Ukraine-Krieg 2.0 – Update 18 vom 15. März (D+19)
Gerhard Piper
Lageentwicklung
Das derzeit in der Ukraine geltende Kriegsrecht läuft aus, daher soll es am 24. März um weitere dreißig Tage verlängert werden. Der Präsidentenberater Oleksiy Arestowitsch rechnet damit, dass der Krieg Anfang Mai, also nach rund zehn Wochen, enden werde. Der genaue Zeitpunkt hänge davon ab, wie viele Ressourcen der Kreml bereitstellen werde. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-das-geschah-in-der-nacht-zu-dienstag-a-156a37ad-e1b6-4f14-8bd3-56f33113d366)
Der „Spiegel“ meinte zu Putins „Exit-Möglichkeiten“ zur Beendigung des Krieges: „Noch immer ist nicht klar, welches Ziel Wladimir Putin mit seiner Invasion der Ukraine verfolgt. Sicher ist nur eines: Eine Niederlage ist nicht akzeptabel. Er muss seinen Angriffskrieg in Russland als Erfolg verkaufen.“ (https://www.spiegel.de/ausland/podcast-putins-exit-moeglichkeiten-a-7878f57b-967a-4da3-a0ec-cfca435781dc)
Verhandlungen:
Die vierten „Friedensgespräche“ wurden gestern aus technischen Gründen abgebrochen und werden heute fortgesetzt. In den Verhandlungsrunden seien zuletzt Überlegungen „über eine mögliche friedliche Lösung, mögliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach Beendigung der Kriegshandlungen“ angestellt worden. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-das-geschah-in-der-nacht-zu-dienstag-a-156a37ad-e1b6-4f14-8bd3-56f33113d366)
Am heutigen 15. März reisen die Regierungschefs Polens (Mateusz Morawiecki), Tschechiens (Petr Fiala) und Sloweniens (Janez Jansa) in die ukrainische Hauptstadt, um sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Regierungschef Denys Schmyhal zu beraten. Die polnische Regierung teilte dazu mit: „Ziel des Besuchs ist es, die unmissverständliche Unterstützung der gesamten Europäischen Union für die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu bekräftigen und ein breites Hilfspaket für den ukrainischen Staat und die ukrainische Gesellschaft vorzustellen."
Truppenaufmarsch:
Laut Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) haben sich über 40.000 Syrer bereiterklärt, in die Ukraine zu reisen und dort für Russland zu kämpfen. Es hätten sich vor allem Mitglieder der Al-Qatarji-Miliz aus der Region Aleppo gemeldet, die auf Grund ihrer Vermittlerrolle zwischen dem Assad-Regime und dem Islamischen Staat (IS) von den USA sanktioniert wird. Den Mitgliedern sei in einer Nachricht mitgeteilt worden, dass sie sich als „Söldner“ für Russland melden könnten. Nach Schätzungen von SOHR sollen die Kampfwilligen zwischen 1300 und 2300 Euro erhalten. Allerdings war bis zum Montag noch kein Syrer tatsächlich ausgereist. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-zoo-in-kiew-tieren-droht-tod-durch-kaelte-und-hunger_id_52139887.html)
Der ehemalige US-Generalleutnant Frederick Benjamin „Ben“ Hodges (vom 5. November 2014 bis Dezember 2017 CINCEUSAREUR) rechnet damit, dass die russischen Streitkräfte sich in einem Abnutzungskrieg aufreiben. Um diesen Prozess zu stoppen, brauchten sie drei Dinge: „Zeit, Männer und Munition und diese Dinge hat Russland nicht“. Daher kommt er zu der Schlussfolgerung: „Wenn sich die Lage nicht mehr dramatisch verändert, hat die russische Armee diesen sogenannten Kulminationspunkt in 10 bis 14 Tagen erreicht.“ Voraussetzung dafür seien aber beschleunigte Waffenlieferungen des Westens. „Das ist jetzt ein Wettlauf, die Ukraine muss genug Waffen haben, damit sie durchhalten und weiter russisches Kriegsgerät zerstören kann." (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91832458/ukraine-krieg-wie-lange-haelt-russlands-armee-noch-durch-.html)
Auch Dr. Christian Mölling, Forschungsdirektor bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), meinte, dass die russische Armee in zwei Wochen am Ende sein könnte.
Gefechte:
Nach Einschätzung eines „hohen Beamten“ aus dem US-Verteidigungsministerium konnten die russischen Truppen am Montag, Tag 19 des Krieges, kaum vorstoßen: „Sie bleiben fast überall auf der Stelle." (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91832458/ukraine-krieg-wie-lange-haelt-russlands-armee-noch-durch-.html) Nach Angaben eines Mitarbeiters des US-Pentagon hat Russland seit Beginn des Krieges mehr als 900 Raketen auf die Ukraine abgeschossen. Mit dem Andauern des fortgesetzten Bombardements auf die Städte nehmen die Schäden an der Bausubstanz und der Infrastruktur immer mehr zu, so dass die Städte irgendwann aussehen, wie nach einem Atombombenangriff. Die Fluchtmöglichkeiten haben sich für die Einwohner mittlerweile leicht verbessert: Immerhin sieben der zehn geplanten Fluchtkorridore werden von den Truppen respektiert.
- Kiew:
In Kiew hat es in der vergangenen Nacht drei große Explosionen gegeben. Durch die ständigen Kampfhandlungen und die Abriegelung der Stadt ist der lokale Zoo in enormen Schwierigkeiten. Sein Sprecher Mychajlo Pintschuk erklärte: „Wir können keine Nashörner und Giraffen da rausholen, und wir haben nicht einmal Medikamente, um sie einzuschläfern.“ Nach Pintschuks Worten überleben die Vierbeiner nur dank einiger Helfer, die an die Tiere „Reste der Reste“ verteilen. Es sei dringend nötig, Brennstoff und Essen in den Zoo zu bringen, um die Tiere zu wärmen und zu füttern. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-zoo-in-kiew-tieren-droht-tod-durch-kaelte-und-hunger_id_52139887.html)
Kiew-Umgebung:
- Irpin:
Über die Ortskämpfe bei Irpin berichtet ein ukrainischer Soldat: „Im Moment gibt es ein Patt. (…) Sie greifen unseren Posten an, dann greifen wir sie an und sie rennen zurück." Auch die fehlende Ortskenntnis sei ein Problem für die Invasoren: „Sie kennen Irpin nicht, und dann fahren sie mit ihren Panzern in kleine Straßen und bleiben dort stecken." Die Ukrainer dagegen könnten sich leicht in Häusern positionieren und auf die Angreifer warten. „Außerdem haben sie nicht genug Essen, Wasser und Sprit", berichtet der Soldat unter Berufung auf Einwohner, deren Häuser von russischen Soldaten geplündert worden seien. „Irgendwann sind sie müde und dann jagen wir sie davon." (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91832458/ukraine-krieg-wie-lange-haelt-russlands-armee-noch-durch-.html)
Osten:
- Dnipro:
Die russischen Truppen haben in der Nacht vom 14. auf den 15. März den Flughafen von Dnipro zweimal angegriffen. Die Start- und Landebahn wurde zerstört, das Terminal beschädigt.
- Rubischne:
In Rubischne (ca. 60.000 Einwohner) im Gebiet Luhansk sind vier Menschen ums Leben gekommen. Die Angriffe hätten eine Einrichtung für sehbehinderte Kinder, das städtische Krankenhaus und drei Schulen zerstört. Rubischne liegt nördlich von Sjewjerodonezk, wo sich prorussische Separatisten und ukrainische Truppen derzeit heftige Kämpfe liefern. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-zoo-in-kiew-tieren-droht-tod-durch-kaelte-und-hunger_id_52139887.html)
Süden:
- Kherson:
Die Stadt Kherson ist gefallen. Die Besatzungstruppen errichteten ein Militärregime und sprachen ein Demonstrationsverbot aus.
- Mariupol:
Ukrainische Truppen haben nach eigenen Angaben einen russischen Vorstoß in der umkämpften Hafenstadt Mariupol abgewehrt. Dabei seien etwa 150 Angreifer getötet sowie zwei Panzer und mehrere gepanzerte Fahrzeuge zerstört worden. (https://www.fr.de/politik/ukraine-krieg-news-selenskyj-russland-konflikt-offensive-kiew-putin-mariupol-cherson-zr-91405968.html)
Nach Angaben des Stadtrats sind bisher 2.357 Einwohner ums Leben gekommen. Über Evakuierungen aus Mariupol gibt es unterschiedliche Angaben. Laut Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk scheiterten die Bemühungen bisher weitgehend. Zudem werde eine Hilfskolonne mit Medikamenten und Wasser für die belagerte Hafenstadt weiter blockiert. Demgegenüber sagte der stellvertretende Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, Kyrylo Tymoschenko, dass am Montag rund 160 Autos von Zivilisten über einen Fluchtkorridor Mariupol verlassen hätten.
Westen
- Antopil:
Antopil liegt im Nordwesten der Ukraine in der Nähe von Rivne. Bei einem Angriff auf den Fernsehturm wurden 19 Menschen getötet und 9 weitere verletzt.
Schwarzmeerflotte:
Die russische Marine hat vor der Küste der Ukraine eine Seeblockade errichtet.
Ost-Ukraine:
Die ukrainische Armee bestritt, dass sie einen Raketenangriff auf die von prorussischen Separatisten gehaltene Stadt Donezk am Vortag begangen hätte, bei dem - nach russischen Angaben - mehr als 20 Menschen getötet wurden.
Verluste:
Seth G. Jones, Vizepräsident des „Center for Strategic and International Studies“ (CSIS) in Washington D. C. (USA) erklärte, es habe „ungefähr 6.000 bis 8.000 Todesopfer bei den russischen Bodentruppen“ gegeben. Das würde bedeuten, dass Russland in zwei Wochen mehr Todesopfer im Kampf zu verzeichnen hätte „als die USA in 20 Jahren im Irak und Afghanistan“. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-zoo-in-kiew-tieren-droht-tod-durch-kaelte-und-hunger_id_52139887.html)
Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet damit, dass die ukrainische Wirtschaft in diesem Kriegsjahr um circa ein Drittel (25 bis 35 Prozent) schrumpfen könnte, wenn der Krieg mit Russland andauert. Die Ukraine müsse mit einer „schweren Rezession und riesigen Rekonstruktionskosten“ rechnen. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-zoo-in-kiew-tieren-droht-tod-durch-kaelte-und-hunger_id_52139887.html)
Auf Seite der russischen Truppen sind die Verluste erheblich. Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj tönte, die Verteidiger hätten bereits Tausende Fahrzeuge, Hunderte Hubschrauber und 80 Kampfjets der Invasionsarmee zerstört: „Innerhalb von 19 Tagen hat die russische Armee größere Verluste erlitten als in zwei blutigen und jahrelangen Tschetschenien-Kriegen." (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91832458/ukraine-krieg-wie-lange-haelt-russlands-armee-noch-durch-.html)
Zivilbevölkerung:
Mittlerweile haben rund 3 Millionen Ukrainer ihre Heimat verlassen. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/bei-hart-aber-fair-esken-ueber-nato-eingriff-koennen-zu-nichts-niemals-sagen_id_68368354.html)
ABC-Waffen:
- Atomare Waffen:
Die Russen haben am Montag ein ukrainisches Munitionsdepot in der Nähe des Atomkraftwerkes Saprorischschja gesprengt. Zur Entfernung zwischen AKW und Depot wurden keine Angaben gemacht. Unklar ist, warum die Ukrainer in der Nähe ihrer Reaktoren ein Munitionsdepot überhaupt betrieben.
Angesichts der Lageentwicklung in der Ukraine ist eine vertikale Eskalation nicht auszuschließen: Die russische Nuklearstrategie folgt der klassischen Logik der Begrenzbarkeit eines Nuklearkriegs und spiegelt damit amerikanische Hoffnungen im Kriegsfall wider. Sie fordert im Fall eines Konflikts mit der NATO den frühzeitigen Einsatz von Kernwaffen, mit dem Ziel, westliche Regierungen dazu zu zwingen, um Frieden nachzusuchen, oder aber eine weitere, potenziell katastrophale nukleare Eskalation zu riskieren. Somit zielt die russische Nuklearstrategie darauf ab, durch ein Mischkonzept aus Drohung und Anreiz die Regierungen der NATO-Staaten dazu zu bringen, ihre Kriegsziele aufzugeben, statt sich auf eine unkontrollierbare nukleare Eskalation einzulassen. Diese Strategie des „Eskalierens, um zu deeskalieren“ ist riskant und möglicherweise kontraproduktiv, da sie einen Atomkrieg zwischen Russland und dem Westen, den sie eigentlich vermeiden will, erst provozieren könnte. So schließen manche russischen Nuklearstrategen einen Präventivschlag (uprezhdayushchiy udar) nicht aus. Unklar ist, ob die Russen – wie die Amerikaner – zwischen einem „Präemptivschlag“ und einem „Präventivschlag“ einen Unterschied machen. Eine anti-nukleare Nuklearstrategie ist letztendlich ein Widerspruch in sich.
So erklärte der Stellvertretende Vorsitzende des Vereinigten US-Generalstabs, Admiral James Alexander „Sandy“ Winnefeld, bereits im Juni 2015 vor dem Verteidigungsausschuss des US-Repräsentantenhaus:
„Russian military doctrine includes what some have called an ‘escalate to deescalate’ strategy—a strategy that purportedly seeks to deescalate a conventional conflict through coercive threats, including limited nuclear use. We think that this label is dangerously misleading. Anyone who thinks they can control escalation through the use of nuclear weapons is literally playing with fire. Escalation is escalation, and nuclear use would be the ultimate escalation.” (https://www.russiamatters.org/analysis/escalate-deescalate-part-russias-nuclear-toolbox)
Der frühere CINCSTRATCOM und Stellvertretende Vorsitzender der JCS, John Earl Hyten, hat 2021 vorgeschlagen, man sollte das Konzept anders benennen: "escalate to win, escalate to end." (https://www.newsweek.com/putin-threatens-nuke-world-opinion-1685241)
Die Befürchtungen vor einem russischen Atomschlag im oben genannten Sinne und im Rahmen der Aggression gegen die Ukraine sind „eskaliert“, als der russische Oberbefehlshaber drei Tage nach Kriegsbeginn die Atomstreitkräfte, als er erkennen musste, dass sein Blitzkriegskonzept nicht aufgehen würde, in erhöhte Alarmbereitschaft versetzte. (https://responsiblestatecraft.org/2022/03/01/how-putins-ukraine-war-has-intensified-the-nuclear-threat/)
Matthew Kroenig, Professor für Strategische Fragen an der Georgetown-University in Washington, konstatiert bzgl. des nuklearen Kräfteverhältnisses in Europa eine fulminante russische Überlegenheit:
„Moskau (besitzt) eine breite Palette nuklearer Fähigkeiten unterschiedlicher Sprengkraft und Trägermechanismen. Im Fall eines Krieges mit der NATO könnte Russland taktische Kernwaffen mit erheblichen Gefechtsfeldwirkungen einsetzen. So könnte es zum Beispiel mit see-, luft- oder bodengestützten atomar bestückten Marschflugkörpern einen NATO-Luftwaffenstützpunkt oder eine europäische Stadt angreifen. Putin könnte den Einsatz eines nuklearen Torpedos gegen NATO-Schiffe in der Ostsee anordnen. Russland könnte auch nuklear bestückte Boden-Luft-Raketen gegen NATO-Flugzeuge einsetzen. Das sind nur einige von vielen weiteren Optionen.
Dagegen hat die NATO nur wenige glaubwürdige Optionen, um auf derartige Angriffe zu reagieren oder einen taktischen Atomkrieg zu führen. Die einzigen taktischen Kernwaffen der NATO sind rund 200 Freifallbomben, die auf Stützpunkten in mehreren europäischen Ländern lagern. Dies ist eine wichtige Fähigkeit für viele Einsatzzwecke, aber in den wahrscheinlichsten Konfliktzonen in Osteuropa können Flugzeuge, die diese ungelenkten Bomben tragen, wahrscheinlich nicht in Lufträume eindringen, die von hochmodernen russischen Flugabwehrsystemen gesichert werden. Alternativ verfügen die Vereinigten Staaten und die anderen NATO-Atommächte, Großbritannien und Frankreich, über strategische Kernwaffen, aber das Verbringen eines Sprengkopfs mit hohem Detonationswert auf einem strategischen Trägersystem von außerhalb des Kriegsschauplatzes geht mit dem Risiko der Eskalation zu einem größeren nuklearen Schlagabtausch einher, der westliche Bevölkerungszentren einem hohen Vergeltungsrisiko aussetzen würde. (…) Kurzum, anders als Russland verfügt die NATO nicht über ein flexibles Arsenal von Waffen mit niedrigem Detonationswert, die im oder in der Nähe des Konfliktgebiets stationiert werden können und die zuverlässig die russische Luftverteidigung durchdringen können.“ (https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sirius-2018-4002/html?lang=de)
Die US-Regierung hat auf die neue Bedrohungslage bereits stillschweigend reagiert. Noch Anfang des Jahres wurde damit gerechnet, dass Biden im Verlauf des Jahres eine neue Nuklearstrategie verkünden würde, die erstmals einen Verzicht auf einen Ersteinsatz von Nuklearwaffen („no first use“ und damit zugleich „no first strike“) verkünden würde, davon ist jetzt nicht mehr die Rede.
Einen Tag nachdem Wladimir Putin seine Atomstreitkräfte in erhöhte Gefechtsbereitschaft versetzte, trafen die US-Atomstreitkräfte Gegenmaßnahme: Das US Strategic Command (STRATCOM) verhängte für ihren fliegenden Nukleargefechtsstand Boeing E-4B AACP in ihrer Funktion als National Airborne Operations Center (NAOC) den „air alert“. (https://www.newsweek.com/putin-threatens-nuke-world-opinion-1685241) Es ist anzunehmen, dass sich seitdem mindestens eine der vier E-4B der 1st Airborne Command Control Squadron (1ACCS) auf der Offutt AFB ständig in der Luft befindet. Dasselbe dürfte für die anderen fliegenden Gefechtsstände vom Typ Boeing E-6B Mercury (LOCKING GLASS bzw. TACAMO) und weitere Relais-Maschinen gelten. Die 16 E-6B verteilen sich auf drei Fleet Air Reconnaissance Squadrons, die allesamt auf der Tinker AFB stationiert sind: VQ-3, VQ-4 und VQ-7.
- Chemische Waffen:
In den letzten Tagen gab es – auf der Basis von Geheimdiensteinschätzungen - wiederholt Spekulationen von NATO-Staaten, die Russen können in der Ukraine Chemiewaffen einsetzen. Die Sowjetunion verfügte einst über ein gigantisches Chemiewaffenpotential, das sie mit 39.967 Tonnen angab (zum Vergleich: die USA besaßen damals mit – nach unterschiedlichen Angaben - 27.770 bis 36.000 Tonnen das zweitgrößte Potential). Die sowjetischen Bestände lagerten z. T. in schlechten Kanistern in schlechten Depots, so dass die Gefahren eines Unfalls oder Diebstahls besonders groß waren. Gemäß dem Chemiewaffen-Übereinkommen (CWÜ) vom April 1997 hatte sich Russland – wie alle anderen Staaten auch - zur vollständigen Vernichtung des Bestandes bis zum Jahr 2012 verpflichtet. Zuständig für das höchst gefährliche Delaborierungsprogramm war Generaloberst Valery Kapashin.
Mit Hilfe der NATO-Staaten wurden insgesamt sieben Vernichtungsanlagen errichtet, in denen das Chemiewaffen und Vorratsbehälter unter größter Vorsicht entsorgt werden konnten. Die erste Anlage ging im Dezember 2002 in Gorny bei Saratow in Betrieb, am 1. April 2006 folgte eine zweite Anlage in Kambarka (Udmurtien), die 6.350 Tonnen Hautkampfstoff vernichtete. In der Vernichtungsanlage in Gorny wurden 1.140 Tonnen der Hautkampstoffe Senfgas und Lewesit verbrannt, in Kambarka 6.350 Tonnen Lewesit, in Potschep 7.500 Tonnen Nervenkampfstoffe und in Kizner 5.745 Tonnen Nervenkampfstoffe.
Die Bundesregierung beteiligte sich am Bau und dem Betrieb von vier Vernichtungsanlagen. Dafür wurden 367 Millionen Euro aufgewendet: Gorny, Kambarka, Kizner und Potscheb. Allein die Beteiligung an der Fabrik in Kambarka kostete 90 Millionen Euro. Die USA konzentrierten ihre CW-Abrüstungshilfe auf das Nervenkampfstofflager Schutschje im Gebiet Kurgan. Hier lagerten insgesamt 25.000 Tonnen VX, Sarin, Soman und Phosgen. Zu ihrer Vernichtung stellten die USA mindestens 262 Millionen Dollar zur Verfügung. Allerdings gab es zeitweise Auseinandersetzungen zwischen den Regierungen beider Länder, weil die Russen zugesagte Leistungen nicht eingehalten hatten. Eine weitere Anlage wurde in Maradikowo bei Kirow im September 2006 eröffnet. Wegen Umweltproblemen bei der Verbrennung der hochtoxischen Substanzen wurde Russland eine Verlängerung bis Ende 2016, den USA sogar bis Ende 2021 bewilligt. Tatsächlich wurde der letzte russische Chemiegefechtskopf – nach einer weiteren Fristverlängerung - am 27. September 2017 in der Entsorgungsanlage Kizner vernichtet. (https://de.wikipedia.org/wiki/Chemische_Waffe#Russland)
Im Laufe der Jahre stellte sich heraus, dass das Chemiewaffenarsenal der Sowjets viel größer war, als offiziell angegeben. Aufgrund der Produktionskapazitäten der Chemiefabriken ging man von einem Gesamtbestand von maximal 100.000 Tonnen aus. Dieser war z. T. einfach ins Meer gekippt worden, so bis zu 25.000 Tonnen des Nervenkampfstoffes Sarin in der Ostsee. Der genaue Bestand, wer, wann, was, wo produziert, gelagert, eingesetzt oder entsorgt hatte, war nach Aktenlage gar nicht mehr rekonstruierbar. So kann nicht ausgeschlossen werden, dass die russische Regierung Restbestände an Chemiewaffen zurückgehalten oder sich später erneut zulegte. Dabei geht es nicht nur um die Produktion von Biotoxinen zur Ermordung einzelner Dissidenten. (http://nachtwei.de/index.php?module=articles&func=display&aid=1498)
NATO:
Die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken wollte am 14. März in der Gelabersendung „Hart aber Fair“ eine Intervention der NATO in den Ukrainekonflikt nicht mehr prinzipiell ausschließen:
„Ich glaube, dass wir mittlerweile in einer Situation angekommen sind, wo wir zu nichts ‚niemals‘ sagen sollten, weil wir nicht wissen, wie die Entwicklung weitergeht, aber nach jetzigem Stand wäre das ein Beitrag zur Eskalation und da sollten wir sehr, sehr vorsichtig sein.“ (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/bei-hart-aber-fair-esken-ueber-nato-eingriff-koennen-zu-nichts-niemals-sagen_id_68368354.html)
Heute trafen in London die Staats- und Regierungschefs der nordeuropäischen Verteidigungskooperation Joint Expeditionary Force (JEF) zusammen, die sich mit der Sicherheitspolitik in der Arktis beschäftigt. Auf der Tagesordnung stehen gemeinsame Anstrengungen, damit keine weitere Nation zum Opfer einer russischen Aggression wird. Die JEF ist deshalb von militärpolitischer Bedeutung, weil in ihr neben mehreren NATO-Staaten (Island, Großbritannien, Niederlande, Norwegen, Dänemark, Estland, Lettland und Litauen) mit Schweden und Finnland auch zwei neutrale Staaten vertreten sind, die somit indirekt an die NATO angebunden sind. (https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-das-geschah-in-der-nacht-zu-dienstag-a-156a37ad-e1b6-4f14-8bd3-56f33113d366)
BRD:
Die Bundesluftwaffe hat am 14. März ein Tankflugzeug vom Typ Airbus A400M von Jordanien nach (Ost-)Europa zurückbeordert.
Die Durchsetzung der Sanktionen stößt auf Schwierigkeiten. Da die Bundes- und Landesregierungen in den letzten Jahren und Jahrzehnten die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität (OK) sabotiert haben, sind die Sicherheitsbehörden heutzutage nicht in der Lage anzugeben, wer ist Mitglied der russischen „mafiya“ und wer nicht. Die Stadtverwaltungen von Baden-Baden (Baden-Württemberg) und Rottach-Egern am Tegernsee (Bayern) können noch nicht einmal angeben, welche russischen Oligarchen in ihrer Stadt wo wohnen. Dies hat nun sogar die Einheimischen in Rottach-Egern aufgebracht. Nun soll eine „Task Force“ unter dem „Cum-Ex“-Kanzler im Bundeskanzleramt für Klärung der mafiösen Wirtschaftsstrukturen und Besitzverhältnisse in Deutschland sorgen. Wer´s glaubt!
Nach „Aldi“ rationiert nun auch der Lebensmittelkonzern „Metro“ die Herausgabe bestimmter Lebensmittel. Man habe „vorübergehend eine maximale Abgabemenge auf einzelne Produkte festgelegt“. Details wurden nicht genannt. Vermutlich handelt es sich um Weizenmehl und Sonnenblumenöl, das in der Vergangenheit vor allem aus der Ukraine importiert wurde.
Slowakei:
Die Slowakei hat am 14. März drei Mitarbeiter der russischen Botschaft in Bratislava wegen Spionageverdachts des Landes verwiesen. Parallel dazu wurden mindestens drei slowakische Staatsbürger festgenommen, die gegen Bezahlung spioniert haben sollen, u. a. ein Offizier des Verteidigungsministeriums, angeblich auch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes SIS, was von diesem dementiert wurde, sowie ein Journalist. (https://www.spiegel.de/ausland/slowakei-weist-russische-botschaftsmitarbeiter-wegen-spionageverdacht-aus-und-nimmt-slowaken-fest-a-dbd73f8b-1115-47ea-ab0f-e885410f5cb7)
Rumänien:
In Dumitra im Landkreis Bistriţa-Năsăud im Norden Rumäniens ist eine Drohne abgestürzt. Es handelt sich um ein Exemplar des russischen Modell STC ORLAN-10 (dt.: „Adler-10“). (https://www.defenseromania.ro/drona-de-fabricatie-ruseasca-prabusita-in-romania_615488.html) Die Aufklärungsdrohne hat bei einer Länge von 1,8 m eine Spannweite von 3,1 m. Sie hat eine Startmasse von ca. 18 kg, darunter eine Nutzlast (Kamera) von ca. 4 bis 5 kg. Die Reichweite beträgt 1000 km.
Kroatien:
Die bei Zagreb abgestürzte „Aufklärungsdrohne“ TU-141 aus der Ukraine soll – wie sich im Nachhinein herausstellte - einen Sprengkopf gehabt haben.
Russland:
Die Sanktionen gegen den russischen Luftverkehr zeitigen Wirkung. Laut Waleri Kudinov wurden seit Ende Februar 180 aus dem Ausland geleaste Flugzeuge in das Luftfahrt-Register der russischen Lufttransportbehörde „Rosaviatsia“ überführt, darunter 80 Maschinen der „Aeroflot“ und 38 Flugzeuge der Airline „Rossiya“. -Maschinen.
Die Durchsetzung der Sanktionen stößt auf Schwierigkeiten. Die „demokratischen“ Regierungen in Nordamerika und Europa hatten in den letzten Jahren und Jahrzehnten kein Interesse daran, dass mit den Wirtschaftsmagnaten verbundene Organisierte Verbrechen und die entsprechenden Finanzströme aufzuklären. Daher fehlen den Strafverfolgungsbehörden die Daten, um zu entscheiden, welche Luxusyacht gehört welchem Oligarchen.
In Russland nehmen die Protestaktionen gegen den Krieg immer neue Formen an: Eine Mitarbeiterin der Hauptnachrichtensendung „Wremja“ des „Perwy Kanal“, Marina Ovsyannikova, stellte sich während der Livesendung um 21.00 Uhr hinter die Nachrichtensprecherin Jekaterina Andrejewa auf und hielt ein Protestplakat hoch: „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen.“ Die Sendung wurde unterbrochen und die Frau festgenommen. Ihren Anwälten von der der Bürgerrechtsorganisation „IWD-Info“ wurde der Kontakt zu ihrer Mandantin zunächst verweigert. Ihr drohen nun 15 Jahre Gefängnis. Es wird darüber spekuliert, dass mehrere ihrer Kollegen in die Aktion eingeweiht gewesen sein könnten. Der korrupte Kreml-Sprecher Dmitri Sergejewitsch Peskow faselte anschließend: „Was dieses Mädchen angeht, das ist Rowdytum." (https://www.n-tv.de/panorama/Anwaelte-Kein-Kontakt-zu-russischer-Kriegsgegnerin-article23196742.html)
Das Wort „Krieg“ ist mittlerweile in allen möglichen pazifistischen Wortverbindungen verboten. Statt „Kein Krieg“ hielt eine Frau einfach ein Schild mit dem hintergründigen Ausdruck „Zwei Worte“ („dwa slowa“) hoch. Sie fragte noch einen dabeistehenden TV-Journalisten: „Was denken Sie, wenn ich hier einfach zweit Worte sage, werde ich dann festgenommen?“ Sekunden später wurde sie durch drei schwerbewaffnete Bullen tatsächlich festgenommen. Eine andere Friedensdemonstrantin hielt einfach ein weißes Plakat ohne jegliche Aufschrift hoch und wurde daraufhin ebenfalls festgenommen. (Videos: https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91833064/auf-demonstration-russische-frau-zeigt-zwei-worte-mit-fatalen-folgen.html) In Russland muss man demnächst befürchten, wegen einer staatsgefährdenden Straftat festgenommen zu werden, wenn man ein Stück Tapete vom letzten Umzug durch die Straßen schleppt. Das Terrorregime des Kranken Wladimir Putin wird immer abstruser.
VRC:
Die Volksrepublik China verweigert die Lieferung von Flugzeugteilen nach Russland, dies hatte Waleri Kudinov, Leiter der Abteilung für die Instandhaltung der Lufttüchtigkeit des Bundesamtes für Luftverkehr, auf einer Konferenz der GUS-Wartungsindustrie am 10. März erklärt. Noch am selben Tag wurde er von seinem Posten entbunden. Er habe gegen das Gesetz über den öffentlichen Dienst verstoßen, das den Beamten verbietet, „vertrauliche Informationen oder amtliche Informationen, die ihnen in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit bekannt werden“, weiterzugeben.