgenommen. Anschließend ging er nach Großbritannien, wo er am 13. Januar 2001 mit fünf weiteren Algeriern erneut inhaftiert wurde. Im Mai 2001 wurde er wieder freigelassen. Wegen seiner mutmaßlichen Verwicklung in den geplanten Anschlag des „Meliani“-Kommandos auf die Kathedrale von Straßburg (Dezember 1999) wurde er im März 2003 von einem französischen Gericht in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verhaftet. Im Jahr 2005 wurde er von einem algerischen Gericht wegen Terrorismus in Abwesenheit zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im gleichen Jahr wurde Moustafa Labsi an Frankreich ausgeliefert, allerdings kam er schon bald wieder frei. Danach siedelte Moustafa Labsi über in die Slowakei. Hier wurde er beim versuchten illegalen Grenzübertritt nach Österreich vom slowakischen Grenzschutz erneut festgenommen. Daraufhin beantragte Moustafa Labsi in der Slowakei Asyl.
Abdul Lani: Abdul Lani gehört zur salafistischen Szene in Berlin.
Maqsood Lodin: „Abu Abdul“ ist österreichischer Staatsbürger afghanischer Abstammung. Er lebt in Wien. Lodin flog am 23. Mai 2009 nach Pakistan und schloss sich zunächst der Hizb i-Islami, danach der al-Qaida an. Er wurde im Umgang mit Waffen und Sprengstoff ausgebildet. Scheich Mohamad Younis al-Mauretani, der damalige Leiter von al-Qaida für Operationen in Übersee, warb ihn an, um in Europa Spenden zu sammeln, Kämpfer zu werben und um selbst Operationen vorzubereiten. Im Mai 2011 reiste er mit Yusuf Ocak zurück nach Österreich und danach nach Deutschland. Hier verkehrte er in der Al-Nur Moschee (Haberstraße 3) und in der Dar as-Salam Moschee (Flughafenstraße 43).
Am 25. Januar 2013 verurteilte der 1. Strafsenat des Berliner Kammergerichts Maqsood Lodin wegen Mitgliedschaft in der AQ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten, sein Mitangeklagter Yusuf Ocak erhielt neun Jahre (Aktenzeichen: (1) 2 StE 11/11-4 (4/11)).
Pierre Maria Löffler: „Yusuf al-Almani“ alias Pierre Maria Löffler tauchte in einer Namensliste auf, die bei der Festnahme von Maqsood Lodin am 16. Mai 2011 in Berlin sichergestellt wurde.
Florian Andreas L.: Florian Andreas L. stammt aus Berlin-Reinickendorf, wohnt z. Zt. aber in Berlin-Buckow. Er besuchte die Benjamin-Franklin-Oberschule in Berlin-Wittenau, wo er sein Fachabitur machte. Florian Andreas L. gehört seit 2008 zur Berliner Dschihadisten-Szene. Er verkehrte in der As-Sahaba-Moschee in Berlin-Wedding (Torfstraße 14). Florian Andreas L. wurde am 2. August 2012 bundesweit bekannt, da er auf der Baustelle des neuen Hauptstadtflughafens „Willy Brandt“-Berlin-Brandenburg (BER) als Wachschützer im Container-Park der Technik-Leitung arbeitete. Außerdem arbeitete er als Kameramann und Redakteur für die islamistische „Al Risalah Medienproduktion“, die von Reda Seyam in Berlin herausgegeben wurde.
Florian Andreas L. ist Autor der Broschüre „Ein offener Brief an Claudia Schmid, Chefin des Berliner Verfassungsschutzes “ (11 Seiten) vom 16. April 2012. Darin hieß es u. a.:
„Bezüglich der von Ihr (gemeint ist Claudia Schmidt, G. P.) angeführten „Radikalisierung von Jugendlichen“ ist festzustellen: Nicht die Moscheen und Prediger sind es, die Jugendliche „radikalisieren“. Vielmehr sind es die Hetzjagd der Medien, die Bespitzelung des Verfassungsschutzes und die Kriegsverbrechen der deutschen Armee, welche bei den gezielten Luftangriffen auf Unschuldige in Kunduz deutlich wurden, die Jugendliche in die „Radikalität“ treiben.“
Samir Malla: Samir Malla ist deutscher Staatsbürger libanesischer Abstammung. Er wurde im September 1986 oder 1987 in Berlin-Kreuzberg geboren. Er wohnte in Berlin-Kreuzberg (Urbanstr. 96/100). Samir Malla wurde den Deutschen Taliban Mujahedeen (DTM) innerhalb der Islamischen Dschihad Union (IJU) zugerechnet, später dem Islamischen Staat. Er wollte zusammen mit Umut S. und Mohammed Taieb am 30. September 2009 über den Flughafen in Berlin-Tegel nach Waziristan ausreisen, wurde aber von Bundespolizisten gestoppt. Im August 2010 reiste Samir Malla zusammen mit Fatih Kahraman und einer weiteren Person über den Landweg in die Türkei, wo er erneut festgenommen wurde.
Die Polizei ermittelte gegen ihn u. a. wegen Geldwäsche, Betrugs und Körperverletzung. So hatte er im Sommer 2011 ein libanesisches Liebespärchen mit Pfefferspray angegriffen, weil es sich in der Berliner U-Bahn geküsst hatte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz setzte seinen V-Mann Irfan Peci auf ihn an. Am 8. September 2011 wurde Malla zusammen mit Hani N. in Berlin im Rahmen der Operation REGENSCHAUER festgenommen. Der Berliner Oberstaatsanwalt Ralph Knispel warf den beiden vor, einen Anschlag geplant zu haben. Konkrete Ziele konnte der Staatsanwalt nicht nennen, da die Anschlagspläne noch in der Vorbereitungsphase waren, aber beide hatten bereits Material zur Herstellung von Sprengstoff eingekauft. Anschließend sprach die Polizei von einer „präventiven Maßnahme“ zur Gefahrenabwehr. Die Beweislage sei sehr dünn, sagte ein Ermittler. Daher wurde die Festnahmeaktion in der Presse als voreilig kritisiert. So hieß es in der „Berliner Morgenpost“:
„Einen konkreten Anlass für den Zugriff hat es nach Angaben von Beamten nicht gegeben. „Die beiden Männer haben sich seit der Bildung der Sonderkommission absolut unauffällig verhalten. Sie haben ihre Gewohnheiten nicht verändert, sich nicht bewaffnet oder sich mit anderen Radikalen getroffen. Sie gingen zum Gebet in das Kultur-Zentrum an der Tromsöer Straße, wo sie manchmal auch übernachtet haben“, berichtet ein Ermittler. Genau genommen habe sich die Sachlage seit dem Hinweis durch den baden-württembergischen Bauern nicht verändert. Man hätte den Zugriff also auch gleich nach den Bestellungen machen können, in der Zwischenzeit habe sich nichts Neues ergeben.
Auch beim Nachrichtendienst wird der Fall nicht unkritisch gesehen. Es wäre einem Experten zufolge sinnvoller gewesen, weiter zu beobachten und Informationen zu sammeln. In der Folge hätte man den beiden dann möglicherweise konkret nachweisen können, dass sie einen Anschlag vorbereiteten. Das Vorgehen nähere den Verdacht, dass politischer Druck die Maßnahmen beschleunigt haben könnte, die am Ende eine mögliche Spur „totgemacht hat“. Die Polizei treffe in diesem Fall keine Schuld, sie habe nur die Anordnungen umgesetzt.“
Und „Spiegel Online“ vermutete:
Am 26. Oktober 2011 entließ das Berliner Kammergericht Samir Malla und Hani N. aus der U-Haftanstalt in Berlin-Moabit – mangels dringenden Tatverdachts. Daraufhin setzte sich Malla nach Syrien ab. Ende März 2014 kam er in Kasba, nahe der syrisch-türkischen Grenze, ums Leben.
Nabil M.: Nabil M. tritt als Immobilienbesitzer auf und unterhält Kontakte zum Vorstand der Al-Nur-Moschee.
Hani N.: Der staatenlose Palästinenser aus dem Gaza-Streifen kam 2003 nach Berlin und wohnte mit seiner Ehefrau Aisha und zwei Zwillingskindern in Berlin-Neukölln (Heinrich-Schlusnus-Straße). Er studierte von 2003 bis 2008 Medizin an der Humboldt-Universität, brach das Studium aber ab. Den Familienunterhalt finanzierte er durch Nebenjobs im Reinigungsgewerbe. Im Jahr 2010 stellte er einen Asylantrag, der abgelehnt wurde. Hani N. besuchte die Al-Rahman Moschee im Berliner Wedding. Im Jahr 2009 ermittelte die Polizei gegen ihn wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Außenhandelsgesetz. Im Internet lobte Hani N. das Massaker (75 Tote) des Neonazi Anders Breivik in Oslo: „Schade, dass das keiner von uns war.“ Hani N. wurde am 8. September 2011 zusammen mit Samir Malla festgenommen. Die beiden sollen einen Sprengstoffanschlag vorbereitet haben. Am 26. Oktober 2011 wurden beide aus der U-Haftanstalt in Berlin-Moabit entlassen. Der Haftrichter stellte fest, es bestehe kein dringender Tatverdacht.
Yusuf Ocak: „Ayyub Almani“ alias Yusuf Ocak ist türkischer Staatsbürger. Er wohnte in Berlin-Wedding (Togostraße). Nach mehreren Schulwechseln (Ernst-Reuter-Oberschule, Hermann-Ehlers-Oberschule,etc.) machte Yusuf Ocak sein Abitur auf dem Theodor-Heuss-Gymnasium. Seit 2005 studierte er an der Technischen Universität (TU) und der Beuth Hochschule für Technik Ingenieurwissenschaft. Soweit hier bekannt ist, besuchte Yusuf Ocak die Dar as-Salam-Moschee in der Flughafenstraße.
Im Mai 2009 reiste er – zusammen mit Fatih Temelli – über die Türkei und den Iran nach Waziristan. Dort gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Gruppierung Deutsche Taliban-Mudschahidin. Anschließend soll er von Mai 2010 bis Mai 2011 Mitglied der Al-Qaida gewesen sein. Er absolvierte eine Mudschaheddin-Ausbildung. Außerdem traf er Scheich Mohamad Younis al-Mauretani, den damaligen Leiter von al-Qaida für Operationen in Übersee. Dieser warb ihn an, um in Europa Spenden zu sammeln, Kämpfer zu werben und um selbst Operationen vorzubereiten. Ocak soll in Afghanistan im Dezember 2009 gegen US-Einheiten gekämpft haben. Anschließend reiste er zusammen mit Maqsood Lodin zurück nach Österreich.
Am 25. September 2009, zwei Tage vor den Bundestagswahlen, veröffentlichte die IJU bzw. die Deutsche Taliban Mujahedeen (DTM) in Afghanistan ein Video mit dem Titel „Der Ruf zur Wahrheit“, in dem er unter dem Kampfnamen „Ayyub Almani“ mit Anschlägen drohte:
“Deshalb merkt Euch! Merkt Euch: Eure Grenzen werden nicht am Hindukusch verteidigt. Erst durch euren Einsatz hier gegen den Islam wird ein Angriff auf Deutschland für uns Mudschahidin verlockend. Damit auch ihr etwas (...) von dem Leid kostet, welches das unschuldige afghanische Volk Tag für Tag ertragen muss. Daher ist euer Sicherheitsgefühl nur eine Illusion. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Dschihad die deutschen Mauern einreißt. (...)
Versteht, ihr habt dem dreckigen Kriegstreiber USA nichts zu schulden. (..) Sie versuchen mit allen Mitteln ihre Demokratie dem afghanischen Volk aufzuzwingen. Doch das Volk will diesen Schrott nicht. In Deutschland funktioniert die Demokratie doch seit 60 Jahren nicht. Und in Afghanistan wird es erst recht nicht funktionieren. Denn die einzige Gesetzgebung, die zwischen den Geschöpfen funktionieren kann, ist die vom Schöpfer selbst und das ist die Scharia. Diesen Krieg könnt ihr und euer Onkel Sam niemals gewinnen. (...) Auf diesem Boden wurden die Briten vernichtend geschlagen, die Russen wurden vernichtend geschlagen, und jetzt werden die amerikanischen Kreuzzügler und ihr Deutschen vernichtet. (...)
Ihr Blut klebt an den Händen, an den Händen eurer dreckigen Truppen und denen von Franz-Josef Jung, einem Mann ohne Rückgrat, ein Verbrecher, ein Lügner, ein Fall für den Henker.“
Während dieser Filmfrequenz wurden Bilder aus verschiedenen Orten einmal quer durch die Bundesrepublik gezeigt: Hamburg (Hauptbahnhof), Berlin (Brandenburger Tor), München (Oktoberfest), Frankfurt (Skyline), und Köln (Dom).
Ocak wurde am 31. Mai 2011 in Wien durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) verhaftet und am 20. Juni 2011 an die deutschen Justizbehörden überstellt. Am 25. Januar 2013 verurteilte der 1. Strafsenat Yusuf Ocak wegen Mitgliedschaft bei den DTM und AQ zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren (Aktenzeichen: (1) 2 StE 11/11-4 (4/11).
Irfan Peci: „Abu Jihad“ alias „Mohammed Omar“ alias „Abu Yahya“ alias „Stefan Petri“ alias „Dusan Stankovic“ alias Irfan Peci ist deutscher Staatsbürger serbischer Abstammung. Als er zwei Jahre alt war, emigrierte die Familie bei Beginn des Jugoslawienkrieges nach Weiden-Rolthenstadt in der bayerischen Oberpfalz. Irfan Petic zog später nach München, vorübergehend wohnte er auch in Frankfurt und Berlin.
Über „Paltalk“ kam er im Internet in Kontakt mit Salafisten. Er meldete sich 2006 als Blogger bei der Globalen Islamischen Medienfront (GIMF) an. Nachdem Mohammed Mahmoud am 12. September 2007 in Österreich festgenommen worden war, übernahm Irfan Peci aus eigener Initiative am 16. September 2007 die Leitung der GIMF Germany. In seinen „Memoiren“ berichtete Petic dazu:
„Ich machte mich gleich an die Arbeit. Zunächst reaktivierte ich den GIMF-Blog bei wordpress. Dann verbreitete ich den Blog in anderen Foren und bei Paltalk. Das klappte gut. Bald wurde der neue GIMF-Blog zum Sammelbecken ehemaliger GIMF-Mitarbeiter, Sympathisanten und sogar neuer Mitglieder, die durch Mahmouds Festnahme überhaupt erst auf GIMF aufmerksam geworden waren. Die breite Medienberichterstattung riss nicht ab und spielte uns direkt in die Hände. Danke, liebe Medien: GIMF wurde immer bekannter. Immer mehr Mitglieder stießen dazu. Und weil ich die Initiative ergriffen hatte, sahen mich die meisten als legitimen Anführer der neuen GIMF. (…)
Um mir mehr Anerkennung zu verschaffen, brauchte ich unbedingt die Akzeptanz der arabischen GIMF. Mit dieser Organisation hatte alles angefangen, sie hatte den direkten Draht zu al-Qaida. (…)
Nach wenigen Wochen hatte Almujahed es geschafft: Die arabische GIMF akzeptierte uns auf ihrer Website. Sie rief dazu auf, uns zu unterstützen. Ich hatte den Segen. Er sehr wichtiger Erfolg für mich.“
Im Zusammenhang mit der GIMF leitete der Staatschutz die ersten Maßnahmen ein: Am 3. Dezember 2007 wurde „Mohammed Omar“ als Irfan Peci identifiziert. Am folgenden Tag leitete der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen ihn im Rahmen seiner GIMF-Ermittlungen (Aktenzeichen: BJs 19/07-10) ein.
Am 8. Dezember 2007 unterstützte er Harun Can A. darin, einen Brandanschlag auf eine Moschee in Paderborn (Nordrhein-Westfalen) zu verüben. Ende 2007 überlegte er, die österreichische Politikerin Susanne Winter von der reaktionären „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ) wegen deren ausländerfeindlichem Kommunalwahlkampfes in Graz zu errmorden. Am 14. August 2008 verübte er zusammen mit Halil Güner Cicek und weiteren Freunden einen Überfall auf den „Freenet-Mobilcom-Shop“ in Weiden (Bayern), weil der Verkäufer sie angeblich als „Taliban“ und „Terroristen“ bezeichnethatte. Der Verkäufer wurde zusammen geschlagen, außerdem entstand ein Sachschaden von über 10.000 Euro. Am 2. März 2009 verurteilte ihn das Jugendschöffengericht Weiden wegen Körperverletzung zu einer Haftstrafe von sechzehn Monaten (Aktenzeichen: 4 Ls 13 Js 6804/08 jug).
Bereits am 20. Februar 2008 hatte das Bundeskriminalamt einen „Personensachstandsbericht“ über Irfan Peci (Aktenzeichen: ST 36-096105/07 GBA 2 BJs 19/07-10) verfasst. Noch während seiner Haftzeit wurde er im Januar 2009 vom Bundesamt für Verfassungsschutz als V-Mann angeworben. Peci erhielt den Decknamen STORCH. Nach Angaben von Peci war sein Anwerber ein „Walter Bornfeld“ und sein Führungsoffizier ein „Jan Schönbeck“. Nach seiner Enttarnung waren die beiden Verfassungsschützer „Peter“ und „Andrea“ für seine Betreuung zuständig. Demgegenüber hieß es in der Presse, Petic sei beim BfV zuletzt durch Frau Dr. W. geführt worden. Später kommentierte Peci seinen Einstieg beim BfV so: „Ich hätte damals eher einen Sozialarbeiter gebraucht als einen V-Mann-Führer.“ Durch seine Einlassung mit dem Verfassunsschutz wurde der Haftbefehl im Juli 2009 außer Vollzug gesetzt und Irfan Peci nach elf Monaten vorzeitig aus der Haft entlassen. Im selben Monat wandelte das Landgericht Weiden in einem Revisionsverfahren die Haftstrafe wegen dem Überfall auf den Handy-Laden in eine Bewährungsstrafe um. Die Staatsanwaltschaft stellte ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ihn ein.
Mitte 2009 wurde er vom Bundesamt für Verfassungsschutz auf die Berliner Dschihadisten-Szene angesetzt: Alican Tufan, Fatih Kahraman, Mohammed Taieb, Ali A., Mohammed Ali A. etc.. Später wurde er auch auf Aladin Taieb und Yusuf Ocak angesetzt. Außerdem stand er mit Samir Malla und Hani N. in Kontakt, die im Jahr 2011 vorübergehend verhaftet wurden. Zunächst konnte er bei Halil Güner Cicek wohnte, ab dem 4. Januar 2010 lebte er einen Monat lang bei Alican Tufan. Später bezog er eine eigene Wohnung in Berlin-Mariendorf. In Berlin trat Irfan Peci als „Führungsperson“ auf. Im Frühjahr 2010 beabsichtigte Ahmet Manavbasi, der damalige Leiter der Deutschen Taliban Mudschahidin (DTM), Irfan Peci zum „Vertreter des arabischen Emirats“ in Berlin zu ernennen.
Für die „Zusammenarbeit“ mit ihrem V-Mann galten beim Verfassungsschutz die obligatorischen Konspirationsregeln für die Verbindungsaufnahme. So händigte das BfV Peci zur Kommunikation ein Billighandy aus:
„Dann überreichte mir Jan ein billiges Handy mit orangefarbenem Rand. „Das wirst du ab sofort benutzen. Meine Nummer ist eingespeist unter „Ahmed“. Ein Jan würde nicht so gut in deinen Freundeskreis passen. Wenn wir telefonieren, benutzen wir den islamischen Gruß „Salam alaikum“. Auch alle anderen Begriffe, die man so unter Brüdern verwendet wie „Inschallah“ und so weiter. Ich kenne sie alle. Dasselbe gilt bei SMS. Falls dein Handy in fremde Hände gerät oder kontrolliert wird, fällt unsere Kommunikation dann nicht auf. (…)
Wieder zu Hause, nahm ich das Zweithandy, das ich ausschließlich für die Gespräche mit Jan nutzte und das er alle paar Wochen gegen ein neues Billighandy austauschte. Ich wählte seine Nummer, ließ es dreimal klingeln und legte dann wieder auf – so wie ich es beigebracht bekommen hatte. Minuten später rief Jan zurück.“
Über die konspirativen Treffs mit seinem Führungsoffizier berichtete Peci:
„Jan verhielt sich viel konspirativer. Er schrieb mir eine SMS und nannte mir eine U-Bahn-Station, zu der ich fahren sollte. Dort angekommen, klingelte ich bei ihm an, er rief mich daraufhin zurück und nannte mir die Station, an der ich als Nächstes aussteigen sollte. Sobald ich diese Haltestelle erreicht hatte, wiederholte sich das Ganze. U-Bahn oder S-Bahn, Bus und Zug.
So ging das meist über drei oder vier Stationen, bis ich beim endgültigen Treffpunkt angekommen war. Unterwegs wurde ich jedoch das Gefühl nicht los, verfolgt zu werden. Das sagte ich Jan. Er gab es zu. Bei jedem unserer Treffen sei ein Observationsteam des BfV vor Ort, um die Begegnung abzusichern, wie er es nannte, und um meine und seine Sicherheit zu garantieren. Meist erwartete er mich vor dem Eingang eines Hotels etwas außerhalb der Stadt. Dort saßen wir und zogen uns anschließend in einen eigens angemieteten Konferenzraum zurück.“
Nach Zeugenaussagen und eigenen Einlassungen hat sich Irfan Peci in Berlin wiederholt als agent provocateur betätigt: So unterstützte er den Marokkaner Maghrebi mit Geld (ca. 3.000 Euro), damit dieser nach Waziristan „ausreisen“ konnte. Außerdem übergab er Mohammed Ali A. 500 Euro vom Verfassungsschutz zur Finanzierung der al-Qaida in Afghanistan. Für eine Ausreise bot er einem Schwarzafrikaner einen gefälschten Pass an. Als mehrere Mitglieder der Berliner Dschihadisten-Szene einmal bei einem nächtlichen Badeausflug in eine Polizeikontrolle gerieten, forderte Peci seine Mitstreiter auf, die Polizeibeamten mit Steinen und Stöcken zu traktieren. Außerdem war Irfan Peci daran beteiligt, als mehrere Salafisten vermutlich am 2. Juli 2010 einen US-Soldaten im U-Bahnhof Friedrichstraße zusammenschlugen; das Ermittlungsverfahren wurde auf Druck des BfV eingestellt. Nicht zuletzt war er an Vorbereitungen für einen Anschlag, den Ahmet Manavbasi und Alican Tufan in Berlin planten aber nie ausführten, involviert. Dazu machte Irfan Peci eine dreitägige Militärausbildung in der Umgebung des kleinen bosnischen Salafisten-Dorfes Gornja Maoca. Unklar blieb, ob Irfan Peci damals selbst die Absicht hatte, nach Waziristan zu gehen. Für einen solchen (Kampf-)Einsatz bot ihm das BfV 2010 eine Sonderzahlung in Höhe von 100.000 Euro. Im Prozess gegen Alican Tufan und Filiz Gelowicz wurde Irfan Peci im April 2011 als V-Mann enttarnt. Im Verfahren gegen Yusuf Ocak und Maqsood Lodin trat Peci im Juni 2012 als Zeuge der Anklage auf.
Als V-Mann erhält/erhielt Irfan Peci einen Monatslohn von 2.000 bis 3.000 Euro netto, plus Miete und Extras, wie z. B. eine Bahncard 50. Diese Liquidität wäre Irfan Peci beinahe zum Verhängnis geworden, da er dadurch in der so genannten „Berliner Gruppe“ zeitweise und berechtigterweise als VS-Spitzel in Verdacht geriet. Nach seiner Enttarnung wurde er in das Zeugenschutzprogramm des BKA aufgenommen. Die Bodyguards brachten Irfan Peci zunächst in Aachen, später in Essen und danach in Münster unter. Danach holte er auf einer Privatschule in Barendorf seine „mittlere Reife“ nach. Im Mai 2015 veröffentlichte er seine Memoiren unter dem Titel „Der Dschihadist – Terror made in Germany – Bericht aus einer dunklen Welt“ (400 Seiten). Heute betätigt sich Irfan Peci als Gebrauchtwagenhändler.
Danny Reinders: Der Niederländer lebte zuletzt in Berlin-Reinickendorf und machte sein Fachabi auf der Oberschule für Sozialwesen in Berlin-Siemensstadt. Er besuchte die Al-Nur Moschee in Berlin-Neukölln (Haberstraße 3). Zur Konvertierung ihres Sohnes erklärte seine Mutter Beatrix Reinders: „Ich kann mir das bis heute nicht erklären. (...) Weil es auch so schnell ging. (...) Man kann doch keinen Menschen so umdrehen.“
Danny Reinders reiste am 2. September 2009 mit seiner Ehefrau Amirah S. über Istanbul nach Pakistan/Afghanistan, um sich im einem Terrorlager ausbilden zu lassen. Danny Reinders starb Ende April 2010 bei einem Feuergefecht mit pakistanischen Soldaten in der Nähe von Mir Ali (Waziristan), als sein Auto in eine Fahrzeugkontrolle geriet. Seine Ehefrau Amirah S. hielt sich zunächst noch im afghanisch-pakistanischen Kampfgebiet auf, wo sie vier Monate nach dem Tod ihres Gatten einen Jungen zur Welt brachte. Sie soll – nach islamischem Recht – den Kampfgefährten ihres Mannes, Fatih Temelli, geheiratet haben. Mittlerweile ist sie mit ihrem Kind in die Bundesrepublik zurückgekehrt.
Ali R.: „Abu Khattab“ ist deutscher Staatsbürger libanesicher Abstammung. In Berlin-Kreuzberg betreibt er ein Taxiunternehmen mit sieben Wagen und zwölf Mitarbeitern. Im Jahre 2007 heiratete er – nach islamischem Ritus – die Polin Layla Z., die zum Islam konvertiert war. Beide zeugten drei Kinder: Subhin Khattab, Usama Ali und Sumaya. Im Juni 2014 soll Ali R. mit seiner Familie zunächst in die Türkei und dann zu Verwandten in den Libanon gereist sein, weil seine Ehefrau es als ihre religiöse Pflicht empfand, in einem islamischen Staat zu leben. Dort lebten sie aber nicht lange. Laut Anklage hätten die Verwandten der Familie nahegelegt, „aufgrund der Vollverschleierung seiner Frau und des äußeren Erscheinungsbildes des Angeschuldigten“, das Land wieder zu verlassen.
Ende November 2014 reiste Layla Z., die Ehefrau des Angeschuldigten, ohne dessen Wissen mit den drei gemeinsamen Kindern in die vom Islamischen Staat (IS) kontrollierte Stadt Raqqa (Syrien) aus. Um seine Kinder wieder zu bekommen, reiste Ali R. Anfang Dezember 2014 mit Hilfe von Schleusern ebenfalls nach Syrien und schloss sich dort – zum Schein – ebenfalls dem IS an. Zunächst war er im IS-Verwaltungsapparat mit der Aufnahme und Betreuung von Neuankömmlingen im Bürgerkriegsgebiet beschäftigt, so betätigte er sich als Übersetzer. Daneben erhielt er im Januar/Februar 2015 eine Schusswaffenausbildung; u. a. lernte er wie man mit einem russischen PKC-Maschinengewehr und einem RPG-Granatwerfer umgeht. Im März 2015 wurde er bei einem Drohnenangriff auf Raqqa durch einen Bombensplitter am Bein verletzt. Nach seiner Genesung war er sechs Monate in Karama im Waffenbau tätig, indem er Hüllen bzw. Zündauslösevorrichtungen für Sprengfallen herstellte.
Am 31. Oktober 2015 gelang dem Vater die Flucht mit seinen Kindern mit Hilfe der kurdischen Yekîneyên Parastina Gel (YPG) bzw. des Bundesnachrichtendienstes. Am 6. November 2015 wurde Ali R. bei der Einreise mit seinen Kindern am Flughafen München durch das Bundeskriminalamt festgenommen. Die Kinder leben seitdem bei den Großeltern. Wo sich seine Ehefrau derzeit aufhält, ist hier nicht bekannt.
Seit Februar 2014, also bereits ein halbes Jahr bevor sich seine Frau mit den Kindern absetzte, bis zu seiner Festnahme stand Ali R. in Kontakt mit den deutschen Sicherheitsdiensten. Die Verbindung wurde z. T. über seinen jüngeren Bruder und Geschäftspartner Khodor R. aufrechterhalten und abgewickelt. So gab Ali R. während seiner Zeit beim IS im „Wikr“-Chat mit seinem Bruder wichtige Informationen über die Terrormiliz weiter.
Am 8. September 2016 begann der Prozess gegen Ali R. vor dem Oberlandesgericht München. Die Anklage stützt sich u. a. auf Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (Paragraf 129 a und b) sowie der Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat (Paragraf 89 a). Auf Antrag der Verteidiger schickte der Vorsitzende Richter Baier die Zuschauer im Gerichtssaal mehrmals nach draußen, während die Oberstaatsanwältin die Anklage verlas – es sei eine „Gefährdung des Lebens des Angeklagten zu befürchten“, hieß es zur Begründung. Das Gericht beschloss, dass nicht einmal Fotos des Angeklagten erlaubt sein sollten, dagegen wehrte sich die „Bild“-Zeitung mit Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht.
Murat San: „Abu Muaz“ ist türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung. Er kam 1993 aus der Türkei in die BRD und wohnte zuletzt in Berlin-Wedding (Willdenowstr.). Er ist von Beruf Bäcker; zeitweise betätigte er sich als Reinigungskraft bei der „Deutschen Bahn AG“. Seit 2011 unterhielt Murat San Kontakte zur salafistischen Szene in Berlin, so zu Denis Mamadou Gerhard Cuspert und Ismet Doğan. Er beteilgte sich an der Koran-Verteilaktion „Lies!“.
Als sein Cousin E. K. in Syrien verschwand, begab er sich vor Ort auf die Suche nach ihm. Insgesamt reiste Murat San dreimal nach Syrien, um seinen Cousin dort rauszuzholen. Unter den Kriegsbedingungen in Syrien musste er sich mit den dortigen bewaffneten Gruppen arrangieren, wie er später behauptete: Am 26. Mai 2013 reiste er erstmals nach Syrien, wo er sich der Gruppierung Junud ash-Sham anschloss. Hier absolvierte er eine Kampfausbildung, zumindest wurde er in der Handhabung der Kalaschnikow ausgebildet. Am 20. August 2013 kehrte er nach Deutschland zurück. Danach folgte eine zweite Reise nach Syrien vom 17. September bis 17. Oktober 2013. Damals machte er zahlreiche Fotoaufnahmen von Kampfszenen und getöteten Kämpfern. Am 25. Januar 2014 (nach anderen Angaben: 6. Februar 2014) setzte er sich erneut nach Syrien ab, wo er beim Islamischen Staat eine weitere Kampfausbildung durchlief. Er hielt den Sturm auf das Zentralgefängnis von Aleppo mit der Videokamera fest. Bei einem Bombenanschlag wurde er leicht verwundet. Bei seiner dritten Syrien-Reise erfuhr er, dass seine ganzen Reisen nach Syrien vergeblich waren, weil sein Cousin die ganze Zeit über im Iran im Gefängnis saß. Im August 2014 kehrte er nach Berlin zurück. Hier soll er versucht haben, über „WhatsApp“ Nachtsichtgeräte, Thermokameras und Zielfernrohre einzukaufen. Ob er damit Erfolg hatte, ist nicht bekannt.
Er wurde wegen „Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat“ am 19. September 2014 vom Sondereinsatzkommando auf einer Baustelle in Berlin-Marienfelde festgenommen. Am 14. September 2015 verurteilte ihn das Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren (Aktenzeichen: (502 KLs) 173 Js 8/15 (8/15)). Bei der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht nach eigener Darstellung, dass Murat San nicht vorbestraft war und die „Handlungen des Angeklagten von geringer Außenwirkung“ waren.
Hayrettin Burhan Sauerland: Der Türke wurde am 23. September 1987 in Berlin geboren. Er wohnte im Stadtteil Neukölln (Karl-Marx-Straße). Im September 2009 reiste er über Istanbul nach Pakistan/Afghanistan, um sich in einem Terrorlager ausbilden zu lassen. Er schloss sich der Islamic Jihad Union (IJU) an. Er soll sich in Mir Ali aufgehalten haben. Nach unbestätigten Angaben von Mohammed Ali bzw. Irfan Peci soll Hayrettin Burhan Sauerland einen Pakistani mit einem Kopfschuss getötet haben. Wegen religiöser Streitigkeiten soll der damalige DTM-Kommandeur Ahmet Manavbasi Sauerland aus der Gruppierung ausgeschlossen haben. Sein gegenwärtiger Aufenthalt soll dem BKA bekannt sein, wurde aber nicht öffentlich bekanntgegeben.
Reda Seyam: „Abu Daud“ alias „Hans Kreis“ alias „Dhul Qarnain“ (andere Schreibweisen: Dhul al-Qarnain, Zulqarnayn, Dhu l-Qarnain) alias Reda Seyam ist ägyptischer Staatsbürger, besitzt aber auch einen deutschen Pass. In Ägypten machte er eine Ausbildung zum Mathematiklehrer. Als Kameramann arbeitete er angeblich für den TV-Sender „Al Dschasira“ (Qatar), allerdings erwies sich sein Presseausweis dieses Unternehmens als Fälschung. Im Jahr 1987 kam er in die Bundesrepublik. Ein Jahr später heiratete er Regina Kreis. Im Jahre 1993 erwarb er die deutsche Staatsbürgerschaft. „Ich bin und bleibe Deutscher,“ betonte Seyam.
Im Jahre 1994 zog er vorübergehend nach Bosnien. Hier arbeitete er für die Tarnfirma „Twaik“, über die das saudische General Intelligence Directorate (GID) dschihadistische Gruppierungen finanzierte. Zusammen mit Dr. Yahya Yusuf gründete Reda Seyam das Hilfswerk Menschen für Menschen, um die bosnischen Mudschaheddin humanitär bzw. militärisch zu unterstützen. Damals stand er in Kontakt mit Ramzi Binalshibh.
Im Jahr 1999 zog Reda Seyam mit seiner deutschen Ehefrau und einer albanisch-stämmigen „Zweitfrau“, einer albanischen Kriegerwitwe, nach Saudi-Arabien. Hier arbeitete er für die Firma „Rawasin Media“, einem Tochterunternehmen der „Twaik“-Gruppe, und hatte Kontakte zu al-Qaida-Führungskadern. Angeblich traf er hier im Jahr 2000 auch mit Osama bin Laden zusammen.
Im März 2001 oder am 2. August 2002 zog Seyam nach Jakarta (Indonesien). Im September 2002 wurde er festgenommen. Noch während Reda Seyam im Cipinang-Gefängnis einsitzt, verüben islamistische Attentäter am 12. Oktober 2002 Bombenanschläge auf das US-Konsulat und zwei Touristendiskotheken in Kuta Beach auf Bali („Paddy´s Pub“ und „Sari Club“). Weil die Sprengsätze nur zum Teil funktionierten, forderte der Anschlag der Jemaah Islamiah (JI) „nur“ über 200 Tote, darunter 6 Deutsche bzw. 2 Berlinerinnen, und 300 Verletzte. Der indonesische Sicherheitsdienst Badan Intelijen Negara (BNI) fand im Besitz von Seyam Gehaltslisten von Tatverdächtigen, z.B. von „Iman Samudra“ alias Abdul Aziz. Zwei der Tatverdächtigen sagten gegenüber den indonesischen Behörden aus: „Reda Seyam war unser Chef. Er hat den Anschlag im Auftrag der Qaida über zwei muslimische Stiftungen finanziert.“ Am 16. Januar 2003 verurteilte ihn ein indonesisches Gericht lediglich zu zehn Monaten Gefängnis wegen Verstoßes gegen die Einwanderungsbestimmungen. Seine Strafe verbüßte er im Cipinang-Gefängnis von Jakarta.
Aber bereits am 16. Juli 2003 kehrte er unter dem Schutz eines BKA-Begleitkommandos, das ihn vor einer Entführung durch die CIA bewahren sollte, in die Bundesrepublik zurück. Unklar ist, ob das Bundeskriminalamt damals versuchte, Reda Seyam zur Mitarbeit zu gewinnen. In die Bundesrepublik zurückgekehrt wohnte er vorübergehend in Laichingen-Machtolsheim (Baden-Württemberg). Seit November 2004 lebte er in Berlin-Charlottenburg (Sophie-Charlotten-Str.) mit seiner zweiten Frau und seinen sieben Kindern von Hartz IV. Gelegentlich besuchte er die salafistische Masjid-E-Bilal-Moschee in der Drontheimerstr. 16, im Jahr 2010 gehörte er zu den Gründungsvätern der As-Sahada-Moschee in Berlin-Moabit (Torfstr. 14/Sprengelstraße). Zeitweise betrieb er einen islamistischen Verlag in Berlin-Charlottenburg, der radikale Bücher und CDs vertrieb und die Internetseite „Al-Risalah“ publizierte.
Im Jahr 2012 zog Reda Seyam von Berlin nach Ägypten, um die Machtergreifung der Moslembruderschaft aus nächster Nähe zu verfolgen. Im Jahr 2013 übersiedelte er ganz nach Syrien und schloss sich der Bewegung Jaish al-Muhajrin wal-Ansar (Jamwa) an, die damals in den Provinzen Aleppo und Latakia operierte. In der türkischen Grenzstadt Reyhanli baute er eine Sammelstelle für Deutsche und ein Schleusernetz auf, das die angehenden Dschihadisten über die Grenze ins Kriegsgebiet führte. Außerdem hat Reda Seyam in der syrischen Stadt Ash Shughur eine Rückzugs- und Erholungsstation für deutsche Dschihadisten aufgebaut. Nach eigener Darstellung wurde er im Sommer 2014 „Bildungsminister“ (arab.: Ra’is Diwan al-Ta’lim) des Islamischen Staates, der zunächst nur für die Stadt Mossul, später für die gesamte Provinz Nineveh zuständig war. Zu seinen Maßnahmen zählten Bücherverbrennungen, die Beschädigung von Asservaten im Ninive Museum mit Vorschlaghämmern und die Zerstörung von Nimrud durch Planierraupen. Seit Anfang 2016 ist Reda Seyam angeblich mit der Verwaltung der IS-Finanzen betraut. Eine Todesmeldung vom 6. Dezember 2014 wurde später dementiert. Wo sich Reda Seyam derzeit aufhält ist hier nicht bekannt.
Obwohl die deutschen Sicherheitsbehörden davon ausgingen, dass Reda Seyam seit Jahren eine führende Rolle bei al-Qaida einnahm, reichte die Beweislage für eine Verurteilung bisher – aus welchen Gründen auch immer - offensichtlich nicht aus. Die Staatsanwaltschaft München I erhob zwar gegen Reda Seyam und sieben weitere Personen (Mohammad Benhsain, Hassan Dabbagh, Ranie Mansour etc. ) im August 2009 Anklage wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, aber das Landgericht München I teilte diese Einschätzung nicht und so platzte am 26. März 2010 das Verfahren (Aktenzeichen: 2 Kis 111 Js 11844/07).
Seine deutsche „Erstfrau“ ließ sich am 28. Januar 2001 scheiden und veröffentlichte im November 2005 unter dem Pseudonym „Doris Glück“ die Autobiographie: „Mundtot - Ich war die Frau eines Gotteskriegers“. In einem Interview mit dem „Focus“ belastete sie ihren Mann schwer. Er habe sich im Sommer 1995 in Zenica an Kriegsverbrechen beteiligt: „Mein Mann hatte Kontakt zu führenden Al-Qaida-Leuten, war an einem Erschießungskommando beteiligt und hat selbst geschossen. (...) Jeder der etwa 50 Mudschaheddin gab einen Schuss auf einen gefesselten Serben ab. Auch mein Mann hat geschossen.“ Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 hatte sie sich beim Auswärtigen Amt gemeldet, wurde dort aber abgewiesen: „Niemand nahm mich ernst.“ Erst ein Jahr später nahm das BKA sie vom Herbst 2002 bis Frühjahr 2004 in sein Zeugenschutzprogramm auf und stattete sie mit einer neuen Identität aus. Aus Angst vor der Rache ihres Ex-Gatten ist „Doris Glück“, die zumindest zeitweise von Hartz IV lebte, untergetaucht.
Umut S.: Der Türke wurde in Berlin geboren. Umit S. wollte zusammen mit Samir Malla und Mohammed Taieb am 30. September 2009 über den Flughafen in Berlin-Tegel nach Waziristan ausreisen, wurde aber von der Bundespolizei gestoppt. Im September 2009 entzog ihm das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) seinen Reisepass, ein so genannter „Verwaltungsakt mit Dauerwirkung“. Dagegen klagte Umut S. im Januar 2010 im Eilverfahren vergeblich. Daraufhin klagte er – zusammen mit Ali A. – vor der 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin. Die Klage wurde am 6. März 2012 ebenfalls abgewiesen (Aktenzeichen: VG 23 K 58.10).
Younes Ben S.: Er war Anfang der Nullerjahre Vorbeter in der Al-Nur-Moschee (Haberstr. 3). Laut Bundesanwaltschaft hat er sich damals bereit erklärt, die Terrorzelle um Ihsan Garnaoui „mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen“.
Mohammed Taieb: Als Mohammed Taieb mit Hilfe von Alican Tufan nach Syrien ausreisen wollte, wurde er von Irfan Petic, obwohl dieser als V-Mann für das BfV arbeitete, davor gewarnt:
„Ich wollte Mohammed nicht einfach ins offene Messer laufen lassen, nein, ich würde versuchen, ihn von seinem Ausreiseplan abzubringen, und dachte mir deshalb eine Geschichte aus. Als wir eines Tages zusammen durch Neukölln spazierten und er ein paar Einkäufe machte, tischte ich ihm die Story auf. (…)
„Letztens kamen die Bullen zu mir nach Hause. Ich bin ja noch auf Bewährung. Und die haben mich gewarnt, ich soll bloß aufpassen, was ich mache, sonst wandere ich wieder zurück in den Knast. Die sind nicht blöd, die haben irgendwas von den Ausreiseplänen mitbekommen. Schau doch nur mal, wie unvorsichtig Alican sich verhält. (…) Sieh mal, du bist verheiratet und hast ein Kind! Geh das Risiko nicht ein, die sperren dich weg, ich sag´s dir. Versuch später irgendwann auszureisen, aber nicht jetzt. Okay?““
Trotz der Warnung wollte Mohammed Taieb am 30. September 2009 zusammen mit Samir Malla und Umut S. nach Waziristan ausreisen. Allerdings wurde das Trio am Flughafen Berlin-Tegel von der Bundespolizei gestoppt.
Fatih Temelli: „Abdul Fattâh al-Almânî“ alias „Abdal Fattah al-Muhajir“ alias Fatih Temelli ist deutscher Staatsangehöriger türkischer Abstammung. Er wohnte in Berlin-Steglitz, zeitweise auch in Kreuzberg (Kottbusser Str.). Nachdem er 2004 sein Abitur an der Beethoven Oberschule in Berlin-Lankwitz gemacht hatte, jobbte er bei „Burger King“. Anschließend begann er ein Studium des Wirtschaftsingenieurs an der Technischen Universität (TU) und der Beuth Hochschule für Technik in Berlin. Eine Zeit lang sympathisierte er mit den faschistischen, türkischen „Grauen Wölfen“. In Berlin besuchte er die Al-Nur Moschee (Haberstraße 3). Im Mai 2009 reiste er – zusammen mit Yusuf Ocak – ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet.
Nach dem Tod von Eric Breininger wurde er am 15. Dezember 2010 zum neuen „Emir“ der Deutschen Taliban Mudschahidin (DTM) ernannt. In einem Propaganda-Videos vom April 2010 posierte er neben einem abgeschossenen Hubschrauber und mokierte sich über die verstorbenen Insassen: „Wie krass diese Abtrünnigen stinken. Sie liegen erst ein paar Tage herum und fangen schon an zu stinken. Sie sind kuffar.“ Nach dem Tod von Danny Reinders soll Fatih Temelli dessen Witwe, Amirah S., geheiratet haben.
Fatih Temelli soll sich danach im Iran aufgehalten haben und wartete auf eine Rückkehrmöglichkeit nach Deutschland, um ein „normales Leben in Deutschland mit meiner Frau und meinem Sohn“ zu führen, wie er erklärte. Dazu nahm er Kontakt zu Rechtsanwälten in Deutschland und seinen Eltern in der Türkei auf. Anfang Juni 2012 konnte sich Fatih Temelli vom Iran in die Türkei absetzen. Am 23. Juni wurde er in der Türkei festgenommen. Da Temelli türkischer Staatsbürger ist, weigern sich die Behörden, ihn an die deutsche Justiz zu überstellen.
Alican Tufan: Alican Tufan ist gebürtiger Türke, besitzt aber seit 2008 die deutsche Staatsbürgerschaft. Er wohnte zunächst in Berlin-Kreuzberg (Kottbusser Str.), im November 2009 zog er um nach Tempelhof (Schaffhausener Str.). Tufan wuchs unter schwierigen familiären Verhältnisse auf. Wegen seiner jugendlichen Gewalttätigkeit begann er eine Therapie, die er allerdings wieder abbrach. Einem seiner Schullehrer drohte er damals mit Mord. Im Jahre 2007 machte er seinen Hauptschulabschluss. Vom November 2008 bis April 2009 jobbte er beim Winterdienst der „Gegenbauer Property Services GmbH“. Weil er das Streufahrzeug ohne Führerschein fuhr, erhielt er am 30. September 2009 einen richterlichen Verweis. Tufan verkehrte ab 2006 in der Al-Nur Moschee in Neukölln (Haberstraße 3), zwei Jahre später löste er sich von der Gemeinde, weil er sich dort ausgenutzt gefühlt hatte. Außerdem besuchte er eine Moschee in der Flughafenstraße. Alican Tufan wird der Islamischen Jihad Union (IJU) bzw. den Deutschen Taliban Mujahedeen (DTM) zugerechnet.
Vom Mai 2009 bis Februar 2010 stellte er insgesamt 15 islamistische Propaganda-Videos in seinen „Youtube“-Blog, um neue Mitglieder für al-Qaida bzw. die IJU anzuwerben, was allerdings in keinem Fall gelang. Außerdem soll er – zusammen mit Filiz Gelowicz – 2.900 Euro beschafft haben. Ein Teil der von Tufan weitergeleiteten Summe stammt von Irfan Peci, einem V-Mann des BfV. Mit Wissen seines Führungsoffiziers hatte er 300 Euro als Spende an Tufan übergeben, die er vom Verfassungsschutz für seine Spitzeldienste bekommen hatte. In seiner jugendlichen Naivität überließ er seinen Computer und sein Handy moslemischen „Brüdern“, wie z. B. Fatih Kahraman, die damit verfängliche Emails und Telefonate verschickten, bis das BKA darauf aufmerksam wurde. Als in der „Szene“ ruchbar wurde, dass Tufan überwacht wurde, ließen ihn dieselben Leute fallen und brachen den Kontakt zu ihm ab. Offensichtlich ist Tufan von seinen moslemischen „Brüdern“ ausgenutzt und verführt worden. Am 20. Februar 2010 wurde er ifestgenommen. Am 22. Jui 2011 verurteilte ihn der 1. Strafsenat des Kammergerichts Berlin unter dem Vorsitzenden Richter Josef Hoch zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Jahren (Aktenzeichen: 3 StE 6/10-4 (6/10)).
Charfeddine T.: „Abu Jaraf al-Tunisi“ alias „Ashraf al-T.“ alias Charfeddine T. ist nach deutsch-amerikanischen Behördenerkenntnissen tunesischer Staatsbürger. Er selbst behauptet, sein Name sei Hassan A. K., und er sei ein Syrer aus Aleppo. Jedenfalls kam er im Oktober 2015 mit dem Flüchtlingsstrom nach Deutschland, dazu legte er den Aufnahmebehörden einen gefälschten syrischen Pass vor. Zunächst wohnte er in der Massenunterkunft für Flüchtlingen auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof. Da er hier randalierte und möglicherweise einen Selbstmordversuch unternahm, wurde Charfeddine T. im März 2016 der weitere Zugang verwehrt. Er kam bei dem privaten Flüchtlingshelfer Arne S. in Berlin-Schöneberg (Kolonnenstraße) unter, der ihn über Monate hinweg bei sich aufnahm.
Ein amerikanischer Nachrichtendienst, vermutlich die NSA, hatte ein Gespräch zwischen Charfeddine T. und seinem syrischen Kontaktmann beim Islamischen Staat abgehört. Die US-Dienste informierten Mitte Oktober 2016 das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Ermittlungen aufnahm und schließlich das Landeskriminalamt in Berlin informierte. Für die weiteren Nachforschungen bildete das LKA die Besondere Aufbauorganisation KONVOI. Am Abend des 2. November 2016 wurde Charfeddine T. in Berlin festgenommen. Der Generalbundesanwalt warf dem Terrorverdächtigen vor, einen Anschlag zu planen. Nach seiner Festnahme soll Charfeddine T. im Polizeigewahrsam am Tempelhofer Damm versucht haben, Selbstmord zu begehen, indem er wiederholt mit dem Kopf gegen die Wand seiner Zelle anrannte. Daraufhin sollen Justizbeamte ihm einen speziellen Schutzhelm aufgesetzt und gefesselt haben.
Der Notrichter am Bundesgerichtshof lehnte am 3. November die Erlassung eines Haftbefehls wegen Terrorverdachts ab, da er die vorgelegten Beweise für einen dringenden Tatverdacht als nicht hinreichend befand. Die Ermittler legten dem BGH-Richter Chatprotokolle vor, darin aber war von einem Anschlag keine Rede. Ein Chatpartner sagte zum anderen lediglich: „Halte uns auf dem Laufenden.“ Oder: „Bleib in Kontakt mit uns.“ Die Bundesanwaltschaft hatte dem Vernehmen nach keine Freigabe erhalten, FBI-Erkenntnisse dem Untersuchungsrichter vorzuzeigen. So wandte sich die Polizei an den diensthabenden Haftrichter des Amtsgerichts Karlsruhe, der zumindest einen Haftbefehl wegen des gefälschten Passes wegen Urkundenfälschung aussprach. Am 14. Dezember 2016 konnte der Generalbundesanwalt neue Beweise dem Haftrichter beim Bundesgerichtshof vorlegen und doch noch einen Haftbefehl wegen des „Verdachts der Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung“ erwirken.
Entgegen den behördlichen Ermittlungen bestritt der Terroverdächtige, „Ashraf al-T.“ zu sein. Es handele sich um eine Verwechselung. Er sei Hassan A. K., unter diesem Namen hatte er monatelang bei Arne S. gewohnt. Demgegenüber erklärte die Vermieterin Martina F., „Ashraf al-T.“ habe „schlecht englisch, aber sehr gut französisch gesprochen.“ Dies ist ein Indiz dafür, dass der Terrorverdächtige tatsächlich aus Tunesien und nicht aus Syrien stammt.
Volcan T.: Volcan T. ist türkischer Abstammung und gehört zur Dschihadisten-Szene in Berlin.
Thomas U.: Thomas U. ist deutscher Staatsbürger und wohnte zunächst in Berlin-Wedding, zuletzt in Berlin-Spandau. Im Jahr 2005 machte er sein Abitur. Danach arbeitete er als Gleisbauer. Im Jahr 2008 konvertierte Thomas U. zum Islam. Im Jahr 2009 heiratete er die deutsche Konvertitin Stefanie U.. Mit seiner Ehefrau reiste er am 24. September 2009 in ein Ausbildungslager der Islamischen Dschihad Union (IJU) bzw. der Deutschen Taliban Mujahedeen (DTM) nach Miranshah (Pakistan).
Später, vor Gericht, distanzierte sich U. vom Dschihad: Für die zwölf Kämpfer seiner Truppe gab es nur drei Kalaschnikows, 15 Magazine mit Munition und drei Handgranaten. Jeder Kämpfer musste angeblich selber zusehen, woher er Waffen bekam. Einheimische „Kriegsfürsten“ und Soldaten gaben vor Ort den Ton an. „Die Gotteskrieger hatten nichts zu sagen.“ Thomas U. wurde schließlich krank (Magen-Darm-Probleme, Hepatitis A etc.). Im August/September 2010 wollte Thomas U. mit seiner schwangeren Ehefrau über den Iran, die Türkei und Dänemark in die BRD zurückreisen. Sie wurden am 2. September 2010 am Flughafen Istanbul von türkischen Behörden festgenommen. Im Juni 2011 durfte die Ehefrau mit ihrem Kind nach Berlin ausreisen, am 22. Mai 2012 folgte auch ihr Mann, der durch die türkischen Haftbedingungen zusätzlich gesundheitlich angeschlagen war. Am 31. Oktober 2012 begann sein Prozess vor dem 1. Strafsenat des Berliner Kammergerichtes.
Rafael U.: Der Name von Rafael U. tauchte in einer Liste auf, die bei der Festnahme von Maqsood Lodin am 16. Mai 2011 in Berlin sichergestellt wurde.
Recep Ü.: Recep Ü. ist deutscher Staatsbürger türkischer Abstammung. Als Mitarbeiter der Firma „Wisag Airport Service Berlin“ war er auf den Flughäfen Tegel und Schönefeld in der Flugzeuginnenreinigung eingesetzt und hatte somit Zugang zum Sicherheitsbereich der beiden Flughäfen. Mitte 2011 wurde er einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. Erst im Februar 2014 bemerkten die Berliner Sicherheitsbehörden, dass der damals 24-Jährige fest in der Salafistenszene verankert war. Erst Ende 2014 wurde darüber die zuständige Luftsicherheitsbehörde informiert, die ihrerseits jedoch die Information nicht an den Flughafenbetreiber bzw. dessen Sicherheitsfirma weitergab. Es passierte nichts. Erst als Recep Ü. im Oktober 2015 dabei erwischt wurde, wie er einen Schlagring in den Flughafen Schönefeld „einschmuggelte“, wurde er von der „Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg“ (FBB) und schließlich von der „WISAG“ entlassen und musste seine Zugangsberechtigung für die Flughäfen abgeben. Erst Mitte Mai 2015 informierten die Berliner Sicherheitsbehörden den Flughafenbetreiber über den salafistischen Hintergrund von Recep Ü..
Benjamin Xu: Benjamin Xu (andere Schreibweise: Benjamin Hu) ist deutscher Staatsbürger. Sein Vater Nimutela H. ist ein albanischstämmiger Mazedonier und ebenfalls ein militanter Islamist, seine Mutter chinesischer Abstammung. In Syrien schloss er sich der Gruppierung Islamischer Staat im Irak und Levante (ISIS) an. Am 12. August 2013 wurde Benjamin Xu bei Kämfen gegen die syrische Armee in Durin bei Latakia durch Schüsse am Bein verletzt, sein Vater starb bei den Kampfhandlungen. Benjamin Xu unternahm mehrere Fluchtversuche und konnte sich schließlich in die Türkei absetzen.
Am 20. März 2014 war Benjamin Xu an einem Anschlag auf eine türkische Polizeisperre in der Region Nigde beteiligt: Er steuerte einen Pick-up, in dem außerdem noch zwei weitere Dschihadisten saßen: Als sie sich der Polizeisperre in der Stadt Nigde näherten, eröffnete einer der Mitfahrer das Feuer: Ein Soldat, ein Polizeibeamter und ein Lkw-Fahrer starben. Später fand die Polizei in dem Auto drei sowjetische Sturmgewehre vom Typ Kalaschnikow, sieben Handgranaten, zwei Schalldämpfer und drei Messer. In einem Polizeiverhör behauptete Benjamin Xu, er könne sich an den Anschlag nicht erinnern, da er unter Drogen gestanden habe.
Rafik Mohamad Yousef: Der irakische Kurde kam im Jahr 1996/97 als Asylbewerber nach Deutschland. Schließlich bezog er eine Wohnung in Berlin-Gropiusstadt (Käthe-Dorsch-Ring 21). Hier leitete er ein kleines Baugeschäft. Rafik Mohamad Yousef galt seit April 2004 als Mitglied der Gruppe Ansar al-Islam und wurde am 3. Dezember 2004 zeitgleich mit dem „Rädelsführer“ Ata Aboulaziz Rashid (Stuttgart) und Mazen Salah Mohamed (Augsburg) festgenommen. Sie sollen geplant haben, den irakischen Interimspräsident Dr. Ijad Hashim Allawi bei seinem Staatsbesuch am 2./3. Dezember 2004 in Berlin zu ermorden. Der Hinweis auf das geplante Attentat stammt von einem Bekannten Yousefs, der als V-Mann für das Landesamtes für Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern arbeitete.
In der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 2004 wurde er um 2.43 Uhr durch das Berliner SEK erneut festgenommen, nur wenige Stunden vor dem angeblich geplanten Anschlagstermin gegen 8.30 Uhr in der Vertretung der „Deutschen Bank“ in der Charlottenstraße. Der Prozess gegen die drei mutmaßlichen Attentäter begann am 20. Juni 2006 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts in Stuttgart-Stammheim. Mehreren Zeugen drohte Yousef mit dem „Jüngsten Gericht“. Seinen beiden Verteidigern, Reinhard Kirpes und Sebastian Siepmann, drohte er schon mal Prügel an, sollten sie ihn weiter verteidigen. „Erst tötet ihr sechs Millionen Juden, jetzt mich,“ beschwerte sich Yousef im Verlauf des Prozesses. Dank der Contenance der Vorsitzenden Richterin erhielt Yousef nur 22 Ordnungsstrafen. Am 15. Juli 2008 verurteilte ihn das Gericht zu einer Gefängnisstrafe von acht Jahren. (Aktenzeichen: 5 – 2 St-E 2/05). Allerdings konnte das Gericht nicht klären, wie ein Trio jemanden ermorden kann, wenn zwei der vermeintlichen Mörder hunderte Kilometer vom Tatort entfernt waren und der Dritte wenige Stunden vor dem geplanten Anschlag noch keine Tatwaffe hatte.
Am 26. März 2013 wurde der Extremist aus der JVA Tegel entlassen. Nach seiner Entlassung aus der Haft wohnte Yousef zunächst in Neukölln, seit 2013 im Spandauer Ortsteil Falkenhagener Feld (Zeppelinstraße). Er stand weiterhin unter Führungsaufsicht, musste gemäß seinen Meldeauflagen einmal wöchentlich bei der Polizei vorsprechen und eine elektronische Fußfessel tragen. Seit seiner Haftentlassung hat er wiederholt andere Menschen bedroht: Am 3. September 2014 drohte er in einem Schreiben an das Amtsgericht Berlin-Tiergarten, dass einer Richterin der Kopf abgeschnitten würde. Am 23. September 2014 bedrohte er eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde mit einem Messer. Am 25. September rief er sie an und drohte ihr mit Folter und Tod. Am 7. Januar 2015 drohte er erneut einer Mitarbeiterin der Ausländerbehörde „ernste Konsequenzen“ an. Am 1. Juni 2015 musste er sich auf der Wache des Polizeiabschnitts 21 melden. Nach einem Streit mit einem Polizisten muslimischen Glaubens drohte er, mit einem Maschinengewehr zurückzukommen und alle zu erschießen. Im Juni 2015 bedrohte er eine schiitische Nachbarfamilie, die aus dem Libanon immigriert war: Sie sollten verschwinden. Er hätte Kontakte zum Islamischen Staat und kenne Leute, die Babies den Kopf abschneiden würden. Zrotz seiner Aggressivität konnten die Behörden nach der deutschen Rechtslage Rafik Mohamad Yousef nicht in den Irak ausliefern, da ihm dort die Todesstrafe drohte.
Am 17. September 2015 um 8.52 Uhr entfernte Yousef erneut seine elektronische Fußfessel, verließ seine Wohnung und verletzte einen Straßenpassanten in der Heerstraße mit einem Messer. Um 9.52 Uhr traf das erste Einsatzfahrzeug des Polizeiabschnitts 23 am Einsatzort ein. Daraufhin verletzte er eine Polizeioberkommissarin mit einem Stich in den Schulter-Hals-Bereich. Daraufhin eröffnete ihr 36 Jahre alter Kollege das Feuer auf den Angreifer, der um 10.15 Uhr am Einsatzort seinen inneren Verletzungen erlag. Rafik Mohamad Yousef ist der erste Dschihadist, der in Deutschland von der Polizei erschossen wurde.
Layla Z.: Layla Z. ist Polin. Im Jahre 2007 heiratete sie – nach islamischem Ritus – den Libanesen Ali R.. Beiden wohnten in Berlin und hatten drei Kinder: Subhin Khattab, Usama Ali und Sumaya. Im Juni 2014 soll die Familie zunächst in die Türkei und dann zu Verwandten in den Libanon gereist sein. Dort lebten sie aber nicht lange. Laut Staatsanwaltschaft hätten die Verwandten der Familie nahegelegt, „aufgrund der Vollverschleierung seiner Frau und des äußeren Erscheinungsbildes des Angeschuldigten“, das Land wieder zu verlassen. Nach der Rückkehr soll die Ehefrau Layla Z. eine eigene Wohnung bezogen haben. Ende November 2014 reiste Layla Z. ohne Wissen des Ehemann mit den drei gemeinsamen Kindern zum Islamischen Staat in Syrien. Zunächst lebten sie in Dscharabulus, danach in Raqqa. Um seine Kinder wieder zu bekommen, reiste Ali R. Anfang Dezember 2014 hinterher und schloss sich in Syrien dem Islamischen Staat an; gleichzeitig setzte er sich mit den deutschen Sicherheitsbehörden in Verbindung. Am 31. Oktober 2015 gelang dem Vater die Flucht mit seinen Kindern durch Hilfe der kurdischen Yekîneyên Parastina Gel (YPG) bzw. des Bundesnachrichtendienstes. Am 6. November 2015 wurde Ali R. bei der Einreise mit seinen Kindern am Flughafen München durch das Bundeskriminalamt festgenommen. Die Kinder leben seitdem bei den Großeltern. Wo sich seine Ehefrau derzeit aufhält, ist hier nicht bekannt.
Magomed Z.: Der Tschetschene kam im Frühjahr 2015 nach Deutschland, wo er zunächst in einem Flüchtlingsheim in Oranienburg (Brandenburg) untergebracht wurde. Ein paar Monate später zog er eigenmächtig nach Berlin-Gesundbrunnen. Am 11. August 2015 wollte Magomed Z. nach Syrien ausreisen, um sich dem Islamischen Staat anzuschließen. Jedoch informierten seine Angehörigen die Polizei, die Magomed Z. am 14. August 2016 festnahm und für sechs Monate in U-Haft steckte und so seine Ausreise verhinderte. Daraufhin musste sich Magomed Z. vor dem Landgericht Potsdam wegen "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" (§ 89a StGB) verantworten. Am 11. Februar 2016 wurde Magomed Z. freigesprochen (Aktenzeichen: 21 KLs 8/15, 496 Js 31519/15). Eine bloße Ankündigung sei noch keine Straftat, urteilte das Gericht.
„Abu Dharr“: Der bürgerliche Name des Marokkaners wurde öffentlich nicht bekannt. Er gehört seit 2013 zur Berliner Dschihadisten-Szene und gilt als ständiger Begleiter von Bernhard Falk. Er verkehrte in der Ar-Rahman-Moschee in Berlin-Wedding. Weil die Sicherheitsbehörden befürchteten, dass er sich nach Syrien absetzen könnte, hat man ihm 2014 den Reisepass entzogen. Die Sicherheitsbehörden stufen ihn als „Gefährder“ ein.
„Mehmet Aliosman“: „Mehmet Aliosman“ ist kein Kampf-, sondern ein Falschname. Wie die Polizei in Berlin ermittelte, handelt es sich um einen Türken. Doch „Mehmet Aliosman“ gab sich als Bulgare aus. „Mehmet Aliosman“ stand in Berlin-Moabit in Kontakt mit Ismet Doğan und Emin Filiz. Er sammelte Geld für den Dschihad in Syrien. Die Polizei konnte „Mehmet Aliosman“ festnehmen, bevor er Geld nach Syrien überweisen konnte.
„Yusuf al-Almani”: „Yusuf al-Almani” gehört zur dschihadistischen Szene in Berlin.
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Daneben gibt es Dschihadisten, die außerhalb von Berlin wohnen aber die Bundeshauptstadt als Anschlagsort im Visier haben, wie z. B. Jamal Albakr aus dem sächsischen Eilenburg, der einen Anschlag auf den Flughafen Tegel vorbereitete. Andere Dschihadisten hielten sich nur vorübergehend als Touristen bzw. Reisende in Berlin auf.