Militärforschung
  Ukraine-Krieg 2.0 - 3. Update
 

Ukraine-Krieg 2.0 – Update 3 vom 28. Februar (D+4)

Gerhard Piper

Lageentwicklung:

Das Putin-Regime gilt in Russland – trotz aller Propaganda von der „gelenkten Demokratie“ – als Willkürherrschaft, die in Russland als „bespredelnyj“ (wörtlich „maßlos“, „schrankenlos“) bezeichnet wird. Putin entspricht mit dem Stil seiner Regierung vollkommen dem eines „tiran“. Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, kritisierte den russischen Staatspräsidenten: „Es ist schwierig in den Kopf von Putin zu schauen, er ist geisteskrank. Er hat nicht alle Tassen im Schrank. Ich weiß nicht, wie auf die Idee kommen konnte, die Ukraine anzugreifen. Wir waren niemals aggressiv. Wir sind ein friedliches Land. Das ist ein Albtraum für alle.“ (https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/vitali-klitschko-ueber-kiew-russische-scharfschuetzen-sind-in-der-stadt-79302500.bild.html)

Der russische „Blitzkrieg“ fand nicht statt. Vielmehr teilte der ukrainische Generalstab am Morgen des 28. Februars mit: „Die russischen Besatzer haben das Tempo der Offensive verringert, versuchen aber immer noch, in einigen Gebieten Erfolge zu erzielen.“ (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-meldet-deutliche-verlangsamung-des-russischen-vormarschs-a-15fb9a8f-e9bf-4b4f-98b5-0d8d4a9f7a08) Die russischen Invasoren haben enorme Nachschubprobleme, was die Versorgung mit Lebensmitteln und Treibstoff anbelangt. Zum Teil stehen die Militärfahrzeuge stundenlang im Stau. Manche Soldaten wussten garnicht, dass sie in den Krieg ziehen, die russischen Offiziere hatten ihnen gesagt, es gehe ins Manöver. Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj gab ihnen den freundschaftlichen Rat: „Rettet eurer Leben und geht heim!“

Selenskyj kündigte zudem an, er wolle alle gefangenen Russen freilassen, wenn die Soldaten bereit seien, für die ukrainische Seite zu kämpfen. Das kann den korrupten Generälen in Moskau nicht gefallen. (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-wolodymyr-selenskyj-will-russische-soldaten-zum-ueberlaufen-bewegen-a-7f14e5e4-37e3-4fd5-adfe-8e7871472666)

Die Russen haben immerhin mindestens sechzig bis siebzig Prozent ihrer Bodentruppen aus ganz Russland zusammengezogen, nicht wenige Kampfverbände der Luftwaffe werden eingesetzt, vor der Küsten schwimmt die Schwarzmeerflotte mit Verstärkungen von allen vier anderen Flotten der Marine. Sollte die russische Armee dennoch gegen ein paar bewaffnete Handwerker und Hausfrauen aus der Ukraine den Kampf verlieren, ist das das Ende der russischen Streitkräfte und das politische Ende Russland als politischer Großmacht. Es ist daher nicht denkbar, dass Putin diesen Krieg verliert! Auf der anderen Seite aber kann Putin auch nicht die 44 Millionen Menschen des ukrainischen Brudervolkes ausrotten. In dieser Situation stellt sich folgende Frage: Was tun?

In Belarus haben am Mittag des 28. Februars die russisch-ukrainischen Pseudo-„Friedensgespräche“ im Raum Gomel begonnen. Die russische Delegation wird von dem Schriftsteller und früheren Kultusminister (2012-2020) Wladimir Rostislawowitsch Medinski, einem Politiker aus der „zweiten Reihe“, geleitet. Leiter der ukrainischen Delegation ist David Arachamija, Fraktionsvorsitzender der Präsidentenpartei „Sluha Narodu“ (dt.: „Diener des Volkes“). Zu den weiteren Mitgliedern seiner Delegation zählen u.a. Verteidigungsminister Olexij Resnikow, Präsidentenberater Mychajlo Podoljak, der stellvertretende Außenminister Mykola Totschyzkyj, Andriy Kostin und der Abgeordnete Rustem Umerov. (https://www.merkur.de/politik/arachamija-fuehrt-gruppe-zu-verhandlungen-an-91377346.html) An den Gesprächen nimmt möglicherweise auch der belarussische Außenminister Wladimir Makej teil. Die russische Seite fordert unverändert einen Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft und die vollständige „Demilitarisierung“ des Landes. Die Ukraine fordert einen „sofortigen Waffenstillstand“ und den Abzug der russischen Besatzer.

Vor dem Internationalen Gerichthof (IGH) in Den Haag (Niederlande) hat die Ukraine in einem Dringlichkeitsverfahren Völkermordklage gegen Russland eingeleitet. In der Anklageschrift heißt es, Russland habe „fälschlicherweise behauptet“, dass in Luhansk und Donezk Völkermord begangen werde und damit die Invasion begründet. Die Ukraine weise die Vorwürfe „mit Nachdruck“ zurück. In der Anklage beschuldigt die Ukraine Russland auch, „Taten von Genozid in der Ukraine zu planen“ und „absichtlich Menschen der ukrainischen Nationalität zu töten oder schwer zu verletzen.“ Das Gericht soll Sofortmaßnahmen anordnen, um die Verletzung der Rechte der Ukraine und seiner Bürger zu verhindern. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-ukraine-krieg-im-ticker-berichte-ueber-raketeneinschlag-in-wohnhaus_id_52139887.html)

Die US-Geheimdienste meldeten, dass sich Fallschirmjäger der Streitkräfte von Belarus auf einen Einsatz in der Ukraine vorbereiten. Soweit ist es bisher noch nicht gekommen. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-ukraine-krieg-im-ticker-berichte-ueber-raketeneinschlag-in-wohnhaus_id_52139887.html)

- Gruppa Wagnera

Die russischen Truppen werden nun durch über 400 Söldner der „Gruppa Wagnera“ unterstützt, die in Kiew den ukrainischen Staatspräsidenten Wolodymyr Selenskyj suchen und töten sollen. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-ukraine-krieg-im-ticker-berichte-ueber-raketeneinschlag-in-wohnhaus_id_52139887.html) Die Truppe hat schon früher in der Ukraine Mordaufträge abgearbeitet. So tötete der „Wagnerianer“ und FSB-Agent Oleg Smorodinov am 16. September 2016 in Riewne Ivan Leonovich Mamchur, einen Mitarbeiter der ukrainischen Terrorabwehr. (https://www.irishtimes.com/news/world/europe/an-unexplained-murder-in-ukraine-then-the-russian-assassin-talked-1.3845442)

Die „Gruppa Wagnera“ (dt.: „Gruppe Wagner“) ist die wohl bekannteste russische, private Söldnertruppe/Sicherheitsunternehmen (Chastnaja Voennaja Kompanija - ChVK). Sie wird geführt von dem früheren GRU-Agenten „Wagner“ alias „Ninth“ alias Oberst Dmitrij Walerjewitsch Utkin, der von 1988 bis 2008 Kommandeur der 2. Spetsnaz-Brigade (Militäreinheit 64044) in Promeschitsa war und heute in Pskow lebt. Zu den weiteren Befehlshabern gehört Oberst Andrei Nikolajewitsch Troschew. Die Personalstärke der Truppe ist starken Schwankungen unterlegen; sie setzt sich vor allem aus Russen, Ukrainern (!) und Serben zusammen. Die „Gruppa Wagnera“ ist u. a. in Syrien, Libyen, Zentralafrikanische Republik und Mali präsent, wo sie gerade die französischen und deutschen Expeditionsverbände verdrängt.

Finanziert und organisiert wird die Truppe von Jewgenij Wiktorowitsch Prigoschin. Dieser ist zugleich im Desinformationsbereich aktiv. Dazu betreibt er in Sankt Petersburg die halbstaatliche „Trollfabrik“ namens „Lakhta Research Agency“ (vormals: Internet Research Agency - IRA). Das Büro befindet sich in Sankt Petersburg (zunächst Uliza Sawuschkina 55, seit Dezember 2017 Optikov-Straße 4), es hat ca. 800 „Mitarbeitern“ (Stand: Februar 2018), darunter zahlreiche Studenten und Rentner. Außerdem betreibt Prigoschin die „Nachrichtenagentur“ namens „Federalnoje agenstwo nowostei“ (RIA FAN, vormals: Agenstwo internet-issledowani).

Schon früher berichtete die ehemalige Mitarbeiterin Ljudmila Sawtschuk, dass sie unter verschiedenen Identitäten Berichten über Alltägliches verfasste, in die politische Kommentare eingestreut wurden. Außerdem musste sie bestimmte vorgegebene Schlüsselwörter abarbeiten, z. B. musste sie Positives zu „Putin“, „Russlands Armee“, „Krim“ oder „Donbass“ und Negatives zu „Kiewer Junta“, „NATO“ und „Obama“ schreiben.

Prigoschin kann auf eine lange kriminelle Karriere zurückblicken: Im Jahr 1979 wurde er wegen Diebstahls von einem sowjetischen Gericht zu einer Bewährungsstrafe und zwei Jahre später wegen Raubüberfalls, Betrugs und Prostitution von Minderjährigen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er verbüßte neun Jahre seiner Strafe und wurde 1990 aus der Haft entlassen. Nach seiner Haftentlassung betrieb er Restaurants in Sankt Petersburg. Damals verkehrte er in der Glückspielszene und kam möglicherweise mit dem Mafiosi Wladimir Putin in Kontakt, der damals eine städtische Kommission zur Regulierung des Glücksspiels leitete. Seitdem ist Prigoschin auch als der „Koch Putins“ bekannt. Heute betreibt Prigoschin das einzige Restaurant im Parlamentsgebäude der Duma und betreibt das Gastronomieunternehmen „Concord Management and Consulting“, das die Schulen in Sankt Petersburg täglich mit Essen beliefert. Nicht zuletzt gilt der umtriebige Unternehmer als Eigentümer der Ölfirma „Evro Polis“, was er bestreitet. So wird der Einsatz der Söldner in Syrien dadurch finanziert, dass die Truppe 25 Prozent der Einnahmen aus Ölquellen, die sie für das Assad-Regime unter ihre Kontrolle gebracht haben, an „Evro Polis“ fließt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Jewgeni_Wiktorowitsch_Prigoschin)

Die „Gruppa Wagnera“ ist dafür bekannt, dass sie mehrere Journalisten, die kritisch über sie berichtet haben, gekillt oder dies zumindest versucht hat: Maxim Borodin, Orhan Geidarowitsch Dschemal, Kirill Radschenko, Alexander Rastorgujew und Piotr Wersilow.

Umgekehrt hört man erstaunlicher Weise gar nichts von den Kampfhandlungen der ukrainischen Faschisten, wie dem „Polk Azow“ (dt.: „Regiment Azow“). Die russischen Medien meldeten lediglich einmal, das Bataillon hätte zivile Ziele angegriffen.

Gefechte:

- Kiew:

Bisher konnten die russischen Streitkräfte die Hauptstadt noch nicht einnehmen. Bei Irpin, ca. 27 km nordwestlich von Kiew, bauen sie eine Ponton-Behelfsbrücke über den Fluss Irpin, um weitere Verstärkungen heranzuführen.

Bürgermeister Vilali Klitschko sieht die Lage kritisch: „Die Logistik ist zusammengebrochen. Die nächsten Tage wird es eng mit Lebensmitteln und Medikamenten.

Die Russen wollen nun Söldner der „Gruppa Wagnera“ in der Stadt einsetzen. Außerdem warnte Bürgermeister Vitali Klitschko: „Teilweise sind schon russische Scharfschützen hier in der Stadt. Deswegen muss man aufpassen.“ (https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/vitali-klitschko-ueber-kiew-russische-scharfschuetzen-sind-in-der-stadt-79302500.bild.html)

- Kharkiw:

Um Kharkiw toben schwere Ortskämpfe.

- Osten:

Der Führer der „Volksrepublik Donezk“ Denis Puschilin gab bekannt, seine Truppen nun hätten die Gebiete des einstigen Oblast Donezk erobert. Daraufhin habe er am 28. Februar die Generalmobilmachung gestoppt.

- Süden:

Die Küstenstadt Berdjansk (ca. 115.000 Einwohner) am Asowsche Meer wurde von den russischen Truppen (Marineinfanterie?) erobert. Weiter nördlich fiel auch die Stadt Enerhodar (ca. 55.000 Einwohner) in die Hände der Russen. Die Küstenstadt Mariupol ist weiterhin umkämpft.

- Cyberwar:

Die staatliche Hackergruppe GHOSTWRITER hat am Morgen des 28. Februar die „Facebook“-Accounts von mehreren ukrainischen Politikern, Militärs und Journalisten angegriffen. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-montag-kiew-und-moskau-wollen-offenbar-am-montagmorgen-verhandeln-a-06ef9b2e-ef22-46b6-aef1-984c6e2b401b) Hinter diesem Tarnnamen verbirgt sich das 85th Main Service Special Service Centre (85th GTsSS) (Einheit 26165) des russischen Militärgeheimdienstes Glawnoje uprawlenije Generalnowo schtaba Wooruschjonnych Sil Rossijskoj Federazii (GU GSch WS RF; kurz: Glawnoje Uprawlenije -GU).

Außerdem wird das russische Internet durch das „System technischer Mittel zur Sicherstellung der Funktionen der Operativ-investigativen Maßnahmen“ (Sistema tekhnicheskikh sredstv dlya obespecheniya funktsiy Operativno-Rozysknykh Meropriyatiy - SORM-2/3) überwacht. Zahlreiche Blocker werden so abgeblockt. Die Abhörgeräte sollen „Omega“ heißen. Zuständig ist das „Zentrum für Informationssicherheit“ (Tsentr Informatsionnoy Bezopasnosti - TsIB) (Militäreinheit 64829) des Inlandsgeheimdienstes Federalnaja sluschba besopasnosti (FSB).

Im Gegenzug hat die internationale Hackergruppe ANONYMOUS am 28. Februar das russische Verteidigungsministerium, doe Nachrichtenagentur „TASS“ und weitere Propagandamedien („Kommersant“, „Fontanka“, „Russia Today“, etc.) angegriffen. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-ukraine-krieg-im-ticker-berichte-ueber-raketeneinschlag-in-wohnhaus_id_52139887.html)

Verluste

Am Montagmorgen, den 28. Februar, gab der ukrainische Staatspräsident Selenskyj die neuesten Abschusszahlen bekannt, wie der „Spiegel“ berichtete:

„Insgesamt seien laut Selenskyj seit Kriegsbeginn vor fünf Tagen bereits mehr als 4500 russische Soldaten durch das ukrainische Militär getötet worden. Kurz zuvor hatte die ukrainische Armee sogar bereits von 53.000 getöteten Soldaten geschrieben. Seit Beginn der Invasion am vergangenen Donnerstag habe das russische Militär zudem unter anderem 29 Flugzeuge, 29 Hubschrauber und 191 Panzer verloren. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Im Video spricht Selenskyi auch von zivilen Opfern. Demnach seien bereits 16 Kinder getötet und mindestens 45 durch russische Angriffe verletzt worden.“ (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-wolodymyr-selenskyj-will-russische-soldaten-zum-ueberlaufen-bewegen-a-7f14e5e4-37e3-4fd5-adfe-8e7871472666)

Nach Angaben des ukrainischen Gesundheitsministeriums sind bislang 352 Zivilisten gestorben, darunter 14 Kinder. Zudem wurden demnach 1684 Zivilisten verletzt, 116 davon Kinder. (https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-meldet-deutliche-verlangsamung-des-russischen-vormarschs-a-15fb9a8f-e9bf-4b4f-98b5-0d8d4a9f7a08)

Demgegenüber verbreitete der Pressesprecher des russischen Verteidigungsministeriums, General Konaschenko, folgende „Erfolgsmeldung“: Russland habe 1.100 militärische Objekte zerstört, 314 Panzer und Kampffahrzeuge sowie 57 Raketensysteme zerstört. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-montag-kiew-und-moskau-wollen-offenbar-am-montagmorgen-verhandeln-a-06ef9b2e-ef22-46b6-aef1-984c6e2b401b)

Am Samstagmorgen hat die russische staatliche Nachrichtenagentur „RIA Nowosti“ bereits eine vorbereitete Meldung über den „Sieg“ veröffentlicht. Der „RIA“-Kolumnist Pjotr Akopow feiert darin, dass „Russlands Militäroperation in der Ukraine eine neue Ära eröffnet hat“. „Russland stellt seine Einheit wieder her“, schreibt Akopow mit Blick auf die Sowjetunion, die „Tragödie des Jahres 1991“ sei „überwunden“. Und weiter: „Ja, um einen hohen Preis, ja, über tragische Ereignisse eines faktischen Bürgerkriegs, weil jetzt noch Brüder aufeinander schießen“, schreibt Akopow, offenbar als Absicherung für den Fall, dass zum Zeitpunkt der geplanten Veröffentlichung einzelne Ukrainer noch Widerstand leisten sollten. „Aber die Ukraine als Anti-Russland wird es nicht mehr geben“, heißt es in Anwendung eines Putin-Zitats. „Russland stellt seine historische Fülle wieder her, sammelt die russische Welt, das russische Volk gemeinsam, in seiner Gesamtheit der Großrussen, Belarussen und Kleinrussen.“ Dieses Dokument ist ein weiterer Hinweis darauf, dass die Regierung im Moskau mit einem kurzen Feldzug rechnete. (https://www.faz.net/aktuell/politik/russische-nachrichtenagentur-feiert-irrtuemlich-sieg-ueber-die-ukraine-17840071.html)

Zivilbevölkerung:

Bei Dniprorudne im Süden der Ukraine habe mehrere Dutzend Bewohner sich unbewaffnet einer russischen Panzerkolonne entgegengestellt, darunter der Bürgermeister der Stadt Jewhenij Matwjejew. Er sprach mit den Soldaten im vordersten Panzer, während die Einwohner im Hintergrund riefen „Geht nach Hause!“ oder „Wir lassen Euch nicht durch!“. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Bürgermeister drehten die Panzer tatsächlich um. (https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-putins-ankuendigung-russische-abschreckungswaffen-in-verstaerkte-alarmbereitschaft-versetzt/28063400.html)

Immer mehr Zivilisten beteiligen sich am Widerstand. Eine Brauerei soll sogar ihre Produktion von Bier auf Molotow-Cocktails umgestellt haben. (https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-putins-ankuendigung-russische-abschreckungswaffen-in-verstaerkte-alarmbereitschaft-versetzt/28063400.html)

Bis Montagmittag haben über 500.000 Menschen die Ukraine verlassen, teilte UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, mit. Allein nach Polen kamen 281.000 Vertriebene, in Rumänien strandeten ca. 70.000 Personen. Zunächst kamen die Ukrainer, die Verwandte im Westen hatten, jetzt kommen alle.

Atomstreitkräfte

Am 27. Februar versetzte Putin die Fernfliegerflotte (Dalnjaja awiazija - DA), die Strategischen Raketentruppen (Raketnye voyska strategicheskogo naznacheniya - RVSN) und die strategischen Atom-U-Boote der Nordmeerflotte (Sewernij flot) sowie der Pazifikflotte (Tichookeanskij Flot) in erhöhte Gefechtsbereitschaft. Zur russischen Atomkriegsdrohung erklärte die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD):

„Es muss sehr ernst genommen werden und vor allen Dingen auch von unserer Aufklärung beobachtet. (…) Es muss aber auch in den Kontext gestellt werden, dass er mit seiner Offensive, mit seinem Krieg nicht so schnell vorangekommen ist, wie er sich das wahrscheinlich vorgestellt hat. (…) Wir werden auch in der NATO darüber sprechen müssen.“ (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-montag-kiew-und-moskau-wollen-offenbar-am-montagmorgen-verhandeln-a-06ef9b2e-ef22-46b6-aef1-984c6e2b401b)

Angesichts der russischen Atomkriegsdrohung erklärte der britische Verteidigungsminister Ben Wallace, das sei bloß „Rhetorik“. Dennoch: „Wir nehmen das sehr, sehr ernst“, fügte Wallace hinzu. Man habe jedoch keine Hinweise darauf, dass sich bei den Atomstreitkräften praktisch etwas geändert habe. Möglicherweise würden die konventionellen Streitkräfte ihren Einsatz verschärfen: „Wir müssen uns darauf einstellen, was als Nächstes kommen könnte, das könnte eine rücksichtslose, wahllose Bombardierung von Städten sein. (…) Das wird entsetzlich sein“, befürchtet Wallace.

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, forderte am 28. Februar: „Alle Seiten sollten ruhig bleiben, Zurückhaltung zeigen und eine weitere Eskalation vermeiden.“ China und Russland seien „strategische Partner“, aber nicht „Verbündete“ erklärte der Politiker, um seine Distanz zu Russland zu unterstreichen. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-montag-kiew-und-moskau-wollen-offenbar-am-montagmorgen-verhandeln-a-06ef9b2e-ef22-46b6-aef1-984c6e2b401b)

Die russischen Streitkräfte behaupteten, sie hätten den Atomkraftwerkskomplex Saporischschja, mit sechs aktiven Reaktoren die größte Nuklearanlage in Europa, dies wurde von dem ukrainischen Betreiber „Energoatom“ dementiert.

USA:

Bei der „America First Political Action Conference“ (AFPAC) rechtsradikaler Kreise um Nick Fuentes in Orlando (USA) lobten die Teilnehmer Wladimir Putin. Zu den Konferenzbesuchern gehörten auch „prominente“ Republikaner, wie z. B. die Abgeordneten Marjorie Taylor Greene und Paul Gosar. Fuentes forderte seine Zuhörer auf: „Können wir bitte mal eine Runde Applaus für Russland geben?“ Woraufhin das Publikum grölte: „Putin! Putin! Putin!“ In einem Interview mit „CNN“ meinte der republikanische Senator Willard Mitt Romney später: „Ich habe Idioten in meinem Team.“ Und: „Das ist fast schon verräterisch“. (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/usa/id_91740642/wie-us-republikaner-wladimir-putin-huldigen-schreckensszenario-fuer-europa.html)

BRD:

In Köln demonstrierten mindestens 150.000 Menschen bei einem „Rosenmontagsfriedensdemozug“. (https://www.t-online.de/region/koeln/news/id_91740476/koeln-mindestens-150-000-teilnehmer-bei-koelner-friedensdemo.html)

Frankreich:

Frankreich will offenbar ein Gebirgsjägerbataillon (500 bis 600 Soldaten) nach Rumänien als Verstärkung der Ostflanke verlegen.

Russland:

Die Luftfahrtbehörde Rosawiazija sperrte ihren Luftraum für 36 Staaten, darunter zahlreiche Staaten, die Russland ohnehin nicht mehr anfliegen. (https://www.t-online.de/nachrichten/id_91744226/ukraine-krieg-russland-sperrt-luftraum-fuer-deutschland-und-35-weitere-staaten.html)

Protestaktion:

In Spanien hat ein ukrainischer Maschinenwart, der auf der Luxusyacht „Lady Anastasia“ (50 m Länge, Wert 7 Milo. Euro) des russischen Waffenproduzenten Alexander A. Mijeev arbeitete, am 26. Februar versucht, das Schiff zu versenken. Dazu öffnete er mehrere Ventile im Maschinenraum. Anschließend warnte er die übrigen Besatzungsmitglieder, die daraufhin die Ventile wieder verschlossen. Das Boot konnte aus eigener Kraft Port Adriano auf Mallorca erreichen. Dort wurde der Maschinenwart von der Guardia Civil in Calvià festgenommen. Zur Begründung der Sabotage schimpfte der Maschinenwart auf seinen Chef: „Er ist ein Krimineller, der sein Geld mit dem Verkauf von Waffen verdient, mit denen jetzt Ukrainer getötet werden.“

Mijeev, der Eigentümer der Yacht, ist seit Januar 2017 Geschäftsführer des staatlichen russischen Waffenexportunternehmens „Federal'noye gosudarstvennoye unitarnoye predpriyatiye Rosoboroneksport“ (FGUP Rosoboroneksport) in Moskau (Uliza Strominka 27). (https://elpais.com/espana/2022-02-27/detenido-un-marinero-ucranio-en-mallorca-por-tratar-de-hundir-el-megayate-de-su-jefe-ruso.html) Russland ist einer der größten Waffenexporteure der Welt, Rosoboroneksport ist für 90 Prozent dieser „Geschäfte“ verantwortlich. Es ist u. a. am iranischen Atomprogramm beteiligt.

Der Saboteur wurde vorübergehend festgenommen. Mittlerweile hat sich der Matrose ein Flugticket nach Polen gekauft, um in der Ukraine zu kämpfen. Warum die Festnahme erfolgte, teilte die Polizei nicht mit.