Das syrische Flugkörperarsenal
von Gerhard Piper
1. Januar 2013
Der syrische Bürgerkrieg hat seit März 2011 rund 60.000 Tote gefordert. Es ist damit zu rechnen, dass es in diesem Jahr zur Entscheidung über das zukünftige Regime kommt. Im Dezember 2012 haben die syrischen Regierungstruppen mindestens acht Scud-B-Raketen auf Stellungen der Rebellen bei Aleppo abgefeuert. Die Meldung, die amtierende syrische Regierung hätte auch chemische Waffen am 24. Dezember 2012 in Homs eingesetzt, erwies sich offensichtlich als Propagandalüge. Dennoch werden am 8. Januar 2013 die ersten Patriot Pac-3 der beiden Flugabwehrraketenbatterien der Bundeswehr in Sanitz und Bad Sülze über den Hafen Travemünde ins türkische Kahramanmaras verschifft. (1) Die Patriots sollen zur Abwehr eines möglichen syrischen Raketenangriffs auf die Türkei dienen. Außerdem beteiligen sich die Niederlande und die USA an diesem NATO-Einsatz, so wollen die Amerikaner eine Patriot-Batterie zur Abwehr eines Flugkörperangriffs an Bord eines ihrer Flugzeugträger stationieren. Der folgende Artikel beschreibt das syrische Flugkörperarsenal, seine Zusammensetzung und Technik.
I. Das Raketenkommando der Heeresstreitkräfte
Seit Anfang der siebziger Jahre haben die syrischen Streitkräfte ein umfangreiches Flugkörperarsenal aufgebaut. Zunächst erfolgte der Aufbau mit sowjetischer Hilfe; als Russland in den neunziger Jahren seine Auslandsaktivitäten vorrübergehend zurückfuhr, bezog die Regierung in Damaskus Unterstützung aus Nordkorea, der Volksrepublik China und dem Iran. So verfügt Syrien heute über ein ganzes Sammelsurium von verschiedenen Raketentypen, ihren unterschiedlichen Versionen und verschiedenen Varianten. Das derzeitige Arsenal umfasst Boden-Boden-Raketen mit Flüssigkeits- oder Feststoffantrieb und Marschflugkörper, die – im Gegensatz zu den Raketen – den Sauerstoff für ihre Verbrennungsmotoren aus der Umgebungsluft beziehen.
Die syrische Raketenrüstung unterliegt einer strengen Geheimhaltung, zumal ein Teil der Flugkörper mit chemischen Gefechtsköpfen bestückt werden kann. Daher sind die verfügbaren Informationen z. T. falsch, z. T. widersprüchlich und z. T. veraltet. Über die genaue Anzahl der Raketen liegen keine zuverlässigen Angaben vor. In früheren Jahren konnte die Zahl der Raketen einfach anhand der entsprechenden Rüstungsimporte erfasst werden; seitdem Syrien dazu übergegangen ist, die Flugkörper selbst zu bauen, ist dies nicht mehr möglich.
Die Flugkörper sind dem Heer und der maritimen Küstenverteidigung zugeordnet. Die syrischen Heeresstreitkräfte („al Jaish“) haben ihre Boden-Boden-Raketen in einem einzigen Raketenkommando zusammengefasst, das seinen Sitz in Aleppo hat. Darüber hinaus sollen aber einzelne Raketeneinheiten dem Präsidentenpalast direkt unterstellt sein. (2)
Das Raketenkommando gliedert sich in mindestens drei, eventuell sogar vier Brigaden. Heutzutage verfügt jede Brigade über einen einzigen Raketentyp. So gibt es eine Frog-Brigade, eine gemischte Brigade mit verschiedenen Scud-Versionen und eine Scarab-Brigade. (3) Außer mobilen Werferfahrzeugen ist ein Teil der Raketenstreitmacht in ortsfesten Silos verbunkert.
Über die Zielplanung der syrischen Raketentruppen ist wenig bekannt. Ein Krieg gegen die NATO bzw. die Türkei gehörte in den letzten Jahrzehnten nicht zu den Kriegsplänen der syrischen Regierung. Diese sah in Israel ihren Hauptfeind und richtete danach die Dislozierung ihrer Streitkräfte und ihre Operationsplanung aus. Zu den potentiellen Raketenzielen gehören die Industriezonen um Tel Aviv und Haifa, die Fliegerhorste der israelischen Luftwaffe, die Jericho-Raketenstellung bei Sdot Micha und das Atomwaffenlager auf dem Gelände des Atomkraftwerkkomplexes in Dimona oder die Bergrücken des Golan. (4)
Es ist nicht bekannt, wieviele Soldaten in den letzten eineinhalb Jahren aus den Raketenverbänden desertiert sind. Bekannt wurde der Fall des Leutnants Aaraba Idriss. (5)
9M21-1 Luna-M / Frog-7B
Die Hauptverwaltung für Raketen und Artillerie des sowjetischen Verteidigungsministeriums (GRAU) gab dem Flugkörper die Bezeichnung „9M21-1 Luna-M“, bei der NATO ist er unter der Code-Bezeichnung „Frog-7B“ bekannt. Es handelt sich um eine einstufige Boden-Boden-Rakete kurzer Reichweite. Die Rakete ist ungelenkt, daher stammt die amerikanische Bezeichnung „free rocket over ground“ (Frog). Die Syrien haben aus Russland eine Exportversion der Frog-7 bezogen.
Die ersten Frog-1 wurden ab Mitte der fünfziger Jahre bei den Sowjetstreitkräften eingeführt, die Frog-7A ab 1964, die Frog-7B folgte 1968.
Die Länge der Rakete beträgt 9,4 m bei einem Durchmesser von 0,54 m. Ihre Startmasse beträgt ca. 2,5 Tonnen. Ihr Gefechtskopf hat ein Gewicht von 500 bis 550 kg (6), nach anderen Angaben 390 kg. (7) Der Gefechtskopf der Frog-7B beherbergt Streumunition. Die syrischen Raketen sollen neben einem konventionellen auch über einen chemischen Gefechtskopf verfügen. (Auch die sowjetischen Streitkräfte verwendeten einen chemischen Gefechtskopf vom Typ 9M21G, dessen Gewicht mit 36 kg angegeben wird.) Als Treibsatz wird Nitroglyzerinpulver verwendet. Die Rakete hat eine Reichweite von ca. 70 km. (8) Sie erreicht eine Geschwindigkeit von Mach 3. Die Zielabweichung (Circular Error Probable – CEP) beträgt 500 bis 700 m. (9) Genau genommen gibt der CEP nicht die Treffgenauigkeit sondern die Treffgenauigkeitswahrscheinlichkeit an: Er besagt, bis zu welchem Radius die Hälfte aller auf ein Ziel abgefeuerten Flugkörper einschlagen, während der Rest irgendwo außerhalb von dieser Entfernung runterkommt.
Das Startfahrzeug trägt die Typenbezeichnung 9P113. Es handelt sich um eine Spezialversion des Lkw SIL-135LM (8x8). Hinzu kommen Ein Führungsfahrzeug GAZ-66, Raketentransportfahrzeuge vom Typ 9T29 (8x8), ein Fahrzeug mit dem End Tray-Wetterradar, etc..
Im Jahre 1972 wurde die 96. Raketenbrigade aufgestellt. Sie gliedert sich in 3 bis 4 Bataillone mit insgesamt 24 nachladbaren Werferfahrzeugen (engl.: Transport-Erector-Launcher – TEL). Syrien soll über 100 Raketen verfügen. (10) Bereits im Jom-Kippur-Krieg gegen Israel im Oktober 1973 wurden die ersten Frog-7B eingesetzt.
Zelzal-2
Außerdem verfügt das syrische Heer über mehrere Zelzal-2. Dabei handelt es sich um eine iranische Weiterentwicklung der Frog-7. Diese vergrößerte Rakete hat eine Länge von 16 m bei einem Durchmesser von 0,61 m und einem Startgewicht von 3.545 kg. Die Rakete verschießt einen Gefechtskopf von 600 kg 210 km weit.
Golan-1 / 9K72 Elbrus / SS-1c Scud B
Bei Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 erbeuteten die sowjetischen Streitkräfte zahlreiche deutsche Raketen vom Typ A-4/V-2. Außerdem konnten sie mehrere Raketentechniker aus Peenemünde gefangen nehmen und in die Sowjetunion verschleppen. Nach Kriegsende begannen die sowjetischen Techniker sogleich damit, die A-4 nachzubauen und schließlich zu verbessern. So entwickelten die Russen unter Leitung von Viktor Makejew vom Speziellen Konstruktionsbüro OKB-1 seit 1951 die SS-1b Scud-A, die 1954 ihren Erstflug hatte. Gefertigt wurde die Rakete im SKB-385 in Slatoust. Später wurden weitere Versionen entwickelt.
Das operativ-taktische Waffensystem SS-1c Scud-B (russische Bezeichnung: 9K72 Elbrus) wurde 1964 bei den sowjetischen Heeresstreitkräften eingeführt. Es besteht aus dem Raketentyp 9M72 und einem Werferfahrzeug - zunächst 2P20, dann 9P113 Uragan/Kashalot und schließlich ein 9P117(M). Die Flüssigkeitsrakete hat eine Länge von 11,25 m bei einem Durchmesser von ca. 0,84 bis 0,88 m. Das Startgewicht beträgt 5.900 kg. Ihre Reichweite beträgt 260 bis 300 km. Dabei beschleunigt der Flugkörper auf Mach 5. Die Treffgenauigkeit beträgt 300 bis 450 m CEP.
Das Gefechtskopfgewicht liegt bei 770 bis 985 kg. Ein Teil dieser Raketen besitzt konventionelle Gefechtsköpfe vom Typ 8F44F aus hochexplosivem Sprengstoff, der mit 1,4 km/s auf sein Ziel zurast. Er hinterlässt – je nach Bodenbeschaffenheit - einen Krater von rund 12 m Durchmesser bei einer Tiefe von bis zu 4 m. Darüber hinaus sollen rund 100 bis 200 Gefechtsköpfe mit chemischem Kampfstoff gefüllt sein. (So verwendeten die sowjetischen Streitkräfte einen Gefechtskopf 8F44G Tuman-3 mit 555 kg eingedicktem VX.) Ungefähr seit 1985 produziert Syrien Scud-Raketengefechtsköpfe mit Sarin. Eine Scud-B wurde im Jahr 1998 erstmals mit einem VX-Gefechtskopf getestet, ein weiterer Test fand im Juli 2001 statt. (11)
Die einstufige Flüssigkeitsrakete verwendet als Brennstoff Kerosin bzw. Trikresol oder 1,1-Dimethylhydrazin und als Oxidator rotrauchende Salpetersäure (IRFNA) (12) Diese Substanzen sind giftig bzw. ätzend, daher müssen die Bedienmannschaften beim Auftanken ABC-Schutzanzüge tragen. Als Raketenmotor wird ein 9D21 von Aleksej Michajlowitsch Isajew verwendet. Sollten daher ausländische Aufklärungssatelliten feststellen, dass Soldaten in ABC-Schutzanzügen an den Raketen hantieren, deutet dies auf einen unmittelbar bevorstehenden Raketenstart hin; allerdings bedeutet dies nicht automatisch den Einsatz von Massenvernichtungsmitteln.
Die ersten Scud B wurden 1974 von der damaligen Sowjetunion an Syrien geliefert. (13) Die syrischen Streitkräfte sollen über 18 Werferfahrzeuge verfügen. (14) Für diese stehen – nach unterschiedlichen Angaben - über 60 bis 350 Raketen verfügen. (15) Zum Abschuss dieser Flugkörper stehen mindestens 12 nachladbare Werferfahrzeuge bereit.
Zum Waffensystem gehört ein umfangreicher Fahrzeugpark. Zu nennen ist hier in erster Linie das Werferfahrzeug 9P117(M) auf Basis des Schwerlast-Lkw MAZ-543, das vom Zentralen Konstruktionsbüro Titan (TsKB) in Wolgograd entwickelt wurde. Hinzu kommen – nach Angaben von Peter Hall, einem früheren Politoffizier der NVA - folgende Fahrzeuge: Brennstofftankwagen 2G1U, Oxidatortankwagen 8G17M, Autodrehkran 9T31, Montagefahrzeug 9F233, Prüffahrzeug 8W41, Vermessungsfahrzeug GAZ-66T, Raketen-Transporter 2T3 zum Nachladen und ein Wasch- und Neutralisationsfahrzeug 8T311M. (16)
Über die Abschussprozeduren schreibt Peter J. Zaloga in seinem Buch „Scud Ballistic Missile and Launch Systems 1955-2005“ (S. 21-23):
„Each 9P117 TEL was assigned a launch crew of seven, consisting of an officer as launch section commander, two warrant officers (one in charge of aiming the missile, the other responsible for missile status checks), a sergeant driver-mechanic, and three enlisted men for various supporting tasks.
The preparation of the Scud missile for launch is broken down into six readiness levels, the first three called arsenal readiness, and the last three called field readiness levels. At Readiness Level 6, the missile is in storage, and periodic maintenance and testing are conducted every two years. At Readiness Level 5, the missile and its components are removed from storage, transferred to the brigade technical battalion, and the brigade prepares to move to its initial assembly areas. At Readiness Level 4, the warhead is mated to the missile fuselage and the missile is fueled with propellant and oxidizer. The brigade moves to the field to begin combat operations.
At Readiness Level 3 the launch section proceeds to the missile loading site, and loads the missile from the 2T3M semi-trailer on to the 9P117 launcher vehicle using a 9T31M crane, which takes about 45 minutes. In the meantime, the survey teams in VAZ-452 vehicles conduct surveys of the launch site, and the battery command vehicles are positioned near the sites. Readiness Level 2 begins when the 9P117 launcher vehicle arrives at the launch site. The 9P117 TEL is usually aligned 45 degrees to the right of its direction of fire, since the missile guidance is aligned with its number one fin. To ensure accuracy, the launcher needs weather data up to more than 60,000m, including wind direction and speed, air pressure, and humidity. The brigade´s meteorological section launches RKZ-1 radiosondes attached to a balloon that are tracked by a meteorological radar such as the RMS-1 (End Tray), RPS-1 (Bread Bin), or the improved ARMS-3 Ulybka (Leg Drive). The meteorological data is passed to the 9S436 command vehicle for computation of necessary guidance corrections and then sent to the launchers.
Once the 9P117 is aligned on its basic direction of fire, the crew members begin to carry out a carefully choreographed set of tasks. While 9P117 TELs can set up several kilometers apart, in most combat situations they usually are within 50 to 150m of the battery command post, with one launcher on each side of the command vehicle. The battery command vehicle, with an R-142 radio station, is the link to the battalion or brigade´s 9S436 command vehicle. The missile erection process begins by lowering the rear stabilizer jacks, pumping starter fuel to the engine turbo-pump, and checking the missile batteries. The missile alignment is checked using a theodolite collimator and gyroscopic alignment device, since the missile has to be set at a precise 90-degree angle. Erection of the missile takes about three minutes. The erector cradle is then lowered back on to the TEL roof. The final precision aiming of the missile takes place and the crew positions the 8V117 launch control box a safe distance from the missile. (…) With the missile checks complete, the crew moves away from the TEL and the section commander informs HQ that they have achieved Readiness Level 1. Prior to launch, the missile batteries are turned on and the internal gyros of the guidance system begin to spin. Once the batteries are activated, the missile must be launched within 15 minutes.
The launch sequence begins at 12 seconds prior to lift-off, when the turbo-pump begins to power up; the fuel and oxidizer are pumped into the rocket engine, which operates a 30 percent power for four seconds; then the engines switches to full power, and the missile lifts off. (…) The missile is under power for a maximum of 68 seconds. If the range is set for less than maximum, explosive squibs shut off the flow of fuel and oxidizer at a predetermined time to cut the engine off at once. The range envelope for the Scud B is 50-300km, and it requires 165-313 seconds to reach those ranges respectively. At short range, the missile has an apogee of 24km over the earth, while at full range the apogee is 86km.” (17)
Syrien ist mittlerweile in der Lage, die Raketen der verschiedenen Scud-Versionen in Eigenregie nachzubauen. Der syrische Nachbau der Scud-B trägt die Bezeichnung „Golan-1“. (18) Allerdings ist nicht bekannt, welche technischen Unterschiede zwischen der Golan-1 und der sowjetischen Originalversion bestehen.
Unterirdische Raketenfabriken sollen sich in Aleppo und Hama, (19) eventuell auch bei Damaskus und in Homs befinden. (20) Betreiber der Fabriken ist das so genannte Scientific Studies and Researsch Center (SSRC) mit Sitz in Damaskus. Eine wichtige Rolle spielen auch das Versorgungsamt des Heeres, das Higher Institute for Applied Sciences and Technology (HIAST) und die MAS Economic Group. (21) Die Produktionsrate beträgt 30 Flugkörper pro Jahr. (22) Zum Teil werden ganze Raketenkomponenten aus den Lieferländern (China, Iran, etc.) bezogen, die vor Ort nur noch zusammengebaut werden müssen. Zum Teil müssen bestimmte technische Komponenten weiterhin auf dem internationalen Schwarzmarkt beschafft werden. Diese Geschäfte werden z. T. über die Handelsfirma SES International Corporation abgewickelt. Außerdem ist die nationale Maschinenbau-Industrie nicht in der Lage eigene Werferfahrzeuge zu produzieren. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum die syrischen Streitkräfte einen Teil ihrer Boden-Boden-Raketen aus Silos abfeuern wollen. Es ist zu vermuten, dass die syrischen Streitkräfte ihre Raketen erst mit einem Fahrstuhl aus dem Silo hochfahren müssen, um sie mit dem hochgiftigen Treibstoff zu betanken und abzuschießen.
Bei dem Scud-Verband handelt es sich möglicherweise um die 155. Brigade, die über das 51., das 57. und das 78. Raketenbataillon verfügt. Nach Pressemeldungen befinden sich Scud-Raketenbasen in Al-Safira südlich von Aleppo, auf der Al-Samiyah-Basis bei Hama, auf der Straße von Hama nach As-Salamiyah, in Al-Nasariyah, bei Damaskus und an der Straße von Damaskus nach Homs. Ein Raketentestgelände ist in Minakh. Die Basis in Al-Safira wird von Flugabwehrraketen SA-2 Guideline geschützt. Sie verfügt über ein unterirdisches Tunnelsystem und zahlreiche Bunkeranlagen. Hier soll sich auch eine Fabrik zur Herstellung von chemischen Kampfstoffen befinden. (23)
Anfang Dezember 2012 feuerten die syrischen Regierungstruppen sechs Scud-Raketen von Al-Nasiriyah auf Stellungen der Rebellen in Nordsyrien, u. a. dem Luftwaffenstützpunkt Scheich Süleyman und Al-Dumayr. (24) Am 15. Dezember folgte ein weiterer Beschuss von Aleppo mit mehreren Scud-Raketen. (25)
Über das Waffensystem Scud-B ist man in der Bundesrepublik heutzutage ausgesprochen gut informiert, da die Nationale Volksarmee der DDR mit diesem Raketentyp ausgerüstet war. Es handelte sich um die 3. Raketenbrigade „Otto Schwab“ in Tautenhain und die 5. Raketenbrigade „Bruno Leuschner“ in Demen. Die Veteranen dieser beiden RBr stehen heute als Auskunftspersonen zur Verfügung.
9K72M Elbrus / SS-1d Scud-C
Die SS-1d Scud-C wurde in den sechziger Jahren vom OKB-1 entwickelt und hatte ihren Erststart im Jahr 1965.
Wie das Vorgängermodell Scud-B ist die Scud-C 11,25 m lang und hat einen Durchmesser von 0,88 m. Allerdings ist die Rakete wesentlich kompakter gebaut, so dass das Startgewicht 6.400 kg beträgt. Es handelt sich um eine Variante, die bei einem geringeren Gefechtskopfgewicht von 450 bis 600 kg eine wesentlich größere Reichweite von 500 bis 600 km erzielt. Jedoch beträgt ihre Zielabweichung - nach unterschiedlichen Angaben - 650 bis 2.600 m. Es dauert eineinhalb Stunden, um die Abschussbereitschaft einer Scud-C-Rakete herzustellen. (26)
Im Jahr 1980 beschafften die syrischen Streitkräfte dieses Raketensystem mit einem konventionellen Sprengkopf aus Russland. (27) Im Jahre 1994 bezogen sie auch konventionelle Cluster-Gefechtsköpfe. (28) Möglicherweise handelt es sich dabei um den russischen Gefechskopf 8F44K Kasetka mit 42 Bomblets a 122mm. Außer diesen Sprengköpfen aus hochexplosivem Militärsprengstoff sollen für die Scud-C mindestens 60 chemische Gefechtsköpfe mit Senfgas oder VX verfügbar sein. So wurde im Mai 1998 ein Gefechtskopf mit VX getestet. (29) Im Jahr 2007 kam es bei der Montage eines Raketengefechtskopfes mit Senfgas zu einem Unfall mit 15 Opfern. (30)
Rund 120 bis 150 Scud-C wurden 1991 bis 1996 von Syrien importiert. Sie stammen aus der Sowjetunion bzw. Russland und Nordkorea. Heute baut die syrische Regierung mit Hilfe aus Nordkorea und der Volksrepublik China die Scud-C in Eigenregie nach. Bei diesen Selbstbauten handelt es sich u. a. um die nordkoreanische Variante Hwasong-6 mit einem neuartigen Werferfahrzeug von den Vereinigten Automobilwerken Sungni in Tokchon. (31) Außerdem soll Syrien über die iranische Variante Shahab-2 verfügen.
Die syrischen Streitkräfte sollen – nach unterschiedlichen Angaben - über mindestens 50 bis 120 Raketen verfügen, die von 18 bis 36 mobilen Werferfahrzeugen aus abgefeuert werden können. Nach anderen Angaben lieferte Russland 1991 bis 1993 insgesamt 39 Werferfahrzeuge. (32) Nach Angaben von „Global Security“ verfügt das syrische Heer über eine Scud-Raketenbrigade, die aus drei Bataillonen mit jeweils 6 Werfern besteht. (33)
9K72-0 (Aerofon) / Rodong-1 / SS-1e Scud-D
Die Entwicklung der Scud-D begann im Jahre 1968 beim sowjetischen Zentralen Wissenschaftlichen Forschungsbüro für Automation und Hydraulik (TsNIAAG). Der Erstflug der Rakete fand im September 1979 statt. Aber die Raketenenwicklung konnte erst im Jahr 1989 abgeschlossen werden. Zu diesem Zeitpunkt standen bereits modernere Raketentypen (SS-21 Scarab, SS-23 Spider) zur Verfügung, so dass es nicht mehr zur Einführung der Scud-D bei den sowjetischen Heeresstreitkräften kam.
Die syrischen Streitkräfte sollen seit dem Jahr 2000 über die SS-1e Scud-D verfügen. Mit 12,3 bis 13,5 m ist diese Rakete etwas größer als ihre Vorgängermodelle. Nur der Durchmesser blieb mit 0,88 m unverändert. Die Rakete bringt es auf ein Startgewicht von 6.500 kg. Bei einem Gefechtskopfgewicht von 985 kg soll die Rakete eine Reichweite von 300 km haben. (34) Aber in der Literatur findet sich auch die Angabe, dass die Rakete bei einem reduzierten Gefechtskopfgewicht von rund 500 kg eine Reichweite von 700 km erzielen kann. (35) Durch ein verbessertes Navigationssystem ist die Zielabweichung mit 50 bis 190 m wesentlich geringer als bei den Ausgangsmodellen.
Angeblich haben die Syrer mit russischer Hilfe einen Gefechtskopf mit chemischer Submunition für die Scud-D entwickelt. Chemische Gefechtsköpfe wurden im September 2000 getestet. (36)
Im Mai 2000 bezog Syrien schätzungsweise 50 Raketen vom Typ Rodong-1, eine nordkoreanische Variante bzw. Weiterentwicklung der Scud-D. Diese hat eine noch größere Reichweite von bis zu 1.000 km (!), allerdings beträgt die Zielabweichung dann bis zu 4.000 m. Die Nordkoreaner bauen dazu ein eigenes Werferfahrzeug auf Basis eines Schwerlasttransporters des italienischen Herstellers IVECO. (37) Außerdem können die Syrer die Rakete mit Hilfe aus Nordkorea und dem Iran nachbauen.
Nach Angaben von „Global Security“ verfügt das syrische Heer über eine Scud-D-Raketenbrigade, die aus drei Bataillonen mit jeweils 6 Werfern besteht. (38) Um die Jahrtausendwende entstand in Al-Safira eine unterirdische Lagerhalle (130x30 m) für Scud-D-Raketen. Allerdings taucht die Scud-D – im Allgemeinen – in den Standardangaben zum syrischen Raketenkommando in Aleppo nicht auf.
Totschka / SS-21 Scarab
Die Totschka wurde in den sechziger Jahren vom sowjetischen Konstruktionsbüro Kolomna KBM als Nachfolgemodell für die Frog-7 entwickelt und ab 1976 bei den sowjetischen Streitkräften eingeführt. Die Syrer beschafften das Modell ab 1983. Während einige Quellen behaupten, die syrischen Streitkräfte würden über die Version 9K79 Totschka SS-21-A Scarab-A verfügen, (39) meinen andere, es sei die modernere 9K79-1 Totschka-U SS-21-B Scarab-B. (40) Die Quellenlage ist hier nicht eindeutig. Die Exportversion der Scarab-A besteht im Wesentlichen aus der Rakete 9M79 und dem Werferfahrzeug 9P129 (6x6) auf Basis des BAS-5921. Während der Fahrt ist die Rakete vollständig im Fahrzeug verborgen. Neben der sowjetischen Ursprungsversion verfügt Syrien möglicherweise auch über die nordkoreanische Variante KN-02 Toksa mit einem Werferfahrzeug MAZ-630308. (41)
Die Feststoff-Raketen Scarab-A und Scarab-B haben eine Länge von 6,4 m bei einem Durchmesser von 0,65 m. Ihr Startgewicht beträgt über 2 Tonnen. Die Rakete erreicht eine Gipfelhöhe von 26 km und hat eine Reichweite von 70 km (Scarab-A) bis 120 km (Scarab-B). Die Geschwindigkeit beträgt 18 km/s. Zur Steuerung der Raketen stehen sowjetische Navigationssatelliten vom Typ GLONASS zur Verfügung. Die Zielabweichung beträgt 160 m (Scarab-A) bzw. 90 m (Scarab-B).
Die Rakete kann mit einem konventionellen Sprengkopf 9N123F bestückt werden. Dieser Gefechtskopf hat ein Gesamtgewicht von 482 kg, davon entfallen 120 kg auf den hochexplosiven Militärsprengstoff. Demgegenüber gibt das Monterey Institute of International Studies das Gefechskopfgewicht mit 1.000 kg an. (42) Daneben gibt es noch einen Gefechtskopf 9N123K mit 50 Stück Streumunition vom Typ 9N24. (43) Außerdem soll für die syrischen Scarab ein chemischer Gefechtskopf verfügbar sein.
Zum Fahrzeugpark gehört außer dem Werferfahrzeug u. a. noch ein Raketentransporter 9T238 auf Basis des Lkw ZIL-131 und ein Kranfahrzeug 9T218. Als Feststoffrakete ist die Totschka innerhalb von 5 Minuten abschussbereit.
Eine Raketenbrigade ist mit 3 bis 4 Bataillonen und jeweils 9 Raketenwerfern ausgestattet. (44) Die englische Ausgabe von „Wikipedia“ gibt die Gesamtzahl der Raketen mit 36 Stück an und meint damit wohl die Zahl der Werferfahrzeuge. (45) Demgegenüber gibt die deutsche „Wikipedia“ die Gesamtzahl der Werfer mit 12 Fahrzeugen und die Zahl der Raketen mit 100 Stück an. (46) Für die nachladbaren Werfer stehen i. d. R. 2 bis 3 Raketen bereit. Das amerikanische „National Journal“ nannte 2012 eine Stückzahl von 200 Raketen. (47)
Verbunkerte Raketensilos sollen sich in den Bergregionen im Raum Damaskus und bei Palmyra befinden. (48)
M-9 / CSS-6 mod. 1
M-9 ist die Exportversion der chinesischen Rakete Dongfeng-15A (DF-15A), die von der NATO als CSS-6 (CSS = China Surface-Surface [-Missile]) bezeichnet wird. Diese Rakete wurde ab 1985 vom Konstruktionsbüro CASC entwickelt und von der Academy of Rocket Motors Technology hergestellt. Die Rakete wurde ab 1989 bei der chinesischen Volksbefreiungsarmee in Dienst gestellt.
Die M-9 ist eine Feststoffrakete mit einer Länge von 9,1 m bei einem Durchmesser von 1 m. Ihr Startgewicht beträgt 6,200 kg. Der konventionelle Gefechtskopf hat – nach unterschiedlichen Angaben - ein Gewicht von 320 bis 500 kg (49) oder 950 kg. (50) Die Reichweite beträgt 500 bis 800 km, die Zielabweichung liegt bei 150 bis 600 m. Die Raketen können innerhalb von 20 Minuten abgefeuert werden. Die chinesischen Streitkräfte verwenden die Werferfahrzeug TAS5450 und WS2400 (8x8). (51)
Nach amerikanischen Geheimdiensterkenntnissen haben die Syrer 1990/91 mehrere Raketen von der Volksrepublik China bezogen. (52) Außerdem sollen die Chinesen rund 140 Exemplare an Libyen geliefert haben. Als 2011 das Gaddafi-Regime zusammenbrach, soll Syrien davon 80 Flugkörper erhalten haben. (53) Über die Dislozierung und organisatorische Einbindung dieser Raketen – vorausgesetzt die obigen Angaben stimmen – liegen keine Informationen vor.
M-11 / CSS-7
M-11 ist die Exportversion der chinesischen Raketen Dongfeng-11 (DF-11) bzw. CSS-7. Die Entwicklung dieser Rakete begann schon in den siebziger Jahren bei der Sanjiang Missile Corporation, allerdings konnte das Waffensystem erst 1992 von der chinesischen Armee in Dienst gestellt werden.
Die Feststoffrakete hat bei einer Länge von 7,5 bis 7,8 m einen Durchmesser von 0,8 m. Sie transportiert einen konventionellen Gefechtskopf mit einem Gewicht von 800 kg, (54) nach anderen Angaben hat der Kopf nur ein reduziertes Gewicht von 500 kg (55). Die Reichweite beträgt 280 bis 350 km bei einer Zielabweichung von 500 bis 600 m. (56) Die Raketen können innerhalb von 15 bis 30 Minuten abgefeuert werden. Die Chinesen verwenden als Werferfahrzeug einen Schwerlasttransporter WS2400 (8x8). Angeblich soll Syrien – wie der Iran - über mehrere Exemplare verfügen, allerdings gibt es für diese Meldung keine Bestätigung.
M-600 / CSS-8
„M-600“ ist der syrische Name für die „Fateh 110A“, einem iranischen Nachbau der chinesischen CSS-8. Diese zweistufige Boden-Boden-Rakete wiederum basiert auf der chinesischen Flugabwehrrakete HQ-2, einem Nachbau der sowjetischen Wolchow bzw. SA-2 Guideline. Außer diesen Boden-Boden-Raketen verfügt die syrische Luftverteidigung auch über mehrere Bataillone dieser FlaRak. (57)
Die Feststoffrakete hat bei einer Länge von 8,86 m einen Durchmesser von nur 0,61 m. Nach Angaben des US-Kongresses beträgt ihr Gefechtskopfgewicht 190 kg (58), demgegenüber ist in anderen Quellen von bis zu 500 kg die Rede. (59) Bei einer Reichweite von 150 bis 250 km beträgt die Zielabweichung 100 m.
In den neunziger Jahren lieferte die Volksrepublik China rund 200 Exemplare an den Iran, von denen möglicherweise 50 Exemplare an Syrien weitergereicht wurden. (60) Seit 2008 verfügt Syrien über eine eigene Produktionsanlage, die mit iranischer Hilfe errichtet wurde. (61) Über die Dislozierung und organisatorische Einbindung dieser Raketen – vorausgesetzt die obigen Angaben stimmen – liegen keine Informationen vor. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die ausländische Satellitenaufklärung zwischen der Boden-Boden-Rakete und der Flugabwehrrakete unterscheiden kann.
Neben diesen Boden-Boden-Raketen (SSM) verfügt das syrische Heer noch über so genannte Feldraketen. Zwar werden diese auch vom Boden aus abgeschossen und gegen Ziele am Erdboden gerichtet, aber sie sind relativ klein, ungelenkt und habe eine begrenzte Reichweite und Sprengkraft. Daher bilden diese Raketen eine eigene Kategorie. Sie werden von Mehrfachraketenwerfern (russ. Bez.: Katjuscha) der Artillerieeinheiten im Salvenschuss zu Dutzenden abgefeuert, um ein Flächenziel zu zerstören oder das Zielgebiet "abzuriegeln". Das Heer verfügt über mehrere Hundert dieser Waffensysteme unterschiedlichen Kalibers: russische BM-21 Grad (122 mm), BM-14 (140 mm), BM-27 Uragan (220 mm) und BM-24 (240 mm), chinesische Type 63 (107 mm) und Khaibar 8 (302 mm) sowie iranische Ra´ad (220 mm), Fajr-3 (240 mm), Fajr-5 (333 mm) und Falaq-2 (333 mm).
II. Das Flugkörperarsenal der syrischen Küstenverteidigung
Neben diesen Flugkörpern zur Bekämpfung von Bodenzielen an Land verfügt die syrische Marine über mehrere Marschflugkörper zur Schiffsbekämpfung an Bord von Kriegsschiffen und an der Küste. Die Küstenverteidigung hat ihr Hauptquartier in der Hafenstadt Latakia und gliedert sich in 2 bis 3 Flugkörperbrigaden, die mit der Sepal, der Styx oder der Jahont ausgestattet sind. (62) Jede Brigade besteht aus rund einem Dutzend Batterien. (63) Feuereinheiten befinden sich u. a. in Latakia, Banias, Hamidieh und Tartus. Hinzu kommen noch die Flugkörperbewaffnung der syrischen Schnellboote der Osa I/II-Klasse mit Styx-Flugkörpern. Der Vollständigkeit halber sei hier nur am Rande vermerkt, dass die Küstenverteidigung auch noch 2 Artilleriebataillone mit Flak KS-19 und Kanonen M1954/M-46 besitzt.
4K44B Redut / SSC-1B Sepal
Der sowjetische Waffensystem SSC-1B Sepal wurde in den sechziger Jahren bei den sowjetischen Streitkräften eingeführt.
Das System bestand ursprünglich aus einem Werferfahrzeug SUP35B/V und einem Marschflugkörper 3M44/P-35B. Dieser hat eine Länge von 9,8 m und einen Durchmesser von 1 m. Der Gefechtskopf wiegt 800 bis 1.000 kg. Die Reichweite beträgt 300 bis 400 km. Der Marschflugkörper besitzt einen Feststoffantrieb und Radarsteuerung. Eine Flugkörperbrigade der syrischen Küstenverteidigung ist mit der SSC-1B Sepal ausgestattet.
4K40 / 4K40U / 4K51 Rubesh / SSC-3 Styx
Der Marschflugkörper 4K51 Rubesh (NATO-Code: SSC-3 Styx) wurde ab 1955 vom Konstruktionsbüro Raduga entwickelt und 1958 bei der sowjetischen Marine eingeführt.
Der Marschflugkörper ist 6,5 m lang und 0,78 m dick, während die Flügelspannweite 2,40 m beträgt. Sein Gesamtgewicht liegt bei ca. 2.500 kg. Allein sein panzerbrechender Gefechtskopf vom Typ 4G15 wiegt 513 kg. (64) Die maximale Reichweite beträgt 45 km (4K40) bzw. 75 km (4K40U) bzw. 85 km (4K51 Rubesh). Der Flugkörper wird durch ein Triebwerk Isayev P-15 angetrieben; als Brennstoff wird ein Gemisch AK-20K/TG-02 verwendet. Der Flugkörper besitzt eine Radarsteuerung durch das Square Tie- oder das 3Ts25E Garpun E-System. (65) Die Geschwindigkeit beträgt 300 m/s.
Mindestens eine der drei Flugkörperbrigaden der syrischen Küstenverteidigung verfügt immer noch über sechs nachladbare Werfer vom Typ 3P51 auf Basis des MAZ-543.
Außerdem sind die Flugkörperschnellboote der Moskit-Klasse (NATO-Code: Osa) der syrischen Marine mit diesem Waffensystem ausgerüstet: Es handelt sich um 8 Boote der Version Projekt 205 (Osa-I-Klasse) mit jeweils vier Startcontainer für die Flugkörper 4K40 (NATO-Code: SS-N-2A Styx) und 12 Boote der moderneren Baureihe Projekt 205U (Osa-II-Klasse) mit jeweils vier Flugkörpern 4K40U (NATO-Code: SS-N-2B Styx). Dazu sind die Schiffe mit dem Zielsuchradar MR-331 Rangout (NATO-Code: Square Tie) und dem Klion-Feuerleitradar ausgerüstet.
Der Flugkörper wurde erstmals während des Jom-Kippur-Krieges im Oktober 1973 durch die syrische und ägyptische Marine (erfolglos) eingesetzt. In der Seeschlacht von Latakia versenkte die israelische Marine u. a. drei Boote der Osa-I-Klasse. (66) Hier sei nur am Rande vermerkt, dass die Besatzungen mehrerer Osa-II-Boote in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen haben: m 24. August 2011 beschossen sie die Rebellenstellungen bei Latakia mit ihren 30-mm Schnellfeuerkanonen AK-230. Dabei gab es 25 Tote. (67) Die Flugkörper wurden (bisher) nicht eingesetzt.
K-300-P Bastion-P / SSC-5
Das Küstenverteidigungssystem SSC-5 wurde 1982 vom sowjetischen Unternehmen NPO Maschinostrojenija in Reutow entwickelt und 2002 in Dienst gestellt. Das System besteht aus einem mobilen Werferfahrzeug K-340P und dem Flugkörper 3M55 / SS-N-26 Strobile. Die Version der russischen Marine heißt „Onyx“, die Exportversion wird „Jahont“ genannt.
Die Flugkörper haben eine Länge von 8,9 m bei einem Durchmesser von nur 0,67 bis 0,72 m. Die Flügelspannweite beträgt 1,7 m. Die Startmasse liegt bei mindestens 3.000 kg. Sie tragen einen Radarsuchkopf und einen panzerbrechenden Gefechtskopf mit einem Gewicht von 250 bis 300 kg. Der Flugkörper ist in weniger als 5 Minuten einsatzbereit. Diese Marschflugkörper dienen der Schiffsbekämpfung, insbesondere der Bekämpfung von Flugzeugträgerkampfgruppen. Sie haben eine Reichweite von 120 km (niedrige Flugbahn) bis 300 km (hohe Flugbahn bei 14.000 m). Die erste Stufe wird durch einen Feststoffbooster angetrieben, die zweite Stufe durch ein Staustrahltriebwerk. Die Geschwindigkeit beträgt Mach 2,6 (hochfliegend) bzw. Mach 1,6 (niedrigfliegend). Der Flugkörper verwendet einen digitalen Radarsuchkopf Granit-Elektron. Die SSC-5 ist gegenüber Eloka-Störmaßnahmen relativ unempfindlich.
Eine der Küstenverteidigungsbrigaden ist mit 4 bis 6 Werfern K-340P. (68) Hinzu kommen 1 bis 2 Führungsfahrzeuge PBRK, vier FK-Transportfahrzeuge TLV-K342P und ein Bewachungsfahrzeug MOBD. (69)
Im Jahr 2007 unterzeichneten Syrien und Russland einen Vertrag über die Lieferung der SS-N-26. Nachdem der damalige russische Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow im September 2010 angekündigt hatte, dass die russische Regierung nun ihren Lieferverpflichtungen nachkommen wolle, gab es Proteste der amerikanischen und der israelischen Regierung. Dennoch lieferte Russland im Dezember 2011 zwei Waffensysteme K-300-P Bastion-P (NATO-Code: SSC-5) mit insgesamt 72 Flugkörper im Gesamtwert von 300 Millionen Dollar. (70)
C-802 / CSS-N-8 Saccade
Die Yingji-82 (YJ-82) bzw. CSS-N-8 Saccade ist eine chinesische Anti-Schiff-Rakete. Sie wurde von der China Haiying Electromechanical Technology Academy (CHETA) entwickelt und 1989 bei den chinesischen Streitkräften in Dienst gestellt.
Die Rakete hat eine Länge von 6,39 m und einen Durchmesser von 0,36 m bei einer Flügelspannweite von ca. 1,2 m. Ihr Gesamtgewicht beträgt 715 kg. Davon entfallen 165 kg auf den Gefechtskopf. Die Reichweite beträgt 120 km, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei Mach 0,9. Er rast in einer Höhe von 3 bis 5 m über der Wasseroberfläche mit Mach 0,9 auf sein Ziel zu. Der Flugkörper besitzt einen Radarsuchkopf. (71) Die syrischen Streitkräfte sollen den Flugkörper aus dem Iran bezogen haben. Weitere Details wurden dazu nicht bekannt.
Schluss
Die syrischen Streitkräfte verfügen über mehrere Hundert, vielleicht sogar Tausend Marschflugkörper und Boden-Boden-Raketen. Es handelt sich um ein ganzes Sammelsurium an Waffensystemen sowjetischer, russischer, chinesischer, nordkoreanischer, iranischer und syrischer Bauart: Frog-7B,Zelzal-2, SS-1c Scud-B, Golan-1, SS-1d Scud-C, Hwasong-6, Shahab-2, SS-1e Scud-D, Rodong-1, Totschka, KN-02 Toksa, CSS-6, CSS-7, M-600, CSS-8, SS-1C Sepal, SSC-3 Styx, SSC-5 und CSS-N-8 Saccade. Diese Flugkörper können aus ortsfesten Silos, von mobilen Werferfahrzeugen oder Osa-Schnellbooten aus abgefeuert werden. Die Reichweite der Rodong-1-Rakete soll 1.000 km betragen. Neben konventionellen Sprengköpfen soll ein Teil der Raketen auch mit chemischen Gefechsköpfen aus Haut- oder Nervenkampfstoffen bestückt sein. Allerdings ist nicht bekannt, wieviele dieser Flugkörper noch einsatzbereit sind, da ein unbekannter Teil ihrer Bedienungsmannschaften desertiert oder zu den Rebellen übergelaufen ist. Prinzipiell bestehen derzeit zwei Gefahren, dass die syrische Regierung einen Raketenangriff (mit Chemiewaffen) gegen die Rebellen im eigenen Land oder die Nachbarländer (Türkei, Israel, etc.) ausführt, oder islamistische Rebelleneinheiten solche Waffensysteme in ihre Gewalt bringen könnten. Ausländische Sonderkommandos sollen sich bereits in Syrien – hinter den feindlichen Linien – agieren, um notfalls einzuschreiten. Es bleibt abzuwarten, inwieweit eine Eskalation 2013 vermieden werden kann.
Quellen:
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(8) www.peterhall.de/lexikon/srbm/srbm24.html
(9) www.fas.org/man/dod-101/sys/missile/row/frog-7.htm
(10) http://derstandard.at/1353208215823/Syriens-beachtliches-Raketenarsenal
(11) http://www.meforum.org/510/poisoned-missiles-syrias-doomsday-deterrent
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(16) www.peterhall.de/lexikon/equipment/equipment33.html
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Ik2ZS_XtBc&sig=ply3T_ljcPHEinZ-Q56VFYbLaRs&hl=de&sa=X&ei
=k3vdUNKmMND3sgavzoDgBw&ved=0CGIQ6AEwBg#v=onepage
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