Militärforschung
  Ukraine-Krieg 2.0 - 72. Update
 

Ukraine-Krieg 2.0 – Update 72 vom 8. Mai (D+72)

Gerhard Piper

Lageentwicklung:

Die Ost-Offensive der russischen Armee in der Ukraine stockt. Unter den verantwortlichen Generälen steigt offenbar die Unruhe und die Furcht vor dem Zorn Wladimir Putins. Sie fürchten eine Säuberungswelle (russ.: Tschistka). Das behauptet zumindest der britische Verteidigungsminister Robert Ben Lobban Wallace. Die Generäle würden sich gegenseitig die Schuld für die bisher missglückte Offensive zuschieben. Demnach gehe die Angst um, von Putin „aus dem Weg geräumt und hinausgeworfen zu werden“, sollte sich der stockende Vormarsch in der Ost-Ukraine tatsächlich in einen Rückzug verwandeln. Die Generäle würden immer häufiger an der Frontlinie auftreten, um „diesen Sumpf, in dem sie stecken, zu beseitigen". Ihr Ansatz, die Leute „anzuschreien“, führe in der Regel allerdings nicht zu den besten Ergebnissen, wird der britische Außenminister weiter zitiert. Die Berichte, wonach die russischen Generäle den Zorn Putins fürchten, passen zu den Einschätzungen mehrerer Experten. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/angst-aus-dem-weg-geraeumt-werden-putins-zorn-treibt-russlands-generaele-um_id_96026351.html)

Aber die Auseinandersetzungen innerhalb der russischen Streitkräfte sind noch weit entfernt von der inszenierten Tuchatschewski-Generalsaffäre des Jahres 1937. (https://de.wikipedia.org/wiki/Michail_Nikolajewitsch_Tuchatschewski)

Zustand der „Roten Armee“:

Der britische Geheimdienst verbreitet seine Einschätzungen über Moskaus Einsatz ranghoher Kommandanten an der Front. Demnach sind die großen Verluste der Grund für den Schritt, die Offiziere in den Kampf zu entsenden. Allerdings hat die Anwesenheit dieser Offiziere im Gefecht zu keinem verbesserten Einsatzkonzept geführt, vielmehr würden Planungsfehler einen Fortschritt der Russen weiterhin untergraben. Außerdem führe dies zu überproportional hohen Verlusten unter den Offizieren, da die getöteten Kommandanten dann von weniger ausgebildeten Soldaten ohne Führungserfahrung ersetzt werden müssten, so dass die konzeptionellen Probleme unverändert andauern würden. (https://www.n-tv.de/politik/11-19-Russland-meldet-Zerstoerung-ukrainischer-Korvette--article23143824.html)

Truppenaufmarsch:

Der Oberst a. D. Mikhail Khodaryonok kritisierte die Gerüchte über eine angebliche Generalmobilmachung im russischen Staatsfernsehen:

„Wie schnell können wir unter dieser Mobilmachung das erste Flugregiment erwarten? Zum neuen Jahr. Wir haben weder die Reserven noch die Piloten oder die Flugzeuge. Also würde die Mobilmachung nicht viel nutzen. Wenn wir heute neue Schiffe bestellen, wie lange würde es dauern, bis wir das erste bekommen? In zwei Jahren. Das ist die Sache mit der Mobilmachung. Wenn wir es uns als Ziel setzen, eine neue Panzerdivision zu grünen, wann wäre sie bereit? Ich würde sagen in mindestens 90 Tagen, und sie wäre nicht mit moderner Waffentechnik ausgestattet. Weil wir keine modernen Waffen oder Militärgerät haben in unseren Reserven. Menschen mit veralteten Waffen in einen Krieg des 21. Jahrhunderts zu schicken, um gegen global standardisierte Nato-Waffen zu kämpfen, wäre falsch.“ (https://www.focus.de/politik/ausland/kritische-aeusserungen-im-russischen-fernsehen-experte-erklaert-im-russischen-staats-tv-die-sache-mit-der-mobilmachung_id_95978817.html)

Krim: Die Russen bauen ihre Stellungen auf der Halbinsel Krim massiv aus: Feldraketenwerfer SMERCH, Boden-Boden-Raketen ISKANDER und Flugabwehrraketen vom Typ S-300. Ein Teil der Flugkörper wurde in dem Dorf Filatovka, rund 20 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, disloziert. (https://www.fr.de/politik/ticker-ukraine-krieg-russland-rueckzug-zurueckerobert-mariupol-asowstal-waffen-lieferung-news-zr-91528829.html)

Gefechte:

In der letzten Nacht gab es fast im ganzen Land Luftalarm. Betroffen waren insbesondere die Hauptstadt Kiew und ihr Umland, aber auch Kharkiw und Donezk im Osten, Odessa im Süden, Lwiw im Westen und andere Gebiete.

Kharkiw:

Beim Beschuss von Wohnsiedlungen in der Umgebung von Kharkiw starben drei Zivilisten, fünf weitere seien verletzt worden, teilt die Gebietsverwaltung mit.

Osten:

Insgesamt spricht die ukrainische Militärführung von neun abgewehrten russischen Angriffen. Dabei seien unter anderem ein Hubschrauber vom Typ Mi-28, 19 Panzer und 20 gepanzerte Militärfahrzeuge abgeschossen worden. Über den Kampfverlauf im Osten der Ukraine berichtet „n-tv“ auf Basis der Agenturmeldungen:

„Nach mehreren Tagen ohne nennenswerte Fortschritte erzielen die russischen Truppen bei ihren Angriffen im Donbass-Gebiet nach ukrainischen Angaben nun wieder Geländegewinne. „In Richtung Liman hat der Feind durch Angriffe den Nordrand von Schandrigolowe erobert“, teilt der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Schandrigolowe liegt rund 20 Kilometer nördlich der Großstadt Slowjansk, die Teilziel der russischen Operation im Donbass ist. Darüber hinaus fahren die russischen Truppen auch weiterhin Angriffe Richtung Sjewjerodonezk, Popasna, und Awdijiwka. „In Richtung Kurachowe versuche der Feind seine Offensive auf Nowomychajliwka mit Unterstützung der Artillerie wieder aufzunehmen“, heißt es zudem. In die Defensive sind die Russen dem Bericht zufolge im Norden des Gebiets Charkiw geraten. Dort habe „der Gegner seine Anstrengungen darauf konzentriert, den Vormarsch unserer Truppen in Richtung Grenze nördlich und nordöstlich von Charkiw zu stoppen“, teilt der Generalstab mit.“ (https://www.n-tv.de/politik/11-19-Russland-meldet-Zerstoerung-ukrainischer-Korvette--article23143824.html)

Das russische Verteidigungsministerium erklärt, sechs ukrainische Raketen- und Artillerielager in den Gebieten Luhansk, Donezk und Kharkiw seien zerstört worden. (https://www.n-tv.de/politik/00-21-Selenskyj-Zahl-der-Toten-in-Dorfschule-bei-60--article23318639.html)

- Lyssytschansk:

In Lyssytschansk in der Region Luhansk wurde eine Ölraffinerie bombardiert.

- Popasna:

Russische Truppen haben nach wochenlangen Kämpfen die in Ruinen liegende Kleinstadt Popasna eingenommen. Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, erklärte: „Leider haben sich unsere Truppen tatsächlich etwas aus Popasna zurückgezogen, weil die Stadt mehr als zwei Monate lange beschossen wurde.“ (https://www.n-tv.de/politik/16-25-Kanadischer-Regierungschef-Trudeau-besucht-Ukraine--article23143824.html)

- Soledar:

Soledar ist eine Kleinstadt mit 11.000 Einwohnern im Oblast Donezk. Auf dem Bahnhof wurde ein Zug angegriffen, der Waffen und Militärausrüstung aus dem Westens transportierte. (https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-sonntag-133.html)

- Wojewodiwka:

Wojewodiwka ist ein Vorort von Sjewjerodonezk. In der Stadt gab es schwere Kämpfe.

Süden:

- Mariupol:

Der ukrainische Generalstab berichtet von weiteren Luft- und Artillerieangriffen auf das Asow-Stahlwerk in Mariupol. Die russischen Truppen setzen dort ihre Sturmversuche fort. Insgesamt spricht die ukrainische Militärführung in ihrem Lagebericht von neun abgewehrten russischen Angriffen. Dabei seien unter anderem ein Kampfhubschrauber vom Typ Mil Mi-28 (NATO-Code: HAVOC), 19 Panzer und 20 gepanzerte Militärfahrzeuge abgeschossen worden.

Die ukrainische Regierung plant als nächstes die Evakuierung der verwundeten Soldaten und Ärzte aus dem Stahlwerk, erklärte Präsident Wolodymyr Selenskyj.

- Melitopol:

Der Bürgermeister von Melitopol, Ivan Fedorov, warnt vor einem russischen Angriff unter falscher Flagge am 9. Mai: „Russische Truppen planen, auf Zivilisten zu schießen, Demonstranten zu zerstreuen und alles zu tun, um bei den Feierlichkeiten am 9. Mai Chaos und Panik zu provozieren.“ Russland würde dann versuchen, den ukrainischen Streitkräften die Attacke anzuhängen.

- Mykolajiw:

In Mykolajiw gab es mehrere Explosionen.

- Odessa:

In Odessa waren mehrere Explosionen zu hören. Dabei blieb zunächst unklar, ob es sich um russische Raketentreffer handelte oder um Abwehrfeuer der ukrainischen Luftverteidigung. Bei einem russischen Raketenangriff wurde Kriegsgerät der ukrainischen Luftwaffe zerstört. Mehr als 250 Wohnungen seien durch Raketenbeschuss beschädigt worden, teilt der Stadtrat mit. Davon sei nur noch ein Viertel derzeit bewohnbar.

- Schlangeninsel:

Die strategisch wichtige Schlangeninsel (Zmiinyi) liegt ca. 35 Kilometer von der Küste entfernt direkt vor dem Donaudelta im Gebiet Odessa. Die russische Luftabwehr hat über der Schlangeninsel in der letzten Nacht, zwei ukrainische Jagdbomber vom Typ Suchoi Su-24 (NATO-Code: FENCER), einen Hubschrauber Mil Mi-24 (NATO-Code: HIND) und eine Drohne vom Typ BAYRAKTER abgeschossen. Die Ukrainer ihrerseits gaben an, sei hätten über der Insel einen russischen Transporthubschrauber mit einer Drohne abgeschossen, als dieser gerade entladen wurde. Ein entsprechendes Video wurde publiziert. (https://www.n-tv.de/politik/16-25-Kanadischer-Regierungschef-Trudeau-besucht-Ukraine--article23143824.html)

Transnistrien:

In Transnistrien hat – nach Angaben des ukrainischen Generalstabs – eine Art Generalmobilmachung begonnen. Die russischen Streitkräfte sowie bewaffnete Gruppen befänden sich „inmitten der Vorbereitungen für den Kampf“.

Verluste:

Ukraine: Das russische Militär hat nach Angaben seines Verteidigungsministeriums in der vergangenen Nacht eine ukrainische Korvette mit Flugkörpern getroffen und versenkt. Der Name des Schiffes wurde nicht bekannt gegeben. Dies war auch nicht nötig, da die ukrainische Marine (Wiys’kowo-Mors’ki Syly Ukrayiny - WMSU) nur über eine einzige Korvette verfügt, die „Winnizja“ (takt. Nr. U206), ein Schiff der Grischa-II-Klasse. Das Schiff ist schon lange nicht mehr fahrtüchtig. Es lag die letzten 14 Jahre ausschließlich am Dock in Odessa und war als lediglich als „Museumsschiff“ vorgesehen. (https://odessa-journal.com/a-floating-museum-on-a-warship-in-odessa/)

Zivilbevölkerung:

Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenkyj erinnerte daran, dass die Russen In dem seit zweieinhalb Monaten dauernden Angriffskrieg bereits 200 Kulturerbestätten angegriffen hätten.

ABC-Waffen:

- Atomwaffe/AKWs:

Kritiker der NATO werfen ihr vor, mit der NATO-Osterweiterung massiv gegen die Sicherheitsinteressen Russlands und damit die eigene Sicherheit verstoßen zu haben. Dabei wird i. d. R. übersehen, dass die NATO auf das Ende des Kalten Krieges reagierte, indem sie eine exorbitante Abrüstung in Europa ermöglichte. So wurden im Rahmen des Vertrags über Konventionelle Waffen in Europa (KSE) auf dem Kontinent über 50.000 Großkampfsysteme (Kampfpanzer, Haubitzen, Hubschrauber, etc.) vernichtet. Zum Teil handelte es dabei um fabrikneue Systeme.

In gleicher Weise wurde eine umfangreiche Abrüstung im Nuklearbereich ermöglicht: Während des Kalten Krieges existieren in der Bundesrepublik über 100 „Sonderwaffenlager“ (am.: Special Ammunition Sites – SAS) mit 5.500 US-Atomwaffen. Hinzu kam noch eine kleinere Anzahl von Lagern mit britischen Atomwaffen.

Von diesem Arsenal ist nur noch ein einzelnes US-Atomwaffendepot auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel übriggeblieben, in dem schätzungsweise 10 bis 20 Wasserstoffbomben vom Typ B61 lagern. Während das Atomwaffenlager erhalten bleibt, wird der Flugverkehr auf dem Luftstützpunkt nun vorübergehend reduziert, da der ganze Flughafen modernisiert werden soll: Sanierung der Flugbetriebsflächen und Flugbetriebseinrichtungen, Neubau des Außenzauns einschließlich Postenweg, Neubau einer Feuerwache und Neubau der Wärmeversorgungsanlage. Hinzu kommen weitere Maßnahmen zur Unterbringung der zukünftigen Jagdbomber.

Die dort dislozierten EUROFIGHTER vom Taktischen Luftwaffengeschwader 33 (TaktLwG 33) unter dem Kommando von Oberst Thomas Schneider, die als Trägersysteme für die Atombomben vorgesehen sind, werden vorübergehend auf dem 77 km entfernten Fliegerhorst Nörvenich zum TaktLwG 31„Boelke“ verlegt. Dies betrifft 450 Soldaten und 25 Maschinen. Der Umzug beginnt im Juni 2022. Die Sanierungsmaßnahmen haben bereits 2019 begonnen und werden voraussichtlich bis mindestens Februar 2026 dauern. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sind voraussichtlich auf 259 Millionen Euro; hinzu kommen weitere Millionen für den Umbau der Infrastruktur auf den zukünftigen Jagdbomber. Da das TaktLwG 33 als einziger Nuklearverband der Bundeswehr seine atomare Kampfrolle in den kommenden Jahren offenbar weiter wahrnehmen soll, müssten die Bomben im V-Fall per Lkw-Transport erst nach Nörvenich gebracht werden, oder die Jagdbomber müssten zur Beladung nach Büchel zurückkehren.

Jedenfalls bleibt der Fliegerhorst in Büchel prinzipiell für eine begrenzte Anzahl von Flügen geöffnet. Dies gilt insbesondere für die amerikanischen Transportflugzeug Boeing C-17 GLOBEMASTER III des 62nd Airlift Wing aus Tacoma im US-Bundesstaat Washington. Dies ist das einzige Transportgeschwader der US Air Force, das lizensiert ist, um Atomwaffen und ihre Komponenten zu befördern. Wenn das Geschwader nach der Sanierung auf seinen Heimatstandort zurückkehrt, wird es auf die Jagdbomber F-35A LIGHTNING II umgerüstet. Die bisherigen Atombomben werden dann ebenfalls ausgetauscht durch den neuen Typ B61-12. https://www.flugrevue.de/militaer/familientag-des-taktlwg-33-f-35a-macht-stippvisite-in-buechel/)

NATO:

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow will seine Luftwaffenpiloten bald auch auf westlichen Kampfflugzeugen ausbilden lassen. Genannt wurden das amerikanische Erdkampfflugzeug A-10 THUNDERBOLT II aus den siebziger Jahren, die US-Kampfflugzeuge F-15 EAGLE und F-16 FIGHTING FALCON sowie die schwedische Saab JAS 39 GRIPEN aus schwedischer Produktion. (https://www.n-tv.de/politik/11-19-Russland-meldet-Zerstoerung-ukrainischer-Korvette--article23143824.html)

BRD:

Politik: Die Querelen um die Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) und die „Gazprom“-„Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ unter Leitung von Christin Klinger und Erwin Sellering (SPD) in Schwerin (Grunthalplatz 13) dauern an. Immer mehr Details und Personalien zum Bau der Pipeline Nord Stream 2 (NS2), der Einflussnahme von „Gazprom“ auf die Landespolitik und Planungen zur Umgehung von drohenden US-Sanktionen werden bekannt. So berichtete die „Bild“-Zeitung: „Schwesigs Stiftung fungierte offenbar als schwarze Kasse, aus der Rechnungen für den Kreml beglichen wurden.“ (https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/schwesig-unter-druck-schummel-stiftung-zahlte-rechnung-fuer-gazprom-79944292.bild.html) Und: „Die Stiftung betrieb mit gewaltigem Aufwand das Geschäft der Russen in Deutschland, gründete Tarnfirmen, mietete Hafenanlagen für mindestens 1,7 Millionen Euro pro Jahr, kaufte ein millionenteures Spezialschiff für Bagger- und Schüttarbeiten unter Wasser, beglich Rechnungen für Experten und Dienstleister – alles finanziert und im Auftrag von Putins Gas-Giganten!“ (https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/manuela-schwesigs-schummel-stiftung-nur-kreml-tarnung-79974550.bild.html) Nun muss Wladimir Putin entscheiden, wie es in seinem Mecklenburg-Vorpommern endlich weitergehen soll. (https://klimastiftung-mv.de/)

Militärdebatte: Die Kriegsberichterstattung in den Mainstream-Medien ist ausgesprochen bescheiden. Dies kann nicht verwundern, wenn man bedenkt, dass bei „ARD“ und „ZDF“ vermutlich 1.000 Redakteure für „Sport“ zuständig sind, 100 für „Volksmusik“, 10 für „Küchenschlachten“ und nur 1 für Kriegsberichterstattung.

Gleiches gilt für die sogenannte „Friedensforschung“: Zur Jahrtausendwende hatte die damalige Rot-Grüne Regierung unter Gerhard Schröder und Joseph „Joschka“ Fischer die „Kritische Friedensforschung“ durch Millionenspenden an die „Friedensforschungsinstitute“ kaputtgemacht. Fortan kümmerten sich die „Friedensforscher“ vorwiegend um irgendeinen Quark wie „good governance“ oder esoterische Orchideen-Themen wie etwa einen Vulkanausbruch auf den Philippinen und seinen gesellschaftlichen Folgen. Angesichts ihrer dekadenten Domestizierung können die „Friedensforscher“ in der gegenwärtigen Ukrainekrise kaum eine nennenswerte Rolle spielen.

Die rammdösigen „Volksparteien“ und die entsprechenden Alternativangebote kann man ohnehin vergessen.

So konstatierte Prof. Dr. Thomas Jäger, Politologe an der Uni Köln: „Das Problem der deutschen Debatte ist, dass sie fachlich unterirdisch ist. (…) Wir sind einer sicherheitspolitischen Diskussion zwanzig Jahre lang entwöhnt worden, und können sie als Gesellschaft momentan nicht wirklich führen.“ (https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Deutsche-Ukraine-Debatte-ist-fachlich-unterirdisch-article23317492.html)

Die russische Friedensaktivistin und Studentin der Chemie, Polina Oleinikova, die Ende März von Moskau nach Berlin flüchtete, kritisiert denn auch die deutschen Verhältnisse:

„Ich konnte mich einfach nicht an diese neue Realität (in Russland, G. P.) gewöhnen. Immer wieder Massenverhaftungen wegen Protesten, ich wurde auch zweimal festgenommen – ein drittes Mal, dann wäre mir der Prozess gemacht worden. (…) Dann haben mich Fremde mit ihren Handykameras verfolgt. Außerdem hatten wir Sorge, dass Kriegsrecht verhängt wird und wir nicht mehr wegkönnen. Da hieß es für uns: jetzt oder nie. (…)

Als wir frisch nach Berlin gekommen sind, war ich richtig glücklich, weil überall ukrainische Flaggen hingen. Und weil wir mit Tausenden Menschen für den Frieden demonstriert haben. Aber das ist längst vorbei, jetzt kommen meist nur noch eine Handvoll Menschen zu Protesten. Und die Regierung hilft Russland viel mehr als der Ukraine.

Durch die Gaskäufe fließen irrsinnige Geldströme in Putins Tasche; viel mehr als Berlin in Form finanzieller oder militärischer Hilfe nach Kiew schickt. Und trotzdem sträubt sich die Bundesregierung gegen ein Embargo.“ (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_92148672/antikriegs-aktivisten-die-bundesregierung-hilft-russland-mehr-als-der-ukraine-.html)

Waffenexporte: Gregor Gysi (Die Linke) meldete von seiner Reise durch die Ukraine: „Ich bin mit dem Putin-Regime fertig.“ Er gestand der Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung zu, aber nicht mit Waffen aus Deutschland: „Wir haben 27 Millionen Tote im Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion, überwiegend Russinnen und Russen, verursacht. (…) An zweiter Stelle kommen schon die getöteten Ukrainerinnen und Ukrainer und dann Menschen anderer Nationalitäten.“ Deutschland dürfe nun nicht eine Ex-Sowjetrepublik gegen die andere aufrüsten. (https://www.n-tv.de/politik/Gysi-ist-gegen-Waffenlieferungen-an-Ukraine-article23317161.html)

Humanitäre Hilfe: Die Ministerin für Entwicklungshilfe Svenja Schulze (SPD) kündigte an, dass das Budget für humanitäre Hilfe aufgestockt wird: „Mir ist es wichtig, dass Deutschland die Ukraine nicht nur militärisch unterstützt, sondern auch das Leben für die Menschen erträglicher macht (…) Dafür haben wir jetzt das Sofortprogramm für die Ukraine von 122 Millionen auf 185 Millionen Euro aufgestockt. Damit wird die Trinkwasserversorgung wiederhergestellt, werden zerstörte Wohnungen, Schulen und Kindergärten wiederaufgebaut.“

Russophilie: In Köln demonstrierten am Sonntag rund 1.000 Personen für Putin und seinen Feldzug in der Ukraine. Dabei war auch der russische Karnevalsverein „Nachtwölfe“ (russ.: Notschnyje Wolki). (https://de.wikipedia.org/wiki/Nachtw%C3%B6lfe) Etwa 50 Gegendemonstranten hatten sich entlang der Demo-Route platziert. (https://www.focus.de/politik/deutschland/auch-nachtwoelfe-waren-dabei-korso-fuer-putin-1000-menschen-bei-pro-russland-demo-in-koeln_id_96069168.html)

Großbritannien:

Großbritannien stellt der Ukraine weitere 1,3 Milliarden Pfund (rund 1,5 Milliarden Euro) an Militärhilfen zur Verfügung. Damit wird die bislang zugesagte Summe nahezu verdoppelt.

Finnland:

Finnland hat eine 1.340 Kilometern lange Grenze zu Russland (zum Vergleich dazu: die Landgrenze zwischen dem NATO-Mitglied Norwegen und Russland beträgt lediglich 197,7 km). Zuletzt stand das Land von 1939 bis 1940 im Krieg mit der damaligen Sowjetunion. Nach einer vorgetäuschten finnischen Provokation am Grenzort Mainila verübte Russland am 30. November 1939 seinen vorerst letzten militärischen Angriff auf Finnland, wurde aber davon überrascht, wie vehement sich die Finnen im sogenannten „Winterkrieg“ (finnisch: „talvisota”, russ.: „simnjaja woina“) zur Wehr setzten. Die UdSSR obsiegte schließlich und Finnland musste mit Karelien einen großen Teil seines Territoriums an die Sowejtmacht abtreten. Henrik Meinander, Historiker der Universität Helsinki, resümierte: „Finnland wurde verstümmelt und verwundet, blieb aber unabhängig.“

Auf den Friedensvertrag von Moskau vom 13. März 1940 folgte 1948 ein Freundschaftsabkommen, das Finnland verpflichtete, dem großen Nachbarn im Falle eines deutschen Angriffs beizustehen. Gleichzeitig bauten die Finnen wachsende Handelsbeziehungen mit dem Westen auf. Im Jahr 1995 wurde Finnland schließlich in die EU aufgenommen. Dennoch feilte man weiter an seinem Profil als neutraler Staat, die Rede war von der „Finnlandisierung“. Nun strebt das Land seine Aufnahme in die NATO an. Dazu erklärte der Historiker Meinander: „Die gesamte finnische Identität baut auf der Idee auf, dass wir verhindern wollen, dass Finnland Teil Russlands wird. Es ist entscheidend, dass wir nicht russisch werden wollen.“ Und sein Kollege Kimmo Rentola ergänzt: „Tatsächlich hat Putin quasi selbst entschieden, dass Finnland der NATO beitreten wird.“ (https://www.n-tv.de/politik/Finnlands-Spagat-zwischen-Russland-und-NATO-article23317466.html)

G7:

Die G7-Staaten, darüber die BRD, haben sich auf einen Boykott russischen Öls geeinigt.

Russland:

In Moskau fand die Generalprobe für Putins geklaute Siegesparade am 9. Mai statt. Präsentiert werden hochmoderne Waffensysteme, die in der Ukraine nicht zum Einsatz kamen: nukleare Interkontinentalraketen, Kampfpanzer T-14, Luftabwehrraketen S-400, Kampfroboter URAN 9, etc.. Es wird erwartet, dass Staatspräsident Wladimir Putin eine schöne Rede hält.

Sonstiges:

Sorry, dies ist – wegen Urlaub - der vorläufig letzte, tägliche Bericht zum Krieg in der Ukraine. Passt schön auf Euch auf!