Militärforschung
  Rechtsextreme Heil-Prakterin plante Anschläge
 

Rechtsextreme Heil-Praktikerin mit Globuli, Ballermann und Brandbausätzen

Gerhard Piper

31. Januar 2021

Eine Heilpraktikerin aus dem Raum Nürnberg, die der rechten Partei „III. Weg“ angehört, verschickte Drohbriefe und bereitete Brand- und Sprengstoffanschläge vor. Im September 2020 wurde sie festgenommen. In diesem Jahr muss sie sich vor dem Oberlandesgericht München verantworten.

Susanne G.-S. ist deutsche Staatsangehörige. Sie ist verheiratet und wohnt in der Ortschaft Leinburg-Diepersdorf im Landkreis „Nürnberger Land“. (1) Sie ist von Beruf Heilpraktikerin mit eigener „Natur- und Sportheilpraxis“: Homöopathie, Wirbelsäulen- und Gelenktherapie, Schröpfkopftherapie, Antlitzdiagnostik, Zungendiagnostik und Atlastherapie.

Früher gehörte sie dem Rocker-Milieu an, danach engagierte sie sich bei der rechtsextremen Partei „III. Weg“. So war Susanne G.-S. bei einem Aufmarsch der Partei im März 2020 in Bamberg als Ordnerin eingesetzt. Außerdem beteiligte sie sich an rechten Aufmärschen in Bamberg, Chemnitz, Nürnberg, Plauen und beim „Heldengedenken“ in Wunsiedel. Nicht zuletzt unterhielt sie Kontakte zum früheren Umfeld des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU). Als die beiden NSU-Unterstützer André Eminger aus Potsdam (2) und Ralf Wohlleben aus Bornitz (3) im Knast saßen, stand sie mit ihnen von 2015 bis 2018 im Briefwechsel. Außerdem besitzt sie einen Kleinen Waffenschein.

Zuletzt plante sie Anschläge gegen (Lokal-)Politiker, Polizeibeamte und Moscheen in Franken. Von Dezember 2019 bis März 2020 versande mindestens sechs Drohbriefe an verschiedene Adressaten in der Region (Mittel-)Franken versandte: In fünf Fällen legte sie dem Schreiben eine scharfe Patrone bei:

1. So schickte sie einen Drohbrief an die DİTİB-Moscheegemeinde bzw. die „Türkisch-Islamische Gemeinde“ in Röthenbach (Bahnhofstraße 6): „IHR WERDET NIEMALS SICHER SEIN!“ Außerdem lag dem Schreiben eine Patrone und ein „Gutschein“ mit Schweinebildchen bei.

2. Anfang 2020 erhielt ein Flüchtlingsverein aus der Region ein ähnliches Schreiben.

3. Zum Jahresbeginn 2020 erhielten zwei Politiker ebenfalls Drohschreiben: Ein Adressat war der Bundestagsabgeordnete Carsten Dietmar Träger (SPD) aus Fürth, Mitglied des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft. (4)

4. Adressatin war auch die Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny (FDP) aus Stuttgart. Auch sie ist Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz. (5)

5. Dem Armin Kroder (Freie Wähler), Landrat vom Landkreis „Nürnberger Land“, teilte Susanne G.-S. mit, der ermordete CDU-Politiker Walter Lübcke sei ein „Ausländer- und Judenfreund“ gewesen. (6)

6. ?

Unterschrieben waren ihre anonymen Schreiben mit „Revolutionäre Aktionszellen“ (RAZ) oder „Militante Zelle“ (MIEZE). Ihre Drohbriefe reicherte sie mit Zitaten von Holger Meins (RAF) an, möglicherweise um eine falsche Spur zu generieren.

In einer Pressemitteilung des Moscheevereins zum Drohbrief hieß es:

„Heute wurde in den Briefkasten unserer Moschee ein blauer Briefumschlag mit einer Patrone und einer Postkarte mit einem Schweinskopf und der Schrift: „Ihr werdet niemals sicher sein“ eingeworfen. Die Polizei wurde umgehend benachrichtigt, die Tat zur Anzeige gebracht und Ermittlungen seitens der Polizei aufgenommen. Die Polizei hat mitgeteilt, dass sämtliche Maßnahmen eingeleitet werden.

Noch bevor der terroristische Anschlag vor ein paar Tagen in Hanau von unseren Gemeinden verarbeitet werden konnte, hat uns dieser Drohbrief erheblich beunruhigt. Wir verurteilen wiederholt jegliche Art von Hass und Terror.

Vor ein paar Tagen waren der Bürgermeister, Landräte, diverse Parteien, Vertreter von Kirchen und NGOs in unserer Moschee zu Besuch um Zusammengehörigkeit zu demonstrieren und zugleich den terroristischen Angriff zu verurteilen.

Wir sind fest davon überzeugt, dass auch unsere röthenbacher Bürger diese abscheuliche Tat missbilligen und ebenso beunruhigt sind.

Wir bitten unsere Gemeindemitglieder und unsere Mitbürger zu erhöhter Aufmerksamkeit und bei Verdachtsmomenten um Verständigung der Polizei und den zuständigen Behörden. Wir bitten zudem um Vermeidung unnötiger Panik.

Wir erwarten von den zuständigen Behörden, dass solche Fälle aufgeklärt und die Verdächtigen gefasst und bestraft werden.“ (7)

Im Sommer 2020 tauchte Susanne G.-S. in einem Hotel in Fürth unter. Damals soll sie Wohnungen und Privatfahrzeuge von mindestens einem Lokalpolitiker, fast einem Dutzend Polizeibeamten und mehreren muslimischen Moscheen ausgekundschaftet haben.

Aufgrund der andauernden Bedrohunglage bildete die Polizeiinspektion in Schwabach (Friedrich-Ebert—Str. 10) die Sonderkommission KARTE mit rund zwanzig Beamten (Rufnummer 0911 2112-3333). Die Ermittlungen führten erst die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth und die Generalstaatsanwaltschaft München, dann wurde das Verfahren im Oktober 2020 vom Generalbundesanwalt übernommen:

„Es wurden zahlreiche Spuren gesichert, Zeugenbefragungen durchgeführt, die operative Fallanalyse (OFA) eingebunden sowie die Streifenpräsenz vor Ort deutlich erhöht. Die betroffenen Personen erhielten eine verhaltensorientierte Beratung und eine sicherheitstechnische Beratung für ihre Anwesen. Über die Medien wurden mehrere Zeugenaufrufe, insbesondere zur Herkunft der versendeten Karten, gesteuert.“ (8)

So konnte die Polizei feststellen, dass die „Glückwunschkarten“ in einer Filiale der Drogeriekette „dm“ erworben worden waren, sie konnte die Herkunft der Buchstaben-Schablone ermitteln und lokalisierte die Telefonzelle(n), in der Drohanrufe getätigt worden waren.

Susanne G.-S. wurde seit 2020 als rechtsextreme „Gefährderin“ eingestuft. Am 20. März 2020 wurde sie vorübergehend festgenommen und die Polizei führte bei ihr eine Hausdurchsuchung durch, dabei wurden Computer und Handys beschlagnahmt. Allerdings ließ die Polizei die Tatverdächtige ersteinmal wieder laufen. Dennoch tönte der bayerische Landesinnenminister Joachim Herrmann (CSU):

„Menschen mit Drohungen in Angst und Schrecken zu versetzen, ist absolut niederträchtig. Wir gehen deshalb äußerst konsequent gegen Hass und Hetze vor. Mit akribischer Ermittlerarbeit hat hier die eigens eingerichtete Sonderkommission des Polizeipräsidiums Mittelfranken sehr gute Arbeit geleistet. (…) Die Festnahme ist deshalb auch eine klare Botschaft an Kommunalpolitiker wie auch an muslimische Mitbürger, dass unserem Staat ihr Schutz besonders wichtig ist." (9)

Am 7. September 2020 nahm ein Sondereinsatzkommando der Polizei Susanne G.-S. auf einem Hotel-Parkplatz in Fürth endgültig fest; ihr Auto, ein Jeep „Cherokee“ wurde beschlagnahmt. Bei der Festnahme wurden Schriften zum Bau von Autobomben oder Brandsätzen, verschiedene Materialien zum Bau von Brandsätzen, Gaskartuschen, Feuerwerkskörper, Zündschnüre, Klebeband, ein Elektroschocker, Schlagstock, Messer und eine ballistische Schutzweste, etc. sichergestellt. (10)

In einer aktuellen Presseerklärung des Generalbundesanwalts vom 27. Januar 2021 hieß es:

„Susanne G. vertritt eine von Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit geprägte Grundhaltung. Aus dieser Gesinnung heraus bereitete sie spätestens ab Ende Mai 2020 einen Brandanschlag auf Amtsträger oder Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland vor. Zu diesem Zweck erwarb die Angeschuldigte im Internet Literatur zum Umgang mit Sprengstoffen und unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen. Weiter beschaffte sie sich für den Bau von Brandsätzen benötigte Materialien, darunter Benzin, Kartuschen mit einem Propan/Butan-Gasgemisch, Feuerwerkskörper und Zündschnüre. Im Sommer 2020 spähte die Angeschuldigte Polizeibeamte und einen fränkischen Mandatsträger als mögliche Anschlagsopfer aus. Dabei kundschaftete sie die Privatfahrzeuge und Wohnungen der Betroffenen aus.

Zuvor hatte die Angeschuldigte in der Zeit von Anfang Dezember 2019 bis Anfang März 2020 insgesamt sechs anonyme Briefe an den oben genannten sowie einen weiteren fränkischen Mandatsträger, einen muslimischen Verein und einen Verein zur Flüchtlingshilfe versandt. Alle Briefe enthielten schlagwortartig die ernsthafte Ankündigung von Tötungsdelikten zum Nachteil der Empfänger. Um diesen Drohungen noch mehr Nachdruck zu verleihen, legte die Angeschuldigte in fünf der Briefe jeweils eine scharfe Pistolenpatrone bei.“ (11)

Susanne G.-S. muss sich vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Ihr Verteidiger ist Frank Miksch (Fürth). Am 24. Dezember 2020 wurde auf seine Kanzlei ein „Farbanschlag“ verübt. In dem Bekennerschreiben (Rechtschreibung wie im Original) hieß es:

„Frank Miksch ist ein langjähriger aktiver Neonazi, der seine Hauptarbeit darin leistet, faschistische Täter*innen vor Gericht zu verteidigen und dabei auch schon einige prominente Fälle vor Gericht verhandelt hat. Seit seinem abgeschlossenen Jura Studium 1996 ist er tätig als niedergelassener Rechtsanwalt zuerst in Nürnberg, heute in Fürth. Bereits in seiner Jugend war er aktiv in der Jugendorganisation der NPD und außerdem Mitglied in der klar faschistischen Burschenschaft Frankonia in Erlangen, wo er außerdem auch sein Studium absolvierte. (…)

Doch seid einigen Jahren hat Frank Miksch außerdem gute Kontakte zu Mitgliedern des ehmaligen „Freien Netzes Süd“ und der Nachfolgeorgansiation „Der Dritte Weg“.“ (12)

Obwohl Susanne G.-S. über beste Verbindungen bis in die Parteispitze des „III. Weg“ verfügt haben soll, gilt die 55-Jährige bisher als Einzeltäterin.

 

Quellen:

(1) Beck, Andrea: Fränkin plante rechte Brandanschläge: Wer ist Susanne G.?, Pegnitz Zeitung Online, Hersbruck. 30. Januar 2021, Online: www.nordbayern.de/region/frankin-plante-rechte-brandanschlage-wer-ist-susanne-g-1.10798855 (Download am 31. Januar 2021)

(2) Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Andr%C3%A9_Eminger

(3) Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Ralf_Wohlleben

(4) N.N.: Terror-Anklage gegen Nazi-Heilpraktikerin Susanne G., RTl.DE Online, Köln, 27. Januar 2021, Online: www.rtl.de/cms/terror-anklage-gegen-nazi-heilpraktikerin-susanne-g-von-fremdenfeindlichkeit-gepraegt-4692429.html (Download am 31. Januar 2021)

(5) Reister, Helmut / Schormann, Ruth: Nazi-Heilpraktikerin verschickt Drohbriefe, Abendzeitung Online, München, 23. März 2020, Online: www.abendzeitung-muenchen.de/bayern/nazi-heilpraktikerin-verschickt-drohbriefe-art-490293 (Download am 31. Januar 2021)

(6) Beck, Andrea: Susanne G. soll Attentat geplant haben, N-Land Online, Hersbruck, 27. Januar 2021, Online: https://n-land.de/lokales/susanne-g-soll-attentat-geplant-haben (Download am 31. Januar 2021)

(7) Zit. n.: Rafael, Simone: Papierterrorismus als Bewaffnete Bedrohung, Amadeu Antonio Stiftung (Hg.), Belltower Online, Berlin, 20. Januar 2021, Online: www.belltower.news/rechtsextreme-frauen-papierterrorismus-als-bewaffnete-
bedrohung-97491/ (Download am 31. Januar 2021)

(8) Polizeipräsidium Mittelfranken – Präsidialbüro - Pressestelle: Mehrere Drohschreiben mit Munition versandt - eine Tatverdächtige ermittelt - gemeinsame Pressekonferenz des PP Mfr und der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, 20. März 2020, Online: www.polizei.bayern.de/mittelfranken/news/presse/aktuell/
index.html/311403 (Download am 31. Januar 2021)

(9) Polizei Bayern – Polizeipräsidium Mittelfranken: Drohschreiben gegen Politiker und Moscheeverein, Polizei Bayern Online, München, 20. März 2020, Online: www.polizei.bayern.de/mittelfranken/news/presse/aktuell/index.html/311407 (Download am 31. Januar 2021

(10) Flade, Florian: Die Gefährderin, tagesschau online, Norddeutscher Rundfunk Online, Hamburg, 29. Januar 2021, Online: www.tagesschau.de/investigativ/wdr/rechtsextreme-gefaehrderin-101.html (Download am 31. Januar 2021)

(11) Generalbundesanwalt, Der: Anklage wegen des Vorwurfs der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat u.a. erhoben, Pressemitteilung, Karlsruhe, 27. Januar 2021, Online: www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/aktuelle/
Pressemitteilung-vom-27-01-2021.html?nn=478184 (Download am 29. Januar 2021)

(12) Antifa Fürth: Angriff auf Kanzlei des Nazianwalts Frank Miksch, indymedia.org Online, o. O., 24. Dezember 2020, Online: https://de.indymedia.org/node/127923 (Download am 31. Januar 2021)