Militärforschung
  Ukraine-Krieg 2.0 - 37. Update
 

Ukraine-Krieg 2.0 – Update 37 vom 3. April (D+37)

Gerhard Piper

Lageentwicklung:

Putin: Der russische Staatspräsident Wladimir Putin stellt sich in der Öffentlichkeit gerne als ewig junggebliebener, drahtiger (Kampf-)Sportler und Abenteurer da. Die Russen lieben diesen Quatsch. Aber Putin, der am 7. Oktober 2022 seinen siebzigsten Geburtstag feiert, hat Aua, wie das Investigativorgan „Proekt“ nun berichtete: Rücken, Schilddrüse und Corona, etc.. So musste der Präsident in den letzten Jahren immer wieder die Staatsgeschäfte ruhen lassen und aus der Öffentlichkeit verschwinden, so in den Jahren 2015, 2017, 2018 und 2021, um sich medizinische Behandlungen zu unterziehen, während die Präsidialverwaltung im Kreml seine tage- oder wochenlange Abwesenheit vertuschte.

Seitdem er im Jahr 2012 einmal vom Pferd gefallen ist, hat er immer mal wieder Rückenprobleme. Im November 2012 musste er bei einer Gedenkveranstaltung humpeln, damals konnte er nicht länger als eine Stunde sitzen. Zeitweise musste Putin - wie früher John F. Kennedy - ein Korsett tragen. Nicht zuletzt traf er sich im Juli 2020 mit dem Leiter des Nationalen Medizinischen Forschungszentrums für Endokrinologie in Moskau, Iwan Iwanowitsch Dedow, der ihn über Schilddrüsenkrebs und über ein neues Hormonpräparat „informierte“. Im September 2020 erlegte sich Putin selbst eine Corona-Quarantäne auf, weil er nach einem Treffen mit russischen Sportlern laut eigenen Angaben zu viel Kontakt mit infizierten Personen gehabt hätte. Für 14 Tage zog er sich komplett aus der Öffentlichkeit zurück. In medizinischen Kreisen geht man davon aus, dass sich der Präsident in dieser Zeit einem komplizierten Verfahren im Zusammenhang mit einer Schilddrüsenerkrankung unterzog.

Aus den Akten schlossen die Investigativjournalisten darauf, dass Putin zwischen 2016 und 2017 in Sotschi regelmäßig von durchschnittlich fünf Ärzten begleitet wurde, 2019 waren es durchschnittlich neun. Im November 2019 besuchten ihn 13 Ärzte zum gleichen Zeitpunkt. Zu seinen Medizinern gehörten eine Spezialistin für Rückenmarksverletzungen, ein Onkologe (Iwan Dedow), ein Chirurg (Jewgeni Seliwanow), zwei HNO-Ärzte (Igor Esakow und Alexej Schcheglow) und ein Spezialist für Infektionskrankheiten. Ein Teil der behandelnden Ärzte ist an einer VIP-Klinik in Krylatskoe bei Moskau tätig. (https://www.hna.de/politik/ukraine-wladimir-putin-schilddruesen-krebs-steroid-hormone-bericht-gesundheit-proekt-aerzte-mkr-geruecht-91453274.html)

Kriegsverbrechen: Angesichts des Massakers von Butscha erklärte der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videobotschaft am Sonntagabend, er befürchte, dass sich noch „schrecklichere Dinge auftun könnten“ als das, was bisher über die Verbrechen in Butscha bekannt geworden ist. Andere Regionen des Landes stünden noch unter russischer Kontrolle. Dort könnten „noch mehr Tote und Misshandlungen“ bekannt werden:

„Denn das ist die Natur des russischen Militärs, das in unser Land gekommen ist. Sie sind Unwesen, die nicht wissen, wie sie es anders machen sollen. (…)

Warum wurden gewöhnliche Zivilisten in einer gewöhnlichen friedlichen Stadt zu Tode gefoltert? Warum wurden Frauen erdrosselt, nachdem sie ihnen die Ohrringe aus den Ohren gerissen hatten? Wie konnten sie Frauen vergewaltigen und sie vor den Augen der Kinder töten? Ihre Körper auch nach ihrem Tod verspotten? Warum haben sie die Körper von Menschen mit Panzern überfahren? Was hat die ukrainische Stadt Butscha Ihrem Russland getan?“ (https://www.spiegel.de/ausland/ukrainekrieg-wolodymyr-selenskyj-fordert-angela-merkel-auf-nach-butscha-zu-kommen-a-1f518023-2159-4d6e-9d4f-f39c29263ae8)

Kriegsende: US-Geheimdienstexperten vermuten, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen „Erfolg“ im Osten der Ukraine bis spätestens Anfang Mai anstrebt, um diesen bei der Siegesparade zum 9. Mai - zu den jährlichen Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs - öffentlichkeitswirksam zu zelebrieren.

Truppenaufmarsch:

 NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg rechnet nicht mit einem Abzug russischer Truppen aus der Umgebung von Kiew:

„Was wir sehen, ist kein wirklicher Rückzug, sondern wir sehen, dass Russland seine Truppen neu positioniert. (…) Die Angriffe werden weitergehen. Wir sind auch besorgt über mögliche verstärkte Angriffe, vor allem im Süden und im Osten.“ (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-die-news-eu-kuendigt-nach-butscha-weitere-sanktionen-an-a-81d2a515-9ee2-40ab-ab1b-b58da68d10c7)

Das japanische Verteidigungsministerium berichtete am 21. März 2022 über vier russische Landungsschiffe, die sich vor einer Woche mit westlichen Kursen durch die nördlichen japanischen Meerengen bewegt haben. Es handelte sich um die „Nikolay Vilkov“ (Alligator-Klasse), „Oslyabya“, „Admiral Nevelskov“ und „Peresvet“ (alle Ropucha-Klasse) – also den Gesamtbestand größerer amphibischer Kräfte der russischen Pazifik-Flotte! Die beiden ersten passierten offensichtlich von Petropawlowsk-Kamtschatka kommend am 15. März die Enge zwischen der Hauptinsel Honshu und Hokkaido, tags darauf gingen die letzteren durch eben diese Tsugaru-Straße, mit Kurs auf Wladiwostok. Dort, so vermutete man zum Zeitpunkt, sollten die verlegten Truppenteile auf die Schienen der Transsibirischen Eisenbahn verladen werden, um Verluste der russischen Streitkräfte in der Ukraine wieder aufzufüllen. Dies deckt sich mit Erkenntnissen, dass zwei Brigaden Marineinfanterie aus Wladiwostok und der Halbinsel Kamtschatka auf den Weg nach Westen in Marsch gesetzt wurden. (https://marineforum.online/maritime-nachrichten-schwarzes-meer-und-ostsee/)

Gefechte:

Der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte sagt, dass die Intensität der russischen Luft- und Raketenangriffe abnehme.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Vereshchuk erklärte am Sonntag, dass russische Truppen die Bürgermeister einiger Vororte Kiews, und von den Städten Kherson, Kharkiw, Saporischschja, Mykolajiw und Donezk als Geiseln genommen habe. Es handelte sich um insgesamt elf entführte Amts- und Würdenträger. So seien die Bürgermeisterin von Motyschyn bei Kiew, Olga Suchenko, sowie deren Mann von russischen Soldaten festgenommen und getötet worden. Demgegenüber berichtete der Gouverneur der Region Luhansk, die Bürgermeister der vier Städte Rubizhne, Stanytsia Luhanska, Milove und Markivka hätten die Seiten gewechselt und arbeiteten nun für Russland. (https://www.focus.de/politik/ausland/der-kriegsverlauf-in-der-ukraine-im-ticker-stadtrat-braende-nach-luftangriff-auf-odessa_id_52139887.html)

Kiew-Umgebung:

- Butscha:

Bei ihrem Abzug aus dem Raum Kiew haben die russischen Truppen über 400 Leichen in den Straßen der verschiedenen Gemeinden hinterlassen, erklärte die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa. Ein Teil der toten Männer wurde mit auf dem Rücken gefesselten Armen erschossen, so manche Frauenleiche lag nackt im Dreck. Besonders die Stadt Butscha (ca. 30.000 Einwohner) war betroffen, die die Russen bereits am 1. April verlassen haben. Hier wurden mindestens 280 Leichen geborgen. Auf dem Gelände einer Kirche wurde ein Massengrab ausgehoben, da die drei Friedhöfe der Stadt nicht benutzt werden können. Hier wurden schätzungsweise 57 Personen provisorisch bestattet; sie müssen später durch Rechtsmediziner exhumiert werden, um Kriegsverbrechen exakt nachweisen zu können.

Das russische Verteidigungsministerium bestritt jegliche Verwicklung in das Massaker. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlichte Beweise für mutmaßliche Kriegsverbrechen. Witali Klitschko erklärte: „Die russischen Soldaten haben eine Safari auf Zivilisten gemacht.“ (https://www.spiegel.de/ausland/vitali-klitschko-in-butscha-bei-kiew-die-russischen-soldaten-haben-eine-safari-auf-zivilisten-gemacht-a-49081ab9-a6d4-4d21-8da0-66b5a0393822) Angesichts der Vorkommnisse in Butscha haben die russischen Heuchler für den 4. April eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates einberufen. Der UN-Generalsekretär António Guterres erklärte: „Es ist essenziell, dass eine unabhängige Untersuchung zu effektiver Rechenschaft führt.“ So wird sich „Butscha“ in die Reihe berühmt-berüchtigter Massaker einreihen, es ist das russische „Mỹ Lai “.

- Irpin:

In der befreiten Stadt Irpin haben ukrainische Feuerwerker innerhalb eines Tages mehr als 640 Sprengsätze entschärft. Das ukrainische Militär hatte die Stadt am 28. März von den russischen Streitkräften zurückerobert. Nach Angaben des Bürgermeisters Oleksandr Markushyn werden die Einwohner jedoch einen Monat lang nicht in die Stadt zurückkehren können, erst müsse man die von den Russen platzierten Sprengsätze entschärfen. (https://www.focus.de/politik/ausland/der-kriegsverlauf-in-der-ukraine-im-ticker-stadtrat-braende-nach-luftangriff-auf-odessa_id_52139887.html)

- Kharkiw:

Bei einem erneuten russischen Beschuss sind sieben Einwohner umgekommen und 34 Menschen verletzt worden.

Norden:

- Tschernihiw:

Die nordukrainische Stadt Tschernihiw ist oberirdisch zu etwa 70 Prozent zerstört, erklärte Bürgermeister Wladyslaw Atroschenko.

Osten:

Aus den Städten Sjewjerodonezk und Lyssytschansk usw. im Luhansker Gebiet konnten am Samstag Dutzende Einwohner evakuiert werden.

Süden:

- Mariupol:

Ein Versuch, Zivilpersonen aus Mariupol zu evakuieren, ist auch am dritten Tag hintereinander gescheitert. Die Russen gaben dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) die Schuld, es habe die Evakuierung schlecht vorbereitet. Noch mindestens 100.000 Einwohner warten auf ihre Rettung.

- Mykolajiw:

Die Russen haben ein Treibstoffdepot mit Flugkörpern attackiert. Eine Person starb, vierzehn wurden verletzt.

- Odessa:

Bei Raketenangriffen am Sonntagmorgen auf Odessa ist ein Treibstoff-Lager in der Nähe der Stadt zerstört worden. Der Treibstoff diene der Versorgung ukrainischer Truppen im Gebiet der Stadt Mykolaiw, erklärten die Russen. Insgesamt stiegen drei Rauchsäulen auf. Nach Angaben der Stadtverwaltung in Odessa wurde ein wichtiger Teil der „Infrastruktur“ getroffen. Der Berater des ukrainischen Innenministers, Anton Heraschtschenko, erklärte. „In einigen Gebieten wurden Brände gemeldet. Ein Teil der Raketen wurde von der Luftabwehr abgeschossen. Es wird empfohlen, die Fenster zu schließen.“ (https://www.n-tv.de/politik/10-40-Griechischer-Aussenminister-will-Hilfslieferung-nach-Odessa-begleiten--article23143824.html)

Russland:

- Tomarowka:

Tomarowka ist eine Kleinstadt mit 8.000 bis 9.000 in der Umgebung von Belgorod an der Grenze zur Ukraine. Nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur „TASS“ hat es hier ein oder zwei Explosionen gegeben: Der Verwaltungsleiter des Stadtbezirks Jakowlewski, Oleg Medwedew, berichtete: „Es gab einen Knall, Trümmer fielen auf den Boden.“ Verletzte wurden nicht registriert. Auch zu den Hintergründen machten die russischen Behörden keine weiteren Angaben. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-die-news-eu-kuendigt-nach-butscha-weitere-sanktionen-an-a-81d2a515-9ee2-40ab-ab1b-b58da68d10c7)

Verluste:

Bereits am 21. März ist – wie berichtet – der Stellvertretenden Kommandeur der Schwarzmeer-Flotte, Admiral Andrej Nikolajewitsch Paliy, bei Mariupol von einem Scharfschützen getötet worden. Paliy wurde zwar in Kiew geboren und war mit Auflösung der Sowjetunion ukrainischer Staatsbürger geworden, aber im Jahr 1993 weigerte er sich, den ukrainischen Eid abzulegen. Stattdessen trat er in die russische Marine ein. Bei der Nordflotte in Murmansk diente er auf dem Schlachtkreuzer „Pyotr Velikiy“ (Kirov-Klasse). Im Jahr 2020 war er Stellvertretender Kommandeur der russischen Streitkräfte in Syrien. In Marinekreisen fragt man sich, warum dieser Admiral in Kriegszeiten überhaupt an Land ging.

Nach russischen Angaben wurden in der Nacht zum Sonntag in der Ukraine insgesamt 51 Militäreinrichtungen getroffen, darunter vier Kommandoposten und zwei Raketenabwehrsysteme.

Zivilbevölkerung:

Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) flohen seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar bis Samstag 4.176.401 Ukrainer aus ihrer Heimat. Insgesamt wurden mehr als zehn Millionen Menschen durch die Kämpfe vertrieben, das ist mehr als ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung. Europa erlebt derzeit die größte Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge flohen aus der Ukraine auch 205.500 Nicht-Ukrainer. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-die-news-eu-kuendigt-nach-butscha-weitere-sanktionen-an-a-81d2a515-9ee2-40ab-ab1b-b58da68d10c7)

ABC-Waffen:

Chemische Waffen:

Nach Angaben des deutschen Chemiewaffenexperten Marc-Michael Blum, einem früheren Mitarbeiter der OPCW in den Niederlanden, lässt sich nicht eindeutig bestimmen, ob die Unterhändler Roman Abraomowitsch und Rustem Umerow am 3. März vergiftet wurden, zumal keine Blutproben genommen worden waren. Dennoch berichtete der „Spiegel“ („Werden wir überleben“, 2. April 2022, S. 77):

„Der deutsche Chemiewaffenexperte Marc-Michael Blum hält es aufgrund der beschriebenen Symptome für „sehr wahrscheinlich“, dass die Männer gezielt Giftstoffen ausgesetzt wurden. „Wenn drei Menschen gleichzeitig solche Symptome haben, kann das kein Zufall sein,“ sagt Blum. (…) Die Symptome der Männer passten eher zu Reizstoffen wie Chloropikrin und Phosgenoxim, sagt er.“

BRD:

Liebesgrüße aus Kiew: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Kanaille Angela Merkel zu einer Reise in die von schweren Gräueltaten erschütterte Stadt Butscha eingeladen: „Ich lade Frau Merkel und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik der Zugeständnisse an Russland in 14 Jahren geführt hat. (…) Sie werden die gefolterten Ukrainer und Ukrainerinnen mit eigenen Augen sehen.“ Frau Merkel ließ offen, ob sie die Einladung vom Friedhof Ukraine annehmen wird. (https://www.spiegel.de/ausland/ukrainekrieg-wolodymyr-selenskyj-fordert-angela-merkel-auf-nach-butscha-zu-kommen-a-1f518023-2159-4d6e-9d4f-f39c29263ae8)

Bundeswehr: Nachdem die Kohl/Merkel-Regierungen die Bundeswehr jahrzehntelang vergammeln ließen, drückt man in der „Ampel“-Regierung nun aufs Tempo: Das BMVg hat Mitte März eine offizielle Angebotsaufforderung an den US-Hersteller „Lockheed Martin Aeronautics“ geschickt. Darin stellt die deutsche Seite klare Bedingungen zum Zeitplan: Die Ausbildung der Luftwaffen-Piloten auf den F-35-Jets soll 2025 in den USA starten, ab 2027 sollen die Flieger in Deutschland im Einsatz sein. Ob der Hersteller seine Produktionsstraßen im Werk „Air Force Plant 4“ im texanischen Fort Worth (999 Lockheed Boulevard) mit seinen ca. 17.000 Beschäftigten entsprechend hochfahren kann, sei dahingestellt. (https://www.n-tv.de/politik/10-40-Griechischer-Aussenminister-will-Hilfslieferung-nach-Odessa-begleiten--article23143824.html)

Rüstungsexporte: Die ukrainische Regierung hat in Berlin um hundert alte Schützenpanzer MARDER nachgefragt, eine Lieferung hat die „Ampel“-Regierung verweigert.

Rezession: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) rechnet in Folge des Ukraine-Kriegs mit einem Wohlstandsverlust in Deutschland: „Ich habe ernsthafte Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung. Das Wachstum geht zurück, die Preise steigen. (…) Der Ukraine-Krieg macht uns alle ärmer, zum Beispiel weil wir mehr für importierte Energie zahlen müssen. Diesen Wohlstandsverlust kann auch der Staat nicht auffangen." Die Regierung werde aber die größten Schocks abfedern.

Abhängigkeit von Russland: Deutschland ist nicht nur bei Gas und Öl, sondern auch bei seltenen Metallen abhängig von russischen Exporten, wie aus einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln (Michael Grömling: „Wirtschaftliche Effekte des Krieges in der Ukraine“, 30. März 2022, 24 Seiten) hervorgeht:

„Russland hat zwar insgesamt nur eine überschaubare Rolle für die deutschen Importe – bei bestimmten Rohstoffen ist die Abhängigkeit jedoch groß. Das gilt für Energierohstoffe (der Anteil Russlands an dem von Deutschland importierten Erdgas liegt bei 55 Prozent, bei Erdöl sind es 34 Prozent und bei Kohle 26 Prozent) sowie für bestimmte Industrierohstoffe (z. B. Nickel, Palladium oder Titan) sowie für Agrarrohstoffe (etwa Weizen). Durch eine eingeschränkte oder im Extremfall ausfallende Verfügbarkeit und fehlende Substitutionsmöglichkeiten entstehen ernsthafte Produktionsprobleme. Zudem werden infolge des Krieges und der Sanktionen die Produktionsmöglichkeiten in den betroffenen Ländern erheblich beeinträchtigt. In der Ukraine betrifft dies zusätzlich die infolge des Krieges zerstörte Infrastruktur. Insofern die eigene Auslandsproduktion für die inländische Wertschöpfung relevant ist, verschärfen diese betriebsinternen Ausfälle die beschriebenen Probleme in den Wertschöpfungsketten. Zu den Produktionsstörungen gehört auch die Gefahr, dass internationale Mitarbeiter nicht mehr zur Verfügung stehen. Das gilt besonders für Branchen (z. B. Bauwirtschaft oder Transport), die Fachkräfte aus der Krisenregion temporär oder permanent im Inland beschäftigen. Für die betroffenen Firmen und gesamtwirtschaftlich bedeuten diese Störungen in den internationalen Wertschöpfungsnetzwerken einen negativen Angebotsschock.

Höhere Kosten für Vorleistungen und Rohstoffe/Energie infolge der angesprochenen Knappheiten schaffen für Unternehmen zusätzliche Herausforderungen. Selbst wenn Firmen nicht durch direkte Vorleistungsengpässe oder vollständige Ausfälle betroffen sind, so kann sich ihre Kostenkalkulation über ein insgesamt höheres Energie- oder Erzeugerpreisniveau verschlechtern. In Teilen der Volkswirtschaft ist eine Weitergabe dieser stark ansteigenden Kosten an die Kunden nicht möglich, sodass Ertragsrückgänge drohen.“ (https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/michael-groemling-ukraine-krieg-verschaerft-bestehende-belastungen.html)

Sanktionen: Nach dem Massaker an der Zivilbevölkerung in Butscha haben die deutschen Sozialdemokraten und ihre „Ampel“-Regierung behauptet, sie würden die Sanktionen gegen die Russen verschärfen.

United Kingdom:

Um die Energiekrise langfristig abzumildern, plant die britische Regierung den Bau von bis zu sieben Atomkraftwerken. Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng erklärte: „Es gibt eine Welt, in der wir bis 2050 sechs oder sieben Standorte in Großbritannien haben.“

Polen:

Der Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski erneute die Bereitschaft seines Landes, in Polen einer möglichen Stationierung amerikanischer Atomwaffen (Wasserstoffbomben B61-12 und entsprechende Trägerssystem) zuzustimmen: „Wenn die Amerikaner uns bitten würden, US-Atomwaffen in Polen einzulagern, so wären wir dafür aufgeschlossen. Es würde die Abschreckung gegenüber Moskau deutlich verstärken.“ (https://www.n-tv.de/politik/10-40-Griechischer-Aussenminister-will-Hilfslieferung-nach-Odessa-begleiten--article23143824.html)

Ungarn:

In Ungarn wird heute ein neues Parlament gewählt. Der autoritäre Putin-Versteher Viktor Mihály Orbán (Fidesz – Magyar Polgári Szövetség - MPSZ) konnte mit dem Spruch „Stabilität und Frieden“ die Wahl mit 53 Prozent überlegen gewinnen. Der aussichtsreichste Gegenkandidat, der konservative Péter Márki-Zay, auf den sich ein Bündnis aus sechs Oppositionsparteien verständigt hatte, landete mit 35 Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Da die OSZE mit umfangreicheren Wahlmanipulationen durch die amtierende Regierung gerechnet hatte, hatte sie eine 200-köpfige Beobachtermission in das EU-Land entsandt. (https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ungarn-parlamentswahl-113.html)

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) warnt Ungarn vor Protektionismus als Reaktion auf den Ukraine-Krieg. „Ich rate allen Staaten, hier vernünftig zu agieren. Ich sage das auch an die Adresse des EU-Mitglieds Ungarn.“

Auch in Serbien wurde der Putin-Versteher und amtierende Staatschef Aleksandar Vucic von der Serbischen Progressiven Partei (SNS) mit rund 60 Prozent der abgegebenen Stimmen wiedergewählt; auch er hatte mit dem Slogan „Stabilität“ den Wahlkampf bestritten.

Sonstiges:

Die Hafenbehörde von Novorossiisk am östlichen Rand des Schwarzen Meeres warnt vor ukrainischen Treibminen. Der FSB schätzt, dass sich etwa 420 Minen im Sturm der letzten Wochen von der Verankerung losgerissen haben und nun frei herumtreiben. Daraufhin erklärte der Leiter des Getreidehandels beim deutschen Agrarhändler „Baywa“ in München, dass die Weizenausfuhren aus Russland und der Ukraine weitgehend zum Erliegen gekommen sind. Lediglich aus Russland sei noch Exporttätigkeit in sehr eingeschränktem Maße zu erkennen. Der über das Schwarze Meer abgewickelte Weizenhandel deckte etwa 30% der weltweiten Nachfrage ab. (https://marineforum.online/maritime-nachrichten-schwarzes-meer-und-ostsee/)

Das britische Verteidigungsministerium hat Russland für Seeminen verantwortlich gemacht, die im Schwarzen Meer gesichtet wurden. Die Minen seien „beinahe sicher bedingt durch die russischen Aktivitäten in der Gegend“ zum Problem geworden, hieß es aus London. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-die-news-eu-kuendigt-nach-butscha-weitere-sanktionen-an-a-81d2a515-9ee2-40ab-ab1b-b58da68d10c7)

Mehrere zivile Handelsschiffe wurden seit Kriegsbeginn im Schwarzen Meer beschossen:
- der panamaische Bulkcarrier „Namura Queen“ wurde auf einer Leerfahrt vor der ukrainischen Küste beschossen, konnte aber unter eigener Kraft den Hafen von Istanbul für die Schadensaufnahme ansteuern    
- der panamaische Frachter „Helt“ mit estonischem Eigner ist nach einer Explosion am 2. März vor Odessa gesunken       
- der moldawische Chemikalientanker „Millennial Spirit“ wurde am 25. Februar von russischen Marineeinheiten beschossen, das dadurch ausgebrochene Feuer zerstörte Ausrüstung und Rettungseinrichtungen, sodass die Crew sich nur in Rettungswesten und schwimmend in Sicherheit bringen konnte
- das türkische Kohlentransport-Schiff „Yasa Jupiter“ wurde im Hafen von Odessa beim Umschlagen beschossen und beschädigt.
(https://marineforum.online/maritime-nachrichten-schwarzes-meer-und-ostsee/)

Zu den versenkten oder beschädigten Kriegsschiffen zählen folgende Einheiten:
Russland:       
Das Schwere Patrouillenboot „Vasily Bykov“ (Typschiff Projekt 22160, 94 Meter, 1.500 Tonnen) wurde am 7. März vor der Küste von Odessa durch einen ukrainischen Seeziel-Flugkörper getroffen und musste beidrehen.           
Ukraine:         
Am 26. Februar 2022 wurde das ukrainische Rettungsschiff „Saphir“ von russischen Einheiten der Schwarzmeer-Flotte gekapert und nach Sewastopol verschleppt. 
Am 3. März haben ukrainische Matrosen ihr Flaggschiff, die Fregatte „Hetman Sagaidachny“ (Krivak-III-Klasse, 3.500 Tonnen) im Hafen von Mykolajiw selbst versenkt, damit sie nicht den Russen in die Hände fiel. 
(https://marineforum.online/maritime-nachrichten-schwarzes-meer-und-ostsee/)