Ukraine-Krieg 2.0 – Update 11 vom 8. März (D+12)
Gerhard Piper
Lageentwicklung
Der Director of Central Intelligence (DCI), William Burns, erklärte, Wladimir Putin sei „wahrscheinlich wütend und frustriert“, er habe „keine nachhaltige politische Lösung“ für die Ukraine. Putin schmore „seit vielen Jahren in einer brennbaren Mischung aus Groll und Ehrgeiz“. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-mehr-als-zehn-tote-bei-angriffen-auf-ukrainische-stadt-sumy_id_52139887.html)
Verhandlungen:
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski erklärte sich am 7. März erstmals zu Gesprächen über den Status der Halbinsel Krim und der beiden Separatistengebiete Luhansk und Donezk im Osten des Landes bereit: „Ich bin bereit für einen Dialog. Aber wir sind nicht bereit für eine Kapitulation. (…) Wir können diskutieren und einen Kompromiss finden, wie diese Gebiete weitermachen können.“ (https://www.nzz.ch/international/krieg-in-der-ukraine-die-neusten-entwicklungen-ld.1613540?mktcid=nled&mktcid=nled&mktcval=167_2022-03-07&mktcval=164_2022-03-08&kid=nl167_2022-3-7&kid=nl164_2022-3-7&ga=1&ga=1&trco=&trco=)
Truppenaufmarsch:
Der russische Präsident und Oberbefehlshaber Wladimir Putin behauptete am 8. März, in der Ukraine würden nur Berufssoldaten eingesetzt. Das stimmt nicht, rund ein Drittel der Einheiten rekrutieren sind i. d. R. aus Wehrpflichtigen mit einer Dienstzeit von einem Jahr. Dies gilt auch für Spezialeinheiten, wo die Wehrpflichtigen Hilfsdienste leisten. Die Mannschaften erhalten selten Urlaub, ihre Möglichkeiten mit einem Handy ihre Eltern anzurufen, sind beschränkt. Manche „Soldatenmutter“ in Russland wird daher gar nicht wissen, dass ihr Bengel in der Ukraine an Kriegsverbrechen beteiligt ist. Der ein oder andere kommt später im Sarg oder in einer Urne nach Hause.
Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ haben die russischen Streitkräfte Syrer rekrutiert, die Aleppo und Idlib etc. über besondere Erfahrungen im „Häuserkampf“ verfügen. Einige Syrer sollen sich bereits in Russland befinden. (https://www.wsj.com/articles/russia-recruiting-syrians-for-urban-combat-in-ukraine-u-s-officials-say-11646606234)
Das neue „Era“-Fernmeldenetz der russischen Streitkräfte bedarf für den verschlüsselten Verkehr 3G-Funkmasten, die wurden aber von den Russen selbst in mehreren Gegenden zerstört, so dass die Soldaten vom Kryptophon-Netz nun auf unverschlüsselten Funkverkehr umsteigen müssen, was ihre Aufklärung durch gegnerische Abhördienste wesentlich vereinfacht. Dumm gelaufen! (https://www.berliner-kurier.de/politik-wirtschaft/ukraine-krieg/zweiter-russen-general-in-der-ukraine-getoetet-li.215792)
Gefechte:
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace erklärte: „Das ukrainische Volk kann, wenn es so weitermacht wie bisher, die russischen Streitkräfte so weit zermürben, dass es für einen Sieg oder zumindest ein Patt ausreicht." (https://www.n-tv.de/politik/17-20-US-Geheimdienstchefin-Putin-koennte-Angriff-verschaerfen--article23143824.html)
Die russischen Besatzungstruppen haben angeboten, die Einwohner von fünf umlagerten Städten (Kiew, Sumi, Kharkiw, Tschernihiw sowie Mariupol) hätten Gelegenheit, ihre Stadt über einen „humanitären Korridor“ zu verlassen. In Sumi klappte der Waffenstillstand, in Mariupol nicht.
- Kiew:
Die russischen Einheiten versuchen Kiew von Westen her zu belagern. Der Berater des ukrainischen Innenministers, Wadym Denysenko, sagte bereits am Sonntagabend, auf Anfahrtswegen nach Kiew habe sich eine große Menge an russischer Ausrüstung und Truppen angesammelt. „Wir gehen davon aus, dass der Kampf um Kiew die Schlüsselschlacht der nächsten Tage ist.“ (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/angriff-auf-die-ukraine-putin-setzt-auf-syrische-soeldner-wie-die-entscheidungsschlacht-um-kiew-ablaufen-koennte_id_64361916.html)
- Norden:
- Irpin:
Aus Irpin konnten bisher 3.000 über eine zerschossene Brücke flüchten.
- Sumi:
Zum ersten Mal konnten Zivilisten seit Dienstagvormittag über einen „humanitären Korridor“ die Stadt verlassen und sich nach Poltawa absetzen.
- Tschuhujiw:
Die Ukrainer konnten die Stadt Tschuhujiw am Montag zurückerobern.
- Süden:
- Mariupol:
Aufgrund der Versorgungslage soll am Montag ein erstes Kind verdurstet sein, berichtete der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krieg-im-ticker-mehr-als-zehn-tote-bei-angriffen-auf-ukrainische-stadt-sumy_id_52139887.html)
Am Dienstagmittag wurde die Waffenruhe zum dritten Mal gebrochen, so dass eine Evakuierung der Zivilbevölkerung erneut scheiterte. Dreißig Busse und acht Lastwagen standen zum Transport von Flüchtlingen nach Saporischschja bereit, mussten aber wieder umkehren. „Die Situation ist apokalyptisch“, sagte IKRK-Sprecher Ewan Watson in Genf. (https://www.nzz.ch/international/krieg-in-der-ukraine-die-neusten-entwicklungen-ld.1613540?mktcid=nled&mktcid=nled&mktcval=167_2022-03-07&mktcval=164_2022-03-08&kid=nl167_2022-3-7&kid=nl164_2022-3-7&ga=1&ga=1&trco=&trco=)
Verluste:
Nach Angaben der ukrainischen Streitkräfte sind bisher rund 12.000 Russen gefallen.
In der Ukraine scheint es fünfmal mehr zivile Opfer zu geben als bisher angenommen. Die US-Geheimdienste gehen von 2.000 Toten und bis zu 10.000 Verletzten aus, seit Russland am 24. Februar in die Ukraine einmarschierte. Das Büro von UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet Jeria hatte am Montag lediglich 406 Tote und 801 Verletzte bestätigt. (https://www.n-tv.de/politik/17-20-US-Geheimdienstchefin-Putin-koennte-Angriff-verschaerfen--article23143824.html)
Die Regierung in Kiew taxiert die Kriegsschäden an der Infrastruktur (Brücken, Eisenbahn und Flughäfen etc.) auf mittlerweile mehr als 10 Milliarden Dollar.
Der russische Generalmajor Witali Gerasimow soll bei Kämpfen um Kharkiw getötet worden sein. Er war Chef des Stabes der 41. Kombinierten Armee (41-ya obshchevoyskovaya armiya) aus Novosibirsk. (https://en.wikipedia.org/wiki/41st_Combined_Arms_Army) Mit ihm sollen weitere hohe Offiziere seines Stabes umgekommen sein. Armeekommandeur ist weiterhin Generalmajor Sergey Ryzhkov. (https://www.watson.ch/international/ukraine/230215900-ukraine-krieg-naechster-russischer-topmilitaer-soll-getoetet-worden-sein)
Zivilbevölkerung:
Ab Morgen, den 9. März, droht der ukrainischen Zivilbevölkerung angesichts der Versorgungslage neuer Ungemach: Durch den Einfluss kalter Polarluft fallen die Temperaturen auf Werte unter minus 10 Grad.
Nach UN-Angaben haben bisher über 2 Millionen Ukrainer das Land verlassen. Unter den Flüchtlingen sollen schätzungsweise 800.000 Kinder sein. Laut der Organisation für Migration (IOM) waren darunter gut 100.000 Menschen aus Drittstaaten.
Mittlerweile haben 64.000 Ukrainer das Bundesgebiet erreicht. Am Hauptbahnhof in Berlin stranden täglich rund 11.000 Menschen aus der Ukraine. Die deutschen Hilfsorganisationen machen darauf aufmerksam, dass deutsche Männer allein-reisende Frauen unter den Flüchtlingen zu sich nach Hause einladen könnten, um sie zu vergewaltigen. So wurde ehrenamtlichen Helfern Geld angeboten, wenn sie die Einladung für einen Schlafplatz an Frauen mit oder ohne Kinder weiterleiten würden. Sascha Langenbach vom Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten erklärte: „Wir haben unsere ehrenamtlichen Übersetzer sensibilisiert. Sie sollen zweimal gucken, wer da ein Hilfsangebot macht.“
Die Webseite „UA Talents“, die von den Ukrainern Ivan Kychatyi und Nikita Overchyk gegründet wurde, vermittelt Jobs an die Neubürger.
Atomstreitkräfte:
In Kharkiw wurde das „Institut für Hochenergiephysik und Kernphysik“ (Instytut fizyky vysokykh enerhiy i yadernoyi fizyky) (https://www.kipt.kharkov.ua/ihepnp/index.html)) beim „Physik- und Technologieinstitut“ (Natsionalʹnyy naukovyy tsentr „Kharkivsʹkyy fizyko-tekhnichnyy instytut - KIPT), das zu Forschungszwecken über einen Neutronengenerator verfügt, am 6. März durch russische Granaten getroffen. Es wurde keine Radioaktivität freigesetzt. Der Chef der IAEA in Wien, Rafael Grossi, berichtete am 7. März, dass es in der Ukraine schon mehrfach zu solchen „Episoden“ gekommen sei: „Wir sollten keine Zeit verlieren. Fast jeden Tag kommt es zu einem Vorfall." (https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_91786776/krieg-in-der-ukraine-iaea-atomlabor-zerstoert-kein-radioaktiver-austritt.html)
Zwei amerikanische Bomber vom Typ B-52H STRATOFORTRESS kreisen seit mehreren Tagen immer wieder über Nordbayern. Sie beteiligen sich an einem NATO-Luftmanöver in Rumänien.
NATO:
Der frühere Bundeswehr-Brigadegeneral Erich Vad, der von 2006 bis 2013 Gruppenleiter im Bundeskanzleramt, Sekretär des Bundessicherheitsrates (BSR) und damit militärpolitischer Berater der Bundeskanzlerin Angela Merkel war, forderte in der „Bild“ vom 8. März (S. 39): „Wir müssen so viel Stärke zeigen, dass Putin nicht Appetit auf mehr bekommt. Wenn er mehr will, dann gilt es, den Schalter umzulegen und zu kämpfen.“
Am Montag hatte er sich in der Gelaber-Sendung „Hart aber fair“ von Frank Plasberg noch sehr kritisch über die Fähigkeiten der NATO geäußert:
„Wir reden als Europäer, als hätten wir da überhaupt Mitspracherechte. Die Entscheidungen fallen doch in Washington, in Moskau und in Peking. Und unsere Telefondiplomatie, unsere Besuche, unsere Ermahnungen das ist doch reine Symbolik. Und der Putin reagiert doch darauf gar nicht. Er reagiert auf Militärmacht und das ist das, was die Amerikaner haben. Das ist ein Faktor für ihn und für China natürlich auch. Wir Europäer sind doch Habenichtse. Wir haben keine funktionierende Armee, die Deutschen am allerwenigsten. Wir haben dem gar nichts entgegenzusetzen, als bloße folgenlose Rhetorik. Aber die schaukelt sich gegenseitig hoch.“ (https://www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/bei-hart-aber-fair-ex-general-erlaeutert-was-deutschlands-wahres-problem-ist_id_64773791.html)
Der frühere US-General Frederick Benjamin „Ben“ Hodges, ehemaliger Kommandeur der US-Landstreitkräfte in Europa (USAREUR) (2014-2017), erklärte sich in einem Interview mit „ntv“:
„Irgendwann kommt der Punkt, an dem Wladimir Putin nicht aufhört, bis er gestoppt wird. Deswegen weiß ich nicht, ob mir damit warten dürfen, wieviele Zivilisten müssen noch sterben, bis wir uns dafür entscheiden, dass wir uns in den Konflikt mehr involvieren müssen. Natürlich gibt es ein furchtbares Risiko, aber ich denke, dass es einige Dinge gibt, die schlimmer sind als das Risiko einer Eskalation. Ich bin der Meinung, dass die dreißig Staaten der NATO und die weiteren Länder der Europäischen Union mit ihren kombinierten Ressourcen in der Lage sind, dass zu stoppen und zwar ohne einen Atomkrieg.“ (https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/NATO-kann-das-ohne-Atomkrieg-stoppen-article23179742.html)
Innerhalb der NATO-Staaten dauern die Streitigkeiten über die Lieferung von Kampfflugzeugen an die ukrainische Luftwaffe an: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte Ende Februar erwogen, dass EU-Staaten, die über entsprechende Flugzeuge verfügen, diese in die Ukraine liefern könnten. Nach IISS-Informationen besitzen nur wenige Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes sowjetische Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 - die Slowakei (14), Bulgarien (11) und Polen (28). Polen hat die Maschinen zu Beginn der 2000er Jahre für die symbolische Summe von einem Euro von Deutschland bekommen.
Die ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts zögern aus doppeltem Grund. Zum einen wollen sie ihre eigenen Streitkräfte nicht schwächen, während im Nachbarland Krieg herrscht. Zum anderen sorgen sie sich, von Russland als Kriegspartei eingestuft zu werden. „Polen wird weder Kampfflugzeuge in die Ukraine schicken, noch die Nutzung seiner Flughäfen erlauben", erklärte dazu der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki. Das russische Verteidigungsministerium richtete bereits eine scharfe Warnung an Rumänien und die westlichen Nachbarstaaten der Ukraine, ukrainische Kampfflugzeuge zu beherbergen. „Die Nutzung des Flugplatznetzes dieser Länder als Basis für ukrainische Militärflugzeuge und deren anschließender Einsatz gegen die russischen Streitkräfte könnte als Verwicklung dieser Länder in den bewaffneten Konflikt angesehen werden." (https://www.n-tv.de/politik/Kampfjets-fuer-Kiew-warum-die-Lieferung-riskant-ist-article23181603.html)
- USA:
Die USA und Großbritannien hatten im „Budapester Memorandum“ (amtlicher Titel: Memorandum on Security Assurances in Connection with Ukraine’s Accession to the Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weapons) vom 5. Dezember 1994 der Ukraine zugesichert, sollte sie auf ihr Potential an Nuklearwaffen im Rahmen der Counterproliferation verzichten, werde man die Souveränität und die territoriale Unversehrheit der Ukraine „achten“. So heißt es in Artikel 1: „The Russian Federation, the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, and The United States of America reaffirm their commitment to Ukraine, in accordance with the principles of the CSCE Final Act, to respect the independence and sovereignty and the existing borders of Ukraine.“ Allerdings meinen die findigen Juristen des US State Departments, das Memorandum sei „rechtsunverbindlich“. (https://de.wikipedia.org/wiki/Budapester_Memorandum) Auf Bündnisverträgen mit den USA sollte sich halt niemand verlassen.
Die Demokraten im amerikanischen Senat bereiten ein Paket für die Ukraine im Umfang von mehr als zwölf Milliarden Dollar für Militärhilfe und humanitäre Hilfe für Flüchtlinge. Das Paket solle noch im Laufe der Woche als Teil des Haushalts beschlossen werden.
Die US-Streitkräfte verstärken weiterhin ihre Truppenpräsenz in Osteuropa.
Die US-Regierung hat am Dienstagnachmittag Öl-, Gas- und Kohleimporte aus Russland verboten. Allein die Öl-Einfuhren machten mit einem Volumen von 672.000 Barrel (je 159 Liter) pro Tag knapp acht Prozent aller US-Importe in dieser Kategorie aus. Auch Großbritannien stoppte seine Ölimporte. In der Presse ist von einem „Energiekrieg“ die Rede. (https://www.n-tv.de/politik/17-20-US-Geheimdienstchefin-Putin-koennte-Angriff-verschaerfen--article23143824.html)
- BRD:
Der Generalbundesanwalt (GBA) beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Peter Frank, hat in einem „Strukturverfahren“ Ermittlungen gegen die russische Regierung aufgenommen, um Beweise und Indizien für Kriegsverbrechen in der Ukraine zu sammeln. (https://www.nzz.ch/international/krieg-in-der-ukraine-die-neusten-entwicklungen-ld.1613540?mktcid=nled&mktcid=nled&mktcval=167_2022-03-07&mktcval=164_2022-03-08&kid=nl167_2022-3-7&kid=nl164_2022-3-7&ga=1&ga=1&trco=&trco=)
Die Spritpreise haben sich fast überall auf ein Niveau über 2,00 Euro eingependelt, an einzelnen Tankstellen stieg der Spritpreis auf über 2,50 Euro pro Liter. Der Gaspreis je Megawattstunde ist seit September um 370 Prozent gestiegen und 100 Liter Heizöl sind seit Jahresbeginn rund 100 Euro teurer geworden. Eine energieeffiziente neue Heizung einzubauen und die Immobilie besser zu dämmen, kostet sehr viel Geld; Geld, das viele Hausbesitzer nicht haben. Obendrein profitiert der Fiskus über die Mehrwertsteuer von 19 Prozent von steigenden Energiepreisen. (https://www.focus.de/politik/deutschland/kommentar-kein-staatsprofit-durch-den-krieg-herr-scholz-herr-lindner-senken-sie-die-spritpreise_id_64835288.html)
- Frankreich:
Angehörige der Fremdenlegion, die aus der Ukraine stammen, erhalten „Urlaub mit voller Ausstattung“. Ob dieser „Urlaub“ zeitlich befristet ist, wurde nicht bekannt. (https://rtf1.de/news.php?id=31905)
EU:
In der EU gibt es Streit darüber, ob der Ukraine noch in dieser Woche der Status eines EU-Beitrittskandidaten zugebilligt werden solle oder nicht. Für die Ukraine wäre die EU-Mitgliedschaft ein Schritt auf dem Weg zum NATO-Beitritt.
Die Europäische Union will so schnell wie möglich unabhängig von russischem Gas werden. Die EU-Kommission legte einen Plan mit Maßnahmen vor, um russische Gasimporte innerhalb von einem Jahr um zwei Drittel zu reduzieren. Es geht demnach darum, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, neue Quellen für Gaslieferungen zu erschließen und den Energieverbrauch zu senken. (https://www.n-tv.de/politik/17-20-US-Geheimdienstchefin-Putin-koennte-Angriff-verschaerfen--article23143824.html)
Russland:
Am 1. Februar 1970 unterzeichnete die Bundesrepublik drei Verträge zum Bau von Pipelines, durch die Erdgas nach Westeuropa geliefert werden sollte. Im Rahmen dieser „Erdgas-Röhren-Geschäfte“ lieferten die Westeuropäer die Röhren zum Bau der Pipelines, danach lieferten die Sowjets das Gas. (https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-sowjetische_R%C3%B6hren-Erdgas-Gesch%C3%A4fte) Die Bundesrepublik bezog erstmals 1973 „sowjetisches“ Gas über eine Pipeline durch die Tschechoslowakei. In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre startete der damalige Generalsekretär der KPdSU, Leonid Breschnew, seine „Gaskampagne“ mit der Erschließung der sibirischen Gasfelder in der Region Urengoj. Ende 1983 kam es zur Einweihung der Pipeline „Jamal“. Schon damals warnten die USA die Westeuropäer, insbesondere die Deutschen, sie sollten sich nicht zu sehr abhängig machen von Gasimporten aus der damaligen Sowjetunion. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) versicherte den Amerikanern, Deutschland würde „niemals mehr als eine 30-prozentige Abhängigkeit von sowjetischem Gas zulassen“. Aufgrund des niedrigen Bezugspreises und zum Wohle der deutschen Industrie haben die Parteien CDU/CSU, FDP und SPD auf die Kritik aus den USA jahrzehntelang geschissen. Die Öl- und Gasexporte sicherten der Sowjetunion ungefähr drei Viertel ihrer Deviseneinnahmen und trugen so zur Finanzierung ihres Militärhaushaltes bei. (https://www.hist.uzh.ch/dam/jcr:00000000-524b-c257-ffff-ffffe3ef7da7/Perovic_Energiegrossmacht.pdf) Heute bezieht die BRD bekanntlich 55 Prozent seines Erdgases aus Russland.
Die russische Regierung hat am 7. März erstmals damit gedroht, die Gasexporte nach Westeuropa einzustellen, in dem es die Ostsee-Pipeline „Nord Stream 1“ (russ. Bezeichnung: Severnyy potok 1) schließen könnte. Die Pipeline verläuft von Wyborg nach Lubmin und wurde im November 2011 in Betrieb genommen. Sie hat eine nominelle Transportkapazität von 55 Mrd. Nm³ pro Jahr entsprechend etwa 550 TWh/a oder 63 GW Heizwert Dauerleistung. (https://de.wikipedia.org/wiki/Nord_Stream)
Insgesamt stellen die Russen rund 30 Prozent des jährlichen Verbrauchs von 500 Millionen Tonnen innerhalb der EU. Mit exorbitanten Preissteigerungen ist zu rechnen.
Als weiterer Gegensanktion droht man in Russland mit der Enteignung ausländischer „Kapitalisten“. So erklärte Andrej Anatoljewitsch Turtschak, Funktionär der Regierungspartei „Einiges Russland“, mit der Verstaatlichung der Produktionsstandorte ausländischer Unternehmen. „Das ist eine extreme Maßnahme, aber wir werden nicht zulassen, dass man uns in den Rücken fällt. (…) Wir werden harte Vergeltungsmaßnahmen ergreifen und im Einklang mit den Gesetzen des Krieges handeln." (https://www.n-tv.de/politik/17-20-US-Geheimdienstchefin-Putin-koennte-Angriff-verschaerfen--article23143824.html) Turtschak steht seit dem 22. Februar 2022 auf einer Sanktionsliste der EU.
Immer mehr Menschen in Russland verwenden den Buchstaben „Z“ als Akronym für „za pobedoy“ (dt.: „für den Sieg“) auf Kleidungsstücken, Plakaten oder Autos, um ihre Unterstützung für Putins Krieg in der Ukraine zu zeigen. Wenn´s beim Endsieg hilft!