Militärforschung
  Taliban und NATO
 

Taliban: „Danke NATO!“ – Der Verbleib der afghanischen Luftwaffe

Gerhard Piper

11. Oktober 2021

Am 15. August 2021 haben die NATO-Truppen Afghanistan verlassen. Der Abzug geriet zur Flucht. Rund vierzig Jahre nach Beginn ihrer Militärintervention hinterließ die Allianz ein verängstigtes Volk in einem zerstörten Land. Die siegreichen Taliban haben die Macht übernommen. Es stellt sich die Frage, in welchem Umfang die islamistischen Terroristen das Militärarsenal übernehmen konnten, dass die NATO hinterlassen hat. Hier das Beispiel Luftwaffe.

Die afghanische Luftwaffe

Die Gründung der afghanischen Luftwaffe (Afghan Air Force – AAF) liegt rund hundert Jahre zurück, als die damalige Sowjetunion drei „Avro 504“ lieferte. Bis zu den siebziger Jahren blieb die UdSSR der Hauptlieferant an Fluggerät. Als die Taliban 1996 zum ersten Mal die Macht eroberten, konnten sie auf deren damaligen Bestand zurückgreifen, soweit er nach siebzehn Jahren Bürgerkrieg noch flugfähig war. Zwar gehörten zum Bestand ein paar sowjetische Jagdbomber, aber tatsächlich waren nur noch ein paar Hubschrauber vom Typ Mil Mi-17 verfügbar. Nach Beginn der US-geführten NATO-Intervention im Oktober 2001 lieferte die westliche Allianz ab Mai 2005 ihre Flugzeug- und Hubschraubermuster.

Kommandeur der afghanischen Luftwaffe war zuletzt General Abdul Fahim Ramin, ihr Generalstabschef Mohammed Dawran. Die Luftwaffe umfasste circa 6.800 bis 8.000 Soldaten.

In den letzten Jahren leisteten die USA umfangreiche Militärhilfe durch Lieferung von Flugzeugen, Hubschraubern und Munition. Nach Angaben des US Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) leisteten die USA seit 2001 den afghanischen Streitkräften und der Polizei eine „Militärhilfe“ im Gesamtwert von 82.900.000.000 Dollar. Die „Washington Post“ überprüfte diese Rechnung kritisch und kam ihrerseits auf einen Anteil reiner Waffen- und Munitonslieferungen in Höhe von 29 Milliarden Dollar. (1) Zusätzlich zu den Rüstungsexporten hat man das Pilotentraining übernommen: Die Ausbildung der Piloten erfolgte auf der Moody AFB in Georgia (USA) und bei Prag (Tschechien). Die Wartung der Flugzeuge und Hubschrauber übernahmen i. d. R. die ausländischen Mechaniker der Lieferfirmen. Zwecks „Militärhilfe“ wurden im Rahmen der NATO RESOLUTE SUPPORT MISSION fünf multi-nationale Beraterteams „Train Advise Assist Command-Air“ (TAAC-Air) und das „NATO Air Training Command-Air“ (NATC-A) aufgestellt. Im Grunde genommen war die afghanische Luftwaffe also eine reine Retorten-Truppe.

Die Luftüberwachung und Operationsleitung bei Bodenangriffen wurde durch amerikanische Joint Terminal Air Control (JTAC) durchgeführt. (Isby, David: Flying into the Storm, Combat Aircraft, Stamford, USA, August 2021, S. 75) Am 14. August 2021 führte die Luftwaffe ihren letzten Einsatz durch: eine EMB A-29 Super Tucano vom Fliegerhorst in Mazar-i-Sharif bombardierte im Dehdadi-Bezirk einen Fahrzeugkonvoi der Taliban und tötete 51 Dschihadisten.

Fluggerätbestand

Nach Angaben von Abraham Mahshie hatte die afghanische Luftwaffe am 30. Juni 2021, einen Bestand von 211 Maschinen, davon befanden sich 167 im Land. (2) Als das korrupte Regime in Kabul im August 2021 zusammenbrach hatte die afghanische Luftwaffe folgenden Fluggerätbestand:

- Amerikanische Bodenangriffsflugzeuge Cessna AC-208 Eliminators: 10 Exemplare

- Brasilianische Bodenunterstützungsflugzeuge EMB A-29 Super Tucano: 19-23

- Amerikanisches Passagierflugzeug Boeing 727: 1

- Amerikanische Transportflugzeuge Lookheed C-130H Hercules: 4

- Amerikanische Klein-Transportflugzeuge Cessna 208B Grand Caravan: 23-24

- Schweizer Klein-Transportflugzeuge Pilatus PC-12NG: 18

- Russische Kampfhubschrauber Mil Mi-24V/-25/-35 HIND: 7-8

- Amerikanische Kampfhubschrauber McDonnell Douglas MD530F (G) Defender/Cayuse Warrior: 43 bis 68

- Amerikanische Transporthubschrauber Bell UH-60A+ Blackhawk: 16 bis 33

- Russische Transporthubschrauber Mil Mi-8MTV-1/17V-5 HIP: 95

- Amerikanische Hubschrauber Bell UH-1H: 10

- Hubschrauber HAL Cheetah: 3

- Amerikanische Drohnen Boeing Insitu ScanEagle: ? (3)

Typen

Die Cessna AC-208 wurden ab 2019 eingeführt. Sie sind mit dem britischen BAE Advanced Precision Kill Weapon System (APKWS) ausgestattet.

Die A-29B Super Tucano wurden ab Januar 2016 in Kabul eingeführt. Sie können eine Waffenlast von 1800 kg mitführen: zwei MG 12,7 mm oder amerikanische Lenkbomben Boeing GBU-58/B 500 lb JDAM oder lasergelenkte Raytheon Paveway II.

Die Boeing 727 wurde von der afghanischen Luftfahrtgesellschaft „Ariana“ übernommen. Eine von einstmals drei Maschinen ist noch flugfähig.

Die vier C-130H Hercules wurden 2013 eingeführt. Zuletzt waren zwei Maschinen einsatzbereit, zwei waren eingelagert.

Die Pilatus PC-12NG (oder PC-12/47E) wurden 2014 eingeführt. Sie gehörten zum Special Mission Wing. Sie wurden zu verschiedenen Zwecken eingesetzt, u. a. für COIN-Einsätze.18 dieser Maschinen sind mit dem SIGINT-System des US-Herstellers „Sierra Nevada“ ausgestattet.

Von den Kampfhubschraubern Mi-24V/-25/-35 wurden vier Stück von der indischen Regierung geschenkt, der Rest stammt aus tschechischen Beständen. Neben den aktiven Maschinen befanden sich 15 weitere auf Lager.

Die MD530F wurden 2015 eingeführt. Sie sind mit Feldraketenwerfern (2.75 inch) und einem MG Kaliber .50 bewaffnet. Die Turbine der Helikopter galt als etwas schwach. Im Jahr 2020 begann ein Programm zur Modernisierung der Hubschrauber.

Die UH-60A+ stammen z. T. aus Altbeständen der US Army National Guard. Die ersten Hubschrauber wurden 2017 eingeführt.

Von den Mil-8/-17 waren 56 Maschinen zur Guerillabekämpfung ausgerüstet und wurden von dem Special Mission Wing. Drei Helikopter dienten als VIP-Transporter für Regierungsmitglieder. Die SMW verfügte über insgesamt vier Staffeln – zwei in Kabul und je eine in Kandahar und Masar-i-Scharif. Die ersten 35 Exemplare wurden bereits 1987 eingeführt. Es handelt sich um ein Auslaufmodell, das nach und nach ausgesondert wird/wurde.

Die drei indischen Cheetah wurden 2014 eingeführt.

Organisation und Dislozierung

Über die Gliederung der Luftwaffe berichtete „Wikipedia“:

„As of November 2019, the Afghan Air Force has at least 183 aircraft and approximately 6,800 personnel. There are four Afghan Air Force wings:

- Kabul (201st or 1st Wing): fixed-wing squadron, rotary-wing squadron, Presidential Airlift Squadron

- Kandahar (202nd or 2nd Wing): rotary-wing squadron, fixed-wing squadron

- Shindand (203rd or 3rd Wing): training squadron, rotary-wing squadron

- Mazar-i-Sharif (304th or 4th Wing): rotary-wing squadron

The command center of the Afghan Air Force was located at Hamid Karzai International Airport in Kabul. The Shindand Air Base in Herat Province served as the main training facility.“ (4)

- Kabul: Kabul war der größte Militärstützpunkt der afghanischen Luftwaffe. Hier waren die Kabul Air Wing und die Aufklärungseinheit Special Mission Wing (SMW) stationiert.

- Kandahar: Als Geschwaderkommodore fungierte in Kandahar Generalmajor Abdul Raziq Sherzai.

- Mazar-e-Sharif: Hier war das 4. Geschwader disloziert. Dieses wurde seit 2005 durch die Bundeswehr unterstützt.

- Shindand: Shindand war der zweigrößte Fliegerhorst.

In den letzten Kriegswochen vor dem Fall der korrupten US-Quisling-Regierung zog die afghanische Luftwaffe einen Teil ihrer Fluggeräte in Kabul zusammen.

Verbleib des Fluggerätes

- Schätzungsweise 585 ranghohe Mitglieder der alten afghanischen Regierung haben sich mit einem Teil des Fluggeräts nach Termez (Usbekistan) abgesetzt. Dies betrifft u. a. Präsident Aschraf Ghani. Die Flucht erfolgte mittels 22 Flugzeugen und 24 bis 26 Hubschraubern, also ca. 25 Prozent der Luftwaffe. Es soll sich im Einzelnen um 6 A-29B, 11 PC-12NG, 5 Cessna 208B, 7 UH-60A+ und 19 Mi-17 gehandelt haben. Dabei hatten sie Geleitschutz durch bewaffnete Maschinen. So ist eine A-29B Super Tucano aus Kabul in Usbekistan am 15. August 2021 mit einer usbekischen MiG-29 FULCRUM zusammengestoßen. Die beiden afghanischen Besatzungsmitglieder wurden verletzt, konnten sich aber mit dem Fallschirm retten. Eine UH-60A+ musste aus Treibstoffmangel in Usbekistan notlanden.

- Außerdem flohen nach Bokhtar (Tadschikistan) 12 Cessna 208B. Nicht zuletzt flüchteten über 100 Soldaten mit – nach unterschiedlichen Angaben – 2 bis 16 Transportflugzeugen nach Kurganteppa und Duschanbe (Tadschikistan). (5)

- Ein Teil des Flugparks wurde mit dem schnellen Vorrücken der Taliban bei Kampfhandlungen am Boden zerstört, die Piloten und Besatzungsmitglieder umgebracht. Zerstört oder zumindest schwer beschädigt wurden insgesamt 42 bis 45 Maschinen:

Am 12. März 2021 stürzte eine Drohne vom Typ ScanEagle bei Jarnamo ab. Es blieb unklar, ob diese zur afghanischen Luftwaffe oder den US-Streitkräften gehörte. Die Taliban gaben an, sie hätten die Drohne erbeutet und würden das Filmmaterial auswerten. Am 16. März wurde eine Mi-17V-5 im Bezirk Behsud mit einer Flugabwehrrakete abgeschossen. Die vier Besatzungsmitglieder und fünf Angehörige der afghanischen Spezialeinheiten kamen dabei ums Leben. Am 16. Juni beschossen die Taliban einen UH-60A+ mit einer SPG-9 Kopye (73 mm) am Fliegerhorst in Ghazni, als dieser gerade am Boden betankt wurde. Am 12. Juli wurde eine weitere UH-60A+ durch feindliches Granatwerferfeuer auf dem Fliegerhorst in Kunduz getroffen. Am 26. Juli wurde eine Mi-17V-5 nach Beschuss bei einer Notlandung in Nad Ali beschädigt, am 29. Juli wurde eine MD530F nach Beschuss bei einem Landeversuch in der Region Bolan beschädigt.

- Ein Teil der Piloten ist mit ihren Maschinen desertiert und haben sich den Rebellen angeschlossen: Innerhalb Afghanistans flogen 3 UH-60A+ und 1 Mi-17V-5 ins Pandschirtal, um sich der Anti-Taliban-Koalition der Nordallianz anzuschließen. (6)

- Ein Teil des Flugparks wurde von den US-Truppen flugunfähig gemacht, indem wichtige Bauteile entfernt wurden. Die Rede ist von 66 Maschinen auf dem Fliegerhorst in Kabul: 12 A-29B, 12 Cessna 208B, 3 C-130H, 1 PC-12NG, 12 UH-60A+, 14 MD530F und 14 Mi-8/17. (7) Hinzu kamen 7 amerikanische Transporthubschrauber Boeing Vertol CH-46E Sea Knights mit Tandemrotoren des Fluggeschwaders des US State Departments, die die Amerikaner für ihre No-Combatant Evacuation Operation (NEO) mit dem Codenamen ALLIES REFUGEES kurzfristig eingeflogen hatten und nun in der afghanischen Hauptstadt zurücklassen mussten.

Die Sabotage betrifft die Flugzeuge und Helikopter, die auf dem Fliegerhorst in Kabul stationiert waren. Dazu mussten bei den Maschinen desselben Typs die gleichen Bauteile entfernt werden, damit nicht verschiedene Exemplare zu einem flugfähigen Objekt zusammengesetzt werden. Zeitweise hat das Pentagon überlegt, den Maschinenpark der afghanischen Streitkräfte zu bombardieren, aber von dieser Idee hat man Abstand genommen.

- Außerdem war ein Teil des Fluggerätes Mitte August 2021 sowieso nicht mehr einsatzfähig.

- Ein Teil des Fluggerätbestandes befand sich im August 2021 zu Wartungsarbeiten im Ausland (Bulgarien, Ukraine, etc.) und befindet sich damit außerhalb der Reichweite der Taliban-Herrscher. Nach unterschiedlichen Angaben betrifft dies 33 bis 44 Maschinen, u. a. 1 C-130 H und 24 Mi-8/17. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass das neue Regime völkerrechtlich anerkannt wird, haben die Taliban keinen Rechtsanspruch auf Rückgabe.

- Pilotenmangel: Es ist unklar, in welchem Umfang sich die (ex-)Piloten der afghanischen Luftwaffe auf dem Landweg ins Ausland absetzen konnten. Zwar steht für jede Flugmaschine i. d. R. mehr als eine Besatzung zur Verfügung, aber es kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Modelle, die nur in geringer Stückzahl vorhanden waren, nun nicht mehr eingesetzt werden können. Außerdem ist unklar, in welchem Umfang die Taliban ihre alten „Feinde“ als Piloten für ihre eigene Luftwaffe übernehmen werden.

- Mangel an Flugzeugmechanikern: Die Wartung der HighTech-Flugzeuge und Hubschrauber übernahmen bisher Vertragsarbeiter ausländischer Hersteller- oder Wartungsfirmen. So wurde bisher erst ein afghanisches Handwerkerteam zur Versorgung der US-Hubschrauber UH-60A+ ausgebildet. (8) Dabei ist der Wartungsbedarf gerade der Hubschrauber sehr groß. Sie müssen i. d. R. alle 25 bis 50 Flugstunden überholt werden.

Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang die Taliban ausländische Flugzeugmechaniker rekrutieren können und welcher Bestand an Ersatzteilen vorrätig ist, um die vorhandenen Flugmaschinen – eventuell durch Kannibalisierung - einsatzfähig zu halten. Unter diesen Bedingungen bleibt abzuwarten, was die heutigen Herrscher in Kabul noch an Fluggerät einsetzten können. Dies hängt auch davon ab, für welche taktisch-operativen Aufgaben die Taliban „ihre“ Luftwaffe einsetzen wollen.

Taliban Air Force

Dank dem senilen US-Präsidenten Joseph „Joe“ Biden fielen in die Hände der Taliban schätzungsweise 13 Flugzeuge, 38 Hubschrauber und 7 Drohnen ScanEagle. (9) Nach Angaben von Babak Taghvaee konnten die Taliban 40 flugfähige Flugzeuge und Hubschrauber in Besitz nehmen. (10) Die Maschinen sind i. d. R. jünger als zehn Jahre. Schon vor der Machtübernahme der Taliban sank allerdings die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe erheblich. Im April/Mai 2021 betrug sie noch über zwei Drittel, im Juni nur noch weniger als ein Drittel der Maschinen. Insbesondere die A-29, Cessna 208 und die UH-60 gelten als weitgehend flugunfähig.

Zum derzeit verfügbaren Fluggerätbestand der neuen Taliban Air Force u. a. folgende Maschinen:

- 1 A-29B in Mazar-i-Sharif

 - Ein oder mehrere AC-208B

- 1 C-130H (taktische Nr. „1677“) in Kabul

- mehrere Cessna 208B

- 5 bis 7 oder 11 MD530F

- mindestens 1 UH-60A+ in Kabul, der im Flug über der Stadt gesichtet wurde

- mindestens 1 flugfähiger UH-60A+ in Kandahar

- 3 UH-60A+ in Herat

- möglicherweise noch ein siebter UH-60A+

- 8 Mi-24V/-25/-35 in Kabul, deren Einsatzbereitschaft fragwürdig ist. Es bleibt abzuwarten, ob die russische Regierung Ersatzteillieferungen zur Verfügung stellt.

- mindestens 2 Mi-8MTV-1 in Herat

- möglicherweise noch zwei weitere Mi-8MTV-1

- eine unbekannte Anzahl von Mi-24V/-25/-35

- 7 Drohnen ScanEagle

So berichtete Abraham Mahshie unter Berufung auf John Venable von der „Heritage Foundation“ über die UH-60A+:

„Venable counted 53 Black Hawks in the Afghan Air Force before the fall of Kabul, 12-14 of which he suggested were flyable. In its last report, the Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction said as of June 30, the Afghan Air Force has 33 usable Black Hawks in the country. Reporting suggests seven fled to Uzbekistan.“ (11)

Bisher konnten die Taliban „ihre“ verbliebene Luftwaffe kaum einsetzen, zumal sie eigentlich keine „eigenen“ Piloten oder Techniker haben. Nun müssen sie die ex-feindlichen Piloten der ex-Luftwaffe anwerben oder zum Militärdienst zwingen, indem sie ihre Familienangehörigen bedrohen. Am 13. August führen zwei Mi-8MTV-1, die in Herat stationiert waren, ihren ersten Einsatz durch. Ein Sprecher des Pentagons versuchte zu beschwichtigen, die Taliban stellten „keine Bedrohung für die USA und ihre Verbündeten oder Partner“ dar. US-General Mark Kelly, Kommandeur des Air Combat Command, behauptete:

„Es ist verständlich, dass die Leute sich Sorgen um Ausrüstung machen, die in die Hände von Leuten fällt, die nicht genau wissen, wie sie sie verwenden soll. Oder um welches Gerät es sich genau handelt, ob es ein M4 ist, ein M16 oder eben ein A-29. Dazu kommt, dass sie solches Gerät nicht instandsetzen und auch nicht effektiv betreiben können und dass ein A-29 nicht auf einem Technologielevel ist, welches US-Kräfte massiv bedrohen oder operationell einschränken könnte. Die Taliban können Manches davon vielleicht tatsächlich in die Luft bringen, aber das ist wohl gefährlicher für sie selbst und für die Menschen am Boden, als für potenzielle Gegner.” (12)

Wenn man bedenkt, was ein paar islamistische Studenten mit vier Passagierflugzeugen und eineinhalb Dutzend Teppichmessern gemacht haben, ist dies eine erstaunlich optimistische Einschätzung.

Der Verbleib des Fluggeräts ist nur ein relativ überschaubares Beispiel für die indirekte, ungewollte Aufrüstung der Taliban durch die NATO. Schwerer wiegt die Erbeutung zehntausender von Sturmgewehren, Granatwerfern, etc., die jetzt an befreundete Dschihadistengruppen weitergegeben oder verkauft werden können, um den eigenen maroden Staatshaushalt auszubessern. Terrorgruppen freuen sich immer über ein paar schicke Sturmgewehre, Panzerfäuste oder Drohnen. Auch die russischen und chinesischen Nachrichtendienste werden sicherlich erbaut sein, ein paar amerikanische Waffensysteme im Originalzustand zu erhalten.

So erbeuteten die Taliban schätzungsweise 3000 Militärjeebs vom Typ Humvee, Pick-ups Ford Ranger, gepanzerte Radfahrzeuge Textron Systems M1117 Guardian Armored Security Vehicles und Navistar M1224 International M1224 MaxxPro MRAP (Mine Resistant Ambush Protected) sowie uralte gepanzerte Kettenfahrzeuge vom Typ Ford M113.

Die US-Waffenlieferungen an die „Afghan National Defense and Security Forces“ (ANDSF) waren, bevor sich diese scheinbar in Luft auflösten, gigantisch:

„Between 2005 and 2016, U.S. taxpayers paid for 76,000 vehicles (such as 43,000 Ford Ranger pickup trucks, 22,000 Humvees and 900 mine-resistant ambush-protected vehicles known as MRAPs), 600,000 weapons and more than 200 aircraft, according to GAO.“ (13)

Davon konnten die US-Truppen vor ihrem Abzug in Kabul ganze 27 Humwees und 70 MRAPs zerstören. Der Rest fiel an die siegreichen Taliban. Diese sollten sich jetzt bei der NATO bedanken.

Quellen:

(1) Kessler, Glenn: No, the Taliban did not seize $85 billion of U.S. weapon, Washington Post Online, Washington D. C., USA, 31. August 2021, o. S., Online: https://www.washingtonpost.com/politics/2021/08/31/no-taliban-did-not-seize-83-billion-us-weapons/ (Download am 11. Oktober 2021)

(2) Mahshie, Abraham: 25% of Afghan Air Force Fled, Remainer in Disarray, Sources Say, Air Force Magazine Online, Arlington, USA, 19. August 2021, o. S., Online: www.airforcemag.com/afghan-air-force-fled-remainder-in-disarray-sources-say/ (Download am 10. Oktober 2021)

(3) Siehe: https://en.wikipedia.org/wiki/Afghan_Air_Force

(4) ebd.

(5) ebd.

(6) N.N.: Afghan Air Force pilots flee to neighbouring Uzbekistan, Air Forces Monthly, Stamford, United Kingdom, Oktober 2021, S. 6f

(7) Mitzer, Stijn / Oliemans, Joost: The Taliban Air Force – An Inventory Assessment, Oryx Online, 16. August 2021, San Francisco (?), USA, o. 3 3S., Online: www.oryxspioenkop.com/2021/08/the-taliban-air-force-inventory.html (Download am 11. Oktober 2021)

(8) Kessler, Glenn: a.a.O.

(9) Mitzer, Stijn / Oliemans, Joost: a.a.O.

(10) Taghvaee, Babak: Disintegrated in days, Air Forces Monthly, Stamford, United Kingdom, Oktober 2021, S. 66f

(11) Mahshie, Abraham: a.a.O.

(12) Mader, Georg: Afghanische Luftwaffe in den Händen der Taliban, Militär aktuell Online, 22. August 2021, o. S., Online: www.militaeraktuell.at/afghanische-luftwaffe-in-den-haenden-der-taliban/ (Download am 10. Oktober 2021)

(13) Kessler, Glenn: a.a.O.